GNOSIS (BASISLEXIKON: kompetent-kritisch-konstruktiv)

DIE GNOSIS ALS URSACHE DER VERFÄLSCHUNG DER BOTSCHAFT JESU.

Die grundsätzliche Frauen- und Lebensfeindlichkeit in unserem christlichen Glauben sind Erbe der nichtchristlichen Spätantike, dem wirklichen Jesus (dem historischen!) ging es genau um das Gegenteil!

Mit GNOSIS (gnostisch, Gnostiker) werden verschiedene Erlösungslehren aus der nachchristlichen Antike bezeichnet, die geistiger Hintergrund der spätantiken Welt von Spanien bis China waren und Verwandtschaft haben mit den teilweise viel älteren Lehren des persischen Religionsstifters Zarathustra (c.660 - 583 v. Chr.), des indischen Religionsstifters Buddha (c.566 - c.486 v. Chr., siehe Buddhismus), des griechischen Philosophen Plato (c.428 - 347 v. Chr.) und des babylonischen Religionsstifters Mani (216 bis 276 n. Chr.). Alle diese Erlösungslehren haben gemeinsam, dass sie von einer dualistischen (siehe Dualismus) Einteilung in die zwei Prinzipien gut und böse ausgehen. (Ich wurde darauf hingewiesen, dass Anhänger heutiger gnostischer Lehren das alles anders sehen - siehe am Ende des Stichworts!)

Also sind auch nach der Gnosis Seele und Leib zwei verschiedene Bestandteile des Menschen, wobei die Seele dem guten Prinzip zugeordnet ist, der Leib aber dem bösen.

Die Seele stellt man sich im gnostischen Weltbild als einen versprengten Funken aus einem ewigen Lichtreich des Guten vor, der sich in eine minderwertige Welt und in einen minderwertigen Körper, also ins Reich eines Gegengottes oder auch des Schöpfergottes - des Demiurgen, verirrt hat und hier wie in einem schäbigen, stinkenden Gefängnis viele lange irdische Jahre auf ihre Erlösung harrt.

Diese Erlösung besteht grundsätzlich in einer Trennung der Seele vom Körper, also im Tod des Menschen, wenn die Seele wieder in ihr Lichtreich zurückkehren kann und der Körper wieder das wird, was er ist, nämlich Staub und Verwesung. In ihrem irdischen Leben können auserwählte Menschen allerdings bereits einen Vorgeschmack auf die Erlösung erfahren, wenn sich ihre Geistseele nur intensiv genug von dieser Welt ablöst und schließlich durch Erkenntnis im Reich des Guten aufgeht.

Diese "Erkenntnis" heißt dann auf Griechisch "gnosis", woher diese ganze Ideologie auch schließlich ihren Namen erhalten hat, das entsprechende Wort im Buddhismus übersetzen wir im Deutschen mit "Erleuchtung".

Den Leib kann man auf zwei Weisen verachten: Indem man ihm überhaupt keinen Spaß gönnt oder indem man alles laufen lässt.

Da die Regungen und Triebe des Leibes bei dieser geistigen Beschäftigung nun eher hinderlich wirken, werden sie als lästig angesehen, ja, der ganze Leib wird sogar mit allem, was dazu gehört, verachtet. Und diese Verachtung oder auch Leibfeindlichkeit kann nun in der Praxis unseres Lebens verschieden aussehen:

  1. asketische Variante: Der Gnostiker dieser Variante wird gegenüber allen Begierden des Leibes völlig enthaltsam, verschließt sich vor allem Lebensgenuss und  geht schließlich vielleicht sogar in die Wüste, um durch nichts mehr von der wahren Erkenntnis abgelenkt zu werden (wodurch sich allerdings die Begierden erfahrungsgemäß letztlich nur um so mehr steigern), oder

  2. libertinistische Variante: Der Gnostiker dieser Variante sagt, dass der schlechte und minderwertige Leib ohnehin der guten und höherwertigen Geistseele unterlegen ist und ihr daher nichts anhaben kann, also sollte man dem Leib geben, was des Leibes ist: Man reagiert sich schlicht und einfach ab, wenn die lästigen Triebe wieder einmal da sind, und wird so wieder frei für die Beschäftigung mit dem "Guten" oder eben für die „Erleuchtung“.

Dabei beziehen sich die Enthaltsamkeit oder die Großzügigkeit natürlich auch und vor allem auf die Sexualität des Menschen, die damit in dieser Weltanschauung von vornherein nur als reines Instrument der Lust gesehen wird, wenn auch je nachdem zu einem verteufelten oder zu einem notgedrungen akzeptierten. Jedenfalls gibt es hier nicht die eigentlich doch recht vernünftige Unterscheidung nach Gebrauch und Missbrauch, alles was sich beim Menschen unterhalb der Gürtellinie befindet (und bei der Frau unterhalb des Halses) ist sowieso schlecht und vom Teufel.

In beiden Fällen kommen Frauen nicht gut weg, weil sie dem Leiblichen zugeordnet sind.

Zwangsläufig kommen natürlich gerade die Frauen in der Gnosis nicht gut weg, die ja nach dem dualistischen Prinzip ohnehin das minderwertige Gegenstück zum höherwertigen Mann sind. Ich frage hier immer meine Schülerinnen, die Männer welcher Variante sie denn lieber hätten. Und nach einigem Überlegen bekomme ich immer die Antwort: „Keine von beiden“. Und die Mädchen liegen da genau richtig: Denn in der Praxis bedeutet die Gnosis immer, dass sie von den Männern verachtet werden. Entweder werden sie von den Männern allein gelassen, wenn diese auf ihrer Suche nach Abkehr von allem Irdischen und daher Verderblichen in die Wüste ziehen, um einsame Einsiedler zu werden, oder weil sie gerade noch zur Abreaktion der Begierden der Männer und für die niederen Arbeiten gebraucht werden, für die die Männer keine Lust mehr haben (wie man es auch sehen kann). Gegenüber der Frau besteht also die Einstellung „Dienstmagd und Dirne“, eine Harmonie von Mann und Frau, eine Gemeinschaft von zwei richtigen Gefährten, eine wirkliche Partnerschaft und Liebe in der Einheit von Leib und Seele, das ist alles in der Gnosis nicht vorgesehen und wohl auch nicht vorstellbar. Und natürlich stellen sich dann auch recht schnell die "anderen" gar nicht so asketischen leibfeindlichen Praktiken ein, also die übliche sexuelle Verwilderung, der entsprechende Hedonismus. Wir können also sagen, dass die Gnosis eine zutiefst lebens- und frauenfeindliche Weltanschauung ist frustrierter und vor allem alter Männer ist, also von typischen Machos... (Und dass sie im Grunde auch noch geistfeindlich ist, siehe unter Leibfeindlichkeit!)

Manches von den Ideen der Gnosis klingt so ähnlich wie die Ideen des Christentums, daher kam es zu Verwechslungen.

Da allerdings nun so manches bei der asketischen oder eben enthaltsamen Richtung der Gnosis immerhin so ähnlich klang wie einiges im jungen christlichen Glauben, kamen auch - trotz anfänglicher heftiger Abwehrgefechte vonseiten der Christen - geistige Beziehungen zwischen Gnosis und Christentum zustande. Und schließlich wurde sogar so viel vom Gedankengut der Gnosis und vor allem die ganze Leibfeindlichkeit ins Christentum übernommen (einer der Hauptübertrager war gewiss der heilige Kirchenvater Augustinus, der angeblich zwar den Manichäismus und damit auch die Gnosis bekämpfte, aber eben nur angeblich...), dass wir heute leider sagen müssen, dass unser Christentum sich restlos in eine gnostische Weltanschauung umgewandelt hat, es wurde sozusagen völlig durch die Gnosis pervertiert: Haben nicht auch wir eine außerweltliche Welt des Guten und des Bösen konstruiert mit einem Gott und sogar einer Dreifaltigkeit als Prinzip des Guten, und mit einem Teufel als Prinzip des Bösen (siehe Dualismus)? Und geht es nicht auch bei uns um die Erkenntnis des guten Gottes und von allem, was mit ihm zusammenhängt, die dann auf unseren Alltag sozusagen überstrahlen soll?

Halten sich nicht auch bei uns die geistig gebildeteren Menschen für die moralisch besseren, glauben sie etwa nicht, dass ihre Beschäftigung mit Geistigem sie über alle diejenigen erhebt, die nicht so geistig sind? Die unchristliche Überheblichkeit spüren wir an allen Ecken und Enden unseres Glaubens und auch unserer geistig Gebildeten, wenn etwa auf die Menschen herabgesehen wird, die ihren Lebensunterhalt mit ihrer Hände Arbeit verdienen? Besonders deutlich fällt die Überheblichkeit ins Auge, wenn zum Beispiel alles das, was „unter der Gürtellinie“ ist (bei Frauen unterhalb des Halses), als nicht der Diskussion und schon gar nicht der Wissenschaft wert abgetan wird. Auch in der Erziehung spielt das dann keine Rolle, die Kinder der Gebildeten brauchen das schon gar nicht, und die Jugendmagazine, in denen beispielsweise „21 Liebesspiele“ erläutert werden, sind nach Meinung vieler angeblich geistig Gebildeten doch nur für die Kinder der weniger geistig arbeitenden Schichten gedacht, ihre eigenen Kinder haben mit alledem nichts zu tun! Dass die Kinder der geistig Gebildeten schließlich unter der Weltfremdheit ihrer Erziehung genauso leiden wie die Kinder der „Nichtgeistigen“, ist sozusagen zwangsläufige Tragik...

Förderlich für die Umwandlung unseres christlichen Glaubens in eine „gnostische Sekte“ war sicher auch, dass gnostische Ideen niemandem weh tun, weil sie nicht viel am eingefahrenen menschlichen Alltag zu ändern pflegen, allenfalls wird auf etwas verzichtet, dessen man eh überdrüssig geworden ist, weil man entweder zu viel erlebt hat oder schlicht und einfach alt genug geworden ist. So kamen die gnostischen Ideen und kommen sie immer noch jedem bestehenden Establishment und sogar jedem Patriarchat in geradezu idealer Weise gelegen. (Die Hoffnung auf die Wirkung einer Überstrahlung unserer niederen Welt durch eine höherwertige Welt mag zu vergleichen sein mit der Wirkung von Festen und Gedenktagen um einen bedeutenden Fußballspieler eines Vereins auf die Spielfähigkeit der jungen Vereinsspieler: Eine Überstrahlung hilft da gar nichts, da hilft nur trainieren - gewiss mit der Idee des Vorbilds im Herzen - im Hinblick auf die jeweils neuen Situationen!)

Für eine sinnvolle  Entgnostisierung unseres christlichen Glaubens.

Die Abkehr von einem gnostisch verfremdeten Christentum (und vor allem also auch von der Leibfeindlichkeit) mag einer der Gründe sein, warum vieles in diesem Buch hier so ungewohnt für traditionelles christliches Denken klingt. Das ist eben eine Sache des Standpunkts. Leider halten wir im allgemeinen inzwischen den von der Gnosis verfälschten Standpunkt für den einzig wahren und allein christlichen - es ist Zeit, dass sich das ändert! Denn es bringt nichts, wenn wir zwar das Verhalten unserer Menschen ändern wollen, jedoch nicht die dazugehörige Ideologie im Hintergrund. Hat nicht auch schon Jesus gesagt, dass "neuer Wein nicht in alte Schläuche" passt? Nicht steinerne Gebäude und Denkmäler müssen zerbrochen werden (das wäre sowieso nur primitiver Vandalismus), sondern verfehlte geistige Strukturen.

Zum wirklichen Anliegen Jesus und demnach auch unseres christlichen Glaubens siehe etwa Jesus und die Sünderin und/oder Gespräch 12.

Etwas anders wird das wohl in heutigen gnostischen Lehren gesehen.

Ich verweise hier auf eine aktuelle "Gnosis-Website", und da es dort einen Link auf meine Seite gibt, mache ich auch einen Link auf ihre: http://www.phone-soft.de/cyber-world/make-frame.php3?framename=4049d.htm. Zumindest bleibt aber auch in den heutigen gnostischen Lehren, dass die Sexualität nicht nach Gebrauch und Missbrauch im christlichen Sinn gesehen wird, also mit der entsprechenden Enthaltsamkeit und der Phase der Ästhetik vor der Ehe usw. Eine weitere Webseite mit gnostischem Inhalt ist http://www.rosenkreuz.de/, die Seite des  Lectorium Rosicrucianum, der Internationlen Schule des Goldenen Rosenkreuzes. Sie bietet grundlegende Informationen über die Geschichte, Lehre, Symbolik und Praxis heutiger gnostischer Lehre.

(Wörterbuch von basisreligion und basisdrama) Computer-Übersetzung des Buchs HONESTY AND FUN WITH THE MORALITY ins Englische unter English !