SCHAM (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

Anmerkung des Autors im März 2020: Es ist gewiss alles noch richtig, was ich geschrieben habe, doch ich denke, es ist im Text "Der Kriminalfall Jesus" und in den Hinweisen knapper und überzeugender und vor allem in einem großen Zusammenhang dargestellt.

(Sexual-)SCHAM 

Es wird immer nur diskutiert, ob die Scham angeboren oder erlernt ist, ob sie zur Natur des Menschen gehört usw. und es gibt auch genügend hochphilosophische und engagierte Werke zu diesem Thema. Doch erübrigen die sich nicht alle diese hochgeistigen Überlegungen und Forschungen, wenn wir bedenken, dass - zumindest bis zu ihrer "Zivilisierung" - in den warmen Ländern der Erde ganze Völker splitternackt herum liefen, ohne dass die Scham bei denen ein Problem war. So angeboren scheint die Scham also ganz offensichtlich auch wieder nicht zu sein. Und wollen nicht Kinder oft genug aus geradezu den Spaß an der Nacktheit, den wir ihnen dann mit mehr oder weniger Unterdrückung austreiben - siehe etwa das Stichwort Kindergarten (es geht um einen Kindergarten in Duisburg, in dem die Kinder auf einmal anfingen, miteinander nackt zu spielen)?

Es sieht alles danach aus, als ob wir nun einmal von Natur aus moralische Menschen sind (und das ist ja auch verständlich, denn zu einer gelingenden Fortpflanzung gehört ja nun einmal auch eine besondere Beschütztheit, und die ist wohl am besten gegeben, wenn die "Zwei", die dabei mitmachen, zumindest ihre "kleine Geborgenheit" haben, s. u.) - und wenn wir keine vernünftige Moral haben, dann brauchen wir eben eine Ersatzmoral - und wenn die eine so untaugliche ist wie die Scham.

Anmerkung: Mein ostpreußischer Landsmann Immanuel Kant (1724 – 1804) meint in seinem berühmten Zitat gewiss nicht nur sich selbst allein, der so empfindet: "Zwei Dinge erfüllen das Gemüth mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir. Beide darf ich nicht als in Dunkelheiten verhüllt, oder im Überschwenglichen, außer meinem Gesichtskreise suchen und blos vermuthen; ich sehe sie vor mir und verknüpfe sie unmittelbar mit dem Bewusstsein meiner Existenz (Kritik der praktischen Vernunft; Akademie-Ausgabe V, 161f.)". Er meint damit natürlich auch jeden seiner Mitmenschen - und davon ist ganz gewiss die Sexualmoral nicht ausgenommen!

Allerdings ist der Mensch gewiss nur in der Weise moralbegabt, wie er auch sprachbegabt ist. Er hat zwar von Natur aus die Anlage dafür und er will diese Anlage auch nutzen, doch eine konkrete Umsetzung in die Praxis muss er natürlich lernen. Denn die konkrete Umsetzung ist davon abhängig, was zum Umgang mit seiner Umwelt gebraucht wird. (Siehe auch unten: Nicht die Scham ist offensichtlich von der Natur im Menschen grundgelegt, sondern die Moral, aber eine wirkliche!)

Wären bei der Thematik der Scham also nicht andere Forschungen wichtiger, ob sie etwa für wirkliche Moral überhaupt nützlich ist? Denn gerade das müsste doch viel eher interessieren, weil nur das einen praktischen Wert hätte. Wir wissen doch eigentlich längst, dass das etwa mit dem ersten Reinfallen gewiss nicht passiert ist, weil wir nicht schamhaft genug waren, sondern weil wir einfach nicht die rechte Menschenkenntnis oder auch nicht das richtige Insiderwissen hatten, etwa einen Don Juan zu durchschauen oder sonst zu erkennen, warum jemand nicht zu uns passte. Lassen wir also die hohe Philosophie und wenden wir uns den praktischen Fragen zu...

Der fragwürdige moralische Nutzen einer Erziehung junger Menschen zur (Sexual-)Scham.

Aus Angst vor einer Frühsexualisierung von Kindern wird oder zumindest wurde Kindern gar nichts vom Geschlechtsverkehr erzählt, weil dieses Wissen nämlich als unschuldzerstörend gesehen wird oder wurde und daher tunlichst vermieden werden sollte. Doch was sollte man den Kindern stattdessen erzählen, wenn es etwa im Kinderreligionsunterricht darum ging, Irgendetwas musste man ja doch erzählen. Schließlich sollten doch die Sünden gegen das 6. Gebot  erklärt werden? Und schließlich sollten ja Kinder auch ohne Berufung auf dieses Gebot nicht ahnungslos bleiben und leichtsinnig werden, wenn es um ihren Körper und um ihre Sexualität ging oder eben geht.

Also erzählt(e) man ihnen etwas von der Scham - und man meint(e), das sei erst einmal genauso gut und kindgemäßer und vor allem viel leichter zu erzählen.

Doch wohin führt dieses Konzept einer Pädagogik der Scham?

Ganz einfach: Wir müssen bedenken, dass der Mensch und insbesondere der junge Mensch ein hochmoralisches Wesen ist, er will also unter keinen Umständen gegen die Sexualmoral (wie sie ihm beigebracht wird, eine andere kennt er ja nicht) verstoßen. Durch die Scham wird nun dieser Wille zur Sexualmoral in die Richtung gelenkt, dass niemand, zumindest niemand Unbefugtes, die Kinder nackt sehen darf und natürlich vor allem nicht ihre geschlechtsspezifischen Körperteile. Irgendwie besteht die Angst, dass das, sollte es doch einmal passieren, ewas ganz Schlimmes auslösen würde, und dass es Männer gibt, die nichts anderes im Sinn haben, als kleinen Mädchen ihre Hös´chen auszuziehen, um sie zu zerstören. Und so entsteht eine geradezu paranoide Angst, dass "das" irgendwann doch einmal passiert und dass Mädchen sich also davor unbedingt hüten müssten. Und wenn das dann doch einmal passieren sollte, es reicht auch schon die Phantasie, dass ein Mann das machen könnte, dann bedeutet das ein Trauma für das Mädchen - und oft lebenslang.

Doch auch wenn das nichts passiert, werden die Kinder  (ich denke hier vor allem an die kleinen Mädchen) durch die Erziehung zur Scham so programmiert, dass sie die Scham für Moral halten und also diese ängstlichst verteidigen. Doch auf was es schließlich ankommt, nämlich den Geschlechtsverkehr mit jemandem zu vermeiden, der doch nicht der Richtige ist, das geschieht dann doch. Denn das müsste ja angeblich sein ("das sagen ja alle so"), um Erfahrungen zu sammeln und den richtigen Partner zu finden - und das hat daher auch nichts mit Unmoral zu tun. Egal, was schließlich dabei herauskommt, ob das Ganze in eine leidvolle Enttäuschung mündet und ob frau schließlich sogar zur Schlampe wird, es muss einfach sein! Das Risiko muss man nun einmal eingehen, wenn man oder vor allem frau ein lebendiger Mensch sein will.

Und jetzt einmal sachlich gesehehen: Um was geht es hier eigentlich bei der Erziehung zur Scham? Wird hier nicht etwas als etwas Böses hingestellt und völlig überflüssigerweise aufgebauscht, was bei klarem Wissen der Kinder, um was es eigentlich bei Verstößen gegen das 6.Gebot geht, völlig belanglos wäre? Bei der natürlichen Kessheit gerade kleiner Mädchen könnte solches Hös´chenausziehen, falls es doch einmal dazu kommen sollte, schon von ihnen mit Humor genommen werden. Ja, die kleinen Mädchen könnten sogar, je nachdem, dabei mithelfen und sich umdrehen und ihre Kehrseite zeigen mit dem Kommentar: "Ja, da kannste mich mal...du A...." und so alles entschärfen - ohne Trauma, ohne Sittenverfall, ohne großen pädagogischen Aufwand - nur eben mit Ehrlichkeit und Offenheit!

Mit der Scham erziehen wir junge Menschen also eher zu Verklemmtheit und Leibfeindlichkeit und schließlich auch zur Ansprechbarkeit auf Fetischismus (deher kommt es auch, dass wir direkt notgeil werden), aber nie zu sinnvoller und echter Moral. Schließlich wird durch die Scham insbesondere bei jungen Menschen imAllgemeinen ein sinnvolles Bauchgefühl, wenn es um das Thema "Liebe" geht, blockiert, also gerade dann, wenn es für sie darauf ankäme. Anders ausgedrückt: Die Erziehung zur Scham (und natürlich auch zu Ekel) ist ein Dienst am Teufel  und Indiz für Dekadenz in einer Gesellschaft. Ja, ist es denn nicht ein Zeichen von Dekadenz, wenn man die Unfähigkeit, mit Kindern vernünftig zu reden, als Tugend hinstellt und eine Handlung, die nun wirklich sehr oft sehr problematisch ist und auch Leid und Enttäuschung bringt, verschweigt und dann auch noch als Nebensächlichkeit abtut, durch die ein junger Mensch einfach hindurch muss? (Wie man etwa gerade mit jungen Mädchen sinnvoll reden kann, um sie in "eine richtigere Richtung der Moral" zu leiten, siehe unter dem Heft "Zum Glück der hohen Liebe" unter dem Punkt "Pädagogischer Ansatz für Kinder ab etwa 8 Jahren".)

Also unterscheidet der Theologe, Philosoph und Psychologe Rupert Lay S.J. Moral im Sinn von Sittlichkeit und im Sinn von Sittsamkeit - bei der einen ist man wirklich moralisch, bei der anderen will man nur bei anderen diesen Eindruck machen. Bei basisreligion wird diese Unterscheidung nun auch auf die Sexualmoral angewandt. Und es ist - zumindest bei näherem Hinsehen - nicht zu bezweifeln, dass die Scham der "Sittsamkeit" zuzuordnen ist und zumindest im Endeffekt nie zu wirklicher Sexualmoral führt!

Ja, was verstecken wir eigentlich, wenn wir die Sittsamkeit und dabei vor durchaus auch die (Sexual-)Scham grundsätzlich als eine Art Dogma nehmen, wenn wir also etwa bei einem Bad im Meer usw. Badesachen anziehen. Denn  notwendig aus verstandesmäßigen Gründen sind die ja wohl nicht, sie sind im Gegenteil manchmal sogar sehr unpraktisch und lästig. Und das, was wir damit verstecken, kennt doch sowieso jeder! Die plausibelste Erklärung: Es geht ja auch gar nicht darum, dass wir bestimmte konkrete Körperteile verstecken, sondern dieses Angewiesensein auf Badesachen ist wahrscheinlich nur eine Ersatzhandlung, dass wir nämlich in Wirklichkeit unsere geistig-seelischen Probleme verstecken: Wir versuchen also unsere Ängste, unser mangelndes Selbstwertgefühl, aber auch unsere Falschheiten und Hinterhältigkeiten, und sogar unsere Kaputtheiten zu verbergen, und das haben eben alle die nötig, die ihre Probleme mit Gebrauch und Missbrauch im Zusammenhang mit der Sexualität haben. Bei unschuldigen Kindern und vielen durchaus gutwilligen Menschen ist die Scham also ein Indiz, dass sie zumindest ein fehlendes Konzept im Zusammenhang mit der Sexualität haben (auch das bedeutet "Probleme mit Gebrauch und Missbrauch"). Doch vor allem ist doch Erfahrung, dass solche Gutsbesitzer- oder Telli-Typen (siehe Recht der ersten Nacht oder den Kultfilm "Kids"), die ja nun wirklich etwas Böses zu verstecken haben, gar nicht unbefangen nackt sein können, dass man die also schon fast an ihren Ausreden, bei einer harmlosen Nacktheit am Strand mitzumachen, erkennen kann. Denn deren Moral ist ja nun wirklich nur eine äußerliche (damit nämlich die anderen meinen, sie seien moralisch, also verhalten sie sich so, was üblicherweise als Moral gilt, und so können sie auch noch gut ihre Schlechtigkeit tarnen) und keine innerliche (weil sie also nicht wirklich moralisch sind, weil sie also gar nicht wirkliche Partnerschaft haben wollen mit allem, was nun einmal dazu gehört, also Verantwortung für den anderen, dass ihm auf keinen Fall etwas passiert und er Leid erfahren könnte usw.).

Das Problem der Scham ist also, dass wirkliche Moral durch sie so sehr verschleiert wird, dass wir schließlich jedes Gefühl für sie verlieren (siehe Nacktheit). Daher gibt es auch in wirklicher christlicher Religion keineswegs eindeutige Argumente für die Scham. Abgesehen vielleicht von Schulbüchern und Katechismen, denen man ja wohl bei Fragen von Religion und Moral nirgends so recht trauen darf, finden wir sogar eher Vernichtendes. Nach der Mythologie der Adam-und-Eva-Erzählung kam es zur Scham ja erst, nachdem das Pärchen gesündigt hatte. Die Bibelstelle, nach der Noah, der Erbauer der Arche, nach der glücklichen Errettung unter Alkoholgenuss nackt seinen Rausch ausgeschlafen und denjenigen seiner Söhne, der die anderen herbeigerufen hatte, verfluchte, ist undurchsichtig. Der Fluch kann sich auch darauf beziehen, sich nicht über einen Betrunkenen lustig zu machen, der nicht mehr macht, als „weggetreten“ zu sein.

Nach der Bibel ist die Scham eine Feigenblattmoral und also ein unmittelbares Verfallsprodukt verfehlter Moral, ein Produkt der Dekadenz! Und so wenig es auch in anderen Bereichen unseres Lebens möglich sein dürfte, aus Verfallsprodukten etwas Tragfähiges zu konstruieren (etwa aus morschem Holz oder aus Asche oder aus Rost eine Brücke), so kann auch aus der Scham - wenigstes auf Dauer - keine wirkliche Moral entstehen.

Vermutlich ist die Scham sogar für wirkliche Moral kontraproduktiv, weil wir durch sie sogar noch deren natürliche Mechanismen zerstören! Siehe hierzu auch im Grundschema des Konzepts basisreligion die Rolle der Leibfeindlichkeit - und Scham hängt ja mit Leibfeindlichkeit eng zusammen!

Besonders eindrucksvoll für mich als Mann ist immer wieder, wie schnell Frauen und Mädchen auch ihre letzten Kleidungsstücke wegwerfen, sobald sie merken, dass Nacktheit nicht mehr in einem Zusammenhang mit Geschlechtsverkehr oder sonst einer Befriedigung steht, ja dann sieht es sogar so aus, als ob die Nacktheit das Natürlichste auf der Welt ist - und sie ist es ja auch! Siehe unter "weibliche Sexualität".

Doch: Wenn es nun schon einmal etwas Unlogisches gibt, finden sich dafür recht schnell die tollsten Begründungen! Und die sind schließlich so perfekt, dass ein Rückweg zur Vernunft kaum noch möglich ist. So wird die Scham schließlich zur Kultur oder zumindest zum Teil der Kultur - und wer dagegen verstößt, muss bisweilen sogar mit Bestrafung - bis hin zum Gefängnis - rechnen!

Wie es scheint, verbirgt sich hinter der (Sexual-)Scham vielleicht allenfalls eine Sehnsucht nach Moral, doch ansonsten etwas anderes: Wenn wir also unseren Körper oder wenigstens gewisse Körperteile selbst dann und dort noch verhüllen, wo es von der Vernunft her gar nicht notwendig wäre, weil sich entweder alle derart "schamlos" verhalten oder weil uns gar nicht erst jemand zusieht und weil wir auch vor niemandem Angst zu haben brauchen (etwa beim Baden in einem schönen einsamen See) - und weil es warm genug ist, dann sind die Gründe offensichtlich drei unterschiedliche Phänomene, die gar nichts oder nur ganz bedingt etwas miteinander zu tun haben: ein irrationaler Selbstverhüllungszwang, eine Art Schuldgefühl und ein Selbstverhüllungs- und -enthüllungstheater zu Anmachzwecken besonders bei Mädchen und Frauen:

Für viele Menschen scheint ein "Selbstverhüllungszwang" derart grundlegend in unserem menschlichen Verhalten einprogrammiert zu sein, dass sie davon ausgehen, dass er zu unserer Veranlagung gehört, also "natürlich" ist und daher irgendeine notwendige Schutzfunktion hat. Erfahrungsgemäß kommt es bei Menschen, die diese Auffassung vertreten, zu geradezu panischen Ängsten, wenn sie die Scham aus irgend welchen Gründen einmal ablegen sollen oder gar müssen. Doch es bleiben einige Fragen offen:

-       Wenn es sich um eine angeborene Eigenschaft zu unserem Schutz handelt, wieso fehlt sie dann ganz offensichtlich bei vielen Naturvölkern in den warmen Ländern? Brauchen die denn diesen Schutz nicht?

-       Und wieso verhalten sich junge Menschen bei uns, die in der kulturellen Atmosphäre der Scham aufwachsen und die die Regeln der Scham konsequent einhalten, indem sie etwa ihre Genitalien vor anderen immer bedecken und nie bei einem Nacktstrand selbst "mitmachen", im Endeffekt auch nicht moralischer als die "anderen"? Ja gerade sie sind es doch, die in ihren sexuellen Abenteuern, hinter denen zumeist beim besten Willen kein Bedürfnis nach Schutz zu erkennen ist, so wenig zu beeinflussen sind, dass uns oft nur noch übrig bleibt, sie mit Verhütungsmitteln zu versorgen, um wenigstens einige äußerliche "Folgen" zu verhindern?

-       Warum schließlich stehen ganz allgemein diejenigen Länder, in denen die Scham sozusagen aus Gründen der Moral geradezu gesetzlich verordnet ist, im Hinblick auf die Promiskuität keinesfalls moralischer da als diejenigen Länder, in denen Nacktheit weniger ein Problem ist? Wenn die Scham ein Kennzeichen von Moral sein soll, wie sind dann also die merkwürdigen Sitten in Thailand einzuordnen, wo es als völlig unmoralisch gilt, öffentlich nackt im Meer zu baden, und es sogar üblich ist, dass einheimische Frauen und Mädchen mit kompletter Kleidung ins Meer gehen, dass aber andererseits genügend Thailänder keine Probleme zu haben scheinen, ihre kaum zehnjährigen Töchter in die Prostitution zu verkaufen? Nach Beendigung der Schulzeit, wenn die Mädchen um die vierzehn Jahre alt sind, dann scheinen diese dies auch noch "freiwillig" zu wollen - und das alles bei absoluter Aufrechterhaltung der öffentlichen und auch der privaten Sexualscham! (So gibt es zur Zeit dort etwa 800 000 minderjährige Prostituierte. Und viele Thailänder "verkaufen" ihre Töchter gar nicht einmal nur aus bedrückender Armut heraus, sondern weil sie zur Zeit dafür umgerechnet genau die 1200 Mark bekommen, die sie brauchen, um sich ein Steinhaus zu bauen. Sollte aber nicht gerade das der eigentliche Sinn der Scham sein, dass eine Moral gelebt wird, bei der insbesondere die jungen Menschen geschützt werden und eben nicht in der Prostitution landen?)

Zusammenhänge pflegen zunächst einmal weniger in der näheren Umgebung, etwa in der eigenen Kultur, aufzufallen, sondern eher bei entfernteren anderen Kulturen. Doch auch bei Völkern, die zu unserem Kulturkreis gehören, ist es bisweilen nur deswegen besser, weil etwa ein Mädchen, das sich in seiner sexuellen Beziehung geirrt hat, deswegen nicht gleich zur Prostitution verdammt ist, so richtig funktioniert die Moral jedoch auch oft da nicht. Denken wir doch an die U.S.A. Auch dort ist es aus lauter Moral verpönt, öffentlich nackt zu baden, ja sogar nackte Busen gelten schon als unsittlich - dafür werden beispielsweise 24% aller amerikanischen Kinder außerehelich geboren, bei farbigen jungen Frauen sind es sogar 57 % (DIE WELT vom 5.11.1994). Und sehr oft fühlen sich die Väter dort kaum verantwortlich für solche Kinder, sie überlassen dann die finanzielle Unterstützung dem Staat.

Mit wirklicher Moral, wie wir eine prinzipientreue Einstellung bezeichnen können, die eine harmonische Beziehung von Mann und Frau und im weiteren eine geordnete Brutpflege (um es in der Sprache der Biologie so zu sagen) und schließlich auch ein Leben in der Einheit von Leib und Seele fördern und gewährleisten soll, scheint also die Scham nur recht wenig oder gar nichts zu tun haben.

Und wie ist das mit den Vergewaltigungen? Werden Frauen und Mädchen wenigstens davor durch die Scham geschützt? Auch hier scheint sie keine Bedeutung zu haben, denn aller Erfahrung nach werden keinesfalls diejenigen Mädchen und Frauen bevorzugt vergewaltigt, die sich nackt an unseren Nacktbadestränden tummeln (und woanders käme schon von unseren klimatischen Bedingungen her Nacktheit eh kaum infrage), sondern genau die "braven" und "schamvollen"! Und wem schaden Spanner und Exhibitionisten denn wirklich, die es vielleicht tatsächlich dort geben mag? Außerdem: Welches Interesse sollte die Natur daran haben, dass wir vor den Blicken anderer geschützt sind und dass wir selbst nicht andere erblicken?

Oder geht es ganz einfach darum, dass wir selbst etwas Peinliches an uns gegenüber den Blicken anderer verbergen wollen, weil wir uns nicht sonderlich gut aussehend fühlen oder weil wir nicht wollen, dass andere unsere Gefühle, die sich etwa in einer Erektion zeigen, bemerken könnten? Doch warum schämen sich dann selbst ausgesprochen schöne Menschen? Wäre es für un-schöne Menschen nicht zudem sinnvoller, gerade ihre als hässlich empfundenen Körperteile zu bedecken und nicht immer nur ausgerechnet ihre Genitalien und ihre Busen? Und ist es denn so schlimm, wenn andere die eigene Erektion bemerken, solange "man" sich dabei wirklich unter Kontrolle hat? (In diesem Zusammenhang zieht auch der Hinweis auf die "Bekleidetheit" selbst von Tieren nicht. Denn wenn wir die als Argument nehmen, dann müssten wir analog etwa zu den Pavianen in mehr oder weniger dicken Mänteln herumlaufen und die Genitalien raushängen lassen und manchmal auch den Hintern entblößen... Doch das wäre allenfalls eine Idee für abgedrehte Modeschöpfer!)

So können wir eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass das mit der Schutzfunktion der Scham eine völlig unbewiesene Auffassung ist, die nicht im geringsten der Wirklichkeit entspricht und dass vermutlich sogar das Gegenteil eher wahr ist!

Nicht die Scham ist offensichtlich von der Natur im Menschen grundgelegt, sondern die Moral, aber eine wirkliche!

Eine Lösung dieser Problematik könnte sein, dass die Scham keinesfalls von unserer menschlichen Veranlagung grundgelegt ist, dass sich jedoch hinter der Scham eine gewaltige Unsicherheit und das Grundbedürfnis nach einer wirklichen Moral verbirgt. Und je weniger diese wirkliche Moral nun tatsächlich erfüllt wird, desto mehr drängt es den Menschen wenigstens nach einer Ersatzerfüllung, also nach einer "Ersatzmoral", gleichgültig ob diese nun wirklichen Schutz bietet oder nicht. Doch da die Scham nun eben in der Wirklichkeit des Lebens keinen Schutz bietet, sie ist ja nur eine leere Scheinmoral, kann folglich auch wirkliche Moral nicht gelebt werden - und so geraten immer mehr Menschen in den Teufelskreislauf von nicht gelebter wirklicher Moral und Ersatzmoral. Dabei veräußerlicht sich dann das Bedürfnis nach dieser Ersatzmoral immer mehr, bis diese schließlich zur absoluten Moral wird, jetzt aber im Sinn von Sittsamkeit, Hauptsache, es sieht für andere so aus, dass man moralisch ist.

Und das ist dann wie in dem Gleichnis Jesu von den Kindern, die hungrig sind und um Brot bitten und denen man statt dessen Steine gibt. Da sie - um dieses Gleichnis weiterzuspinnen - irgend etwas brauchen, um ihre Mägen zu füllen (nach dem Prinzip des horror vacui), denken sie nicht weiter nach über den Nährwert der vorgeworfenen Brocken nach und essen sie schließlich. Weil das nun alle tun, kommt es zu einem Gruppenzwang und irgendwann traut sich niemand mehr, die Sinnlosigkeit dieses ganzen Tuns zu hinterfragen - zumal ja niemand von ein paar Steinen sofort stirbt...

Es ist schon ein raffinierter Teufelskreis, wie Dekadenz hier stattfindet: Unsere hormonell gesteuerte Veranlagung nach Schutz bekommt eine Scheinerfüllung, und diese Scheinerfüllung produziert schließlich Ängste, sich in einer bestimmten Richtung zu verhalten, durch die letztlich jegliche Neugier und jegliche Aufgeschlossenheit für wirklichen Schutz blockiert wird. Möglicherweise geschieht es nicht bewusst, dass junge Menschen von unseren Kulturen derartig an der Nase herumgeführt werden, doch es trifft sich offensichtlich so günstig im kulturbedingten Geschlechterkampf, dass niemand von denen, die bereits etabliert sind, einen Anlass sieht, dies zu ändern.

Auch jedes natürliche Bauchgefühl wird blockiert.

Interesse an dieser Entwicklung haben zudem alle diejenigen, die in den jeweiligen Kulturen das Sagen haben (siehe Establishment): Nicht zuletzt weisen Ängste und damit auch die Scham immer auch auf Besitzdenken hin - wirklich freie Menschen (oder die auf dem Weg zu der wirklichen Freiheit sind) haben nämlich kein Problem mit der Nacktheit

Nicht abzusehen, wenn es durch ein wirkungsvolles Training unseres Gehirns und vor allem durch eine geändertes Bewusstsein vor allem derer, die an einer wirklichen Moral das vordringlichste Interesse haben (also der Mädchen und Frauen), wirklich zu einer Änderung käme (siehe Female Choice)!

Schauen Sie einmal in die Website eines Kölner Psychologen, er schreibt das von der Unsicherheit genauso!

Wesentliche Gründe für die Scham:

1. Kulturbedingter Selbstverhüllungszwang

Ist die Scham gar ein Indiz für eine individuelle oder kollektive seelische Krankheit oder gar Seuche, die damit zusammenhängt, dass wir <vor allem unsere Sexualität> nicht entsprechend unserer Natur leben? Ist sie Indiz für ein erlebtes und unbewältigtes oder auch erahntes künftiges Trauma? Damit soll ja nicht gesagt sein, dass alle Nudisten seelisch gesund sind, doch sie scheinen wenigstens die zu sein, die unser Verhalten wenigstens als anormal empfinden und sich schon einmal Gedanken machen!

Bei Eltern, die sich um die Moral ihrer Kinder sorgen, sollten daher alle Alarmglocken klingeln, wenn die jungen Menschen beginnen, Scham und Moral zu verknüpfen! Wenn ihre Kinder kein Bedürfnis mehr nach Informationen haben, wie sie nun wirklich gute Menschen von schlechten unterscheiden können, welche Strategien es da gibt, die sie selbst anwenden können, und statt dessen die Schammoral als eine Art Übermoral praktizieren, dann sollten die Eltern wissen, dass ihre Kinder jetzt auf der falschen Fährte sind und genau den Leuten gleichen, die die Fenster ihrer Häuser gegen Diebe verrammeln, die es vermutlich gar nicht gibt oder die harmlos sind, jedoch ihre Türen den wirklichen Dieben irgendwann bereitwillig öffnen (um das Beispiel aus dem Evangelium weiter zu spinnen).

Erfahrungsgemäß ist allerdings der "irrationale Selbstverhüllungszwang" von Menschen, die bewusst handeln wollen und die noch keine negativen Erfahrungen mit der Sexualität haben, gewiss am leichtesten zu überwinden. "Ich dachte zuerst, ich könnte mich nie vor anderen ausziehen", meinte etwa ein Mädchen, "aber das war ja absolut problemlos und eigentlich ganz prima!". Ja, es ist sogar so, dass die Selbstverständlichkeit und Natürlichkeit, mit der diese Scham gerade von Mädchen abgelegt werden kann (die ja anders als Jungen auch noch nicht einmal ein Problem mit der Erektion haben und bei denen man ja ohnehin durch die Körperbehaarung eigentlich noch nicht einmal etwas sieht), geradezu ein Erkennungszeichen ihrer Unschuld in jeglicher Hinsicht ist.

2. Zu unterscheiden von diesem kulturbedingten Selbstverhüllungszwang ist die Scham aus Schuld(gefühlen).

Sie befällt uns, wenn wir etwas Falsches getan haben oder zu tun im Begriff sind, von dem wir nicht nur nicht möchten, dass es bekannt wird, sondern dass wir uns sogar vor uns selber schämen. So werden wir von dieser Scham geradezu förmlich gepackt, sobald wir den Verkehr mit jemandem hatten, der es vom Menschlichen nun wirklich gar nicht wert war und mit dem wir sogar regelrecht reingefallen sind. Wir fühlen uns dann durch eine rätselhafte Macht in uns gezwungen, das alles oder zumindest die volle Wahrheit darüber auch noch zu vertuschen, weil wir unversehens mit der ganzen Sexualität noch weniger unbefangen als vorher umgehen können. Es sind eben die typischen Kennzeichen eines Traumas. Einerseits ärgern wir uns, dass wir uns für unser sexuelles Erlebnis den Falschen ausgesucht haben, andererseits fühlen wir in uns aber auch wieder recht bald den Drang, das alles unter besserem Vorzeichen (mit demselben Partner oder mit einem anderen) wiederholen zu müssen. In uns steckt noch mehr als vorher eine seltsame Mischung aus Angst und Spannung gegenüber allem, was mit Sexualität zusammenhängt, oder eben aus Sexualängsten und Wiederholungszwängen. Irgendwie scheinen wir nun vollends die Sicherheit verloren zu haben zu wissen, was nun eigentlich richtig und was falsch ist (oder wissen wir es jetzt doch?). Und daher bekommen auch zwangsläufig die Körperteile, die ja schließlich für die ganze Problematik verantwortlich sind, etwas Undurchsichtiges, Mysteriöses, und wir fühlen uns gedrängt, sie zu verhüllen. Es ist so, wie wenn jemand bei einem Mord dann alle Messer wegpacken oder verhüllen muss, weil sie ihn ansonsten ständig an seine eigene Leiche im Keller erinnern. Auch hier wird damit die richtige Moral, die verfehlt wurde, durch eine Ersatzmoral, nämlich die Scham, ersetzt.

Und so geht sozusagen die eine Scham nahtlos in die nächste über, aus dem anerzogenen kulturbedingten Selbstverhüllungszwang wird eine Scham aus Schuld. Es ist uns dabei völlig unbewusst, dass es sich im Grunde um verschiedene Phänomene handelt - und weil wir das nicht unterscheiden können, glauben wir jetzt auch noch selbst die These, dass die Scham angeboren ist, und wir fühlen uns auch noch wohl und geborgen in einer Kultur, in der alle ihre Leichen im Keller haben und in der daher solche Scham üblich ist! Deshalb halten wir es auch gar nicht für nötig, die Ursachen der Scham zu hinterfragen, ja wir werden geradezu gereizt, wenn dies jemand tut. Alles Nachdenken hier ist im Grunde ein Nachdenken über das verlorene Paradies, wobei wir diesmal auch noch die Mitspieler und Mitverlierer waren, doch das verdrängen wir natürlich lieber!

Nichts anderes wollten vermutlich die Verfasser der Bibel in der Adam-und-Eva-Erzählung sagen, wenn sich das "sündige Pärchen" hinterher Feigenblätter umbinden musste. Hier also ist auch der Zusammenhang zwischen Erbsünde und Scham zu suchen, leider hat die kirchliche Dogmatik etwas durchaus Plausibles so unzugänglich gemacht, dass sich niemand mehr darin wiederfindet.

Interessant ist, dass bei höheren Tieren, bei denen wir Ansätze finden, dass die Sexualität nicht nur der Fortpflanzung dient wie sonst bei den Tieren, nämlich bei bestimmten Affenarten, bisweilen ein Schamverhalten in derselben Richtung beobachtet wurde: Wenn da eine Äffin schon einmal mit einem anderen Männchen als ihrem Haremsherrscher kopulierte <= intim war>, so sorgte sie schon dafür, dass das im Geheimen geschah und dass dieser <= ihr Männchen> das nicht mitbekam!)

3. Und dann ist da noch die kokettierende Scham, die in Wirklichkeit ein Selbstverhüllungs- und -enthüllungstheater zu taktischen Zwecken,

das weder etwas mit dem kulturbedingten Verhüllungszwang noch mit der Scham aus Schuld zu tun hat - es sei, dass da aus einer Not eine Tugend gemacht wird: Wenn man schon einmal Probleme mit etwas hat, dann macht man am besten daraus eine Show! Diese veräußerlichte Scham wird eher von Frauen und Mädchen als von Männern ins Spiel gebracht, um einen Menschen des anderen Geschlechts gezielt zu ködern. Da werden dann etwa bestimmte Körperteile aus Gründen der Koketterie oder der Taktik mehr oder weniger raffiniert verhüllt oder betont, um dadurch auf sich aufmerksam zu machen und mit der Verlockung zur Enthüllung schließlich um so zwingender den begehrten Menschen für sich zu gewinnen. Mit heiliger Scheu hat solches Ausspielen eigener Reize gar nichts mehr zu tun, vielmehr ist eine solche Scham als unheiliges Spiel mit angewachsenen Körperteilen anzusehen, zu denen man nun wirklich nichts kann, eben als Anmache. Interessanteres scheint es bei Menschen, die solches Spiel nötig haben, nun wirklich nicht zu geben, sonst würde sie es mit allen Mitteln vermeiden. Bei Frauen und Mädchen offenbart sich da genau jenes selbsthasserische frauenfeindliche Weiblichkeitsbild (siehe Weiblichkeit), das im Grunde auf die Mentalität einer Prostituierten hinweist und der Würde der Frau widerspricht. Kokettierende Scham dürfte auch keine Methode sein, mit einem erträumten Gefährten umzugehen: Solche Scham ist nichts als ein unfaires Instrument der Ausübung von Macht im Geschlechterkampf!

Es ist Kennzeichen einer funktionierenden Menschenkenntnis, da bei eventueller Verliebtheit klaren Kopf zu behalten und sich so bald als möglich innerlich und äußerlich von einem solchen Menschen zu trennen, denn er würde einem doch nur zum Unglück. (Zumeist blicken Männer bei solchen kokettierenden Frauen und Mädchen schon durch: Sie behandeln sie wie typische Prostituierte, benutzen sie und werfen sie recht bald wieder weg - moralisch ist dieses Verfahren von Seiten der Männer allerdings auch nicht - man verhält sich eben nach dem Motto: "Wie du mir, so ich dir!")

Eine interessante Abweichung des Schamgefühls gibt es bei Menschen, die etwa von Kind aus Anhänger von FKK-Urlauben sind, bei denen sich also durch lebenslange Praxis das an Textilien gebundene Schamgefühl verloren hat und die trotzdem etwas zu verbergen haben. Typisches Kennzeichen für Schamgefühl bei diesen Menschen ist, dass sie Schwierigkeiten mit dem Aufarbeiten eigener Probleme im sexuellen Bereich haben, sie verweigern sich da und empfinden alles in dieser Richtung als Zerreden.

4. Ursache der Scham bei Naturvölkern

Merkwürdig ist ja, dass bei vielen ursprünglichen Naturvölkern in den warmen Gegenden die Mädchen bis zur Heirat splitternackt herumlaufen bzw. herumliefen und dann zumindest einen Lendenschurz brauchen bzw.brauchten. Wir können über den Grund dafür hier nur spekulieren, zumal die heutigen Gründe ja nicht dieselben sein müssen wie die, als dieses Verhalten einmal anfing. Ein plausibler Grund könnte sein, dass auch die entsprechenden Naturvölker-Gesellschaften letztlich doch patriarchalische oder eben Macho-Gesellschaften sind, in denen die Frauen nicht wirklich emanzipiert sind, also ihre Partner nicht wirklich frei und selbständig nach allen Regeln der Kunst aussuchen. Und so kommen auch sie letztlich nicht mit ihrer Sexualität klar, auch für sie ist die Sexualität bestenfalls eine eher oberflächliche Triebbefriedigung, über die man sich im Grunde schämt, und nicht ein wirkliches Fest der Harmonie von Mann und Frau und Indiz für eine wirkliche Partnerschaft, auf die man bzw. "frau" stolz und vor allem über die sie wirklich glücklich ist. Also auch bei den Naturvölkern eine Art Leibfeindlichkeit? Bedenken wir, bei wie vielen Naturvölkern in Afrika die Beschneidung der Frauen üblich ist - von einer Harmonie der Geschlechter kann doch da wirklich nicht die Rede sein!

5. Scham als Ersatzmoral

Die für mich plausibelste Begründung für die Scham ist die: Der Mensch ist eigentlich von Natur aus ein hochmoralisches Wesen - auch und gerade im Sexuellen. Daher braucht er auch eine Moral, also wie er sich vor ungeeingeten Partnern schützt und wie er den richtigen bzw. passenden Partner findet. Doch da er hier gerade in seiner Jugend, wo er eigentlich die entsprechenden Informationen bräuchte, weitestgehend allein gelassen wird, sucht er sich eben eine Moral - und nimmt dann die, die sich anbietet, weil sie von allem gelebt wird, zumindest von denen, zu denen er ein Vertrauensverhältnis hat. Und das ist dann eben die Scham. Dass er damit auf einem falschen Weg ist, merkt er natürlich zunächst nicht, das merkt er allenfalls, wenn alles zu spät ist. Und dann braucht er die Scham wirklich, denn er hat ja etwas zu verbergen.
Damit wurde dann die Ersatzmoral zur Scheinmoral.
Was wäre, wenn das Problem dieser Ersatzmoral oder Scheinmoral in einem Unterricht wirklich christlicher Sexualmoral aufgegriffen und gelöst würde? Warum sollte das so schwierig sein?

Aber da gibt es doch eine natürliche Scham!

Das ist auch so eine raffinierte Wortkombination, die uns einsuggerieren soll, dass Scham etwas Natürliches ist. Denn Natürlichkeit meint doch eigentlich, dass man natürlich ist, wenn man sich so verhält, wie die Natur uns gemacht hat - oder eben Gott. Also wäre doch die Nacktheit das "Natürliche". Und suchen die, die anders denken, einen Begriff für das Gegenteil und sagen, dass das das eigentliche Natürliche ist, also nicht natürlich zu sein... Und wenn etwas natürlich ist, dann braucht man darüber ja auch nicht mehr zu diskutieren. So einfach ist das.

Meine Meinung: Das verstehe, wer will, ich kann aber nicht...

Merkwürdig, dass selbst Menschen, die schon längst den christlichen Glauben für sich verworfen haben, immer noch in den Zwängen und Ängsten dieses Glaubens stecken - allerdings in denen der Fehlform!

Es ist heute schon fast lustig zu beobachten, mit welchen Rationalisierungen beziehungsweise Ausreden nur zu oft selbst diejenigen Menschen ihre Sexualscham (oder ihre Verklemmtheit) verteidigen, die sonst gar nichts mit christlichem Glauben zu tun haben wollen, während Menschen, die wirklich nach den Geboten dieses Glaubens leben, da im Grunde fein heraus wären - wenn es nicht die unqualifizierten Beeinflussungen heutiger christlicher Glaubenspraxis gäbe!

Allerdings sehen nach meiner Erfahrung als Religionslehrer gerade Eltern den Zusammenhang der unterschiedlichen Motivationen zur Scham eher ein, wenn sie einmal darauf aufmerksam gemacht werden, so ungefähr war das manchen von ihnen ja schon immer klar. Eine Mutter fragte mich zum Beispiel einmal, um was es mir denn in meinem Unterricht ginge. Darauf meinte ich, dass ich vor allem die jungen Mädchen doch merkwürdig schizophren, ja geradezu dumm, fände: Vor dem Besuch eines Nacktstrandes hätten sie panische Angst, wo doch die einzige Folge davon schlimmstenfalls ein Sonnenbrand auf Busen oder Hintern sei, der in ein paar Tagen wieder verschwände. Dagegen hätten die jungen Leute offensichtlich viel weniger Probleme, mit einem Freund Geschlechtsverkehr anzufangen, dabei seien doch gerade das äußerst folgenschwere vollendete Tatsachen, von denen sie nie wieder im Leben richtig loskämen, wenn sie sich da vertun. Ja und was wollte ich da machen, fragte die Mutter zurück. "Dass sich die jungen Leute umgekehrt verhielten, dass sie das, was harmlos, unschuldig und folgenlos sei, doch mutig praktizierten, das aber, was ihnen Stress und Probleme bringen könnte, jedoch lieber bleiben lassen sollten", antwortete ich ihr. Und der Kommentar der Mutter dazu? "Wenn Sie das schaffen, sind Sie gut!" 

Nachtrag im Mai 2008:

Lieber Leser! Es ist nun einmal so, dass eine Website wir diese über viele Jahre erarbeitet wird - und wenn man am richtigen Ball ist, dann gibt es schließlich auch immer viel bessere und ansprechendere Begründungen am Anfang. Dabei helfen einem auch immer wieder die Dispute mit andren Menschen, die sich aus den ersten Ansätzen ergeben. Eigentlich müsste also auch ich immer wieder alles überarbeiten, doch dazu fehlt einfach auch einfach die Zeit.

Hier also kurz, wie ich das mit der Scham heute sehe:

Also: Der Mensch ist von Natur aus ein moralisches Wesen, auch und gerade in der Sexualmoral (siehe hierzu etwa Vorwort 1 in dem Buch "Das Durchblickkonzept", hier unter www.basisglaube.de. Doch es vonseiten der etablierten Gesellschaften besteht überhaupt kein Interesse, dass er diese Moral auch lebt, er wird also mit einer Ersatzmoral abgespeist (siehe Vorwort 2 in demselben Buch). Und wie diese Abspeiserei in der Praxis funktioniert, siehe unter sexuelle Selbstbestimmung. So werden wir schließlich dressiert wie die Legehennen in einer Legehennenbatterie mit den entsprechenden (natürlich negativen) Folgen für unser Mesnchsein...

Und ein Mailwechsel vom Ssommer 2010:

Lieber Herr P.,

jetzt habe ich doch noch eine Frage. Die Gespräche von Insidern auf Ihrer Seite haben mich doch nachdenklich gestimmt, denn es sprechen immer Frauen, und die Initiative zur Kennenlernphase mit ungezwungener Nacktheit aber ohne Geschlechtsverkehr geht immer von den Frauen aus. Wissen Sie von Beispielen, wo die Initiative von Männern ausging und die Frauen mitgemacht haben? Ich könnte mir vorstellen, dass mir eine Frau tendenziell immer irgendwelche Hintergedanken unterstellen würde, wenn ich mit einem solchen Vorschlag käme. Ich habe mich über das Thema mit einer Mitbewohnerin unterhalten, und sie meinte, sie empfände es als unangenehm, wenn ein Mann sie nackt sehen würde, und sei es ein Freund, weil bei dem sich ja doch entsprechende Gedanken im Kopf abspielen würden, besonders, wenn es sich um eine evtl. sich anbahnende Partnerschaft handelt. Und bis zu einem gewissen Grad muss ich ihr recht geben, denn die meisten Männer, die in unserer Gesellschaft sozialisiert sind (mich eingeschlossen), haben einen Hinguckreflex, wenn sie weibliche Körperteile sehen, die laut der Sittsamkeit bedeckt gehören. Und Vernunftgründe helfen da nicht viel, denn man kann sich zwar sagen: Es ist nichts dabei. Aber man hat sich schon so oft von den verklemmten Frauen anhören müssen, die Männer würden eben immer nur gierig auf bestimmte Körperteile starren, dass man möglichst keinen Anlass mehr für solche Kritik geben will. Und das führt dann zum entgegengesetzten Zwang, nämlich gerade nicht hinzugucken. Ein mauretanischer Mitbewohner ist auch ein gutes Beispiel. Als er frisch in Deutschland war, stand er permanent unter Spannung, wenn er Frauen mit nackten Beinen, Schultern und so gesehen hat, weil sie bei ihm zuhause eben meist verschleiert sind. Aber inzwischen hat er sich daran gewöhnt. Das lässt hoffen, dass bei gegenseitigem Einverständnis solche Zwänge überwindbar sind. Aber bis dieses Einverständnis herrscht, fürchte ich den Argwohn der Frauen.

Ich hoffe, sie können mir etwas Ermutigendes berichten.

Viele Grüße,
Bernhard L.

Die Antwort von basisreligion:

Lieber Herr L.,

gerade zurück aus den Ferien am Atlantik...

Ich meine, da hilft nur ein gemeinsames Gespräch mit den Frauen nach dem Motto:

"Die Scham ist eine irrationale Angst, die den Menschen sozusagen in ständiger Unreife hält, die ihn auf Vordergründiges fixiert (die körperliche Neugierde weckt und auch immer wach hält), die ihn also daran hindert, wirklich moralisch zu sein (auf die inneren Werte zu achten). Jedenfalls hatten alle Mädels, die ich kenne und die mit enttäuschendem Sex angefangen hatten, „vorher“ eine panische Angst vor der Nacktheit - und „hinterher“ eigentlich auch. Warum also die Scham? Wem hilft sie, wer hat ein Interesse an ihr? Es ist bei den Ängsten wie bei einem unfairen Geschäft, bei dem ein Nachteil auf der einen Seite auf der anderen Seite sehr oft einen Vorteil bedeutet, nur noch schlimmer: Eine (irrationale) Angst auf der einen Seite bedeutet immer Macht und Herrschaft auf einer anderen Seite. Und irrationale Ängste sind auch ein Zeichen von Unmündigkeit, von Unreife, jedenfalls nicht von wirklicher Emanzipation. Und an wahrhaftiger Emanzipation besteht eben auf der Seite derer, die das Sagen haben, kein Interesse (wer interessiert sich in der Wirtschaft für gelingende Partnerschaften? Welcher Priester kann noch offen über Liebe, Partnerschaft und Sexualität sprechen? - ohne zu lügen oder verklemmt zu wirken – vor allem besteht ja gar „kein Interesse“ daran, also wird lieber ganz geschwiegen. Und vor allem sind „arme Sünder“ leichter zu manipulieren, denen kann man vor allem etwas von einem strafenden Gott und von einem glücklichen Leben nach dem Tod erzählen. Heute allerdings laufen sie eher zu Sekten oder zum Psychiater. Auch in Schulen lehrt man die Benutzung von Pillen und Kondomen, anstatt den Kindern und Jugendlichen geistige Unterscheidungsmodelle vorzuschlagen für eine gelingende Partnerschaft – doch die Lehrer sprechen diese Themen lieber nicht an, denn dann würden sie eventuell ihre eigenen Fehler zugeben müssen <z.B. die Wahl von Wirtschaftsehen, Hausfrauensklavenehen, eigene Verklemmung etc.>)".

Also sollten die Frauen und Männer, die emanzipiert sein wollen, sich zusammen tun und sich von solchen verhängnisvollen Ängsten befreien. Hierzu gehört die Befreiung von der sinnlosen Scham (dem irrationalen Zwang, sich zu bedecken), um geistig und moralisch gleichwertige Personen zu sein und schließlich auch zu partnerschaftlichen Beziehungen zu kommen (so haben weder Frauen noch Männer Chancen, die die jeweils anderen gierig-gefügig und neugierig-abhängig machen wollen durch ihre Körperlichkeit).

Und das Ganze ist wie bei Ihrem orientalischen Kommilitonen eine Übungssache – also muss man das üben. Und sich dabei gegenseitig helfen... Na, vielleicht hat man damit am Anfang Probleme und wird auch „hingucken“, das ist etwas völlig Normales bei etwas Ungewohntem - doch das machen die Frauen schließlich auch genauso gern! Meine Erfahrung mit dem „Hingucken“ ist zwar eine andere, doch selbst wenn ich hier nicht normal sein und es wirklich zu einem inneren Zwang kommen sollte, hinzugucken, dann tritt doch irgendwann die „Sättigung“ ein: Wenn man also lange genug „hingeguckt“ hat, dann wird man irgendwann auch woandershin hingucken – und die Gewohnheit und damit die Befreiung tritt ein.

Und ich garantiere, das geht schneller als vermutet. Zumal ich wirklich meine, das ist eine fixe Idee mit dem Hingucken, man guckt nämlich gar nicht wirklich. Und ich kann es aus meiner Erfahrung sagen, dass gerade die Frauen geradezu intensive Phantasien haben, mal einen Mann so richtig schön zu massieren (keine Lingammassage!) und dabei so nebenbei ausgiebig hingucken zu können.... Sie würden einem am liebsten seine Augen bedecken, damit „man“ nicht sehen kann, wie sehr und gerne sie hingucken!

Ich habe mal zu einer Frau (wohl Ende Dreißig) gesagt, warum die Frauen in diesem Zusammenhang immer so lügen, sie sähen doch auch Männer, und besonders die, die ihnen gefielen, lieber nackt... Darauf war nur Schweigen.

Man muss sich also Mann zu diesem Thema wohl nicht ins Bockshorn jagen lassen, sehr selbstbewusst auftreten, davon ausgehen, dass die Frauen hier lügen (um als anständig zu gelten) und dass die Nacktheit auch in ihrem eigenen Interesse ist...

Jedenfalls halte ich solches aufgeklärtes, emanzipiertes Verhalten für äußerst sinnvoll und die entsprechenden Gespräche – und gerade auch, wenn Interesse an einer wirklichen Partnerschaft besteht!

Die entsprechenden Gespräche erfordern im Übrigen auch Übung!

Mir gegenüber hat einmal eine befreundete Frau vor vielen Jahren die Scham verteidigt, dass damit doch die Frauen für die Männer interessanter wirkten. Darauf habe ich ihr geantwortet: „Evita (nicht der wirkliche Name), ich denke, du willst durch deinen Geist auf die Männer wirken – und nicht durch deine Fettgewebe...“ Das saß... Und überhaupt: Womit wollen denn die Prostituierten die Männer ködern – doch mit ihren Fettgeweben? Frauen, die nicht auf diesem Niveau sein möchten, sollten es also anders anfangen. Also auf alle Fälle vernünftig mit Männern reden wollen und ihnen nicht gleich alles Mögliche und Unmögliche unterstellen und als etwas Böses interpretieren...

So ungefähr?!

Und zu der Sündenfallsache: Leider habe ich Ihre Mail nicht dabei und kann also nicht genauer darauf eingehen. Doch im Wesentlichen habe ich meine Auffassung schon gesagt, dass ich da von dem religionshistorischen Ansaatz ausgehe. Siehe vor allem die entsprechenden Passagen und auch das Bild aus dem indischen Tempel in www.basisglaube.de.

Tschüs

M. P.