GEBRAUCH UND MISSBRAUCH (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

GEBRAUCH UND MISSBRAUCH

Böser Leib und gute Seele? Oder "unten am Körper" schlecht und "oben" gut? Das sind doch alles untaugliche Einstufungen des Menschen!

Mit dem Begriffspaar Gebrauch und Missbrauch lassen sich menschliche Verhaltensweisen, die mit der Moral zusammenhängen, erheblich sinnvoller und praxisnaher unterscheiden als mit der Einstufung nach gut und böse. Denn solche Einstufung nach gut und böse ist schon deswegen von zweifelhaftem Wert und daher abzulehnen, weil sie zur Begriffswelt des Dualismus gehört, also zu der Ideologie, die letztlich uns Menschen stets nur noch Schlimmeres gebracht hat, wenn einmal ihre Anwendung auf konkrete Situationen in die Praxis umgesetzt wurden (siehe Hexenwahn, Nationalsozialismus, Kommunismus). Wie wenig praxisnah die Einstufungen gut und böse und um wie viel vorteilhafter die Unterscheidungen nach Gebrauch und Missbrauch sind, können wir am Beispiel unseres Umgangs mit der Umwelt erkennen:

Wenn wir etwa in unserem Wald Bäume zu wirtschaftlicher Nutzung fällen und dafür wieder neue junge Bäume der für den Standort typischen Art anpflanzen, so ist dies ein Gebrauch und im allgemeinen akzeptabel, schließlich wollen wir ja auch leben. Missbrauch oder auch Raubbau liegen dagegen vor, wenn wir Bäume fällen und uns um eine sinnvolle Wiederaufforstung des wehrlosen Walds gar nicht mehr kümmern nach dem Motto: "Nach uns die Sintflut!".

Auch im zwischenmenschlichen Bereich gibt es das Problem solcher Ausnutzung. Wir kennen wohl alle die Situation, dass wir uns von jemandem ausgenutzt fühlen, einfach weil das Nehmen so fordernd, erpresserisch, launenhaft oder eben egozentrisch geschieht, ohne dass wir selbst irgend etwas davon haben oder einen Sinn erkennen können. Dabei wären wir ja eigentlich im Grunde sogar gern zum Geben bereit (siehe auch Egoismus-Egozentrik)!

Und so kann auch vor allem die Sexualität und hier besonders das intime Verhalten von Menschen zueinander bis hin zum Geschlechtsverkehr eine Sache des Gebrauchs oder eben des Missbrauchs sein. Wozu hat denn die Natur die Sexualität wohl gedacht? Wohl gewiss nicht, dass sie etwa zu einer Sportübung wird! Das ist Missbrauch oder auch Zweckentfremdung. Doch wenn die Sexualität zur Steigerung der Harmonie einer Partnerschaft zwischen wirklichen Gefährten eingesetzt wird, wenn es jedem dabei in erster Linie um das Glück des anderen geht, wobei das eigene natürlich nicht ausgeschlossen ist, so ist das gewiss im Sinn der Natur und daher Gebrauch. (Nach christlicher Auffassung ist eines der unbedingten Kennzeichen dafür, dass ein Geschlechtsverkehr "Gebrauch" ist, dass er in der Ehe stattfindet, dass er sozusagen durch das Sakrament der Ehe abgesegnet und geheiligt ist.)

Gebrauch und Missbrauch im Bereich der Sexualität: Vieles hat nun wirklich nichts mit dem Sinn zu tun, den sie von der Natur her hat!

Wenn einem aber der andere dabei im Grunde gleichgültig ist, wenn es etwa nur um eine Anmache oder ein Abenteuer zur einseitigen oder auch gegenseitigen Befriedigung (siehe auch Selbstbefriedigung) geht, wenn man in seinem Inneren gar nicht an eine glückliche Dauer der Beziehung, also an eine Partnerschaft, denkt und trotzdem Liebe machen will, ja wenn es gar um die Prostitution geht, so ist das Missbrauch - oder in unserem Fall eben auch sexueller Missbrauch. Genau dasselbe ist auch der Fall, wenn man die Naivität eines Menschen, also seinen mangelhaften Überblick um die Ambivalenz der Sexualität missbraucht und gar nicht daran denkt, ob sich etwa ein Mädchen auch hingeben würde, wenn es klar und nüchtern sehen würde, was das für ihr ganzes weitere Leben bedeutet und welche Ängste und insbesondere Sexualängste (siehe auch Trauma) die Folge sind. Und solcher Missbrauch entspricht also nicht der wirklichen Bestimmung unseres Körpers von einer Einheit von Leib und Seele, ist daher zutiefst leibfeindlich und ist daher schlicht und einfach unmoralisch!

Um zu vermeiden, dass wir uns mit Rationalisierungen alles wieder doch so zurechtlegen, wie wir es haben wollen, und so alles beim alten bleibt, ist in den Zehn Geboten festgelegt, was Missbrauch oder auch Ausnutzung ist oder nach Missbrauch aussehen könnte und daher in jedem Fall im Umgang mit anderen Menschen unterbleiben muss - selbst wenn sie es etwa im Zusammenhang mit der Sexualität erwarten oder sogar ausdrücklich wünschen. Schon um keine moraltötende Langeweile aufkommen zu lassen, kann dagegen "bewusste" Enthaltsamkeit als "Gebrauch" angesehen werden - siehe auch "weibliche Sexualität"!

Und nicht nur anderen gegenüber dürfen wir unser Verhalten unter den Gesichtspunkten von "Gebrauch oder Missbrauch" beurteilen, sondern auch, wenn es um uns selbst geht. Schaden wir uns nicht schließlich auch selbst, wenn wir durch unsinnigen Missbrauch unserer Sexualität die eigene Einheit von Leib und Seele auf Dauer zerstören? 

Genau wegen der zerstörerischen Kraft wird der Missbrauch der Sexualtät (nicht die Sexualität als solche, wenn dies auch in Verirrungen wie Dualismus und Gnosis, die auch unseren christlichen Glauben mitgeprägt haben, so gesehen wird!) als Sünde bezeichnet, ja die Bibel sieht darin sogar eine Art Ursünde der Menschheit (siehe auch Erbsünde). Die Folgen dieser Ursünde sind alle übrigen Bosheiten der Menschen und auch die (Sexual-)Scham. Und diese Einschätzung der Bibel vom Missbrauch der Sexualität als Urgrund des Bösen gehört zum Konzept basisreligion!

Missbrauch ist weiterhin auch der Raubbau am eigenen Körper durch den Konsum von Drogen, durch übertriebenen Sport, durch übermäßige Arbeit, durch geistlose Faulheit, durch stumpfsinniges Vergnügungsstreben, Missbrauch gibt es auch beim Essen und Trinken, beim Alkohol, beim Geld, beim Internet - ja eigentlich überall. Doch es gibt eben auch den Gebrauch!

Anmerkung: Man kann im Übrigen alles missbrauchen, sogar die Moral! Siehe hierzu etwa das Stichwort programmierte Schwangerschaft oder das Gespräch 32, in dem es darum geht, wie "frau" mit einer plötzlichen Rückbesinnung auf ihre Moral ihr Ziel erreicht...

(Wörterbuch von basisreligion und basisdrama)

Den "Offenen Brief eines alten Religonslehrers an junge Mädchen über die weibliche Sexualität und die Bibel" (Mai 2012) gibt es auch online auf Deutsch, auf Englisch und auf Niederländisch! Hier gibt es genau das Konzept zu diesem Stichwort!