LEIBFEINDLICHKEIT (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

LEIBFEINDLICHKEIT. Siehe auch Verklemmtheit.

Zunächst muss ein Missverständnis angesprochen und aufgearbeitet werden, dass im allgemeinen immer auftaucht, wenn von einer Überwindung der Leibfeindlichkeit die Rede ist. "Überwindung der Leibfeindlichkeit" bedeutet nämlich für viele "Offenheit für den Geschlechtsverkehr mit wem auch immer" oder auch "sexuelle Befreiung" nach dem Motto. "Wenn man sich liebt, dann darf man". Das ist hier jedoch nicht gemeint, hat so ein "beliebiger Geschlechtsverkehr" nur zu oft einen faden Beigeschmack, weil er keinesfalls ein Zeichen von Liebe und Partnerschaft ist, sondern eher von Dummheit und Gefühl von Ausgenutzsein, und von daher dann die Urache von Traumata ist. Oder soll das etwas keine Leibfeindlichkeit sein, wenn ein Mädchen ihre Jungfernschaft wegwirft wie einen dreckigen Lappen, weil sie sonst mit ihrem Körper nichts anfangen kann? Überwindung der Leibfeindlichkeit hat also nichts zu tun mit Offenheit für den Geschlechtsverkehr ohne Ehe, sondern vor allem Überwindung von Ekel und Scham, dort wo es angebracht ist - und ein pfleglicher Umgang mit dem eigenen Körper, so dass man richtig Freude an dem eigenen Körper hat.

Bei der Leibfreindlichkeit müssen wir also unterscheiden in eine Haltung zum Körper, deren Gegenteil ist, dass einem alles "egal" ist, dass wir also ohne Rücksicht auf Verluste alles mit dem Körper tun, was nur irgend möglich ist, und eine Haltung, deren Gegenteil ist, dass wir uns durchaus danach richten, was froh und glücklich macht und was keine leidvollen Erfahrungen bringt. In dieser Website wird nur das Zweite befürwortet.

So ist nicht nur der, der seinem Körper gar nichts gönnt oder ihn gar tötet (siehe etwa Selbstmord und Selbstmordattentäter), leibfeindlich, sondern auch der, der ihn missbraucht, also auch keine Ahnung von einer Einheit von Leib und Seele und daher von wirklichem Gebrauch und Missbrauch in der Liebe hat. So können also auch die Wege, wie heute Sexualität oft propagiert und praktiziert wird (dass man ohne Rücksicht auf Verluste gleich auch wieder "alles" treibt), nur als zutiefst leibfeindlich angesehen werden. Denn das kann ja auch wieder als Leibfeindlichkeit oder auch Leibverachtung angesehen werden!

Wenn sich die Verfasser der Bibel (siehe etwa Schöpfungsgeschichte, Adam und Eva, Turmbau von Babel), und besonders auch der historische Jesus, nun dafür eingesetzt hatten, dass der Missbrauch der Frau als Sexualobjekt aufhört und dass sie erst einmal als Kameradin und Partnerin angesehen wird, so ist das nicht nur nicht leibfeindlich, sondern sogar höchst leibfreundlich: Denn damit wird der Leib nicht als etwas genommen, was sowieso "egal" ist, weil es ja doch nur auf die geistigen Werte ankommt, sondern er wird für "voll" genommen und soll dem Menschen zur wirklich beglückenden Freude dienen.

Leider haben die Weltanschauungen des Dualismus und der Gnosis diese Ideen wieder so sehr zunichte gemacht, dass wir nur zu oft das Christentum für eine extrem leibfeindliche Religion halten. Doch das ist ein völliger Irrtum!

Tendenz dieser Website, in der in der Botschaft Jesu vor allem die Idee einer ethischen Erneuerung ("Erlösung") gesehen wird: Dualismus und Gnosis und auch Religionen wie der Buddhismus sind nun einmal diejenigen zutiefst leibfeindlichen Weltanschauungen, die schon in der Spätantike in unseren christlichen Glauben eingedrungen (oder vielleicht auch eher eingesickert) sind, aus ihm eine typische Religion von einem Reich in einer anderen Welt gemacht und ihn vor allem sozusagen leibfeindlich versifft haben. Und Leibfeindlichkeit ist nun einmal Dekadenz und die ist etwas Negatives - und auf etwas Negativem kann man nie und nimmer etwas Positives aufbauen - also auch nicht eine wirkliche Moral!

Durch den Filter der Entmönchung muss daher schließlich "alles das" aus der Botschaft der Bibel ausgefiltert oder richtig gestellt werden, was vor allem durch die Überlagerung mit Ideen der Gnosis und des Dualismus aus der ursprünglich beabsichtigten Naherwartung des Reiches Gottes in dieser Welt im Laufe der ersten Jahrhunderte nach Christus wurde. Und da dieses "Alles das" inzwischen für viele zum Kern unseres Glaubens überhaupt geworden ist - sind bei einer Hinwendung zu wirklicher Moral Differenzen - etwa mit der ganzen offiziellen Dogmatik von welcher Kirche auch immer - sozusagen vorprogrammiert. Zur Unterscheidung von traditioneller Theologie und derjenigen, die sich am historischen Jesus orientiert, siehe unter basisreligion!

Und die Leibfeindlichkeit ist nun eine der wesentlichen Ursachen, wenn Menschen schließlich gar nicht mehr wissen, was ihrem Leib wirklich gut tut und wie sie mit ihm in Übereinstimmung mit ihrer Seele umgehen können. Auch wird bei ihnen jedes sinnvolle Bauchgefühl in Fragen echter Liebe nachhaltig blockiert. Sie ist also durchaus unmittelbar schuld an einem Sittenverfall!

Die Kirche im Dorf lassen!

Konkret: Wer wirklich gegen diese schädliche Leibfeindlichkeit vorgehen will, wird sich zunächst einmal um die Problematik Ursache und Wirkung bei der ganzen Moral kümmern und nicht aufs falsche Pferd setzen, er wird also nicht etwas als Ursache allen Sittenverfalls ansehen, was im Grunde eher Wirkung ist und umgekehrt: Wer ins Weihwasserbecken spuckt, muss eben nicht unbedingt auch immer kleine Kinder fressen. Er wird also die entsprechenden Sollbruchstellen insbesondere bei der Erziehung junger Menschen nicht nur so gerade zulassen, sondern er wird sie sogar noch regelrecht kultivieren (etwa mit einer Phase der Ästhetik), er wird junge Menschen geschickt zu ihnen hinführen und auch selbst offener werden...

Indizien für unsere Leibfeindlichkeit

Schauen Sie bitte einmal in das Stichwort  (Sexual-)Scham (also dass wir unseren Körper nicht nur nicht vor anderen zeigen) und urteilen Sie nach der Lektüre von Punkt 2   "Der fragwürdige Nutzen einer Erziehung junger Menschen zur (Sexual-)Scham", ob die Sexualscham ein Indiz für Leibfeindlichkeit oder schließlich sogar für regelrechte Leibfreundlichkeit ist, etwa weil wir mit ihr den Leib schützen wollen.Immerhin handelt es sich ja hier nur um einen "Scheinschutz", der gar nicht wirklich hilft, wenn's drauf ankommt. Und so sieht alles danach aus, dass der wahre Grund für das Verbergen ist, dass wir zu unserem Leib ja gar nicht richtig stehen können, wir verbergen ihn ja nicht nur vor anderen, sondern auch vor uns selbst, wir kommen nicht so recht klar mit ihm, wir sind nicht stolz auf ihn, wir mögen ihn nicht, und was ist das denn anderes als leibfeindlich? Und wenn die Natur (was auch immer damit gemeint ist) nun einmal vorgesehen hat, dass wir ein positives Verhältnis zu unserem Leib haben - dann ist Leibfeindlichkeit also auch gegen die Natur, also Unnatürlichkeit.

Eindeutige Hinweise auf unsere Leibfeindlichkeit sind auf alle Fälle:

  • Wir können über die Sexualität gar nicht richtig reden, insbesondere nicht zu jungen Menschen, und dazu gehört natürlich das Sprechen über das allgegenwärtige Problem der Ambivalenz, von Gebrauch und Missbrauch. Besonders das alles wird ja zumeinst total tabuisiert! Wer legt schon seinen Kindern so ein Gespräch (2) wie das von Felix und Alexander vor? Wer spricht mit jungen Leuten darüber?

  • Immer gleich der Sprung ins kalte Wasser. Immer – und sowohl in der traditionellen Ehemoral wie bei der modernen Moral der Herumprobiererei – geht es gleich sozusagen von Tempo Null auf Tempo 180: Heute noch prüde und schüchtern und noch nicht einmal fähig, das Wort Nacktheit auszusprechen – und morgen schon Geschlechtsverkehr mit allem Drum und Dran – keine Freude an unschuldiger Nacktheit, kein Kennenlernen anderer Partner in aller Unschuld, sondern gleich mit dem ersten aufs Ganze - das kann doch weder normal noch gut sein!

  • Und unser Gebrauch von Verhütungsmitteln? "Dank" dieser können wir uns leisten, dass wir unseren Körper gar nicht so recht kennen lernen, seine Signale deuten lernen (siehe etwa Menstruation), und damit das tun, was er will und ihm (und vor allem auch unserer Seele) also gut tut... Stattdessen also ein Rundumschlag mit einer chemischen Keule (gemeint sind Pille usw.) oder mit einer Gummibarriere (gemeint sind Kondome)... Und alle weiteren Gedanken, was unserem Leib wirklich gut täte, schlagen wir doch mit diesen dämlichen Verhütungsmitteln tot!

  • Oder denken wir an die Jungfräulichkeit, wie die heutzutage im Allgemeinen wie ein dreckiger Lappen weggeworfen wird, dass man (bzw. frau) die auch kultivieren kann, davon existiert nicht die geringste Ahnung...

  • Und wie man den Orgasmus der Frau, auf den es ja nun ankommt, auch ohne Eindringen regelrecht testen kann, auch um ihn zu kultivieren, absolutes Schweigen in der Pädagogik und so wissen das die jungen Leute auch nicht und stürzen sich gleich immer in die vollendeten Tatsachen. Geht man so mit seinem Körper um?

Übrig bleibt die Sexualität als eine Abreaktion, als platte Triebbefriedigung, als primitives Ablöschen unserer Notgeilheit - und nicht als ein Fest, auf das man sich einrichtet und vorbereitet! Also: Leibfeindlichkeit und Unnatürlichkeit pur!

Und weil wir mit unserer Seele schließlich damit doch nicht fertig werden, freuen sich die Religionen (alle!), siehe dazu das Grundschema, denn deren Geschäft mit der Vergebung und schließlich mit den Versprechungen eines Lebens nach dem Tod kann jetzt anlaufen, oder - heute auch eher - die Psychiater, die etwa die Cinderella-Komplexe ihrer Patientinnen behandeln können. In jedem Fall: Die ungelösten Probleme (und auch die der Leibfeindlichkeit) des einen sind die Geschäfte der anderen!

Und natürlich: Leibfeindlichkeit ist auch immer Geistfeindlichkeit!

Wenn der ägyptische Taxifahrer die Beschneidung seiner Töchter damit begründet, dass sie sonst nicht treu sein könnten, dann heißt das doch auf gut deutsch, dass Mädchen und natürlich auch Frauen von vornherein nicht den Geist haben, für ihre Moral selbst zu sorgen und dass man sie also verstümmeln muss. Und nicht nur Mütter sondern auch Väter oder andere Lehrer haben dort auch nicht die Intelligenz, ihren Töchtern Moral anders als durch Verstümmlung beizubringen, wenigstens reicht die nie aus. Wenn das nicht Geistfeindlichkeit oder auch Geistverweigerung pur ist! Doch triumphieren wir hier in unserem christlichen Abendland nicht zu früh: Wir beschneiden unsere Töchter zwar nicht, doch haben wir nicht vergleichbare Auffassungen, wenn uns nichts anders für unsere Töchter einfällt als Kondome und andere Verhütungsmittel? Dass man Mädchen Moral ohne Leibfeindlichkeit beibringen könnte, ist doch auch bei uns nicht der Rede wert... 

Und dieser Geistverweigerung im Hinblick auf die moralische Erziehung junger Menschen entspricht auch unsere sonstige Auffassung, dass man angeblich nur mit Lügen (oder eben "Opfern des Verstandes" - siehe sacrificium intellectus) den Menschen - und vor allem auch jungen - den Glauben beibringen könnte!

Erlösung von dieser Leibfeindlichkeit und Geistfeindlichkeit.

Und da wir nun mit dieser ganzen Leib- und Geistfeindlichkeit nun einmal nicht leben können, irgendwie wollen Leib und Geist ja auch ihre Rechte, brauchen wir eine Befreiung oder eben eine Erlösung. Die Erlösung, die uns nun die ursprüngliche biblische Religion und gerade dieser Jesus von Nazareth zugedacht hatte, ist leider inzwischen dualistisch-gnostisch verfremdet worden und wird für ein Leben nach dem Tod eingesetzt (siehe basistheologie). Und für das Hier und Jetzt besorgen diese Erlösung nun etwa die oberflächlichen leibvergötternden Modeströmungen und gerade auch die oberflächlichen Don Juans! Dass wir mit dieser ganzen Oberflächlichkeit schließlich keine Erfüllung finden und sogar psychische Probleme bekommen, kommt auch den christlichen Religionen gerade recht: Jetzt haben wir auch noch ausgesprochenen Bedarf für deren Fehlinterpretationen der biblischen Botschaft.

Befreiung von der Leibfeindlichkeit und Pädagogik

Wie schwierig es allerdings ist, von der Leibfeindlichkeit loszukommen, siehe insbesondere im Schriftwechsel zum Stichwort Sexualerziehung. Eltern und andere bemühte Erwachsene jammern zwar immer, dass die Sexualität den jungen Leuten immer nur negativ dargestellt wird, doch sind eigentlich alle bisherigen angeblich positiven Ansätze im Endeffekt doch wieder nur leibfeindlich, siehe etwa die Kampagne "Kein Sex vor der Ehe". Und vor wirklich positiven Ansätzen der Leibfreundlichkeit, zu der unbedingt auch ein Spaß an unschuldiger Nacktheit gehört, schrecken dann alle doch wieder zurück - die Frage ist nur, wie lange noch?
Siehe auch christliche SexualerziehungFrühsexualisierung.

(Wörterbuch von basisreligion und basisdrama) Computer-Übersetzung des Buchs HONESTY AND FUN WITH THE MORALITY ins Englische unter English !