NOTGEILHEIT (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

NOTGEILHEIT. Notgeil nennt man umgangssprachlich Menschen, die so "scharf" sind, dass sie Appetit auf sexuelle Erregung und möglichst auch Befriedigung haben in welcher Situation und mit wem auch immer. Bisweilen zählt alles das, was mittels Aushandlungsmoral arrangiert wird, nicht zur Notgeilheit, doch ist die Lage so fließend, dass in dieser Website kein Unterschied gesehen wird. Die Frage stellt sich, ob solche Notgeilheit normal ist, oder ob im Grunde nicht viel eher normal wäre, wenn Menschen nur Appetit auf sexuelle Beziehungen hätten innerhalb der natürlichen Ordnung von Familie und Partnerschaft?

"Die Tiere verhalten sich ihrer Natur gemäß - auch in der Sexualität, doch der Mensch ist anders. Und man kann Erkenntnisse aus dem Tierreich nicht auf den Menschen übertragen."

Wirklich? Natürlich muss man beim Übertragen vorsichtig sein. Vieles geht aber manches auch nicht.
Jedenfalls stimmt eines: Der Mensch lebt schon einmal in einer völlig anderen Umgebung als das Tier, er lebt sozusagen in einer künstlichen Umwelt. Bedenken wir die Unterschiede: Er lebt zu einem großen Teil in einem Klima, für das er nicht "gebaut" ist, er hat ein völlig anderes Verhältnis zur Nahrung als das Tier, es gibt ein komplexes Bildungssystem, dann auch noch ein komplexes Kultur- und Religionssystem, er hat andere Herrschaftsstrukturen als das Tier, er trägt Kleidung. Wenn das alles anders wäre - nämlich wie bei den Tieren, ob der Mensch dann so viel anders wäre als das Tier?

In unseren verklemmten Kulturen ist Notgeilheit sozusagen programmiert!

Bedenken wir einmal unsere übliche Pädagogik:

1.      Ob beabsichtigt oder nicht beabsichtigt, lernt der junge Mensch dank unserer Leibfeindlichkeit zunächst einmal, mit der Sexualität  Scham und Ekel zu verbinden, allein die unbedingte Verhüllung der "bestimmten" Körperpartien induziert automatisch einen Fetischismus, der auf Notgeilheit ausgerichtet ist. Da können Erzieher noch so beschwichtigend und beschönigend reden, wie sie wollen. Und wenn die ganze Pornografie überhaupt einen Einfluss auf die jungen Menschen haben sollte, dann dürfte sie dazu beitragen, dass sich dieser Eindruck von Ekel und Scham verstärkt. Denn welches Kind, und alle Kinder sind doch erst einmal hochmoralisch (allerdings im Sinne von "wirklich moralisch", siehe die Unterscheidung von Moral), will "so etwas Schweinisches" schon! Allerdings: Es könnte sein, dass sich das eher auf Mädchen bezieht - Jungen scheinen da eher ansprechbarer zu sein...

2.      Dazu kommt jetzt noch die ebenso übliche Geistfeindlichkeit, also eine mangelhafte oder zumeist sogar fehlende Information im Hinblick auf eine vernünftige Menschenkenntnis, damit die jungen Menschen Strategien entwickeln können, nicht bei Gelegenheit reinzufallen.

Und entsprechend den Gesetzen natürlicher Mechanismen kehren sich in der Pubertät und gerade bei der ersten Verliebtheit erfahrungsgemäß die Gefühle von Scham und Ekel in Faszination und heiße Begierde nach dem anderen Geschlecht um - und gerade nach dem "Versteckten". Gleichzeitig fehlt jedes wirkliche Konzept aufgrund mangelhafter Menschenkenntnis. Vordergründiges und chaotisches Handeln ist damit sozusagen programmiert. Und wir Gutmenschen (oder auch Spießer) "zucken die Schultern", weil wir das als normal empfinden, und hinterfragen gar nicht mehr etwa die kulturellen Bedingungen, die hinter solcher Pädagogik mit Ekel und Scham und mangelhafter Information stecken, zumal das ja in anderen Kulturen - wie etwa in denen, die vom Islam geprägt sind - genauso oder zumindest sehr ähnlich läuft. Allenfalls schauen wir lediglich auf die noch herab, weil sich dort Menschen noch einer gewissen Moral verpflichtet fühlen und diese jetzt mit bisweilen drakonischer Strenge durchsetzen wollen - während wir auch noch das alles laufen lassen unter dem Vorwand der sexuellen Selbstbestimmung. Und die Gegner von allem fühlen sich uns gegenüber überheblich, weil sie noch auf Moral achten  - doch funktioniert mit drakonischer Strenge nicht schließlich irgendwie jede Pädagogik (oder auch nicht)?

Es ist nicht so? Übertreibe ich hier? Keineswegs! Und wenn ich mit Konzepten komme, dann stoße ich besonders bei kirchlich gesinnten Leuten auf eine betonharte Verweigerungshaltung!

Doch stellen wir uns einmal vor, junge Leute würden nicht mit Leibfeindlichkeit, also mit Scham und Ekel, und auch nicht mit Geistfeindlichkeit erzogen und stattdessen mit normalem Umgang der Geschlechter miteinander und statt der ganzen Verklemmtheit mit vernünftiger Information, wie es eigentlich auch normal sein sollte!

Dann würden sie sich doch in der Pubertät und der Situation der Verliebtheit anders verhalten, also nicht so fasziniert und heiß auf Vordergründiges aus sein wie etwa die äußeren Geschlechtsteile - oder eben nicht so notgeil...? So etwas wie ein faszinierender Augenkontakt hat unter diesen Verhältnissen doch gar keine Chance mehr oder dient allenfalls dazu, einen zu einem unverbindlichen Abenteuer herumzukriegen?

Ist also unser ganzes überspanntes oder eben auch notgeiles Verhalten heute nur die Folge, weil bei uns nun einmal eine unangebrachte oder eben für den Menschen nicht artgerechte Erziehung das Normale und Übliche ist?

Siehe hierzu das Stichwort Sexuelle Selbstbestimmung.

Und wer erst einmal in dieser Falle drinsteckt, der gibt sie natürlich auch weiter - ein Teufelskreis!

Ja, wie soll man das einem Pädagogen, der - etwa aufgrund von Beziehungskisten oder anderer schlimmer Erfahrungen seine Probleme mit der Sexualität hat und sie am liebsten verdrängt, erklären, weil er meint, das sei die beste Methode, damit klar zu kommen, dass seine Abwehrhaltung für seine Kinder oder die ihm anvertrauten Kinder genau das Falsche ist? Der wird das nie begreifen! Und so beginnt der Teufelskreis immer und immer wieder von vorn!

Ist am Ende die ganze Notgeilheit, wie sie uns heutzutage im Internet, in der Kondomwerbung und in den Medien entgegen springt, eine Folge von falschen Umgang mit der Sexualität überhaupt, also eines falschen Moralmodells, ist sie also am Ende gar nicht typisch menschlich, sondern nur die Folge einer verquerten Kultur?

Es sieht alles danach aus, dass es so ist: Wir machen irgendetwas falsch - und wenn wir etwas falsch machen, dann können wir das ja auch ändern! Fangen wir also mit einer vernünftigen Kindererziehung an und sehen wir, ob dann noch alles genauso verquert ist wie heute!

Der totale Fetischismus: Erst recht machen natürlich Kopftuch und Schleier und die ganze Geschlechtertrennung usw. notgeil.

Junge Leute werden auf diese Weise sozusagen so scharf, dass sie (fast) jeden Partner akzeptieren, den man ihnen offeriert, Hauptsache, da ist einer, selbst wenn es ein verwandter ist. Dieses Phänomen wird genutzt zur Einfädelung von arrangierten Ehen in den Kulturen, in denen die Frauen üblicherweise verschleiert sind. Allerdings gibt es dort auch nicht besondere Ansprüche an die Liebe und an die Partnerschaft zwischen Mann und Frau. Umso stärker ist sozusagen als Ersatz die Eingebundenheit in der Religion, vor allem eben im Islam, Kennzeichen einer typisch (negativ) patriarchalischen Gesellschaft. Klar, diese alten Männer haben natürlich gar kein Interesse, dass sich etwas ändert - wenn sie erst einmal in dem ganzen Schlamm drin stecken und von einer Änderung nichts mehr haben würden.

Anmerkung: Es sei hier ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Notgeilheit vieler Menschen in unserer Zeit nicht nur an der Erziehung zur Scham liegt, sondern auch an fehlender geeigneter Information und Lebensweise, dazu gehören auch etwa  vernünftige Vater-Tochter-Beziehungen, Mutter-Sohn-Beziehungen, Bruder-Schwester-Beziehungen. Wenn es also bei den sogenannten Naturvölkern, wo man üblicherweise nackt herumläuft, so etwas wie Notgeilheit gibt, dann ist das ein Indiz, dass es noch andere nicht geklärte Herrschaftsstrukturen gibt...

(Wörterbuch von basisreligion und basisdrama)