FREIHEITSERZIEHUNG


Offener Brief eines alten Religionslehrers* an junge Mäd­chen zum Thema „Die weibliche Sexualität und die Bibel“.

Eine Sexualmoral der hohen Liebe, die sogar Spaß macht, Selbstbewusstsein bringt und auch noch einen tollen und völlig natürlichen Menschenerkenntniseffekt hat.

(Internetadresse www.liebeundsex.tk - Hinweis: Das Aktuellste ist die gedruckte Ausgabe, sie ist, jetzt Mai 2012, fertig, siehe unter Umschlagseiten und Inhaltsseiten!)

Anmerkung: Diese beiden pdf-Dateien ensprechen genau dem fertigen Buch, lediglich das Inhaltsverzeichnis der Datei hier hat einen kleinen Schönheitsfehler. Ich könnte auch die Buchdatei hochladen, doch hat die über 8 MB, während die hier etwa 1 MB hat. Also lieber diese hier!

Ein provisorische  Übersetzung ins Englische (per google-Übersetzungsprogramm) finden Sie unter  OPEN LETTER!

Und eine Übersetzung ins Niederländische (ebenfalls per google-Übersetzungsprogramm) unter OPEN BRIEF.


Es gibt auch ein Online-Wörterbuch oder LEXIKON.


*) zu „alter Religionslehrer: Wenn die "Knete" von alleine kommt, weil er im Ruhestand ist, braucht er sich nicht mehr an den Lehrplan zu halten, sondern kann nur noch das ma­chen, was er für wirklich wichtig für die jungen Menschen hält.

Hinweis: Das fertige Buch ist ab Mitte Mai 2012 erhältlich. Es kostet 5 € plus Versandspesen 1 €  innerhalb Deutschlands zu! Bestellung über Kontakt.


Vorbemerkungen

Der Philosoph und Theologe Rupert Lay unterscheidet die Moral nach einer der Sittsamkeit und einer der Sittlichkeit. Dabei ist die Moral der Sittsamkeit die, dass es so aussehen soll, als sei man moralisch, und die der Sittlichkeit, dass man es wirklich ist. Und - so Lay - welche von den beiden Varianten praktizieren wohl die meisten Menschen? Na ja, es ist traurig, aber wahr, sie praktizieren eben die der Sittsamkeit.

In diesem Konzept hier soll es nun um eine Moral der Sittlichkeit für junge Menschen gehen. Daher kann es durchaus sein, dass so manche gutwillige Leser zunächst verwirrt sind, weil sie sich bisher unter Moral immer etwas ganz anderes vorgestellt haben. Doch gerade solche gutwilligen Leser, insbe­sondere wenn sie mit der Erziehung junger Menschen zu tun haben, sollten sich einmal klar machen, was es mit einer Moral der Sittsamkeit auf sich hat. Diese ist nämlich keinesfalls die Vorbedingung für eine Moral der Sittlichkeit und darüberhinaus ist sie sehr oft geradezu kontraproduktiv für sie.

Doch genau auf eine Moral der Sittsamkeit werden die jungen Menschen pro­grammiert statt auf eine der Sittlichkeit. Das dürfte der Grund sein, warum nicht nur erst heute sondern schon seit jeher gerade im Hinblick auf die Se-xualmoral so vieles im Argen liegt.

Dieses Buch ist nun nicht nur für Erzieher von jungen Menschen geschrieben, sondern auch für die jungen Menschen selbst, damit sie unter Umständen ihre Erziehung sinnvoll in die eigenen Hände nehmen können, um zu einer Moral der hohen Liebe zu gelangen, wie sie sie doch eigentlich wollen.

Und wo wir schon dabei sind, uns von der Moral der Sittsamkeit zu lösen, darf ich auf den Blog der Ägypterin Alia Magda Elmahdy hinweisen, die auf ihre Weise gegen diese Moral der Sittsamkeit in ihrer ägyptischen Heimat und überhaupt in den islamischen Ländern protestiert, siehe unter http://arebelsdiary.blogspot.com/. Denn gerade mit einer Moral der hohen Liebe, und nur die kann ja wohl eine richtige Moral sein, hat das, was dort im Orient läuft, ja im Allgemeinen wohl nichts zu tun! Inzwischen hat ihr Blog um die 5 Millionen Besucher. Auch von daher möchte ich ihn meinen Lesern nicht vorenthalten.

Natürlich sollten diesen offenen Brief auch die Jungen lesen, schließlich soll­ten sie wissen, wie die Mädchen denken, damit sie sich drauf einrichten und also gegebenenfalls schon einmal lernen können, sich zusammen zu neh­men, um ritterliche Machos zu werden.

Schön wäre es, wenn das alles auch die Eltern mitbekämen, damit sie die veränderten Einstellungen einordnen und ihre jungen Leute sinnvoll unter­stützen könnten.


Inhaltsangabe:


Teil A: Religion und Moral im Hinblick auf den einzelnen Menschen

Einleitung: Liebe junge Damen! Es tut mir heute sehr leid, doch da hatte ich einmal mal etwas sehr falsch gemacht...

1. Das „wirklich Besondere“ in unserer christlichen Religion.

2. Das Besondere des Menschen - Gott oder das Geld oder was sonst?

3. Über die Liebe und über die Einschätzung der Frau im Buddhismus.

4. Die Einschätzung der Fähigkeit der Frau zur Treue im Islam.

5. Das Märchen von der sexuellen Selbstbestimmung der Mädchen bei uns. Es gibt keinen grundsätzlichen Un­terschied zu der Einstellung im Buddhismus und im Islam. Bei uns ist es nur anders.

6. Das traditionelle Moralmodell arbeitet mit Ängsten. Taugt das für eine hohe Sexualmoral der Liebe?

7. Der Mensch ist zur Liebe geboren – doch um diese seine Veranlagung zu leben, bedarf es nun einmal der Freiheit.

8. Wenn schon Erfahrungen, dann aber sinnvolle!

9. Warum nicht zuerst einmal die weibliche Sexualität erproben?

10. Stolze Jungfrau sucht ritterlichen Macho: das Traumpaar!

Teil B: Religion und Moral in größeren Zusammenhängen

1. Die philosophische (und politische!) Dimension dieses Ansatzes.

2. Die biblische Heilsgeschichte als Engagement gegen paradieszerstörenden Machismo.
    a) Gegen den Machismo
mit der religiösen Masche.
   
b) Gegen den Machismo der Sklavenhaltertour.
   
c) Gegen den kriminellen Machismo.
   
d) Und heute? Gegen den (pseudo-)wissenschaftlichen Machismo.

Schlussbetrachtung des alten Religionslehrers: In welcher Religion geht es denn wirklich um die Liebe in Freiheit?

Zusammenfassung (entsprechend dem Faltblatt zu diesem Buch – und mit ergänzenden Gedanken)

Nachwort – insbesondere für Pädagogen und Theologen.

Schlussbetrachtung des alten Religionslehrers: In welcher Religion geht es denn wirklich um die Liebe in Freiheit?

Zusammenfassung (entsprechend dem Faltblatt zu dieser Broschüre – und mit weiteren Gedanken)


Teil A: Religion und Moral im Hinblick auf den einzelnen Menschen

Einleitung: Liebe junge Damen! Es tut mir heute sehr leid, doch da hatte ich einmal mal etwas sehr falsch gemacht...

Es ist lange her, über 40 Jahre... Und zwar hatte ich in meinem Religionsunterricht bei Mädchen in der ersten Gymnasiumklasse über andere Religionen erzählt und auch dass unser Christentum die einzig wahre Religion sei. Dabei hatte mich dann ein Mädchen gefragt: „Na ja, wenn ich´s mir recht besehe, werden wohl auch die Priester in den anderen Religionen ihren Gläubigen dasselbe sagen, dass sie die einzig wahre Religion hätten. Meine Frage ist jetzt: Woran erkennt man denn nun, welches wirklich die wahre Religion ist?“

Zugegeben, ich habe damals völlig falsch reagiert, ich fing an zu schimpfen, dass es heute schon so sei, dass selbst Kinder nicht mehr an unsere Religion glaubten – und das war´s dann. Ja eine vernünftige Antwort hatte ich damals nicht gegeben.

Dabei war das, was dieses Mädchen gefragt hatte, doch sehr vernünftig, und es hatte doch wirklich und gut nachgedacht.

Ja, ich war also genau in diese Falle getappt, dass es keine dummen Fragen gibt, sondern nur dumme Antworten.

Und ich hatte eben auf eine kluge Frage eben völlig falsch reagiert, ja es war ein Fehler von mir. Dieser Fehler sollte mich in meinem ganzen weiteren Leben nicht mehr los lassen. Dieses Mädchen von damals kann ich nun nicht mehr um Verzeihung bitten, doch vielleicht haben auch heutige Kinder diese Frage und ich habe mich umgesehen und so möchte ich jetzt versuchen, diese Frage vernünftig zu beantworten.


1. Das „wirklich Besondere“ in unserer christlichen Religion.

Wenn ich mir´s recht überlege: Was wir im Allgemeinen so für das Besondere in unser christlichen Religion halten, das gibt es in anderen Religionen wenig­stens im Großen und Ganzen auch! Und immer wenn ich denke, ich habe etwas gefunden, was in unserer Religion so toll ist, so finde ich doch irgend­wann heraus, dass es das auch woanders gibt oder zumindest einmal gab!

Natürlich. An einen Gott oder an mehrere Götter glaubt man auch in anderen Religionen. Aber an einen einzigen Gott wie bei uns? Ich habe mich einmal mit Hindus, also mit Menschen aus Indien unterhalten, wo man ja angeblich an viele Götter glaubt und sie darauf angesprochen. „Nein, nein“, haben sie gesagt, „wir glauben auch an einen einzigen Gott, doch wir können Gott ja nicht vorschreiben, wie er sich uns offenbart. Er zeigt sich uns also nun ein­mal in vielen anderen Wesen, in denen viele Menschen dann andere Götter sehen. In Wirklichkeit geht es immer um den Einen.“

Na ja, und so ähnlich sehen ja wir das auch mit unserer Dreifaltigkeit – auch hier geht es immer um denselben Gott, der sich uns nun einmal in drei Perso­nen zeigt.

Es ist also nichts mit dieser Besonderheit!

Doch wie ist es, dass Gott seinen Sohn zu uns schickt, indem der Heilige Geist zu einer Jungfrau kommt, die dann dadurch schwanger wird und ein Kind bekommt? Oh, auch das gibt es in anderen Religionen, zwar nicht ganz genauso, doch so ungefähr. Denken wir etwa, warum unser Kontinent „Euro­pa“ heißt. Da war also angeblich einmal der Gott Zeus, der oberste Gott der alten Griechen, der sehr sexgierig war und der gern Sex mit schönen irdi­schen Frauen hatte. Und der hatte Gefallen an der schönen Königstochter Europa gefunden, die mit ihren Freundinnen am Strand herumtollte. Um an sie herankommen, verkleidete er sich als Stier, was er als allmächtiger Gott ja konnte, und näherte sich so den jungen Frauen, und nach einiger Zeit merk­ten die auch, dass es ein netter Stier war, und sie spielten mit ihm. Ja, sie schwammen mit ihm auch ins Wasser, die Königstochter Europa auf seinem Rücken. Als sie nun einmal etwas weiter draußen waren, so dass Europa nicht mehr so einfach zurückschwimmen konnte, schwamm er immer weiter in Richtung offenes Meer und entführte so die Königstochter – zu einer da­mals einsamen Insel. Dort hatte er dann Sex mit ihr, und sie gebar davon ein Mischwesen, halb Mensch und halb Tier, eine sehr merkwürdige Geschichte. Jedenfalls glaubten die alten Griechen das – und auch, dass von daher unser Kontinent zu Ehren dieser Königstochter „Europa“ heißt.

Na ja, beim Heiligen Geist war das alles nun erheblich anders, der kam zu ei­ner Jungfrau nicht aus Sexgier, sondern um uns einen Erlöser zu schicken. Doch irgendwie ist da schon so etwas wie mit dieser alten Religion.

Und auch mit den Wundern, mit der Auferstehung des Gottessohns und sei­ner Himmelfahrt, ja überhaupt mit dem Leben nach dem Tod in einem künfti­gen Paradies, das alles gibt es genauso oder wenigstens so ungefähr auch in anderen Religionen. Manchmal stimmen sogar Einzelheiten, so etwa gibt es beim Weingott Dionysos der alten Griechen und Römer eine Geschich­te, wo dieser Gott Wasser in Wein verwandelt, oder bei den Buddhisten gibt es so eine Art Fegefeuer, wohin die Verstorbenen erst einmal kommen und wo sie dann einige Zeit für ihre zu Lebzeiten ungesühnten Sünden büßen müssen.

Wir glauben ja auch, dass Jesus zur Vergebung unserer Sünden gestorben ist. Die Vergebung gibt es nun auch in anderen Religionen, wenn bei denen auch dazu nicht der Sühnetod eines Gottessohns nötig war. Doch wieso musste Jesus für uns dafür sterben? Wenn Gott allmächtig ist, kann er diese Vergebung nicht auch ohne ein solches Sohnesopfer gewähren? Auch hier ha­ben inzwischen evangelische und katholische Theologieprofessoren etwas herausgefun­den, dass das mit dem Sühnetod Jesu zur Vergebung der Sünden nämlich wohl nicht so war.

2. Das Besondere des Menschen - Gott oder das Geld oder was sonst?

Da vieles nun ganz offensichtlich nicht stimmt, was uns so über die christliche Religion erzählt wird oder zumindest sehr fragwürdig ist, und da alles schon so lange her ist, so dass wir niemanden mehr fragen können, der „dabei“ war, fangen wir doch einmal ganz anders an!

Nach was sehnen sich gerade junge Menschen denn eigentlich am meisten?

Ich hatte dazu in einer Klasse von 15-jährigen Jungen die einmal aufschrei­ben lassen, was sie sich unter Glück vorstellten – und anonym, also ohne Na­mensangabe.

Und es war für doch mich sehr interessant, dass die meisten irgendwie das­selbe schrieben – ohne dass wir vorher darüber geredet hatten. Und vonein­ander abgeschrieben hatten sie auch nicht – dafür waren sie viel zu sehr be­schäftigt, endlich einmal los zu werden, was sie wollten.

Es ging um die Liebe!

Nein, schrieben die Jungen, es ginge dabei nicht nur um Sex, sie wünschten sich ein Mädchen, mit dem man reden könnte, ja mit dem man eine richtige schöne Partnerschaft haben könnte.

Wenn das nichts ist! Doch statt den jungen Menschen sinnvolle Empfeh­lun­gen für eine Menschenkenntnis zu geben, wie sie zu einer Erfüllung ihrer Ide­ale kommen könnten, spricht man mit ihnen darüber kaum oder gar nicht. Oder man hält sie von vornherein unfähig für eine geeignete Menschen­kennt­nis und gibt ihnen Kondome fürs eigene Probieren. So ist das eher heute.

Oder man will auch gar nicht, dass sie es selbst herausfinden, weil man sie an jemanden verheiraten will, den man selbst will. So war das eher früher.

Was läuft falsch?

Um auf Jesus zu kommen: Was war die Situation der Menschen zu seiner Zeit? Wie lebten sie damals? Oder auch: Was lief damals oder läuft zu die­sem Thema heute noch in anderen Kulturen, in anderen Religionen?

Schauen wir uns doch das einmal an!


3. Über die Liebe und über die Einschätzung der Frau im Buddhismus.

Es soll hier einmal nicht um die Religion des Buddhismus gehen. Die mag ja ganz toll und wunderbar sein und altehrwürdig mit vielen hohen Gedanken.

Doch die Frage sollten wir einmal stellen: Wie stehen die Buddhisten zur Se­xualität, was halten sie von den Frauen, was von den Mädchen?

Ich habe dazu eine krasse Geschichte gefunden. Und zwar geht es um das alte Thema, ob Frauen treu sein können, ob die nur einen Mann lieben kön­nen.

Diese Geschichte ist nun sehr interessant, wie im Buddhismus, also in einer Religion, die auch bei uns von vielen Menschen hochgeschätzt wird, die Frau­en gesehen werden.

Schauen wir uns diese Geschichte also einmal näher an!

Hinweise: Wichtig ist, dass die Leser beziehungsweise Zuhörer wissen, was Ge­schlechtsverkehr ist – und dass es um den in dieser Geschichte geht! Und dann geht es in dieser Geschichte um ein Würfelorakel, also dass derjenige, der beim Würfelspiel gewinnt, mit irgendeiner Behauptung, die er gerade ausspricht, Recht hat. Interessant ist auch, dass ein Mann einer Frau, die er auf der Straße als Schwangere erkennt, offensichtlich deren Kind „abkaufen“ kann. Oder dass je­mand einer Frau unterstellt, er sei ihr Sohn und die das auch akzeptiert – Kindes­aussetzungen müssen also in dieser Kultur so üblich gewesen sein, so dass man damit rechnen konnte, dass ziemlich jede Frau so etwas „hinter sich“ hatte. Zustände müssen das gewesen sein! Und noch etwas: „Priester“, „Hofpriester“, „Mönch“, „Brahmane“ meinen denselben. So auch „König“ und „Bodhisatta“.

Jataka Nr. 62: Die Geschichte vom Embryozustand.

Warum spielte der Brahmane ...“ Dies erzählte der Meister, als er im Jeta-Hain weilte, in Bezug auf einen Unzufriedenen. Diesen nämlich hatte der Meister gefragt: „Ist es wohl wahr, dass du, o Mönch, unzu­frieden bist?“ „Es ist wahr!“ – „O Mönch, die Frauen fürwahr sind nicht zu behüten. Vormals haben Weise eine Frau vom Mutterleib an be­wacht und konnten sie doch nicht bewachen.“ Nachdem er so gespro­chen hatte, erzählte er eine Begebenheit aus der Vergangenheit.

Als vor Zeiten in Benares Brahmadatta regierte, wurde der Bodhisatta von seiner Hauptgemahlin wiedergeboren. Als dieser herangewachsen war, erlangte er in allen Künsten Vollkommenheit. Nach dem Tod des Vaters bestieg er den Thron und übte die Herrschaft in Gerechtigkeit aus. Mit dem Hofpriester zusammen spielte er Würfel; beim Spielen aber sang er:

,In Krümmungen läuft jeder Fluss, aus Holz bestehen die Wälder all. Alle Weiber tun Böses, wenn eine Gelegenheit sich ergibt.‘

Indem er dieses Würfellied sang, warf er die goldenen Würfel auf das silberne Spielbrett. Während er aber so spielte, gewann der König ständig; der Hofpriester verlor. Als nun im Haus des Priesters das Ver­mögen allmählich schwand, dachte er: ,Wenn das so weitergeht, wer­de ich noch bettelarm werden. Ich werde also ein weibliches Wesen suchen, das noch nichts mit Männern zu tun hatte, und im Haus behal­ten.‘

Da entstand in ihm dieser Gedanke: ,Eine Frau, die zuvor schon ir­gendeinen Mann auch nur gesehen hat, werde ich nicht behüten kön­nen. Vom Mutterleib an werde ich daher ein Mädchen bewachen, wenn es herangewachsen ist, werde ich es in meine Gewalt bringen, es nur einem Mann, nämlich mir, angehören und es dabei auch streng bewachen lassen, und mir aus der Königsfamilie das Geld zurückho­len.‘ Er war auch der Zukunftswahrsagerei aus Körperzeichen kundig. Als er auf der Straße eine schwangere Frau sah, wusste er: ,Sie wird eine Tochter gebären.‘ Er ließ sie zu sich kommen, machte mit ihr ei­nen Vertrag und ließ sie bei sich wohnen. Nach der Entbindung be­zahlte er sie und schickte sie fort. Das kleine Mädchen aber ließ er keinerlei Männer sehen, sondern gab es ausschließlich in die Hände von Frauen, von denen er es aufziehen ließ. Als es herangewachsen war, brachte er es unter seine Gewalt, machte es also zu seiner Frau. Während es aber aufwuchs, so lange spielte er zusammen mit dem König kein Würfelspiel mehr.

Aber nachdem er es unter seine Gewalt gebracht hatte, sagte er: ,O Großkönig, wir wollen Würfel spielen!‘ ,Gut!‘ sprach der König und spielte in der früheren Art. Als aber der König beim Würfelwerfen den üblichen Text sang, sprach der Hofpriester: ,Außer meinem Mädchen!‘ Von da an gewann der Hofpriester, der König verlor.

Der Bodhisatta überlegte: ,In dessen Haus muss ein Weib sein, das nur mit einem Mann etwas hat‘, ließ nachforschen und erfuhr den Sachverhalt. Da dachte er: ,Ihre Tugend werde ich brechen lassen!‘ Er ließ einen Hallodri rufen und sprach: ,Kannst du die Tugend der Frau des Hofpriesters brechen?‘ ,Ich kann es, Herrscher!‘ Daraufhin gab ihm der König Geld und schickte ihn los mit den Worten: ,Also dann erledige es schnell!‘

Nachdem der Bursche vonseiten des Königs Geld entgegengenom­men hatte, kaufte er Parfüm, Räucherwerk, Puder, Kampfer und so weiter und nahm unweit von des Hofpriesters Haus einen Laden für alle diese Wohlgerüche in Betrieb. Übrigens hatte das Haus des Hof­priesters sieben Stockwerke und sieben Toreinfahrten. An allen Torein­fahrten aber befand sich eine nur aus Frauen bestehende Wache, denn außer dem Brahmanen hatte kein anderer Mann die Erlaubnis, das Haus zu betreten. Auch den Eimer für den Abfall ließen die Wäch­terinnen erst hinein, nachdem sie ihn untersucht hatten. Das Mädchen bekam nur der Hofpriester zu sehen und ihre Zofe. Als nun diese ihre Zofe mit dem Geld, das ihr der Hofpriester gegeben hatte, einkaufen ging, kam sie gerade an dem Laden dieses Strolches vorbei. Dieser erkannte wohl: ,Das ist deren Zofe!‘, und als er sie eines Tages wieder einmal gewahrte, trat er aus dem Laden hinaus, fiel ihr zu Füßen, er­griff ihre Füße fest mit beiden Händen und wehklagte: ,Mutter, wo bist du die ganze Zeit gewesen?‘ Da stellten sich auch die übrigen dazu gedungenen Spitzbuben hinzu und sprachen: ,An Händen und Füßen, im Gesicht und in der Kleidung sind Mutter und Sohn von ganz glei­chem Aussehen.‘ Als sie dieses wieder und wieder sagten, glaubte die Frau sich selbst nicht mehr und dachte: ,Dieser wird mein Sohn sein!‘ und begann selbst auch zu weinen. Und die beiden standen da, schluchzend und weinend, und umarmten einander. Darauf sprach der Spitzbube: ,Mutter, wo wohnst du?‘ ,Mein Sohn, ich wohne im Palast des Hofpriesters, indem ich die Aufwartung besorge für seine bezau­bernd schöne junge Gattin, die an Anmut einer Nymphe gleicht.‘ ,Wo­hin gehst du jetzt, Mutter?‘ ,Um für sie Par­füm, Kränze und so weiter zu besorgen.‘ ,Mutter, was sollst du anders­wo hingehen; von jetzt an hole das doch bei mir!‘ Und indem er kein Geld nahm, gab er ihr viel Betel, Bdellium-Parfüm und so weiter sowie verschiedenartige Blumen.

Als das Mädchen die vielen Parfüms, Blumen und so weiter sah, sprach es: ,Wieso, Mutter, ist heute unser Brahmane so großzügig?‘

,Weshalb sprichst du so?‘ ,Weil ich diese ungewöhnlich vielen Sachen sehe.‘ ,Nicht der Brahmane hat mir das viele Geld gegeben, sondern das alles habe ich von meinem Sohn hergebracht.‘ Von da an nahm sie das vom Brahmanen gegebene Geld für sich selbst und besorgte bei jenem die Parfüms, Blumen und so weiter.

Nach einigen Tagen gab der Spitzbube vor, krank zu sein, und legte sich nieder. Als die Zofe an seine Ladentür kam und ihn nicht sah, fragte sie herum: ,Wo ist mein Sohn?‘ ,Dein Sohn ist von einer Un­pässlichkeit befallen worden.‘ Sie begab sich an sein Krankenlager, massierte ihm den Rücken und fragte: ,Was hast du für eine Unpäss­lichkeit, Söhnchen?‘ Er blieb stumm. ,Warum sprichst du nicht, Sohn?‘

,Mutter, selbst im Tode kann ich es dir nicht sagen!‘ ,Wenn du es mir nicht sagst, wem sagst du es dann, Söhnchen?‘ ,Mutter ich habe keine ei­gentliche Krankheit; aber indem ich von der Schönheit dieses Mäd­chens hörte, ist mein Herz an sie gefesselt. Wenn ich sie bekomme, werde ich leben; wenn ich sie nicht bekomme, werde ich eben hier sterben!‘ ,Söhnchen, das ist mein Problem; denke nicht mehr darüber nach!‘ Nachdem sie ihn damit getröstet hatte, nahm sie noch mehr Parfüms, Blumen und so weiter als sonst, ging zu dem Mädchen und sprach: ,Tochter, mein Sohn hat durch mich von deiner Schönheit ge­hört; nun ist sein Herz an dich gefesselt. Was ist zu tun?‘ ,Wenn Ihr ihn herbringen könnt, hat er von mir die Erlaubnis.‘

Als die Zofe die Rede des Mädchens gehört hatte, kehrte sie von da an aus allen Ecken und Enden des Hauses eine Menge Schmutz zu­sammen, tat ihn in verschiedene Blumenkörbe und ging damit weg. Als sie untersucht wurde, schüttete sie den Inhalt über die Wächterin. Die­se, darüber verärgert, ging weg, eine andere auf dieselbe Weise; und welche auch immer irgendetwas sagte, über die schüttete die Zofe den Schmutz. Von da an wagte keine mehr zu untersuchen, was sie holte oder wegtrug. Zu dieser Zeit ließ sie den Spitzbuben sich in ei­nem der Blumenkörbe sich niederlegen und brachte ihn so über die Kontrolle hinweg zu dem Mädchen. Der Kerl brach des Mädchens Tu­gend und blieb einen oder zwei Tage im Palast. Wenn der Hofpriester ausgegan­gen war, amüsierten sich die beiden; wenn er kam, versteck­te sich der Kerl. Als ein oder zwei Tage vergangen waren, sprach es:

,Herr, jetzt musst du gehen!‘ Er erwiderte: ,Ich möchte erst dann ge­hen, wenn ich den Brahmanen geschlagen habe.‘ Das Mädchen sprach: ,So soll es sein!‘, versteckte den Kerl, und als der Brahmane kam, sprach es so: ,Edler, wenn Ihr die Laute spielt, möchte ich dazu tanzen.‘ ,Gut, meine Liebste, tanze!‘, sprach er und spielte die Lau­te. ,Wenn Ihr zu­schaut, schäme ich mich; daher werde ich Euch das Gesicht mit einem Tuch verbinden und dann tanzen!‘ ,Wenn du dich schämst, dann mach es so!‘ Das Mädchen nahm ein dickes Tuch, bedeckte seine Augen und band das Gesicht zu. Nachdem ihm das Gesicht zugebunden war, spielte der Brahmane die Laute. Sie tanzte einen Augenblick, dann sprach sie: ,Edler, ich möchte dir einmal auf den Kopf schlagen!‘ Der weibstolle Brahmane, der die Ursache dieses Ver­langens nicht kannte, sprach: ,Schlag zu!‘ Das Mädchen gab dem Spitzbuben ein Zeichen des Einverständnisses; dieser kam leise her­bei, stellte sich hinter dem Brahmanen auf und schlug ihm mit dem Ell­bogen auf den Kopf. Da wurde diesem, als ob ihm die Augen heraus­fallen wollten, und auf dem Kopf entstand eine Beule. Schmerzgequält sprach er: ,Gib mir deine Hand!‘ Das Mädchen hob seine Hand und legte sie in die Hand des Hofpriesters. Der Brahmane sprach: ,Die Hand ist weich, aber der Schlag war hart.‘ Nachdem er den Brahma­nen geschlagen hatte, ver­steckte sich der Spitzbube wieder. Als er sich versteckt hatte, entfernte das Mädchen vom Gesicht des Brahma­nen das Tuch und rieb die Schlagstelle auf dem Kopf mit Sesamöl ein. Als der Brahmane hinaus­gegangen war, veranlasste die Frau den Spitzbuben, sich wieder in den Korb zu legen, und ließ ihn forttragen.

Dieser ging zum König und teilte ihm die ganze Begebenheit mit. Zu dem sodann zu einem Höflichkeitsbesuch gekommenen Brahmanen sprach der König: ,Wir wollen ein Würfelspiel machen, o Brahmane!‘ ,Gut, o Großkönig!‘ Der König ließ das Würfelbrett herrichten, sang auf die Art wie einst das Würfellied und warf die Würfel. Der Brahmane, der ja nichts vom Bruch der Keuschheit des Mädchens wusste, fügte dann wieder hinzu: ,Außer meinem Mädchen!‘ Indem er so sprach, wurde er dennoch besiegt. Der König, der ja den Zusammenhang kannte, sprach: ,O Brahmane! Wieso nimmst du sie aus? Von deinem Mädchen ist das Keuschheitsgelübde gebrochen worden. Du hast die­ses Weib vom Mutterleib an bewacht, an den sieben Zugängen Wach­dienst veranlasst, indem du glaubtest: ,Ich werde es bewachen kön­nen!‘ Ein Weibstück aber, selbst wenn man es in ein Loch steckt und dieses umkreist, kann man nicht bewachen. Eine Frau, die nur einem Mann angehört, gibt es eben nicht. Nachdem dein Mädchen gesagt hatte: ,Ich habe Lust zu tanzen!‘ und dir, als du die Laute spieltest, mit einem Tuch das Gesicht verband, hat es seinen Liebhaber veranlasst, dir mit dem Ellbogen auf den Kopf zu schlagen, und ihn dann fortge­schickt. Was nimmst du jetzt also dein Mädchen aus?‘ Nachdem er das gesagt hatte, sprach er diesen Vers:

,Warum spielte der Brahmane die Laute mit verhülltem Gesicht?
Als sie noch ein Embryo war, zog er sie zur Gattin auf.
Wer könnte diesen Frauen wohl vertrauen?‘

So zeigte der Bodhisatta dem Brahmanen die Wahrheit auf. Nachdem der Brahmane vom Bodhisatta die Ausführungen über die Wahrheit vernommen hatte, ging er nach Hause und sprach zu dem Mädchen: ,Von dir ist tatsächlich eine derartig böse Tat begangen worden?‘ ,Ed­ler, wer hat das gesagt? Ich tue so etwas nicht! Nur ich habe dich ge­schlagen, kein anderer. Wenn Ihr mir nicht glaubt, werde ich für den Satz ,Außer von dir kenne ich von keinem anderen Mann eine Berüh­rung mit der Hand‘ eine Wahrheitsprobe durchführen, ins Feuer treten und Euch damit zum Vertrauen veranlassen.‘ Der Brahmane sprach:

,So soll es sein!‘, ließ einen großen Scheiterhaufen aufschichten und diesen in Brand setzen. Dann ließ er das Mädchen herbeirufen und sprach: ,Wenn du auf dich vertraust, betritt das Feuer!‘ Das Mädchen hatte seine Zofe zuvor angewiesen: ,Mutter, wenn dein Sohn herge­kommen ist, dann heiße ihn, in dem Augenblick, wenn ich ins Feuer trete, meine Hand zu ergreifen!‘ Sie ging und sagte Bescheid. Der Spitzbube kam daraufhin herbei und stellte sich inmitten der Zuschau­er hin. Das Mädchen, willens, den Brahmanen zu betrügen, trat in die Mitte der großen Volksmenge und sprach: ,O Brahmane! Dich ausge­nommen, kenne ich von keinem anderen Mann eine Berührung mit der Hand. Um dieser Wahrheitsprobe willen soll mich dieses Feuer nicht verbrennen!‘ Damit begann es, ins Feuer zu treten. In diesem Augen­blick rief der Spitzbube: ,Schaut die Tat des Hofpriester-Brahmanen! Eine solche Frau schickt er ins Feuer!‘ Er ging zu dem Mädchen und ergriff es an der Hand. Es schüttelte die Hand ab und sprach zu dem Hofpriester: ,Edler, meine Wahrheitsprobe ist vereitelt worden; ich kann nicht in das Feuer treten.‘ ,Aus welchem Grund?‘ ,Heute ist von mir die Wahrheitsprobe folgendermaßen aufgestellt worden: ,Meinen Gatten ausgenommen, kenne ich von keinem andern Mann eine Be­rührung mit der Hand.‘ Jetzt aber bin ich von diesem Mann an der Hand ergriffen worden.‘ Der Brahmane erkannte: ,Ich bin von ihr betro­gen worden!‘ Er schlug sie und jagte sie weg.

So sind fürwahr die Frauen von bösem Wandel heimgesucht. Wenn sie eine auch noch so große Übeltat begangen haben, nehmen sie, um ihren Gatten zu betrügen, für die Behauptung ,Ich tue so etwas nicht!‘ selbst den Tag zu Zeugen, so flatterhaften Gemüts sind sie. Darum wird gesagt:

,Der trügerischen, listenreichen,
die Wahres gar so schwer verstehn,
der Weiber Art ist schwer zu erkennen,
der Fische Spur im Wasser gleich.

Trug gilt ihnen der Wahrheit gleich,
und Wahrheit gilt ihnen als Trug.
Wie Kühe, die viel Gras begehren,
sie haben Wünsche ohne Zahl.

Voll Trug und hart die Schlangen sind,
und unbeständig wie der Sand;

es gibt nichts, von dem sie nichts wissen,
was unter den Leuten geredet wird.
‘“

So unbehütbar ist das Weibervolk!“ Nachdem der Meister damit diese Lehrgeschichte herangezogen hatte, verkündete er die vier edlen Wahrheiten. Am Schluss der Darlegung der vier edlen Wahrheiten gelangte der unzufriedene Mönch zum Lohn der Bekehrung. Der Meister stellte nun die Beziehung her und verband das Jataka mit der aktuellen Angelegenheit: „Damals war ich der König von Benares!“

Bitte, liebe Leser, diskutieren Sie gemeinsam über die Lösung! Ist die These, dass Frauen (und Mädchen) nicht einem einzigen Mann treu sein können, stichhaltig bewiesen? Und wenn nicht, wo liegt der Irr­tum?

Die Lösung finden Sie unter: http://basisreligion.reliprojekt.de/loesung.htm.


4. Die Einschätzung der Fähigkeit der Frau zur Treue im Islam.

Auch hier: Vergessen wir die tollen und hochtrabenden Worte über die Religion! Schauen wir uns den Alltag an!

Ja, was hält man in den Gebieten, wo der Islam die vorherrschende Religion ist, eigentlich von der Fähigkeit zur Treue der Mädchen und der Frauen?

Wir hören immer wieder von den Beschneidungen der Mädchen in ei­nigen afrikanischen, aber auch orientalischen Ländern. Und weil die gerade an jungen Mädchen vorgenommen wird, halte ich es durchaus für angebracht, wenn junge Mädchen bei uns davon erfahren und sich damit auseinandersetzen.

Wozu eigentlich diese Beschneidung? Ein Journalist der Zeitung „Die Welt“ fragte einmal in Ägypten einen Taxifahrer, ob er auch Töchter habe und ob diese auch beschnitten seien. Drei Töchter hätte er, ant­wortete der Taxifahrer, ja, sie seien selbstverständlich beschnitten. „Wieso denn das?“ „Weil die ohne Beschneidung doch keinen Mann finden.“ „Was hat denn das damit zu tun?“ „Sie können ja sonst nicht treu sein ...“ Ein solches Denken ist also der Hintergrund!

Es ist auch mir klar, dass diese Beschneidung nichts mit dem Islam zu tun hat – nur: Sie ist ein Indiz, dass man den Frauen nicht traut und dass man im Islam auch dieses Problem allenfalls oberflächlich, also im Grunde gar nicht, löst.

Um zu ermessen, um was es bei der Beschneidung von Mädchen nun genau geht, zitiere ich einmal ein Gespräch mit einer beschnittenen Haremsdame aus einem biografischen Roman (B. Chase-Riboud, „Se­rail“, 1988):

Wie alle Frauen bei uns bin auch ich beschnitten“, erinnerte sich die schwarze Nur Banu, „und zwar auf die Art der Phönizier, der Hethiter, der Äthiopier und der Ägypter. Auch die Königin Nofretete war so be­schnitten. In meiner Heimat gilt es als Zeichen der Schönheit, der Schicklichkeit. Die Hitze, der Schweiß, das ständige Reiben der Klei­der auf der Haut könnten geschlechtliches Verlangen erregen, und deshalb entfernt man unser Geschlecht, verschließt es. Andernfalls, erklärten uns unsere Mütter, würden wir krank werden; es wäre der einzige Weg, unsere Gesundheit zu erhalten. Außerdem war es eine Sünde, junge Mädchen den Versuchungen des Satans zu überlassen. Ich wurde auf die Art der Pharaonen beschnitten. Dabei wird der Kitz­ler amputiert, die kleinen Schamlippen und der innere Teil der großen, die dann zusammengenäht werden.“ Naksch-i-dil versuchte, etwas zu erkennen, was wie ein weibliches Geschlecht aussah, aber da war nur eine geschlossene Falte.

Als ich sieben Jahre alt war, wurde ich zu der Frau gebracht, die mei­ne Mutter mit der Operation beauftragt hatte.“ Nur Banu hatte tief Atem geholt, als stünde sie im Begriff, sich in einen Abgrund zu stürzen, aus dem sie vielleicht nie wieder zurückkehren würde. „Als die Sonne un­terzugehen begann, legte die Frau auf den kouss jedes Mädchens die Blätter einer bestimmten Nessel, die eine starke Schwellung hervorrie­fen. Meine Schenkel wurden geöffnet und von zwei Frauen gehalten. Die Klinge wurde in geschmolzener Butter gereinigt und mein Ge­schlecht mit Butter und Honig gewaschen. Dann geschah es. Man mag entschlossen sein, nicht zu schreien, aber man tut es immer. An­schließend wurde ein Dattelkern in die Öffnung gesteckt, damit Platz blieb zum Wasserlassen und für die monatliche Blutung. Am folgenden Tag entfernte die Frau mit einem scharfen Messer den geschwollenen Kitzler und das ganze Fleisch um ihn herum. Dann holte sie ein rot glü­hendes Holzstück aus den Flammen und legte es auf, um die Wunde auszubrennen. In diesem Augenblick stießen die mithelfenden Frauen lauter Freudenschreie aus, die auch den Zweck hatten, meine Schreie zu übertönen. Auf diese Weise brauchte die Wunde nicht mit Akazien­dornen vernäht zu werden, und die Gefahr der Blutung ist geringer. Meine Beine wurden zusammengebunden, und ich wurde von der Taille bis zu den Knien bandagiert. Ich lag mehrere Tage ausgestreckt auf einer Matte und wartete darauf, dass die Vernarbung einsetzte. Am achten Tag durfte ich wieder zu meinen Freundinnen. Wir nahmen un­ser erstes Bad im Nil, die Trommeln wurden geschlagen, Gesänge er­füllten die Luft, und wir wurden mit Geschenken überschüttet. Am vier­zigsten Tag war ein weiteres Bad im Nil vorgeschrieben. Vor fünftau­send Jahren opferten wir lebende Jungfrauen. Jetzt opfern wir nur noch jungfräuliches Geschlecht ...

Wenn, was oft vorkommt, die Harnröhre blockiert ist, muss der ganze Vorgang wiederholt werden. Ich hatte Glück, aber mein Leiden war noch nicht zu Ende. In meiner Hochzeitsnacht musste mein Mann mich mit Hilfe eines zweischneidigen Messers öffnen, um in mich ein­dringen und schwängern zu können. Er nahm mich viele Male, um ei­nen Zugang zu schaffen, der sich nicht wieder schließen würde. Man­che Ehemänner öffnen ihre Frauen und lassen sie dann nach jeder Paarung wieder zunähen. Und als ich schließlich niederkam, musste die ganze Prozedur wiederholt werden, damit das Kind genug Platz zum Durchgleiten hatte. Aber am deutlichsten erinnere ich mich an die alte Frau mit der Peitsche, die während der Operation neben mir stand. Als es passiert war, stieß meine Mutter einen Freudenschrei aus und zerbrach die Peitsche, und die anderen kamen auf mich zu, schrien und tanzten und zwangen mich, gleichfalls zu tanzen.

Es gibt noch eine Art der Beschneidung, die, wenn sie geschickt vor­genommen wird, die Teilnahme der Frau am Geschlechtsakt nicht be­einträchtigt. Das ist die Ausschneidung, durch die alles Gefühl beseitigt wird. Der Kitzler gilt als Organ des Vergnügens und als unnötig für die Fortpflanzung. Mit der Entfernung des Kitzlers soll alle Ausschweifung vor und nach der Eheschließung verhindert werden. Aber praktisch alle Frauen im Sudan und in Ägypten sind so beschnitten wie ich...

Der Sultan hatte nichts von mir, denn in mir war alles tot, alles leer. Nie habe ich Vergnügen oder Freude oder Trost von einem Mann empfan­gen. Die Männer nehmen Drogen, um den Akt zu verlängern, weil ihre Frauen nicht reagieren, und die Frauen verschönern ihre Körper mit Parfüm und kofra. Sie versuchen alles, um ihre Männer glücklich zu machen, denn sie sind die Herren“, sagte Nur Banu.

Anmerkung: Es gibt auch Traditionen, bei denen die Scheideninnen­wände blutig geschabt werden und dann die Beine zusammengebun­den werden, damit alles zusammenwächst und das Eindringen des Gliedes nun wirklich so schmerzhaft ist, dass keine Frau freiwillig da­bei mitmacht.

In diesem Erlebnisbericht wird bereits erwähnt, warum solche Grau­samkeit zum Teil ohne Narkose und mit mehr oder weniger stumpfen Messern und Glasscherben praktiziert wird: Es besteht da die Auffas­sung (oder wohl besser das Vorurteil und vor allem auch die Unterstel­lung), dass die Beschneidung zur Strategie gegen die Versu­chungen des Satans gehört, womit assoziiert wird, dass sie für die Moral der Mädchen und Frauen ganz einfach notwendig ist, weil sie sonst mehr oder weniger automatisch auf die schiefe Bahn geraten.

So weit in anderen Religionen und Kulturen. Jetzt zu uns!

Anmerkung: Es geht hier nicht darum, andere Religionen oder Kultu­ren schlechtzumachen! Nein, wirklich nicht, denn nicht zuletzt be­schneiden viele der koptischen Christen in Ägypten und Äthiopien ihre Frauen und Töchter auch. Das ist sicher ein Indiz für ein Missverständ­nis des christlichen Glau­bens bei diesen Gläubigen. Doch um was es im christlichen Glauben geht, dazu später.

5. Das Märchen von der sexuellen Selbstbestimmung der Mädchen bei uns. Es gibt keinen grundsätzlichen Unterschied zu der Einstellung im Buddhismus und im Islam. Bei uns ist es nur anders.

Natürlich finden wir die beschriebenen frauenverachtenden Einstellungen unmenschlich und lehnen sie total ab. Nein, das gibt es doch nur in „primiti­ven und unterentwickelten“ Kulturen. Dagegen halten wir uns für aufgeklärt, und auch solche Wetten wie die zwi­schen dem König und diesem Hofpriester sind bei uns unvorstellbar.

Doch hoppla: Was war denn der Grund für diese Wette oder auch was ist der Grund für diese Beschneidung?

Es ging beziehungsweise geht doch um die Frage, ob Mädchen und Frauen treu sein können, ob sie also nur mit einem einzigen Mann Geschlechtsver­kehr haben wollen und können, ob sie fähig oder veranlagt sind zu einer gu­ten Partnerschaft der „einzigen Liebe“, also zu wirklicher Treue?

Ist diese Frage bei uns nun wirklich gelöst und zwar im Sinn einer „hohen Mo­ral", dass sie das also wirklich können und wollen? Traut man ihnen denn bei uns diese „hohe Moral“ zu?

Wohl nicht! Warum denn sonst erklären wir schon den jungen Mädchen, wie sie Verhütungsmittel und unter ihnen vor allem Kondome zu gebrauchen ha­ben?

Heißt das denn nicht, dass auch wir die Mädchen für unfähig oder auch zu dumm für diese hohe Moral halten, dass sie also nur einem einzigen Mann treu sein wollen und können? Denn Kondome benutzt man ja wohl auch, um sich nicht mit einer Geschlechtskrankheit anzustecken, und die kann man sich ja wohl nur holen, wenn man Sex mit verschiedenen Partnern hat, wenn es also keine Treue zu einem einzigen Partner gibt? Der Unterschied zu so manchen anderen Kulturen ist nur, dass die irgendwelche Zwangsmaßnahmen gegenüber Frauen anwenden und dass demgegenüber wir uns gar nicht mehr die Mühe geben, Mädchen etwas von einer hohen Moral beizubringen, denn die packen das doch sowieso nicht! Daher lassen wir vielmehr einfach alles laufen - und unterrichten sie nur noch, wie sie ungewollte Schwangerschaften und Geschlechtskrankhei­ten vermeiden können – manche am besten mit Ganzkörperkondom!

Klar, wir haben für alles natürlich hervorragende Begründungen, vor allem im Hinblick auf einen Partnerwechsel auch die, dass es ja bei uns die sexuelle Selbstbestimmung gibt und dass sich Menschen im Laufe ihres Lebens eben nun einmal verändern, dass also sie von daher nicht mehr zueinander passen und die lebenslange Treue einfach nicht möglich ist. Wenn mir so etwas Schüler oder vor allem auch Schülerinnen sagten, dann habe ich immer zurückgefragt: „Oder ha­ben wir zu Beginn der Beziehung einfach nicht gut genug hingeguckt, haben wir auf das Falsche geachtet, wollten wir Genaueres einfach gar nicht wissen? Oder haben wir gar von vornherein etwas falsch gemacht?" Ja, und da stimmten die jungen Leute mir schon zu, so könnte es wohl sein...

Es bleibt dabei: Ist die Einstellung zu den Frauen und Mädchen bei uns also im Grunde genau dieselbe wie bei den ostasiatischen und orientalischen und afrikanischen Völkern?

Doch möchte ich hier nicht dabei stehen bleiben, wer im Einzelfall schuld ist, dass wir so falsch handeln, denn wenn man sich so umsieht, scheint das ja leider irgendwie zu stimmen, was die Menschen da seit jeher und auch heute noch in ihren Köpfen haben.

Doch dies wäre kein sinnvolles Buch, wenn wir es dabei beließen und nicht nach einer Lösung suchten!

Vielleicht gibt es ja ganz einfache Erklärungen, warum das alles so läuft, und dass es in Wirklichkeit doch ganz anders ist und dass wir nur etwas ganz Ein­faches falsch machen? Oft sind es ja Dinge, auf die man gar nicht achtet!

Zusammen mit einem befreundeten Ingenieur habe ich nun ein Modell der Mädchenerzie­hung entworfen, wie sie mehr oder weniger heute wie früher in der ganzen Welt praktiziert wird.

Achten Sie einmal darauf, dass wir heute zwar so gern von der sexuellen Selbstbestimmung reden, doch wenn Kinder Spaß an der Nacktheit haben, dann gilt diese sexuelle Selbstbestimmung auf einmal nicht mehr. Denn die­ser Spaß muss ihnen auf alle Fälle ausgetrieben werden. Und wenn die jun­gen Menschen dann irgendwann später gleich immer alles „machen“, dann muss man das akzeptieren, wenn nicht sogar fördern, weil das ja der sexuel­len Selbstbestimmung entspricht. Dass das allerdings durchaus eine Folge davon ist, dass man den jungen Menschen bis dahin in Bezug auf die sexuel­le Selbstbestimmung selbst Harmlosigkeiten wie die Nacktheit verwehrt hatte, dass man sie mit dieser übertriebenen Moral geradezu in diese sexuelle Abenteuerlust hineingetrieben hatte, das will natürlich niemand wahr haben. Dabei hätte man die Kinder ja sehr wohl einmal bei ihrem Tun begleiten kön­nen, wie es die Kinderpsychologin Alice Miller forderte. Sage keiner, dass Kin­der nicht für Tipps empfänglich sind, wie sie etwas vernünftig machen kön­nen!


Die traditionelle Erziehung gerade von Mädchen wird nach wie vor von der Vorstellung einer Moral der Sittsamkeit (siehe Vorwort!) bestimmt:



Das Resultat aus traditionellem Moralmodell plus sexueller Selbstbestimmung ist allerdings keinesfalls eine Moral der Sittlichkeit und damit auch nicht oder allenfalls rein zufällig eine Moral, die zu einer „hohen Liebe“ führt!


6. Das traditionelle Moralmodell arbeiten mit Ängsten. Taugt das für eine Sexualmoral der hohen Liebe?

Wir können ruhig davon ausgehen, dass vor allem auch der junge Mensch - und dabei gerade auch das Mädchen - ein hochmoralisches Wesen ist und auch keinesfalls vor anderen als unmoralisch da stehen will. Gerade sehr fürsorgliche Eltern haben dann auch noch eine fürchterliche Angst, dass ihre geliebte Tochter für irgendeinen Idioten ein Sexobjekt werden könnte, und so wollen sie genau das verhindern. Eigentlich sind das ja tolle Ausgangspositionen, aus denen sich eine gute Moral für die jungen Menschen machen ließe – ja, „eigentlich“!

Also versuchen nun die Eltern einer Tochter, bei der Erziehung alles das zu beeinflussen, was sie zum Sexobjekt machen könnte – so gut sie können. Daher also eine Erziehung gegen die Nacktheit und zur Scham. Schließlich sieht es ja auch so aus, als ob Sexobjekt und Nacktheit irgendwie zusammen gehören, werben nicht gerade auch Prostituierte, die nun wirklich Sexobjekte sind und dies auch sein wollen, mit mehr oder weniger raffiniert-freizügiger Kleidung? Ja, und vor so etwas, was auch nur annähernd nach Prostitution und also auch Sexobjekt aussieht, wollen wir unsere Töchter doch bewahren. (Anmerkung dazu: Raffiniert-freizügig" ist allerdings nicht dasselbe wie nackt"!)

Sehen wir also unsere fürsorgliche Erziehung so, dass wir gerade Mädchen dazu bringen, eine Mauer um sich herum aufzubauen – gegen die "schlechte Welt" außen. Sage niemand, dass dem nicht so ist. Sind denn irgendwann die jungen Menschen nicht in einer Hab-acht-Stellung, dass sie vehement gegen jede Entblößung sind, ja dass sie auch noch über alles das, was mit dieser Mauer zusammenhängt, schließlich auch gar nicht mehr frei reden können? Und es ist völlig klar für sie, dass ein schlechter Mensch diese Mauer bei ihnen natürlich nicht will und dass es sogar ein Indiz für seine Schlechtigkeit ist, dass er diese Mauer einreißen möchte. Das Einreißen funktioniert ihrer Meinung nach natürlich in der Weise, dass der typische schlechte Mensch diese Mauer infrage stellt, also dass er „darüber“ redet oder reden will. Und so eine Mauer hat nicht zuletzt auch viele Steine, es gibt eben viele Einstiege...

Schließlich bezieht sich diese Mauer selbst auf die eigenen Eltern, bei Mädchen gerade auch auf den Vater. Hat man nicht gehört, dass gerade auch Väter hier „etwas“ von ihren Töchtern wollen? Oder auch sonst in der Pädagogik? Jedenfalls hat diese Mauervorstellung dazu geführt, dass selbst gutwillige Pädagogen sich gar nicht mehr trauen, solche Themen anzusprechen, weil dies die jungen Menschen misstrauisch macht und unter Misstrauen lässt sich nun einmal schlecht vernünftig reden.

Das Problem ist nun, dass jede Mauer nach außen auch eine Mauer nach innen ist, irgendwann wird diese Mauer auch so eine Art Gefängnis. Der junge Mensch mauert sich also sozusagen selbst ein, diesmal in seiner Moral" oder vielmehr in der Moral der Gesellschaft, in der er lebt!

Doch funktioniert diese Einmauerei nicht auf Dauer! Denn gerade auch ein junges Mädchen ist nun einmal ein lebendiges und dabei gerade auch ein geschlechtliches Wesen und als solches nun einmal auch auf der Partnersuche. Bei vielen Kulturen (und früher auch bei uns) funktioniert die Partnersuche nun so, dass man (also vor allem die Eltern) irgendwann die Klappe dieses Gefängnisses" aufmacht und gleichzeitig einen Partner offeriert, von dem man meint, er könnte passen – und damit ist dann das Partnersuchproblem gelöst. Das meint man wenigstens. Dass es gerade in den Kulturen, in denen die Ehen auf diese Weise gestiftet werden, auch immer eine ausgesprochene Prostitutionskultur gibt, die gesellschaftlich ziemlich akzeptiert wird, und dass diese Prostitutionskultur mit den Partnerschaftsstrukturen in dieser Kultur ganz allgemein zusammen hängt, wird natürlich verdrängt. Klar, was nicht sein darf, das wird auch gar nicht erst gesehen!

Und in einer freien Gesellschaft, wie läuft das da mit der Partnersuche?

Dem Mädchen wachsen in der Pubertät nun nicht nur die Brüste und die Schamhaare, sondern auch der Drang, aus diesem Gefängnis herauszukommen. Es will mit Männern in Kontakt kommen, will Männer kennen lernen, will Erfahrungen machen. Klar, die Erfahrungen sind ganz besonders wichtig! Hat frau nicht davon gehört, was für idiotische Männer es gibt oder dies möglicherweise auch selbst in der eigenen Familie beobachtet, wie der Vater doch gar nicht ein sonderlich guter Ehemann ist (sie hat das von der Mutter mitbekommen)? Und es hat auch mitbekommen, dass man das vorher nicht oder kaum erkennen kann, als was sich einer mal entpuppt. Was also liegt da näher, als vor der Ehe zu erkunden, wer nun ein guter Mann ist und wer nicht?

Ja und das kann man doch nur oder auch am besten durch eine Ehe auf Probe herausfinden, oder eben auch durch „probieren“, durch zeitweiliges Zusammen­leben... Dabei ist nun erst einmal diese blöde und lästige Jungfernschaft im Weg, also möchte frau die möglichst schnell hinter sich haben. Keine Ahnung, was frau mit der anfangen kann, zumal ja alle sagen, dass sie überflüssig und altmo­disch ist. Dabei ist doch eigentlich verständlich, dass diejenigen, die sie selbst hinter sich haben, nicht sagen, was wirklich dran ist.

Das Problem ist nur, dass Geschlechtsverkehr eine nicht mehr ganz harmlose und unverbindliche Erprobung ist, man und gerade auch ein Mädchen ist hinterher nicht mehr der- oder dasselbe wie vorher. Dagegen sind gerade die Möglichkeiten einer harmlosen und eher unverbindlichen Erprobung versperrt, ja da ist geradezu eine absolute Blockade, Nacktheit gilt als ekelig und unmoralisch, von Spaß daran darf schon gar keine Rede sein, das war ja der Tenor der ganzen Erziehung bisher. Bleibt hier nicht nur der Geschlechtsverkehr übrig, denn der kann ja notfalls auch unter der Bettdecke oder im Dunkeln passieren? Und es sagen ja auch alle, dass der sein muss – ja „alle“, nicht zuletzt hatten diese „alle“ doch auch dieselben Erfahrungen mit der Scheu vor der Nacktheit und den Geschlechtsverkehrerfahrungen? Und für diese „Erfahrungen“ wird dann derjenige genommen, der sich anbietet und dem es gelingt, die Dornröschenhecke zu durchbrechen oder eben die besagte Mauer. Und selbst wenn die Erfahrungen mit demjenigen nun schlecht waren, so wird das dann als der Preis dafür angesehen, dass das Leben weiter geht, dass man einen Partner findet...

Dabei wäre die Nacktheit gerade für Mädchen doch sehr gut geeignet, genauer zu erkennen, wen sie vor sich haben, einen Windbeutel oder einen Beschützer, dem sie sich anvertrauen können. Denn beim Nacktsein fallen durchaus auch die Hüllen, die wir um unseren Charakter gelegt haben. Doch eine natürliche Beziehung zur Nacktheit wurde ja in der Erziehung erfolgreich abgewürgt – und natürlich hat der junge Mensch da auch mitgemacht und diese Einstellung übernommen, er ist ja ein hochmoralisches Wesen!

So also läuft das mir der Erziehung zur Scham und gegen die Nacktheit in einer freien Gesellschaft, wie wir sie heute haben! Mit einer hohen Moral (also eine Moral der echten Monogamie) hat das Ergebnis jedenfalls nichts mehr zu tun, für die ist eine Erziehung zur Sexualscham geradezu völlig kontraproduktiv.

Und wenn heute viele Eltern gar nichts mehr sagen und alles laufen lassen, so heißt das nicht, dass sie sich keine Sorgen machen, sondern bei ihnen hat sich nun einmal der Eindruck festgesetzt, dass diese Sorgen sowieso nichts bringen, und so haben sie eben nur aufgegeben.


7. Der Mensch ist zur Liebe geboren – doch um diese seine Veranlagung zu leben, bedarf es nun einmal der Freiheit.

Kann es denn überhaupt anders laufen? Stimmt das denn nicht mit dem Zusammenhang von Nacktheit und Sexualobjekt?

Dazu kann man nur sagen: Ja und nein. Ganz klar, Nacktheit bei gleichzeitiger Dummheit oder auch Unwissenheit ist schon gefährlich. Doch gerade auch Unwissenheit ist ja nicht eine Naturgegebenheit – an der können Eltern und andere Pädagogen doch etwas machen! Und mit einem sinnvollen Wissen und Pfiffigkeit ist Nacktheit gleich etwas völlig anderes!

Ich erinnere mich an eine Begebenheit, die ich mit 7 ½ Jahren erlebt habe, also 1949. Und zwar waren wir mit meiner Mutter und mit meiner zweieinhalb Jahre jüngeren Schwester in Sylt, denn die hatte irgendeine Krankheit, die in dem Seeklima kuriert werden konnte, und in Westerland gab es ein Heim, wo wir wohnen konnten. Außerdem lebten dort gerade meine Großeltern, die nach der Flucht mit dem Handwagen aus Ostpreußen über das Frische Haff und dann weiter per Schiff über die Ostsee dort Zuflucht gefunden hatten, und auch noch ein Onkel, der gerade aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war.

Wenn wir dann also alle gemeinsam am Strand saßen, natürlich schön „züchtig bekleidet“, die Großmutter sogar in schwarzem Rock und dazu passender dezent gemusterter Bluse, da kamen ein paarmal zwei Mädchen, die kaum älter sein mochten als ich, in unsere Nähe. Und nur ein paar Meter entfernt von unserer „Burg“ zogen sie sich splitternackt aus, legten ihre Sachen sorgfältig gefaltet auf den Sand, sprangen ins flache Wasser, planschten ein wenig herum, trockneten sich ab, zogen sich wieder an und gingen dann wieder.

Näheres weiß ich dazu natürlich nicht, auch hatte ich sie nicht gefragt, es war ein­fach so. Doch heute nehme ich an, dass entweder ihre Eltern bei einem ersten Strandbesuch mitgegangen waren und ihnen uns als eine typische Familie ge­zeigt hatten, in deren Nähe sie sich auch komplett ausziehen und im Wasser planschen konnten, weil wir ihnen nicht nur nichts tun sondern sogar automatisch auf sie aufpassen würden. Oder die Eltern hatten ihnen von vornherein den Tipp gegeben, sich bei ihrer Strandwanderung eine Familie wie uns auszusuchen, in deren Nähe sie eben so unbefangen sein konnten. Und wir sahen ja doch auch nach einer solchen braven Familie aus. Jedenfalls muss mich wohl die Selbstver­ständlichkeit bei gleichzeitiger Intelligenz, mit der die Mädchen vorgingen, sehr beeindruckt haben, dass ich mich noch bis heute daran erinnere.

Sage bitte jetzt keiner, dass „so etwas“ damals möglich war, und dass das heute nicht mehr funktioniert! Denn es war ja wohl damals mindestens genauso schlimm wie heute, was den sexuellen Verfall betrifft, und zudem sind wir heute noch viel mehr sensibilisiert und wildfremde Familien würden mindestens so gut wie damals auf kleine Mädchen aufpassen. (Dagegen würde selbst ich nicht solchen Mädchen raten, an einen einsamen Strand zu gehen, und auch nicht im Badeanzug!)

Ja, warum eine Erziehung nicht gleich richtig, warum denn nicht ohne diesen fragwürdigen Umweg über die Erziehung zur Scham? Gehen wir doch einmal davon aus, dass gerade Kinder erst recht hochmoralische Wesen sind – und versuchen wir, mit ihnen zusammen zu arbeiten statt ihnen etwas zu unterstellen und gegen sie zu arbeiten!

Warum also nicht erst einmal alles laufen lassen, so wie die Kinder es wollen, und irgendwann, wenn es einmal passt (und ein solches Passen kann man ja auch arrangieren!), gleich vernünftige Gespräche anfangen? Und warum sollte es mit einem sinnvollen Moralmodell im Hinterkopf nicht funktionieren, dass Jung und Alt sehr gut miteinander leben können und dass schließlich die Abnabelung der jungen Menschen durchaus harmonisch und in beiderseitigem Einvernehmen geschehen kann? Genau dieses andere Moralmodell ist ja darauf angelegt, dass der Mensch zur Freiheit erzogen wird!

Praktisch und auch naheliegend wäre es natürlich, wenn die Scham in der Fami­lie kein Problem wäre und wenn alle auch mal an einem entsprechenden Strand waren, wo das üblich ist – ganz einfach, damit sie es erleben und ein Gefühl dafür bekommen, wie schön das Menschsein und die Freiheit sind und wenn sie ihren Körper nicht als etwas Fremdes empfinden, sondern sich so richtig wohl in ihm fühlen. Die Idee ist ja, wenn die jungen Menschen hier eine Harmonie erle­ben, werden sie die auch erst einmal mit einem geliebten Partner erleben wollen - und ihn danach aussuchen", ob das gelingt.


8. Wenn schon Erfahrungen, dann aber sinnvolle!

Bei der Partnerwahl stehen die jungen Menschen – und ich will hier besonders die Situation der Mädchen beleuchten, doch vor einem argen Dilemma: Wer ist der Richtige? Das Problem sind durchaus auch die unterschiedlichen Ansprüche, was für das eine Mädchen eine wundervolle Erfüllung sein kann, kann für ein anderes der reinste Horror sein.

Denken wir allein daran: Das eine Mädchen will eine schöne und angehimmelte Puppe sein, es liebt schönen Schmuck und wünscht sich ein schickes Haus und auf Reisen luxuriöse Hotels mit dem entsprechenden Ambiente und ein anderes Mädchen ist hier eher anspruchslos und will lieber die Welt entdecken und wo­möglich auch noch verändern, es ist mit allem zufrieden, Hauptsache interessan­te Erlebnisse und ungewöhnliche neue Men­schen kennen lernen.

Und so könnte das auch im ganzen Leben weiter gehen, und das sind ja nur die Extreme, da gibt es noch eine weite Skala dazwischen...

Natürlich wäre dazu dann der passenden Partner sinnvoll, mit dem man sich austauschen und am Ende noch alles steigern kann! Doch was ist, wenn es einen Partner erwischt, der genau dafür, was es sich wünscht, eher ein Klotz am Bein ist?

Natürlich, zunächst versprechen alle, dass sie so sind, wie es sich der Partner wünscht, doch erst in der Praxis des Alltags erkennt man, wen man wirklich vor sich hat. Und gerade wenn man etwas intensiv machen will, wie kann man wirk­lich wissen, ob der Partner da auch immer noch mit zieht?

Ich kenne etwa eine Beziehung, die nach um die zwanzig Jahren auseinander brach, die Frau hielt es einfach nicht mehr aus. Dabei ist „er“ eigentlich ein netter und liebevoller Mann und sie ist eine ebenso positive Frau. Da sich die Gelegen­heit ergab, habe ich die Frau gefragt, warum sie sich von ihrem Mann getrennt hat, ich wollte das aus ihrer Sicht wissen. Die war also: „Er hat mir keine wirkli­che Selbständigkeit gelassen, hat mit mir nie vernünftig geredet, hat mich wie sein Dienstmädchen behandelt – und irgendwann war ich es eben leid. Dabei kann er durchaus vernünftig mit Frauen reden, wenn ich etwa sehe, wie er sich mit C. (der Frau einer anderen befreundeten Familie) unterhält.“ Also habe ich auch C. gefragt, was sie von der Trennung hält, und sie antwortete: „Ich verstehe die Frau nicht, er ist doch ein guter Mann, sorgt für seine Kinder, überlässt sogar seiner Frau das Haus, damit die Kinder ein Zuhause haben, also ich finde die Frau nicht mehr normal, ich möchte einmal wissen, was in die gefahren ist, frü­her war sie doch nicht so...“

Das ist nur ein Beispiel.

Und den Falschen können nicht nur die Mädchen erwischen, sondern auch die Jungen oder eben die Männer können die Falsche erwischen. Ich kenne etwa einen Mann, der völlig genervt ist von den Eigenschaften seiner Frau, die nicht haushalten kann, die zu viel Lebensmittel einkauft und einen großen Teil vergammeln lässt, die kei­ne Ord­nung hält, die pausenlos die Klamotten wechselt und wäscht, selbst wenn das nun wirklich nicht nötig ist.

Natürlich, das ist alles Einstellungssache, ein anderer Mann würde das für völlig normal halten und sogar mit seiner Frau unzufrieden sein, wenn das nicht so wäre.

Oder einer der Partner kriegt die Zähne nicht so recht auseinander, man kann nicht mit ihm reden, er macht besonders gerne einsame Entscheidungen. Mög­licherweise ist jemand anderes ein besserer Partner für ihn?

Eine Frau beklagte, dass ihr Mann der reinste Theoretiker ist, er fängt alles Mögliche an, doch er macht es nicht richtig oder zu kompliziert und weltfremd, alles muss sie schließlich selbst in ihre Hände nehmen.

Natürlich, man kann sich ja auch gerne einem anderen anpassen, zumal wenn man so richtig verliebt ist, doch hält man das auf die Dauer durch?

Ja, um zu erkennen, was man selbst nicht so machen würde wie der Partner, und was durchaus nicht zu beanstanden ist, dafür muss man sich wirklich schon ein wenig näher kennen! Nur vom Reden kann man nicht oder nur selten auf die Wirklichkeit schließen!

Bedenken wir dabei: Wenn beide gleicher Meinung über etwas sind, ist es nicht schwierig, sich gut zu verstehen. Doch was ist, wenn man unterschiedlicher Meinung ist? Und einer muss ja nachgeben. Da gibt es nun zwei Möglichkeiten:
1. Der eine sieht ein, dass er nicht richtig lag und ist dem anderen sogar noch dankbar, wieder etwas gelernt zu haben und besser geworden zu sein. Oder
2. Einer fühlt sich unterdrückt und es kommt zu rechthaberischen Streiterei­en, wobei es schließlich gar nicht mehr um die Sache geht. 

Jetzt kann man also gut erkennen, ob man mit dem anderen klar kommt.

Und dann ist ja noch das Problem der Eifersucht, ja bisweilen richtig krankhafter Eifersucht, also einer Eifersucht, für die es einfach keinen vernünftigen Grund gibt. Auch die kann das Leben zur Hölle machen.

Und mit der Sexualität wird’s dann noch komplizierter: Auf der einen Seite ist ja eine spontane Hingezogenheit (um einmal so „Liebe“ oder „Verliebtheit“ zu um­schreiben) erwünscht, die so intensiv ist, dass sie sozusagen jede Willensfreiheit über den Haufen wirft, auf der anderen Seite soll aber auch eine Vernunft mit im Spiel sein, damit es zu einer Ewigkeit dieser Hingezogenheit kommt – es wird also etwas ersehnt, was üblicherweise nicht miteinander zu vereinbaren ist.

Natürlich glauben diese Unvereinbarkeit die jungen Menschen nicht, sie sind wenigstens zunächst einmal voller Hoffnung, dass sie selbst die große Ausnahme sind, dass bei ihnen in der Beziehung einmal alles wunderbar wird. Und es kann ja auch tatsächlich sein, dass sie selbst die große Ausnahme sind...

Ja, was soll man da machen, wie soll man rechtzeitig herausbekommen, wer der andere ist und ob man auch wirklich zusammenpasst?

Und ein Weg, das zu erreichen, ist nun einmal eine freie Wahl – und zu einer wirklich freien Wahlmöglichkeit gehört eben auch, dass „man“ oder „frau“ mehr oder weniger lange näher hingesehen hat, und dazu gehören nun einmal die „Erfahrungen“.

Gerade in einer freien Gesellschaft braucht der jun­ge Mensch seine Erfahrungen, wer ein geeigneter Partner ist oder nicht und er will sie auch. Und selbst wenn manche schlaue Erwachsene mit ihrer Skepsis, ob diese Erfahrun­gen sein müssen, dagegen reden, dann können sie machen, was sie wollen, sie werden bei den jungen Menschen damit nicht ankommen, zumindest nicht auf Dauer! Es geht einfach nicht, die jungen Leute sind hier festgelegt

Die Frage stellt sich allerdings, was für Erfahrungen! Sollten wir Erwachsene uns daher nicht besinnen und also nicht von vornherein alle Erfahrungen verteufeln, sondern erst einmal versuchen, bei den Erfahrungen zu unterscheiden nach sinnlosen Erfahrungen, die am Ende doch nur Kummer und Schmerzen bringen, und nach sinnvollen Erfahrungen, die ein echter Gewinn sind und an die man sich auch hinterher noch gern zurückerinnert und über die man lachen kann? Und also wäre dann die eigentliche Aufgabe, wie man die jungen Menschen von sinnlosen Erfahrungen weg- und zu sinnvollen Erfahrungen hinlenken kann?

Unter Erfahrungen werden nun üblicherweise Beziehungen verstanden, zu denen auch der Geschlechtsverkehr gehört. Dabei wird im Allgemeinen gar nicht oder kaum bedacht, dass dieser Geschlechtsverkehr nun einmal nichts mit sinnvollen Erfahrungen zu tun hat, weil er längst eine Grenzüberschreitung ist!

Schließlich verliert ein Mädchen die Jungfernschaft doch nur einmal, ob das also eine sinnvolle Erfahrung ist, wenn der Zustand hinterher ein anderer ist als vorher?

Eine Schülerin, die auf meine Website gestoßen war, erzählte mir von zwei Freun­dinnen, die mit ihren ersten sexuellen Erlebnissen schlechte Erfahrungen ge­macht hatten, bei der einen war es so, dass sie der Freund verließ, bei der an­de­ren war sie es, die den Freund verließ - oder besser den Geschlechtspartner, denn von Freund konnte wohl in keinem von beiden Fällen die Rede sein. Wa­rum der eine Junge oder Mann das Mädchen verließ, wird wohl immer dessen Geheimnis bleiben, doch warum das andere Mädchen den Jungen verließ...

Ich habe es nicht erfahren. Doch ich weiß Gründe dafür von einer anderen jungen Frau.

Ja, das war auch so ein Fall". Sie wollte unbedingt von zuhause weg. Die Mutter, eine Witwe, machte der jungen Frau oder eben dem Mädchen das Leben, wie sie mir erzählte, einfach unerträglich. Und einer der Gründe war diese Schein- oder Ersatzmoral, mit der die Mutter sie einfach nur nervte, also wie sie sich kleiden und benehmen sollte, denn eine wirklich hohe Moral" hatte die Mutter auch nicht im Kopf und sie daher ihr nie nahe gebracht. Dann wollte diese junge Frau oder eben dieses Mädchen schon lieber raus von zuhause, bloß weg – irgendwohin. Schlimmer konnte es doch woanders auch nicht werden – das dachte sie wenigstens.

Und die einzige oder wenigstens die einfachste Möglichkeit vom Gesetz her war ja, zu einem Freund zu ziehen, den sie von irgendwoher kannte, denn sie war ja noch nicht 18. Nein, Liebe war es nie - eher ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: Du nimmst mich bei dir auf und ich stehe dir zum Sex zu Verfügung. Und hatte sie nicht immer nur gehört, dass die Sexualität doch etwas Schönes ist und dass sie den jungen Mädchen nur immer von moralinsauren Leuten schlecht gemacht wird und früher sogar verboten wurde?

Doch mit dieser Sexualität war das recht bald nicht nur ernüchternd, sondern eher sogar widerlich, ja sie fühlte sich regelrecht benutzt und beschmutzt, so dass sie immer neue Ausreden erfand, warum der Sex ihr gerade nicht pass­te. Und der Junge benutzte sie wirklich nur, und obwohl sie eigentlich ein sehr schö­nes Mädchen war, tat er so, als ob sie ihn nichts anginge, wenn er etwa mit sei­nen Freunden einmal zusammen war. Ach, und was hatte sie sich in ihrer Mäd­chenzeit nicht alles von der Sexualität erträumt, einen nackten Mann mit Vergnü­gen anzusehen, von ihm nackt angesehen zu werden, ihn zu massieren, von ihm massiert zu werden, und das alles ohne die Geschlechtsteile, also in völlig harm­loser Weise. Sie hatte gedacht, das kommt alles automatisch, wenn sie erst ein­mal Sex haben würde. Doch nichts war, das alles hielt der Freund für unmora­lisch. Allerdings den Sex, den wollte er. Ja, jetzt sah sie auch, dass dieser Sex das eigentliche Problematische ist, doch das hatte ihr vorher niemand gesagt. Spaß bei der Sexualität, bei der angeblich schönsten Sache der Welt, hatte sie jedenfalls nie. Und so war sie froh, als sie nach drei Jahren, drei verlorenen Jah­ren, wie sie sagte, endlich Schluss gemacht hatte und der Spuk mit dem Freund vorbei war. Leider war die Unschuld allerdings futsch...

Und da ist ja dann auch noch das Trittbrettfahrerproblem! Genau das gibt es gerade hier! Ein Mädchen hat sich etwa in einen Mann oder Jungen verliebt und möchte mit ihm nahe zusammen sein und bietet dafür auch den Sex an. Und er, dem das Mädchen im Grund völlig gleichgültig ist, nimmt die Gelegenheit wahr und spielt natürlich auch das Theater mit bis hin zu einer großen Liebe, bevor es sich das Mädchen anders überlegt. Wer wirft schon ein nettes, appetitliches Mädchen aus dem Bett, in das es völlig freiwillig steigt? Blöde ist doch nur der, der so etwas nicht mitnimmt! Schließlich geht man doch gerade bei einer Jungfrau sicher, dass man sich kein Aids holt und auch keine anderen Mikroben. Bei den sonstigen Frauen und Mädchen weiß man ja nie so genau, was man sich so alles einfängt, wer es mit welchen Mikroben schon versaut hatte. Was hinterher aus dem Mädchen wird, ob es Liebeskummer hat oder was aus ihm sonst wird, ob es eventuell sogar mit dem Sex Geld verdient und auf dem Strich landet, und wenn es nur ein Studentenstrich ist, ist ihm völlig egal, es hat es ja gewollt. Wie schön, dass wir heute die sexuelle Selbstbestimmung haben und die Mädchen selbst drauf kommen, den Sex zu wollen, und man gar nicht mehr mit irgendwelchen krummen Sprüchen nachhelfen muss! Da braucht man sich hinterher wenigstens keine Vorwürfe zu machen oder ein schlechtes Gewissen zu haben, dass man eine geknackt hatte!

Die Frage stellt sich natürlich, waren es für ein Mädchen diese Erfahrungen wirklich wert, dass es die machte? Hätte es nicht auch andere Möglichkeiten gegeben?

Und nicht zuletzt: Wir sollten auch einmal darüber nachdenken, dass es auch Männer gibt, die Jungfrauen gar nicht knacken" wollen, weil die ihnen zu schade sind? Und dass solche Männer sich dann allerdings auch zu schade für Mäd­chen sind, die erst einmal rumprobieren und glauben, wenn sie die Nase von den anderen Männern voll haben, auf diese Weise dann den idealen Partner zu finden?

Male ich hier zu schwarz? Oder schaue ich einfach nur genauer hin?

Ja, warum hören Mädchen von solchen Pannen mit dem vorehelichen Sex oder eben Probiersex" so wenig oder auch gar nichts? Na, ist das so schwer zu ver­stehen - denn wer erzählt schon gerne davon, dass seine frühere so selbstsiche­re Entscheidung, mit dem Sex anzufangen, und der sich damit gegen die guten Ratschläge der Eltern oder anderer Leute gestellt hatte, dass das doch alles in die Hose gegangen ist, dass man (oder eben frau) einfach nur dumm war, dass man sich die schöne erste Liebe so verpfuscht hatte, die gerade die richtig schöne hätte sein sollen und können?

Und das sind nicht irgendwelche Einzelfälle, dass gerade Frauen ihre Probleme mit der Sexualität haben. Es gibt genügend weitere Untersuchungen, etwa haben zwei von fünf Frauen eigentlich keine Lust oder es will mit dem Orgasmus nicht klappen (Focus vom 4. 5. 2010), oder auch zu den Störungen der körperlichen Liebesfähigkeit der Frauen ganz allgemein (vom Libidoverlust über grundlegende Ablehnung jeder Art von Sexualität, Erregungs- und Orgasmusstörungen bis hin zu Vaginismus <Scheidenverkrampfung> und starken Schmerzen durch den Koitus): „Knapp jede zweite Frau ist vorüberge­hend einmal im Leben für einen längeren Zeitraum betroffen“, so die Statistik. Die Dunkelziffer ist jedoch höher. „Wahrscheinlich hat sogar jede Frau während einer bestimmten Phase ihres Lebens damit Erfahrung“, vermutet die Gynäkologin Elisabeth Merkle (Focus vom 4. 1. 2009).

Was aber dann? Was kann man machen?

9. Warum also nicht zuerst einmal die weibliche Sexualität erproben?

Warum denn immer nur den Männern zu Gefallen sein und das machen, was die wollen?

Warum sollen nicht erst einmal die Männer den Mädchen zu Gefallen sein?

Unterscheiden wir also doch einmal in eine männliche und eine weibli­che Sexualität! Warum lassen sich die Mädchen immer die männliche Sexualität aufzwingen oder aufschwätzen, von wem auch immer, als ob es nichts anderes gäbe? Warum können wir nicht erst einmal die männliche Sexualität aus dem Spiel lassen, solange noch nichts völlig klar ist, und wir praktizieren nur die weibliche Sexuali­tät?

Und der Unterschied? Na ja, die mit dem Eindringen, also wo der Phallus oder eben das männliche Geschlechtsteil die entscheidende Rolle spielt, ist nun die männliche Sexualität – und wo es um das noch größere Organ des Menschen, nämlich um seine Haut geht, also um den Hautkontakt, das ist die weibliche Sexualität!

Soziologen bestätigen nämlich, dass Frauen eine Sexualität wol­len, die nicht zerstört oder verletzt, die nicht erniedrigt und ausbeutet, und die dann natürlich - wie sonst häufig - auch keine mehr oder weniger nachhal­tigen Traumata verursacht. Frauen wollen eher eine sanfte Sexualität, also eine, die eher heilt, die beglückt, die sogar paradiesisch ist. Und bei der es auch keine Un­terdrücker und Unterdrückte, keine Sieger und Besiegte gibt und bei der es um Spaß geht, der niemandem schadet (Gisela Schalk, „Frauenträume von einer an­deren Pornographie", aus Grimme, „Käufliche Träume", rororo 8210). Oder et­was direkter ausgedrückt: Frauen (und insbesondere Mädchen, wenn man sie nur ließe und man ihnen das nicht madig machte) wollen sich pudelnackt pudel­wohl fühlen. Und wenn Männer sich dementsprechend verhalten, dann beteiligen sie sogar die Männer daran! Denn so wie es für eine Frau oder ein Mädchen viel schöner ist, etwas Verrücktes im Hinblick auf eine harmlose Sexualität (und gemeint ist hier die paradiesische Nacktheit) mit einem Mann oder Jungen anzufangen als allein oder mit einer Frau, so geht es entsprechend auch einem Mann. Frauen wollen sehen, riechen, fühlen... Sie wollen also etwa nackt herumturnen, sich raufen, pflegen, massieren, Haare schneiden (wo auch immer) - und das alles natürlich auch bei oder eben mit sich geschehen lassen. Dabei finden sie es durchaus sehr gut, wenn die Geschlechtsteile bei allem aus dem Spiel bleiben - so wie eben auch beim Spielen und Kraulen mit und von Hunden niemand auf die Idee kommt, an deren Geschlechtsteilen herumzufummeln oder damit sonst etwas anzustellen. Also gegenseitiges Waschen, gegenseitige Massage, natürlich auch Ganzkör­permassage, aber keine „Lingam-" oder eben bei ihr auch „Yonimassage", wie man das heute nennt, wenn auch die Geschlechtsteile miteinbezogen werden. Und sie wollen viel weniger Geschlechtsverkehr, als Männer sich einbilden, und vor allem wollen sie den auch eher mit dem Mann, mit dem sie prinzipiell auch Kinder bekommen wollen! Ansonsten einfach nur „kuscheln" und mit schönem Hautkontakt schlafen - aber eben wirklich „schlafen" und nicht „beischlafen".

Ja wie wäre es also, erst einmal das mit einem Mann zu erproben, ob frau dar­über mit einem Mann reden kann, ob er sich für so etwas zusammen neh­men kann, ob frau sich bei ihm wohl fühlen kann, sich fallen lassen kann - oder immer Angst haben muss?

Nicht zuletzt sollten Mädchen auch bedenken: Einen Mann oder Jungen für den Sex findet selbst die doofste Blondine, doch einen zu finden, der sich zusammen nehmen kann, der dem Mädchen weder körperlich noch seelisch weh tut, der nicht Ursache einer Enttäuschung oder so eines ernüchternden Erlebnisses sein will, der ein echter charaktervoller Ritter ist, ja das ist wohl eher ein Zeichen von Intelligenz und Menschenkenntnis!

Und deswegen brauchen beide ja nicht immer nur „Rosenkränze zu beten“, also „gar nichts“ zu machen!

Und wo sie Recht haben, haben sie nun einmal Recht, wenn sowohl Alice Schwarzer als auch Margarete Mitscherlich sagen: Das Eindringen ist immer auch ein ag­gressiver Akt. Und Frauen und natürlich auch Mädchen spüren das oft sehr deut­lich, wenn sie mit diesem Eindringen nun einmal gar nicht klar kommen.

Doch wie hätte sie es vorher wissen können?

Es muss endlich einmal ganz deutlich gesagt werden: Das Eindringen ist ein­fach für so etwas Sensibles wie für die Liebe eine viel zu grobe Handlung!

Wir kennen das Problem aus der Technik, ja genau daher - und bei der Tech­nik handelt es sich schließlich doch eher sowieso um etwas Grobes und mit seelischen, menschlichen Dingen eigentlich Unvergleichliches. Wie denn, wenn es schon hier genau dasselbe Problem gibt?

Und zwar hat man bei der Messung winzigster Strukturen im Atombereich fest­gestellt, dass etwa die Licht- oder gar Elektronenstrahlen immer noch zu grob für die Objek­te sind: Statt diese Strukturen zu beobachten oder auch zu messen, werden sie durch diese Strahlen zerstört! Auf alle Fälle bekommen wir mit sol­chen Strahlen nie heraus, was wir eigentlich wollten. Wenn wir hier etwas wirk­lich erkennen wollen, dann müssen wir uns also etwas völlig anderes einfallen lassen!

Und so ist es auch mit der Liebe, mit dem Eindringen erreichen wir gar nichts Sachdienliches, wir zerstören allenfalls etwas!

Und: Ein Mädchen sollte einmal bedenken, welchen Eindruck es mit seiner Suche nach Geschlechtsverkehrerfahrungen auf andere, vor allem also auf Männer macht. Begibt sie sich hier nicht auf das Niveau einer Prostituierten, die auch noch zu dumm ist, ordentlich Geld dafür zu nehmen?

Der Vorteil der „weiblichen Sexualität“ ist nun eine eher sanfte und gleichzeitig intelligente und auch tatsächlich emanzipierte „Testme­thode“. Und vor allem sind beide dabei auch auf gleicher Augenhöhe, kein Eindringen, keine Aggression, keine Unterdrückung, keine Grenzüberschreitung.

Und wenn es nichts war, dann war eben nichts - und dann muss frau sich auch nicht vorwerfen, dass sie einem Idioten ihre Jugendjahre und schließlich auch ihre Unschuld geopfert hat.

Die Natur scheint hier noch weiter genau dafür vorgesorgt zu ha­ben: Denn alle Nervenzellen, die für den weiblichen Orgasmus zuständig sind, befinden sich sowieso an den äußeren Teilen des weiblichen Genitals, was also ohne Ge­schlechtsverkehr nicht an Orgasmus passiert, das passiert höchstwahrscheinlich auch nicht mit dem Eindringen. Zudem ist der Orgasmus auch vor allem eine seelische Sache: Fühlt sich eine Frau wirklich bei dem Partner wohl, ist es denn auch tatsächlich „ihr Partner"? Demgegenüber sind diese technischen Spielerei­en oder Fummeleien, die angeblich zum Orgasmus führen sollen, irgendwann nur noch Masche und widerlich und bringen nicht nur nichts, sondern sind eher noch krampfig...

Wenn hier also so auf das Erlebnis der weiblichen Sexualität eingegangen wird, dann vor allem auch deshalb, weil die ein positiver Wert ist, hierbei kann man etwas tun, mit dem man auch etwas Sinnvolles herausbekommen kann. Demge­genüber ist die Enthaltsamkeit, die die üblichen Moralisten empfehlen, etwas Negatives, dass man also etwas nicht tun soll. Und etwas nicht zu tun, ist einfach kein Wert! Und was kein Wert ist, kann auch niemals etwas Attraktives sein, wofür man gerade junge Menschen begeistern kann. Damit ist auch erklärt, warum die übliche Moralisiererei wohl immer zum Scheitern verurteilt ist.

Und zudem: Wir wissen, dass bei jedem Geschlechtsverkehr auch besonders viele Mikroben übertragen werden, ja, bisweilen auch Geschlechtskrankheiten. Natürlich kann frau auch schwanger werden. Die Natur hat nun einmal die Chan­ce der Fruchtbarkeit und den Spaß am Geschlechtsverkehr miteinander gekop­pelt. Doch bei diesem Verfahren, wo beim intensiven Umarmen und Umbeinen - jawohl, soviel Hautkontakt wie möglich - der Penis des Mannes nun wirklich völ­lig woanders ist als in der Nähe der Scheide, da kann auch nichts mit Schwan­gerschaft und Geschlechtskrankheiten passieren! Sind nicht auch das alles Hinweise, dass die Natur die hier empfohlene „Testerei“ durchaus vorgesehen hat und auch will! Und sie kann dabei auch testen, ob ihr die Samenflüssigkeit des Partners auf dem Bauch angenehm ist – oder nur noch ekelhaft!

Und wer sagt, dass das nicht ginge: Machen wir uns doch einmal klar, wozu die Natur die weibliche Geschlechtsöff­nung zwischen den Beinen, also zwischen den stärksten Muskeln einer Frau platziert hat! Ja warum wohl?

Doch es muss ja nicht alles so weit gehen, wie wäre es mit Reiterkämpfen am Strand oder im Wasser, wobei die Mädchen bei den Jungen auf den Schultern sitzen und versuchen, sich gegenseitig runter zu werfen – natürlich alle nackt! Es gibt ja so viel!

Die Mädchen werden sehen: Die Männer, die echte Ritter sind und die sie wirk­lich lieben und nicht einfach nur als „Samenmelkmaschine“ benutzen wollen, die machen bei alledem nur zu gerne mit!

Ja, hier könnte also doch wirklich etwas erprobt werden. Es wird ja auch nicht dabei bleiben - denn wenn das möglich ist, dann kann man auch gemeinsame Fahrten unternehmen, man kann sehen, ob man sich etwas zu sagen hat, ob man sich immer noch sympathisch findet, wenn man Tag und Nacht zusam­men ist, ob der jeweils andere für einen so interessant und bereichernd ist, dass man mit ihm ein Leben lang zusammen bleiben und schließlich auch Kinder haben könnte...


Suchet zuerst das Reich Gottes und alles andere wird euch dazu ge­geben!“

Diesen Ausspruch Jesu kann man gewiss auch so deuten: „Suchet zu­erst die paradiesische Harmonie zwischen Mann und Frau – und wenn die klappt, dann werdet Ihr schon erkennen, warum feste Regeln zu Liebe und Ehe göttli­chen Hintergrund haben!“ – Siehe dazu Punkt B.2. Zum Bild: „Badende Nym­phe“ von Carl Spitzweg. Und zur Ambivalenz der Nacktheit siehe weiter unten, unter B.2.


10. Stolze Jungfrau sucht ritterlichen Macho: das Traumpaar!

Die Mädchen sollten sich einmal in die Jungen hineinver­setzen, in welcher Situation die sich den Mädchen gegenüber befinden.

Zumindest stehen die Jungen und Männer auch in einer Zwangslage, zumindest wenn sie noch irgendwelche Ideale haben. Entweder sie sind für die Frauen und Mädchen Schweine – und wenn sie´s nicht sind, dann sind sie entweder schwul oder impotent oder überhaupt krank – ja, und dann will frau sie auch nicht.

Ja, was sollen sie machen, denn wie sie´s machen, ist es sowieso falsch!

Wenn da nicht die Idee mit der weiblichen Sexualität die Lösung ist! Damit können Männer geradezu beweisen, dass sie keine Schweine sind – und auch nicht schwul oder impotent oder krank!

Auf diese Weise haben auch zurückhaltende Jungen und Männer, die in diesem Probierzirkus nicht mitmachen wollen, eine faire Chance.

Natürlich, dazu muss man miteinander reden!

Eine These dieses Buchs ist ja, dass die Sexualscham ein Indiz für die Unterdrückung des Menschen ist. Der Mensch lebt nicht seiner Art ge­mäß und ist nicht wirklich frei. Der Mensch ist von der Natur eben doch für die große Liebe vorgesehen, also den Einzigen oder die Einzige zu lieben. Und weil er das nicht schafft, schämt er sich, braucht also die Scham. Und die ist dann wieder eine Scheinmoral, die mit einer hohen Moral, wie wir sie eigentlich wünschen und die wir zur Verwirklichung der großen Liebe brauchen, nichts zu tun hat.

Das Problem der Scham ist eben auch, dass die Faszination am ande­ren Geschlecht sich viel zu sehr auf die speziellen Körperteile des an­deren Geschlechts konzentriert und dass die Besitzer dieser Körpertei­le schließlich sogar austauschbar werden, wichtig wird nur noch diese Körperregion, sie beherrscht unser Denken. Damit wird dann eine ech­te Liebe, die ja etwas Seelisches ist, überwuchert oder regelrecht zu­geschüttet oder sogar totgeschlagen. Und da die große Liebe ja etwas Seelisches ist, eben zumindest zunächst einmal ein zartes Pflänzchen, kann sie weder keimen noch sich entwickeln. Doch eine Ahnung lebt noch immer in uns, daher die Faszination so mancher Kitschromane, doch auch von hoher Literatur und Kulturproduktion, ich denke hier an so manche Opern.

Und der Vorteil unserer heutigen Gesellschaft ist doch die große Zahl anderer Menschen – ob sich darunter nicht der Passende finden lässt?

Bisher war immer die Unsicherheit, die Ungewissheit vor dem ande­ren, vor dem Fremden, die machte Angst. Doch unsere Zurückhaltung, die daher kam, schützte schließlich doch nicht, sich elendig zu vertun.

Mit dem „Verfahren der weiblichen Sexualität“ haben wir nun die Mög­lichkeit, unseren spontanen Empfindungen für einen anderen und so­gar fremden Menschen viel eher freien Lauf zu lassen. Und wir können dabei auch etwas Sinnvolles über ihn herausbekommen, ohne dass gleich immer alles passiert.

Und man kann sich auch ganz anders entwickeln – und gerade auch hin zu viel mehr Intensität! Das Problem des Geschlechtsverkehrs ist ja auch, dass sich die sexuelle Energie über die betreffenden Körper­teile entlädt – und wenn nun diese Entladung unterlassen wird, dann springt die Energie auf den ganzen Körper über – und jetzt wird der ganze Körper viel intensiver! Das war wohl das Lebenselixier des al­ternden Ghandi, Studentinnen sollen sich förmlich darum gerissen ha­ben, mit ihm eine Nacht nackt zu verbringen – und außer der Nacktheit war sonst nichts! Und die Studentinnen hätten sich ja auch nicht da­rum ge­rissen, wenn nicht auch sie etwas davon gehabt hätten!

Ob mit so einer Einstellung nicht auch das Jungfrausein wieder Spaß macht? Na klar, und nach den Sommerferien nahtlos braun und „un­ten“ auch noch rasiert, und – Ehrensache – natürlich nicht rasiert von sich selbst, sondern von einem Jungen oder Mann, den „sie" sich nach den Gesichtspunkten guter Menschenkenntnis ausgesucht hat: Wer ist der, der sich zusammennehmen kann und von dem sie sich das gefal­len lassen will? Also so eine Art nachgeholtes Doktorspiel? Klar, Prä­gung durch Belohnung, die ritterlichen Machos müssen doch irgend­woher kommen! Und bei allem ist sie natürlich stolze Jungfrau! Vor al­lem kriegt frau dabei garantiert kein Trauma, was man so ohne Weite­res vom Geschlechtsverkehr, und gerade vom ersten, wenn er nicht in der Einheit von Leib und Seele geschieht, nicht behaupten kann. Das Trauma wird im Allgemeinen der Kirche zugeschoben, weil sie so leib­feindlich sei und den jungen Menschen den Sex schlechtmache. Aber so einfach ist das nicht! Ich kenne jedenfalls eine junge Frau, in deren Familie hielt man von Religion überhaupt nichts („das alles ist doch Aberglaube für die Unemanzipierten“), und sie hat dennoch ein ganz gehöriges Trauma „davon“. Und die abrasierten Haare? Die wachsen schließlich doch wieder nach!

Ja, jetzt gibt es doch endlich einmal die Chance, dass ein Macho, der beweisen kann, dass er einer von der positiven Sorte ist, also ein ritter­licher, und ein Mädchen, das Ideale von einer hohen Liebe hat, zusam­menfinden – und dass auch etwas Gutes draus wird!

Anmerkungen: Das weibliche Geschlechtsteil steht ja durchaus auch für die Weiblichkeit eines Mädchens oder einer Frau. Wie sich ein Mann diesem Körperteil gegenüber benimmt, so wird er sich höchst­wahrscheinlich überhaupt der Frau gegenüber benehmen – zumindest irgendwann. Ist das nicht eine tolle Gelegenheit für die Menschen­kenntnis? Und wem das hier zu krass ist, der sollte bedenken, dass Mädchen wohl genauer nachdenken (was will ich denn anderes?), wenn sie so etwas für sich einfädeln, während viele von ihnen ihre Jungfernschaft ohne sachgerechtes Nachdenken wie einen lästigen dreckigen Lappen entsorgen.


Hierzu nun eine Grafik zu einem menschlicheren Moralmodell:




Dieses Moralmodell hat doch wohl viel eher auch etwas mit einer sinnvollen sexu­ellen Selbstbestimmung zu tun, die dem Mädchen selber dient und nicht wieder nur anderen!

Hingewiesen sei hier allerdings auch darauf, dass man natürlich auch nach einem anderen Moralmodell, eben dem traditionellen, leben kann! Es kursiert zur Zeit (Januar 2012) eine Untersuchung, ob die Menschen bei uns in Deutschland glücklich sind (siehe etwa bei google unter „Glücksatlas 2011“). Und da wurde festgestellt, dass viele Menschen, und gerade auch junge, zwar allein oder mit Partner leben, gleichgültig nach welchem Moralmodell, und nicht verheiratet sind, jedoch keinesfalls unglücklich sind – unabhängig davon, wie die Menschen zusammen fanden. Der Sinn dieses Konzepts hier ist ja auch nicht nur das Glück, sondern vor allem die realistische Chance, dass Menschen, die so nie oder höchst selten eine Chance hätten, etwa auch aus anderen Kulturen, sich zu finden, auch zusammenkommen und dass da dann wirklich etwas Neues und auch Tolles dabei herauskommt. Und selbst wenn etwas zufriedenstellend „läuft“, dann bedeutet das ja nicht, dass man daran nicht rütteln darf und es anders vielleicht doch besser geht!

Der Antrieb zu diesem Buch ist schlicht und einfach, dass die Vereinigung von zwei Menschen etwas ist, das nur in eine echte Partnerschaft der Liebe ge­hört, sie ist einfach kein Spielzeug, kein Zeitvertreib, weil´s sonst so langweilig ist, kein sportliches Erlebnis, kein Abenteuerroulette – dafür gibt es anderes! Also motivie­ren wir vor allem erst einmal die jungen Menschen zu diesem anderen! Und es stimmt einfach nicht, dass es dann wegen der Triebhaftigkeit doch zu mehr kommt. Eine Frau meinte dazu: "Wenn ich nicht will, dann will ich nicht!" 

 

Teil B: Religion und Moral in großen Zusammenhängen

1. Die philosophische (und politische!) Dimension dieses Ansatzes.

Es gibt nämlich einen weiten Hintergrund!

Was der spanische Philosoph Ortega y Gasset vor etwa 90 Jahren schrieb, ist dem Sinn nach zeitlos gültig, wir dürfen uns nicht an seiner Ausdrucksweise stoßen: „Wer hätte geglaubt, daß so unfaßbar Flüchtiges wie die Luftgebilde, die junge Mädchen in keuschen Kammern sinnen, den Jahrhunderten tiefere Spuren eingraben als der Stahl des Kriegsgottes. Von den rührenden Geweben heimlicher Mädchenphantasien hängt großenteils die Wirklichkeit des kommenden Jahrhunderts ab. Shakespeare hat recht: unser Leben ist aus Traum gewoben!„ („Über die Liebe“, Stuttgart 17504, S. 24)

Wieso die Mädchen? Sind es denn nicht die Männer, die alles im Griff haben, sind es nicht gerade bei dieser Thematik diejenigen, die etwa mit dem Anbag­gern anfangen, die also die Auslöser sind oder auch die Schuldigen, wenn man es einmal etwas krass sagt?

Nein, nein!

Und wieder hier Ortega y Gasset: „Der Don Juan ist nicht der Mann, der die Frauen liebt, sondern der Mann, den die Frauen lieben. ... Es ist eine Tatsa­che, daß es Männer gibt, in die sich die Frauen mit ungewöhnlicher Heftigkeit und Häufigkeit verlieben ...“ (dto. S. 111)

Nach Ortega y Gasset geht der erste Schritt zur konkreten Sexualität also von der Seite der Frau aus?

Ja genau! Und wenn ich einmal darüber nachdenke, wer in den zehn Erster­oberungsgeschichten, die mir - sowohl von weiblicher wie auch von männli­cher Seite - berichtet wurden, wie das also mit dem ersten Mal eines Mäd­chens angefan­gen hatte, dann waren es in neun Fällen eindeutig die Mäd­chen, die mit dem Sex anfangen wollten! Bemerkenswert sollte dabei für die­jenigen sein, die in den Männern immer die Bösen sehen: In einigen Fällen hatten solchen ersten Sex die Männer sogar direkt abgelehnt - sie wollten nicht diejenigen sein, die einem Mädchen Probleme bereiten könnten! Und in einem Fall konnte ich sogar einen Arbeitskollegen (also noch vor meiner Theologenzeit) überzeugen, „es“ nicht zu tun, obwohl das Mädchen eigens dafür aus Frankreich anreiste! Dass heute die Mädchen sich nun nicht nur typische Don Juans aussuchen, sondern auch Männertypen, die gar nichts von der Ausstrahlung eines Don Juans an sich haben, mag vor allem daran liegen, dass ihnen die Don Juans schlecht­gemacht wurden und sie nun dem zuvorkommen wollen, von „so einem Ma­cho“ enttäuscht zu werden. Also suchen sie sich für ihren ersten Sex irgendei­nen Mann aus, der zumindest halbwegs sympathisch ist und zur Verfügung steht und der eigentlich gar nichts von einem Don-Juan-Macho an sich hat.

Den Mädchen ist dabei allerdings gar nicht bewusst, dass sie durch ihre Wahl den Männertyp ganz allgemein prägen – auch den, der das Sagen hat und die Geschicke der jeweiligen Zeit bestimmt! Es sieht ja so romantisch, aber auch so modern aus, wenn ein Mädchen einem Mann seine Jungfernschaft „schenkt“, einfach so, von dem es nichts will, auch nicht Ehe und Partner­schaft. Doch was passiert hier wirklich? Schafft es hier nicht eine Prägung der Männer durch Be­lohnung - und dass es offensichtlich also den Mädchen gar nicht auf Verantwor­tung und Ritterlichkeit ankommt? Zumindest versäumt die Frau bzw. eben das Mädchen, auf diese Weise die Chance, mit ihrer Gunst, und die ist ja nun wirklich gerade beim „ersten Mal“die Einzigartige, von der die Männer träumen, Männer im Positiven, also in Rich­tung Verantwortung und Ritterlichkeit, zu prägen!

Ja, was erreicht gerade ein Mädchen mit dem ersten Geschlechtsverkehr denn unter Umständen anderes, als einen Casanova, einen Don Juan oder auch einen Hurenbock auch noch in seinem Machismo, die schönsten Frauen und Mädchen vögeln zu können, zu bestätigen? Oder einen unerfahrenen Jungen, der bis dahin brav war und von einer tollen Liebe träumte, zu solch ei­nem Macho zu machen, und damit dann mitschuldig zu werden, wenn Männer Schweine werden? Oder auch, wenn Jungen sich eine große Liebe erträumt haben und ent­täuscht sind und ewig traurig sind oder sogar frauenverachtend werden?

Ich kenne auch einen Fall, da fing ein Mädchen eine Beziehung mit einem Jungen sehr früh an, und nach fünf Jahren trennte es sich von dem Jungen, weil er ihr einfach zu langweilig wurde.. Der Junge versuchte das Mädchen zurückzugewinnen, und als ihm das nicht gelang, brachte er sich um. Die Frage stellt sich in diesem Fall durchaus, ob sich ohne den Sex der Junge nicht hätte ganz anders entwickeln können, so dass er nicht langweilig für das Mädchen geworden wäre?

Bitte das alles nicht missverstehen! Es geht hier nicht darum, irgendjemandem ir­gendeine Schuld zuzuschieben an etwas, was nicht so richtig gut läuft. Es geht zunächst einmal nur um den Versuch einer sachlichen Analyse. Und wenn es dann um die Frage nach so etwas wie Schuld geht, dann kann man ja immer noch darauf hinweisen, dass es gar nicht die Mädchen und die Frauen sind, die auf solche geheimen und offenen Wünsche kommen, sondern dass sie nur ir­gendwie Opfer sind (und dann wieder Täter) und die eigentlichen Ersttäter dieje­nigen sind, die ihnen irgendein untaugliches Moralmodell beigebracht haben - siehe die erste Moralmodellgrafik.

Hier sind vielleicht ein paar Sätze zum Verständnis von Liebe angebracht: Es gibt da eine, die vor allem etwas mit sozialem Zusammenleben zu tun hat, al­so dass man im praktischen Leben zueinander passt. Und dann gibt es allerdings noch so etwas wie die metaphysische Liebe. Ich möchte dazu wie­der den spanischen Philosophen Ortega y Gasset zitieren, wie der Liebes­vorgang ausgelöst wird:

Dieser hat kaum begonnen, so empfindet der Liebende einen eigentümlichen Zwang, seine Individualität in der des anderen aufzulösen und umgekehrt die des Geliebten in seine eigene einzusaugen. Rätselhaftes Begehren! Während wir in al­len anderen Fällen des Lebens nichts mehr verabscheuen, als die Grenzen unseres individuellen Daseins durch ein anderes Wesen verletzt zu sehen, besteht die Süße der Liebe darin, dass der Liebende in metaphysi­schem Sinn durchlässig wird und nur in der Verschmelzung mit dem Gelieb­ten, in einer `Individualität zu zweit´ Befriedigung findet. Dies erinnert an die Lehre der Saint-Simonisten, wonach das wahrhaft menschliche Individuum das Paar aus Mann und Weib ist. Doch bleibt die Sehnsucht nach Verschmel­zung hierbei nicht stehen. Die volle Liebe gipfelt in einem mehr oder weniger klaren Wunsch, die Vereinigung mit einem Kind zu symboli­sieren, in dem die Vollkommenheiten des geliebten Wesens fortdauern und sich behaupten. In diesem dritten Moment und Niederschlag der Liebe sammelt sich ihr wesentli­cher Sinn in aller Reinheit. Das Kind ist weder des Vaters noch der Mutter; es ist die verkörperte Einheit beider und ist Streben nach Vollkommenheit, gebil­det in Fleisch und Blut.“ (dto., S. 120)

Und mir geht es eben um diese Liebe im metaphysischen oder auch überna­türlichen Sinn, die nie als Zwang und damit auch nicht als Einschränkung der sexuellen Selbstbestimmung empfunden wird - wenn sie denn gelingt!

Ja, kurz gesagt: Durch das, wovon die Mädchen in den tiefsten Gründen ihrer Herzen träumen und was sie dann auch in die Tat umsetzen, bestimmen sie das Männerbild – und über das die Geschichte der Menschheit überhaupt! Das sollten sich die Mädchen einmal bewusst machen!

Und ist das nicht eine tolle Philosophie, wie die Welt geändert werden kann? Ja, warum praktizieren unsere Philosophen dann nicht diese Philosophie, warum hö­ren wir nichts von der? Dazu: Bedenken wir, dass unsere übliche Philosophie ihren Ur­sprung im alten Griechenland hat. Und damals war die Homosexualität und die Knabenliebe das Normale, diese Art der Sexualität gehörte damals in Griechenland einfach zu einem normalen und guten Menschen. Dagegen inter­essierte die Mann-Frau-Spannung eher gar nicht, sie wurde einfach ausgelas­sen. Und wenn sich auch heute unsere Einstellung zur Homosexualität geändert hat, so sind doch die Themen der Philosophie die alten geblieben. Und der tief­ste Grund unserer philosophischen Probleme liegt eben dort.

In der Bibel ist nun alles völlig anders – und das passt dann eher zu dem Ansatz von Ortega y Gasset!

2. Theologie zu diesem Ansatz: Die biblische Heilsgeschichte als Engagement gegen paradieszerstörenden Machismo!

Es dreht sich hier ganz gewiss auch theologisch nicht um eine Baga­telle, für deren Lösung ich mich so engagiere. Denn die Geschichten von Jungfrauengeburt, Auferstehung und Himmelfahrt müssen endlich einmal überwunden werden, sind sie doch Gedankengut der heidni­schen Antike. Erst Paulus, der Jesus gar nicht kannte, hat ja die Aufer­stehung erfunden und sie in den Mittelpunkt seiner Theologie gestellt. Allerdings verstand er darunter sicher keine Auferstehung in leiblicher Form. Er meinte wohl ein überirdisches Geschehen. Doch da das alles für uns heute sehr missverständlich ist: Sollten wir die paulinische Auf­erstehungstheologie vielleicht lieber erst einmal beiseite lassen?

Im Übrigen ist es nun wirklich nicht unwesentlich, was wir glauben. Und wenn etwas noch so fromm klingt und es eben doch nicht stimmt, wie soll der Segen Gottes dann darauf ruhen?

Bedenken wir, dass Jesus Jude war, und in der jüdischen Tradition geht es zumindest am Anfang um den Missbrauch der Sexualität (wenn sie beispielsweise in einer Ex-und-hopp-Mentalität geschieht) und dessen Überwindung. So verbirgt sich religionsgeschichtlich hinter der Erzählung vom Sündenfall Adams und Evas der Anfang einer alter­nativen Religion gegen die damals üblichen Fruchtbarkeitskulte – und Fruchtbarkeitskulte bedeuten auch immer den Missbrauch der Frau in der kultischen (und natürlich auch sonstigen) Prostitution. Was ist denn „solche Religionsausübung“ anderes als ein Ex-und-hopp-Verfahren? In der Schöpfungsgeschichte der Bibel wird demgegenüber die Frau als „Gefährtin“ gesehen, wenn der Gott der Bibel sagt: „Ich will dem Menschen eine Hilfe geben.“ Hier gibt es dann auch die Möglichkeit „hoher Liebe“! Eine völlig andere Sicht der Frau als in den Fruchtbar­keitsreligionen und in allen Religionen, die davon abgeleitet sind!

So wird auch in der jüdischen Religion Ehe und Geschlechtsverkehr zusammen gesehen, Geschlechtsverkehr bedeutet also Ehe. Daher sind Prostituierte auch Ehebrecherinnen, weil sie immer neue Ehen anfangen und diese wieder (ab-) brechen. Der historische oder auch geschichtliche Jesus kann nur vor diesem Hintergrund richtig verstan­den werden. Dagegen ist die Vertragsform für eine Ehe – unabhängig wer mit wem Geschlechtsverkehr hat – römisches Recht und hat nichts mit der Monogamie im Sinn der Bibel zu tun, also auch nichts mit dem Verständnis Jesu von Ehe. Damit verstoßen die heutigen Ehen auf Probe mit wechselnden Partnern (Beziehungen mit Ge­schlechtsverkehr gerade auch in der Jugendzeit) gegen die Monoga­mievorstellungen der Bibel, selbst wenn kein Ehevertrag da ist. Das heißt also nicht nur, dass sich Menschen nicht scheiden lassen sollen, sondern ganz grundsätzlich, dass Geschlechtsverkehr nur mit dem „ewigen Lebenspartner“ stattfindet (Ausnahme bei Verwitwungen).

Und eigentlich ist ja auch klar, dass hierzu, damit das klappt, auch ein sinnvolles pädagogisches Konzept gehört, damit Ehen von vornherein vernünftig eingefädelt werden. Lesen Sie sich doch bitte einmal die al­ten liturgischen Texte von Taufe und Firmung (oder Konfirmation) durch, allerdings auch im Internet schwer zu finden – wenn das nicht die Überreste solcher alten pädagogischen Konzepte gegen das Böse und für eine hohe Liebe sind! Und wie werden diese Sakramente heu­te gesehen? Sind sie nicht heute eher allgemeine Wünsche oder gar Riten mit Gelöbnissen, immer der „heiligen Kirche“ treu zu bleiben, also einem System zu dienen? Im Sinne des historischen Jesus dürfte das mit Sicherheit nicht sein.

Dabei wird der Geschlechtsverkehr mitnichten grundsätzlich als etwas Schlechtes angesehen, er ist vielmehr etwas Ambivalentes, also et­was Doppelwertiges, er kann also das Höchste und das Niedrigste sein, je nachdem wie er gebraucht wird. Längst wird auch in der katho­lischen Moraltheologie nach „Gebrauch und Missbrauch“ unterschie­den, dass also etwas „im Sinn des Erfinders“ gebraucht werden kann – oder eben auch nicht. Dabei ist auch den katholischen Moraltheologen inzwischen klar, dass im Hinblick auf die Sexualität „Gebrauch“ nicht nur ist, wenn sie im Sinn der Fortpflanzung geschieht, sondern auch im Sinn von Partnerschaft und Liebe. Und darum geht es bei vielen Geschlechtsverkehren nun wirklich nicht, damals nicht und heute nicht. Doch ausgerechnet hier wollen Moraltheologen dieses Problem der Ambivalenz des Sexuellen einfach nicht wahrhaben und werfen zumin­dest im Zusammenhang mit der Pädagogik alles in einen Topf. Schon gar nicht wollen sie jungen Menschen realistische Hilfen geben, alles von Anfang an richtig zu machen, damit es gar nicht erst zu einem Missbrauch kommt.

Genau dasselbe Problem der Ambivalenz gibt es auch bei der Nackt­heit. Sie kann Zeichen von sittlichem Verfall, aber auch von paradiesi­scher Harmonie sein – es kommt eben drauf an. Wer hier nicht unter­scheidet und alles in einen Topf wirft, der hat zumindest von hoher Se­xualmoral keine Ahnung und ist mit großer Vorsicht zu genießen, wenn er etwas zu dem Thema sagt.

Und da es – durchaus auch im Zusammenhang mit der Nachforschun­gen nach dem geschichtlichen Jesus – immer offenkundiger wird, dass das alles nicht so war, wie es erzählt wird, gibt es heute immerhin eine Chance, endlich zum Anliegen Jesu zurückzukehren. Hier ist nun ein immerhin gut begründeter und plausibler Ansatz, der zudem sehr na­heliegend ist – und vielleicht gerade deswegen nie wahrgenommen wird. Immerhin bestätigt ja auch der Philosoph Ortega y Gasset, der meines Wissens unabhängig vom christlichen Glauben ist, die Brisanz dieses Ansatzes (s. B.1).

Und was ist mit Gott? Das Problem ist doch, dass wir Genaues über Gott nun wirklich nicht wissen. Und worüber man nichts wissen kann, darüber sollte man lieber schweigen. Doch es gibt etwas, was Gott gefallen dürfte: unser Engagement für das Reich Gottes – oder eben auch für das Paradies hier und jetzt! Und das hat etwas mit einer bes­seren Welt zu tun, einer Welt der Liebe und auf alle Fälle auch ohne Missbrauch der Frau und der Sexualität. (Und sollte es Gott nicht ge­ben, dann machen wir auf alle Fälle nichts umsonst, wenn wir uns da­für einsetzen!)

Anmerkungen zu diesen Hinweisen: Eigentlich wollte ich ja die Glaubens­wahrheiten in unserem christlichen Glauben gar nicht ansprechen, denn ich wollte keinem zu nahe treten, für den sie so wichtig sind. Doch leider musste ich die Erfahrung machen, dass ein ethisches Konzept für unsere jungen Menschen im­mer wieder als nebensächlich und nicht so wichtig abgetan wur­de. Und von da­her ging dann irgendwann nur noch: Es muss einfach deutlich gesagt werden, was auf alle Fälle das Anliegen des wirklichen, also des histo­rischen Jesus war und was eher nicht! Und vom historischen Jesus wissen wir immerhin einiges.

Sehen wir die jüdische Heilsgeschichte also einmal im Hinblick auf das Heil des Menschen in der Einheit von Leib und Seele hier und jetzt. Und wurde Je­sus nicht Mensch „um unseres Heiles willen“, wie wir im Glaubensbekenntnis sagen? Fan­gen wir also endlich einmal nicht wie sonst üblich bei antiken heidnischen und mittelalterlichen theologischen Konstruktionen an, sondern beim Ursprung, also bei der Basis oder auch beim Anlass der biblischen Geschichten, die wir so ken­nen! Man kann nämlich heute darüber sehr viel wissen, man muss nur wollen!

Ja, was steckt denn eigentlich hinter all den alten Mythen und Legenden der Bi­bel, denn wörtlich kann die doch niemand nehmen?

In einem Gespräch, das eher ein Thekengespräch war, deutete ich einmal an, wie ich das nun mit der Bibel sähe, dass es nämlich in erster Linie um ethi­sche Wer­te wie Liebe und Partnerschaft zwischen Mann und Frau und dabei schließlich um die Einheit von Leib und Seele ginge, die ja auch etwas mit der Sexualität zu tun hat. Da gab mir einer meiner Gesprächspartner dazu eine „alte Volksweis­heit“ zum Besten, die ich hier doch wiedergeben möchte, selbst wenn die Wort­wahl ziemlich vulgär ist: „Ach, es geht in unseren menschlichen Gesellschaften doch immer um dasselbe, nämlich um die drei ‘P´s’: Pimmel, Punz und Portemonnaie!“

Dass es um das „Portemonnaie“ geht, ist ja wohl auch völlig normal und soll hier nicht zum Problem gemacht werden. Schließlich muss man ja arbeiten und Geld verdienen, um zu leben, und die Arbeit ist ihres Lohnes wert und muss vernünftig bezahlt werden, verwerflich ist eben nur, wenn man ohne entsprechende eigene Arbeitsleistung an das Geld anderer Leute kommen möchte - oder wie gewiss auch manche Frauen, die sich einen Mann danach aussuchen, ob er Geld hat.

Und mit den beiden anderen „P’s“ ist das auch ganz normal und dass es sich darum dreht, das ist also nicht von vornherein zu verteufeln. Verwerflich ist nur, wenn man zum Spaß im Sexuellen mit im Grunde unfairen Methoden wie mit unredlichen Tricks und Lügen kommen möchte, wenn man Gewalt anwen­det oder irgendwelche Macht-Strukturen ausnutzt und auch noch direkt mit verursacht, vor allem auch über Unwissenheit und Naivität – ohne Rücksicht darauf, dass gerade die Sexualität von der Natur her im Zusammenhang mit Partnerschaft und gegenseitiger Liebe und Verantwortung steht. Problema­tisch ist also nur der Missbrauch von allem. Und der zieht sich – leider Gottes – unter verschiedenen Etiketten seit jeher durch die Geschichte der Mensch­heit.

Doch es gab auch immer wieder ein ganz großes Engagement, diesen Miss­brauch zu überwinden und der Liebe und der Partnerschaft zwischen Mann und Frau zum Sieg zu verhelfen! Allerdings war das immer ein Wechselspiel. Schauen wir uns einmal an, wie das so läuft mit Lug und Trug, mit offener oder ver­steckter Gewalt, mit direkten oder indirekten Zwängen, mit mehr oder weniger raffinierter Manipulation bis hin zu pseudowissenschaftlicher Psycho­logie – und was sich auf der anderen Seite mutige, kluge und mensch­liche Frauen und Männer immer wieder einfallen ließen und lassen, um gegen sol­che Unverbindlichkeit und Verantwortungslosigkeit anzukommen und so man­chem Schwindel dabei Sand ins Getriebe zu werfen! Immerhin dürften die meisten Menschen ja wohl anders und gutwillig sein, doch irgendwie ge­lingt es schließlich leider nur selten, einer vernünftigen Sittlichkeit auf Dauer zum Durchbruch zu verhelfen.

Und so reißt dann immer wieder der alte Trott ein, es kommt also zu Deka­denz und Sittenverfall, dann aber anders, und das Spiel beginnt von Neuem...

a) Gegen den Machismo mit der religiösen Masche.

Und es geht gleich am Anfang der Bibel mit der Mann-Frau-Problematik los! Hier also noch einmal das soeben Gesagte etwas genauer: Nach religionsgeschicht­lichen Erkenntnissen (etwa vom evangelischen Theolo­gen Jan Heller, 1925-2008, über den „Namen Eva“, veröffentlicht 17508 beim Pra­ger Orientinstitut) ist die Adam-und-Eva-Erzählung eine Polemik gegen die da­mals im Vorderen Orient üblichen Fruchtbarkeitskulte, also vor allem auch ge­gen die damit verbundene kultische Prostitution. Aus Parallelgeschichten in den da­mals gängigen Mythen wissen wir, dass sich hinter der Eva also eine Kultdirne verbirgt, die den Ur­men­schen verführt. Und es kommt zu der typischen Frustrati­on, wenn es Pär­chen miteinander „machen", die eben nicht zusammen gehören, und damit ist dann das Paradies für beide zerstört. Bei Adam und Eva handelt sich also nicht um ein erstes Ehe­paar, sondern um ein Gelegenheitspaar, in genaueren Überset­zungen ist auch nicht von „ihrem Mann" die Rede, dem Eva die Frucht gab, son­dern von „dem Mann bei ihr". Das bedeutet im Klartext, dass Sex gerade auch zwischen Men­schen stattfindet, die eben keine wirklichen Partner sind und bei denen es also auch nicht die wunderbare Einheit von Leib und Seele gibt, die nun einmal im Zusammenhang mit dem Geschlechtsverkehr mit einem geliebten Menschen möglich ist. Ja, diese wunderbare Einheit ist die Vorstellung der Bibel vom Para­dies oder auch vom Reich Gottes. Allerdings müssen wir uns dabei von der zeit­bedingten Vorstellung eines materiellen Gartens Eden lösen. Ob diese Einheit nun gestört oder sogar zerstört wird durch die kultische Prostitution, durch die normale vulgäre Prostitution oder auch durch ein Probierverhalten, wie wir es heute oft erleben, sind nur Varianten ein- und desselben Problems: Es handelt sich um Geschlechtsverkehr außerhalb einer festen Leib-und-Seele-Be­ziehung und das heißt: Mit der Einheit von Leib und Seele stimmt etwas nicht! Und die Aussage der Paradieserzählung ist, wenn wir den Ansatz von Jan Heller in unse­re heutige Lebenswirklichkeit umsetzen, dass gestörte Leib-Seele-Beziehungen nicht im Sinne des Gottes des Paradieses sind, weil sie das Paradies zerstören.

Die Masche in einer abergläubischen Welt, in der alles nicht so recht Durch­schaubare mit dem Wirken von Göttern und Geistern erklärt wird, ist nun die: Diejenigen Menschen, „die das Sagen haben und die anderen ausbeuten (wol­len), machen einfachheitshalber aus diesem Ausbeutungsverhältnis eine Religion oder sie bauen dieses Ausbeutungsverhältnis zumindest in eine Religi­on ein. Denn mit einem religiösen Glauben sind ja auch im Allgemeinen inner­ste Ängste und Zwänge bei den Gläubigen verknüpft und innerste Ängste und Zwänge bei Menschen sind immer noch das Bequemste und Billigste, um über sie zu herrschen, und wer wagt es schon, sich gegen eine Religion, also gegen den „Willen der Götter“ zu stellen? Und jetzt müssen diejenigen an den Schalt­hebeln der Ausbeutungsverhältnis­se nur noch diesen Menschen einre­den, dass das, was sie treiben, der Wille der Göt­ter ist und dass sie selbst in ei­ner gottnäheren Priesterkaste sind und die nor­malen Leute gefälligst das tun müs­sen, was die Priesterkastenmenschen ihnen vorschrei­ben, damit die Götter gnädig sind und Glück und Gesundheit und ihnen (natür­lich erst in einem Le­ben nach dem Tod) Erlösung usw. gewähren. Und dann klappt das schon!

Natürlich müssen die „unteren Leute“ auch bereit sein, da mitzumachen. Sie müssen etwa in heiligen Kriegen bereit sein, ihre Köpfe hinzuhalten, sie müssen das geradezu gerne wollen, selbst wenn es in Wirklichkeit um die Machtinteres­sen der Herrschenden geht. Neben dem Kampf auf dem Schlachtfeld wird auch die Herumplackerei in der Arbeit zum Gottesdienst, zur Mithilfe am Werk oder zumindest am Willen der Götter (im alten Babylon etwa war der kom­plette Grundbesitz Eigentum der Tempel, in unserem Mittelalter war immerhin noch ein Drittel Eigentum der Kirche und die Plackerei auf dem entsprechenden Tempel- oder Kirchenland war damit automatisch Gottesdienst). Auf ihre beson­dere Wei­se müssen schließlich auch die Frauen – und dabei natürlich gerade die jüngsten und schönsten – „mit ihren Körpern entsprechend mitmachen“ und da­mit etwas für den Segen der Fruchtbarkeit tun – wir bezeichnen das heute als „kultische Prostitution“ oder auch „Tempelprosti­tution“. Und deren Väter und Freunde (na­türlich vor allem aus den unteren Schichten) müssen das alles nicht nur so gera­de dulden, sondern am besten auch noch fördern und hin und wieder auch noch ihren Spaß dabei haben, denn das ist die sicherste Methode, damit sie nicht ir­gendwann skeptisch werden und sich gegen das ganze System auf­lehnen und es am Ende zerstören.

Daher dürfen, wenn die Frauen nicht mehr so frisch sind, eben auch die an­deren an sie ran, damit sie auch was von dem Spaß abbekommen und nicht weiter nachdenken. Solche religiösen Kaputtheiten gibt’s übrigens heute noch ganz of­fiziell – schauen Sie doch einmal in das Stichwort Tempelprostitution (im Online-Wörterbuch www.basisreligion.de)!

Zur folgenden Abbildung: Religionsgeschichtlich gesehen ist die uralte heuti­ge indische Religion (siehe Hinduismus in demselben Wörterbuch) in etwa identisch mit den frauenverachtenden Fruchtbarkeitsreligionen in der Umwelt der Bibel, gegen die die Bibel immer wieder ankämpft, etwa in der Sintfluter­zählung, in der Turmbau-von-Babel-Erzählung oder eben in der Adam-und-Eva-Erzählung. Dass es sich nicht um ein festes Partnerschafts-Paar handelt, das den Sex zur Freude des Schöpfers seiner gelungenen Partnerschaft praktiziert, sondern vielmehr um ein beliebig zusammengewür­feltes Paar, geht aus den sonstigen Skulpturen an diesem und ähnlichen indi­schen Tem­peln hervor, es gibt nämlich sogar jede Menge Gruppensex-Figu­rengruppen – und mit Paarbeziehungen haben die wohl nichts zu tun! Zwar wurde der Tempel von Konarak erst lange nach der Entstehung der Adam-und-Eva-Erzählung gebaut, doch steht er kultur- und religionsgeschichtlich im engem Zusammenhang mit ihr.




Ein Paar der kultischen Prostitution in eindeutiger Stellung unter einem (Fruchtbarkeits-)Baum neben einem Gott mit einem Schlangenleib am Sonnen­tempel von Konarak (Indien).


Und wie kann man solche Fehlentwicklungen wieder ändern?

Das waren natürlich immer nur einzelne, die so etwas versucht haben, weil wirk­liche Unmenschlichkeiten – wenigstens zunächst einmal – immer nur einzelne erkennen und ändern wollen und können. Und wenn etwas religiös verankert ist, kann eine Änderung natürlich auch nur über eine Religion funktionieren! Am sinnvollsten klappt das also mit einem neuen Glauben, für den vernünftige Be­ziehungen zwischen den Menschen und überhaupt Partnerschaften zwischen Mann und Frau, also eine echte Monogamie, wichtigstes Anliegen sind und das Verfahren der Götzenpriester schlicht und einfach Sünde ist! Und hier liegt der Ursprung und das Anliegen des Glaubens an einen monotheistischen Gott – er ist immer Rebellion und Konzept gegen übermächtige und unmenschliche Ver­hältnisse im Namen irgendwelcher Götter oder besser Götzen!

Der Apostel Paulus sieht nun in seinen Römer- und Korintherbriefen – wie bereits angedeutet - einen Zu­sammenhang zwischen dem Adam der Para­dieserzählung und Christus, den er auch den zweiten Adam nennt. Und er sieht die Erlösung darin, dass Christus wieder gut gemacht hat, was Adam verdorben hatte, um es ein­mal flott auszudrücken.

Diese Aussage ist nun bisher mehr oder weniger in einer theologischen Spe­kulation über Christus verpufft, die auf ein Konzept für unser Leben praktisch keine Auswirkung hatte. Doch wenn wir in der Sünde Adams die Zerstörung einer pa­radiesischen Mann-Frau-Beziehung erkennen, dann hieße das ja, dass es zu­mindest das Anliegen des konkreten Jesus war, dass genau diese Beziehung wieder hergestellt wird.

Sicher, Paradies meint gewiss noch mehr als die Wiederherstellung von einer paradiesischen Mann-Frau-Beziehung, doch gehört eine heile Mann-Frau-Be­ziehung auf alle Fälle zum Paradies – und sehen wir diese biblische Paradie­serzählung doch einmal als genialen Ansatz an, hier konkret anzufangen in der kei­nesfalls unberechtigten Erwartung, dass wenn diese zutiefst zwischen­menschli­che Beziehung gesundet, irgendwann auch alles andere gesundet!

Und so viel wir erkennen können, muss es in der frühen Kirche auch genau um diese Gesundung gegangen sein. Bedenken wir zunächst einmal, dass es da­mals insbesondere Frauen und Sklaven waren, also die Unterdrückten in einer Männergesellschaft, die vor allem das Christentum annahmen.

Wir wissen, was daraus geworden ist – eine ziemlich unverständliche Theolo­gie von einer Erbsünde usw. auf der einen Seite und in der Praxis im Grunde wieder dasselbe wie vorher.

Das also ist die Vorgeschichte oder eben der Hintergrund des Kapitels Gene­sis des Alten Testaments der alten jüdischen Religion mit der Adam-und-Eva-Erzählung und auch mit der Schöpfungsgeschichte und des Versuchs der Er­neuerung durch Jesus.

b) Gegen den Machismo der Sklavenhaltertour

Irgendwann fangen die Leute natürlich auch an nachzudenken, und machen nicht mehr ganz so einfach und freiwillig mit. Da klappt das dann – wenn man nur genug Macht und Vermögen hat – über die Sklavenhaltermasche. Wie das mit den Sklaven und der Arbeit geht, wissen wir oder können es uns we­nigs­tens ausmalen, wenn wir wirklich wollen. Und die Sklavinnen wurden natürlich nicht nur zur Garten- und Hausarbeit gehalten, sondern vor allem oder zumin­dest zu­erst einmal auch immer als „Sexgespielinnen“, was uns weniger im Bewusstsein ist. Immerhin waren gerade in der Antike Sklavinnen ein wichti­ges Handelsgut, Frauenhandel gab es doch schon immer, und sie wurden im alten Rom schon aus Indien und Afrika, aus Germanien und sonst woher „im­portiert“, klar, je exo­tischer und seltener, desto aufregender einer­seits und de­sto teurer und gewinn­bringender andererseits! Denn was tut man nicht alles für den sexu­ellen Spaß!

Manche junge Frauen mögen dabei vielleicht sogar mitgemacht haben, we­nigstens zunächst, um einfach der Langeweile und Trostlosigkeit ihrer engen Heimat zu entkommen, so wie so manche Mädchen zumindest vor nicht allzu langer Zeit in den Dörfern Nord-Thailands, die sich darauf freuten, Prostituier­te in Bangkok zu werden. Allerdings wussten diese Mädchen, wie man durch Nach­fragen herausbekam, überhaupt nicht, was das mit der Prostitution auf sich hat­te, was also damit für ein Elend verbunden war, wenn auch oft unter schönem Schein.

Und so wird es auch den Frauen gegangen sein, die die Objekte des Frauen­handels waren oder immer noch sind. Erst wenn es zu spät ist und sie schon mittendrin stecken und es kein Zurück mehr gibt, wenigstens nicht zum Aus­gangspunkt, merken sie, was los ist.

Und wie ändert man das?

Am besten natürlich über die Abschaffung der Sklaverei. Doch so einfach geht das nun einmal nicht, welcher Besitzer gibt schon freiwillig und aus lau­ter Menschlichkeit seinen Besitzstand auf? Und von den Besitzern ist schließ­lich die Abschaffung der Sklaverei abhängig.

Doch kreative gutwillige Leute finden bei passender Gelegenheit dann doch Wege! Schauen wir uns dazu einmal eine andere Erzählung der Bibel an, näm­lich die Erzählung vom Auszug der Israeliten aus Ägypten.

Dass die Israeliten also nach ihrer Befreiung vom Joch der Ägypter nun ziem­lich ziellos durch die Wüste zogen und Gott ihrem Anführer Moses und damit ihnen auf dem Berg Sinai irgendwelche steinernen Gesetzestafeln mit den Zehn Ge­boten überreichte, ist ja wohl etwas seltsam - und schließlich auch unwahr­scheinlich.

Der Sinn dieser Erzählung ist vermutlich der: Sklavenbefreiungsver­suche, wie wir sie vom Sklavenaufstand unter Spartakus (73 - 71 v. Chr.) im alten Rom kennen, gab es schon immer einmal. Doch anders als beim Spartakusauf­stand, bei dem die aufständischen Sklaven nach den ersten Erfolgen größen-wahnsinnig wurden und glaubten, das römische Reich zerstören zu können, hat­ten die revoltierenden Sklaven der Ägypter in Moses einen gebil­deten, re-alis­tisch denkenden Anführer, dem Namen nach sogar einen Ägyp­ter, der das Machbare im Auge hatte (und das war schließlich die Ansiedlung der ehemali­gen Sklaven in einer Pufferzone zwischen den damaligen Groß­mächten, und das konnten auch die alle schließlich akzeptieren).

Diese Sklaven hatten sich also vermutlich durch revolutionäre Gedanken und Redereien derart unbeliebt gemacht und sogar das ganze Staatswesen in Gefahr gebracht (die Plagen der Ägypter!), so dass man sie lieber ziehen ließ, Hauptsache, man war sie los. Bei ihrem vierzigjährigen Zug durch die Wüste han­delte es sich nun um die Suche nach einer neuen Bleibe und Existenz, daher auch die bisweilen kriegerischen Auseinandersetzungen mit anderen Völkern.

Und damit es unter diesen freigelassenen Sklaven nicht wieder zu den altbekann­ten Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnissen kam, entwarfen kluge Leute un­ter ihnen wie Moses das Konzept der Zehn Gebote, legten es einem der Berg­götter in der Wüste, an dessen Berg sie gerade vorbeikamen, in den Mund und führten es bei sich ein. Das Gebot der Heiligkeit der Ehe in diesem Konzept (dass näm­lich der Ort für den Geschlechtsverkehr nur die Ehe sein darf), muss man vor dem Hintergrund der früheren Sklaverei dieser Menschen sehen: Skla­vinnen waren ja nun einmal vor allem auch die Sexgespielinnen ihrer Herren und das unverbindli­che Sexualverhalten war also ein Zeichen von Sklaverei, nicht aber von Liebe und Partnerschaft zwischen Mann und Frau und von wirkli­cher Emanzipation der Frau! Wenn man nun wirkliche Liebe und Partnerschaft an oberste Stelle setzt, die es natürlich auch mit einer Sklavin geben kann, so ist damit die Sklaverei im Grunde schon aufgehoben: Nichts dagegen, wenn ein reicher freier Mann zu ei­ner Sklavin in Liebe entbrennt und mit ihr Verkehr hat, doch dann bitteschön nur in wirklicher Liebe und Partnerschaft! Und so erkennen solche freien und emanzi­pierten Menschen ganz selbstverständlich auch hier feste und sichere Spielregeln an – eben die Zehn Gebote!

Im großen und ganzen dürfte also das Thema „Befreiung von der Sklaverei“ und zugleich Vorsorge, dass die Sklaverei oder sklavereiähnliche Zustände nicht wieder einreißen, Hintergrund des Buches Exodus des Alten Testaments sein. Was nun an den Erzählungen dran ist, wie die zwölf Söhne Jakobs, also die Ur­ahnen dieser Sklaven, vorher überhaupt nach Ägypten gekommen wa­ren, ist re­lativ unwichtig, es könnte auch eine mythische Geschichte sein, die sich die be­freiten Sklaven selbst gegeben haben.

Und dennoch kam es allerdings auch in dieser befreiten Gesellschaft irgend­wann wieder zu Herrschaftsverhältnissen und die Zehn Gebote wurden ent­sprechend uminterpretiert, so dass von der Idee der Freiheit und der Emanzi­pation nichts mehr zu erkennen war. Im Buch Levitikus ist der Sinn der Idee der Befreiung etwa nicht mehr die Freiheit und die Emanzipation des Men­schen, sondern nur noch der Kult für einen bisweilen zornigen Gott. Die Pro­pheten wetterten zwar bisweilen gegen diesen Verfall, doch sie konnten im­mer nur sehr beschränkt etwas ausrichten, vielleicht war auch der Grund, dass sie nie die Chance hatten, bei der Wurzelsituation der Menschen anzu­setzen, also eine neue Art der Kindererziehung anzufangen?


c) Gegen den kriminellen Machismo

Irgendwann ist also das Thema „Liebe und Partnerschaft und Sex“ wieder einmal überfällig. Zwar gibt es keinen Missbrauch mehr aus religiösen Gründen oder aus Gründen der Besitzverhältnisse. Doch das heißt ja nicht, dass „man“ nicht mehr an die Frauen und Töchter insbesondere der armen Leute herankommt. Denn das wäre doch gelacht, schließlich ist der Erfindungsreich­tum auf diesem Gebiet erfah­rungsgemäß doch seit jeher unerschöpflich.

Also werden jetzt eben die Gesetze, die eigentlich zum Schutz der Moral einge­führt wurden, schon mal rumgedreht und missbraucht. Es ist einfach nicht einzu­sehen, dass Frauen tatsächlich nur einem Mann" angehören können. Erfor­derli­chenfalls wird eben nachgeholfen und sie werden per Erpressung von einer an­derslautenden Einstellung abgebracht - ist Untreue denn nicht die Natur der Frau? 

Wie das nun geht?

Inzwischen kennen wir die Sparte „experimentelle Archäologie“: Wo gibt es heu­te die aus vergangenen Zeiten bekannten Anhaltspunkte? In welchen größeren Zu­sammenhängen stehen diese Anhaltspunkte heute? Können wir von den heutig­en Zusammenhängen auf diejenigen vergangener Zeiten schließen?

Und es gibt einige und vor allem sehr massive Anhaltspunkte! Anders als etwa die Berichte von Jungfrauengeburt und Auferstehung ist nun etwa der Bericht von der Sünderin im Johannesevangelium (Joh. 8), die gestei­nigt werden soll, weil sie angeblich Ehebruch begangen hatte, und die Jesus durch seine intelli­gente Argumentation gerettet hatte, völlig realistisch. Ja, solche Steinigungen oder eben Hinrichtungen kennen wir noch heute, denken wir an die extreme Männergesellschaft der Taliban, die es bis vor Kurzem ja noch ganz offiziell gab!

Vielleicht haben wir ja einmal die Hinrichtung einer „ehebrecherischen Frau“ im Fernsehen mitbekommen. Inzwischen wissen wir allerdings auch, dass es dabei wohl vermutlich nie um wirklichen Ehebruch ging, wenigstens dass das nicht das Problem war, sondern dass schlicht und einfach Männer die dort geltenden Reli­gionsgesetze missbrauchten, um hin und wieder einmal eine überdrüssig gewor­dene Frau loszuwerden oder um schlicht und einfach ein Exempel zu statuieren, um die Frauen wieder besser unterdrücken zu können. Und dazu haben die sich dann einfach ein paar Zeugen besorgt, die die Frau (angeblich) beobachtet hat­ten oder mit denen sie (angeblich) sogar „etwas hatte“ oder auch nur haben woll­te – es reichte ja schon, wenn sie einmal besonders nett zu einem war (das konnte man ihr doch leicht als eindeutiges Zeichen ihrer Triebhaftigkeit und damit ihrer „Unmoral“ auslegen!). „Man“ war natürlich selbst glaubensstark gewesen und hatte ihrer Versuchung widerstanden und sie „gemeldet“, um die Moral zu retten – und schon klappte das mit der Verurteilung! So ist das nun einmal in diesen Gottesstaaten, in denen die Gesetze so gedreht werden, wie es die brau­chen, die das Sagen haben. Und wer dagegen aufmuckt, der wird gleich mit hin­gerichtet, denn der hat ja etwas gegen den Glauben und gegen Gott!

Und mit diesem Hintergrund gehen wir also einmal 2000 Jahre zurück in die Zeit der Bibel! Da passt doch einiges! War Jesus deswegen so wütend auf die Anklä­ger der Frau, die da gesteinigt werden sollte, weil er den wahren Hintergrund kannte, dass es zumindest also gar nicht um die Moral der Frau ging? Merkwür­dig ist ja schon, wie die Ankläger ihr Todesurteil so ungewöhnlich schnell revi­diert hatten, nachdem Jesus gerade einmal ein paar passende Worte sagte.

(Möglicherw­eise hatte man in diesem Fall die Frau auch bewusst auflaufen las­sen.) Man erzähle mir doch nichts vom „Klapperstorch”: Es wird so ungefähr das­selbe gewesen sein wie bei den Taliban, nicht zuletzt machten in diesem jüdi­schen Gottesstaat doch auch Priester die Moral bis hin zur Todesstrafe für Ehe­bruch, die natürlich nur an Frauen vollzogen wurde. Und die alten Juden ver­schleierten ihre Frauen ja auch und trotzdem (oder gerade deswegen) gab’s Pro­stituierte! Wie die gemacht wurden, das war im allgemeinen auch nicht sehr fein, blieb aber gerade auch den wohlanständigen Frauen so lange verborgen, bis sie selbst vielleicht einmal mitten drin steckten (siehe die Erzählung von der schö­nen Susanna im Anhang zum Buch Daniel, also „Daniel 13“, ich empfehle sehr, sie zu lesen, sie gibt es allerdings nur in katholischen Bibeln). Schließlich hatten die damals natürlich auch ihre Sexualität und zumindest einige Männer müssen bei all den verklemmten Moralvorschriften da­mals gewiss oft ganz schön sexgie­rig gewesen sein! Und was bot sich da besser an, als gerade diese Moralvors­chriften entsprechend zu „nutzen“ oder eben zu missbrauchen?

Sehen Sie, lieber Leser, da bleibt nun nicht viel übrig! Ist die Geschichte von der verhinderten Steinigung der „Sünderin“ also eine missglückte Abrechnungsge­schichte aus dem Zuhälter- und Prostituiertenmilieu? So viele Indizien passen doch genau darauf, dass es eigentlich nur so gewesen sein kann! Im Gegensatz zu den typischen Frommen damals wie heute, denen dieser Hintergrund natür­lich wie üblich nicht aufging, waren nun diesem „Häuserbauer von Nazareth“ die­se in solchen Gottesstaaten üblichen Schurkereien und Schweinereien aufgefall­en und er hat auch schon einmal eingegriffen wie bei der Frau, die da gesteinigt werden sollte. Doch dabei beließ er es wohl nicht, er hat die Missstände auch noch öffentlich angeprangert. Vermutlich war genau das Hintergrund und Thema seiner „Reden“, aus denen wir „Predigten“ gemacht haben, gegen die Heuchler und Pharisäer und gegen die Sünde und gegen die Hartherzigkeit und für die Liebe und für die Utopie eines wirklichen Reiches Gottes ganz allgemein statt des existierenden üblen Gottesstaats. Denn Jesus muss wohl sehr schnell ge­merkt haben, dass man hier einmal etwas ganz grundsätzlich ändern und damit allerdings bei den Kindern anfangen müsste. Wir wissen, wie das Engagement Jesu aus­ging! Ihn selbst hat man dann ganz schnell aus dem Weg geräumt und sein Anliegen verdreht ...

Anmerkung: Wir wissen zwar nichts Genaues über Jesus, wir wissen vor allem auch nicht, warum er hingerichtet wurde, doch gab es damals gerade im Hin­blick auf Frauen und auf die Liebe und auf die Partnerschaft zwischen Mann und Frau tatsächlich himmelschreiende Missstände, vor allem ließ man Frauen eben un­wissend, dass sie überhaupt keine Konzepte und Strategien entwickeln konnten. Und diese Missstände verlangten förmlich nach jemandem, der sich dafür inter­essierte, der dagegen vorging und der dabei nicht locker ließ, und schließlich so richtig „rein schlug“. Die Tragik ist natürlich, dass er (wenigstens erst mal) damit scheiterte. Und es gibt viele Indizien, dass dieser „Jemand“ Je­sus war – daher wird hier Jesus von einem kriminologischen Ansatz her gese­hen!




Dieses Bild von Giorgione (1478 - 1510) in der Gemäldegalerie in Glasgow/Schottland wird verschieden gedeutet: „Jesus und die Sünderin“ oder auch „Die keusche Susanna und der junge Daniel“.

In der einen Erzählung geht es also um die Frau, die gesteinigt werden soll, weil sie angeblich auf frischer Tat beim Ehebruch ertappt wurde nach Johannes 8, und die Jesus aus den Klauen ihrer Häscher rettet mit den Worten: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein!“. In der anderen Erzählung wollen zwei sexgierige Alte die schöne Susanna unter Missbrauch der damals üblichen Gesetze zum Sex erpressen. Wenn diese Erzählung hier dargestellt wird, ist zu­mindest das Motiv unüblich, denn üblicherweise wird Susanna im­mer nackt dar­gestellt, und die beiden Alten sind irgendwo in den Büschen versteckt. 

Ich halte es für möglich, dass Giorgione beide Berichte durchaus in einer inne­ren Beziehung zueinander gesehen hat. Wie ich aus einem Buch über den „Verlorenen Sohn” von Rembrandt erfahre, scheint es früher durchaus normal gewesen zu sein, dass bisweilen bestimmte Stellen der Bibel in einer Art und Weise zusammengesehen wurden, die uns heute nicht mehr geläufig sind. Bei den beiden Geschichten hier geht es eben um das uralte und immer wieder selbe Problem, wie Frauen auf die Linie der Männer gebracht werden (sollen) bzw. wie Frauen, die dies nicht wollen, bestraft werden. Für mich ist es auch sehr plausibel, dass Künstler eher solche Zusammenhänge erkennen als etwa Theologen. Die ersteren sind schon eher mal systemkritisch, während letztere schon von Berufs wegen eher systemerhaltend sind (selbst wenn sie bisweilen noch so „radikale und revolutionäre” Worte gebrauchen, um ihren Glauben zu erklären!) und da­her auch nie etwas Verdächtiges erkennen vor allem nicht an der richtigen Stelle. Nun, ich fühle mit bei der ersten Sorte Menschen besser aufgehoben...

Und hier noch ein anderes wunderbares Bild, auf dem Jesus im Zusammen­hang mit dem Thema Mann - Frau dargestellt wird und das ich den Lesern nicht vorenthalten möchte:



Jesus mit Maria und Martha”, gemalt um 1630, von Abraham Janssens, ge­nannt J. von Nuyssem (1575-1632), das in einem Seitengang der St. Pauluskir­che in Antwerpen hängt.

Es ist ein phantastisches Bild: Maria sitzt da in einem goldgelben Kleid in der Sonne, die abgearbeiteten Hände in einem Buch, Martha steht da in einem schwarzen Kleid im Schatten einer Kirchenruine (oder auch „einer kaputten Kirche“!) und zeigt mit ihren Händen auf das viele Wildbret und das Gemüse, das zube­reitet werden muss <viel zu viel für die drei> und Jesus sitzt zwischen den bei­den und fuchtelt mit seinen Händen herum und weist dabei „zufällig” auf ei­nen ordentlichen französischen Garten <schon um 1630 ein Symbol der Ver­nunft – gegen blinden Glauben?>)

Hier der Text des Evangeliums nach Lukas 10,38-42: „Sie zogen zusammen weiter, und er kam in ein Dorf. Eine Frau namens Martha nahm ihn freundlich auf. Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu. Martha aber war ganz davon in Anspruch genom­men, für ihn zu sorgen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die ganze Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen! Der Herr antwortete: Martha, Martha, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden.”

Für mich ist dieses Bild auch noch von einer ganz anderen Seite her von Be­deutung: Als meine buddhistische Pflegetochter ihre Abiturfreiarbeit über die Frau im Buddhismus und im Christentum schrieb, erwähnte sie dieses Bild, das sie bei einer Fahrt mit mir nach Antwerpen in der Pauluskirche gesehen hatte: „In christlichen Kirchen sieht man immer, wie Jesus sich mit Frauen unterhält, dagegen sieht man in buddhistischen Tempeln nur, wie Frauen in der Hölle ge­foltert werden...“ Na ja, immer sieht man solche wunderbaren Bilder von Jesus mit Frauen auf gleicher Augenhöhe in christlichen Kirchen ja auch nicht, und ich nahm sie ja auch nur mit in Kirchen, in denen es etwas zu sehen gibt. Doch im­merhin, man sieht solche Bilder schon mal!


***

Uns ist nun nicht überliefert, wie sich Jesus konkret eine Umsetzung gedacht hatte, denn allein mit einer Forderung nach Befreiung der Frau aus den männer­rechtlichen Herrschaftstrukturen ist es ja nicht getan. Immerhin hatte er gese­hen, dass man bei den Kindern anfangen müsste: „Lasset die Kinder zu mir kom­men!“ Und in der frühen Kirche war die Nacktheit gerade bei der Taufe das Normale, was darauf hinweist, dass die Christen damals ein völlig anderes Moralmo­dell als wir heute im Hinterkopf hatten, in dem die Sexualmoral anders als bei uns heute üblich nicht mit der Sexualscham zusammen gesehen wurde. Dieses andere Moralmodell der Christen damals mag auch der Grund dafür sein, dass unsere Theologen und Historiker gar nicht erkennen, was Jesus und die frühen Christen im Kopf hatten, dass „die damals“ also tatsächlich von einer Sexualmoral rede­ten, doch eben vor dem Hintergrund eines realistischeren Moralmodells.

Vermutlich sollte es auch den Anhängern Jesu überlassen bleiben, seine Ideen mit Phantasie und Mut in die Praxis umzusetzen - je nach den jeweiligen kon­kreten Umständen oder auch nach der jeweiligen „Moralkultur“.

Ob Jesus auch gegen einen anderen Missstand seiner Zeit angegangen ist, nämlich ge­gen den der Sklaverei? Wir wissen es nicht, weil wir nichts Näheres finden. Es sieht so aus, dass dieses Problem in der Umgebung Jesu, obwohl es sicher existierte, nicht so vordringlich war. Oder es wurde auch von Jesus eher als Se­kundärproblem gesehen – aus welchen Gründen auch immer?

d) Und heute? Gegen den(pseudo-)wissenschaftli­chen Machismo.

Ja, wie soll man ihn denn sonst nennen? Natürlich hat auch dieser Weg im­mer noch etwas mit Lug und Trug zu tun, nur jetzt braucht alles weniger hin­terhältig und kriminell zu sein, sondern wird eher wissenschaftlich verbrämt oder gar als besonders menschenfreundlich hingestellt – etwa mit dem Ge­schwafel von der „sexuellen Selbstbestimmung“ . Immerhin ist auch immer wieder Manipulation und Tabuisierung dabei, das war ja schon immer so, man hat ja noch nie den betroffenen jungen Leuten gesagt, wo die wirklichen Fall­gruben sind, damit sie sie vermeiden können, und auch heute geschieht das nicht. Das Neue heute ist, wie sich tausend tolle Gründe auf einmal auch wis­senschaftlich fundieren las­sen, die früher nur die Don Juans und schließlich auch andere (Sex-)Abenteurer vorbrachten, wenn sie die Mädchen und Frau­en rumkriegen wollten. Ich erinne­re mich an den Latrinenspruch, den ich ein­mal in einer Latrine auf einem Trup­penübungsplatz fand: „Diese Mädchen sol-len leben, die den Rock von selber heben, die den Schw... mit eigner Hand führen ins gelobte Land!“ Jetzt wird den jungen Leuten also solches niveaulo­ses Herummachen (um es einmal vorsich­tig auszudrücken) sozusagen mit ir­gendwelchem euphemistischen Geschwafel offi­ziell eingeredet:

  • damit sie „vorher“ wissen, wie’s geht, und nicht beim Falschen landen und lebenslang unglücklich sind,

  • damit sie nicht von einem sie unterdrückenden Gewissen beherrscht werden (das natürlich nur als Über-Ich gesehen wird!) und ihre Unter­drückung später an anderen auslassen und so etwas wie Nazis wer­den,

  • damit sie entsprechend der Forschungen der Anthropologie (am bes­ten vielleicht „Völkerkunde“) friedlich werden wie angeblich die Leute auf den paradiesischen Südseeinseln Trobriand und Samoa,

  • damit sie unbeschwert und sorgenfrei ihre Sexualität entdecken kön­nen, denn das ist der Weg, dass sie später freie und glückliche Men­schen werden,

  • weil das vor allem Kennzeichen von Emanzipation und Selbstbewussts­ein ist, wenn man seine Sexualität ohne irgendwelche Fesseln ausle­ben kann.

Und so wollen sie „es“ schließlich auch – ja Mädchen sind sehr oft sogar die treibenden Kräfte. Dass alle diese Argumente nur ausgesprochene Pseudowiss­enschaft und ziemlicher Unsinn sind, sagt natürlich niemand. Geradezu ärger­lich sind etwa die angeblichen Beweise mit den so paradiesisch leben­den Na­turvölkern in der Südsee.

Denn diese Forschungen waren absolut unqualifiziert und die Ergebnisse sind ein Märchen.

Ich meine, dass es sehr sinnvoll ist, einmal näher auf diese „Naturvölkerfor­schung“ einzugehen.

Also: Als bei uns vor etwa dreißig Jahren eine Information für junge Men­schen über die Dinge der Sexualität immer dringlicher wurde, überlegte man sich, was das Ziel einer solchen Sexualerziehung sein sollte, wonach sie sich ausrich­ten sollte. Und da war man sich einig, dass sie sich auf keinen Fall an der Ehemoral der Katholischen Kirche orientieren sollte, denn die Moral einer be­stimmten Gruppe könne nicht den Anspruch auf Allgemeingültigkeit haben. Zudem sei sie einfach zu repressiv und widerspreche dem Selbstbestim­mungsrecht des mo­dernen Menschen.

Wonach sollte sich eine Sexualerziehung also ausrichten?

Und da traf es sich gut, dass die moderne Feldforschung bei Untersuchungen von Inselbewohnern in der Südsee (angeblich) etwas Brauchbares über die Formbarkeit des Menschen herausbekommen hatte.

Eine zentrale Rolle spielten in der Geschichte des Fortschrittsgedankens die Bewohner der Insel Trobriand, also die Trobriander. Der amerikanische Psychoa­nalytiker Wilhelm Reich (österreichisch-ungarischer Herkunft) glaubte nun in seinem Werk „Der Zusammenbruch der sexuellen Zwangsmoral – die Trobriander“ anhand der Arbeiten des britischen Anthropologen (polnischer Her­kunft) Bronislaw Malinowski (1884-1942) die ursächliche Verquickung von der Entwicklung privaten Eigentums im Zusammenhang mit dem Übergang von der mutterrechtlichen Gemeinschaft (Matriarchat) zur vaterrechtlichen Gesellschaft (Patriarchat) und der damit einsetzenden Reglementierung des bis dahin freien Sexualverhaltens nachgewiesen zu haben.

Es erschien so, als ob eine freie Sexualität mit Friedlichkeit, Solidarität und Freundlichkeit und Gleichstellung der Frau einherginge. Reich und seine Nach­folger - vor allem die Studentenbewegung - meinten von daher, mit der „sexuel­len Befreiung“ die gesamte Gesellschaft in eine antifaschistische, friedliche, frauenfreundliche Richtung lenken zu können. Den Fortschritt über eine Verän­derung des Sexualverhaltens in die angeblich richtige Richtung zu lenken, das war ihre Neuerung des Marxismus.

Dazu brachte dann noch die amerikanische Anthropologin und Ethnologin Mar­garet Mead (1901-1978), die schließlich so etwas wie die amerikanische Kö­nigin der Ethnologie (oder Anthropologie, wie die Ethnologie in Amerika und England heißt) wurde, mit ihren Untersuchungen weiteres Feuer in die Fort­schrittshoffnung von der Machbarkeit der Menschen. In ihrer Doktorarbeit „Co­ming of Age in Samoa“ (zu Deutsch: „Kindheit und Jugend in Samoa“) und in ih­rer späteren Studie über Neu Guinea „Geschlecht und Temperament“ zeigte sie, wie sehr sich Gesellschaften unterscheiden können, wenn nur die Rolle der Se­xualität anders ist. Bis heute zählt ihre Studie über Kindheit und Jugend in Sa­moa rein auflagenmäßig zu den populärsten „Ethno-Bestsellern“ überhaupt.

Margaret Mead beschreibt die Welt samoanischer Mädchen im Jahr 1925. Es ist eine weitgehend gleiche, aggressions- und repressionsfreie Idylle, in der es kei­ne Verteilungskämpfe, keinen gesellschaftlichen Druck, keine starken Familien­bindungen, keine überzogenen Moralvorstellungen, keine sozialen Konflikte gibt. Den samoanischen Mädchen beschert diese „zwanglose freundliche Wär­me“ ein harmonisches, sexuell freies Hineinwachsen in die Welt des Erwach­senseins und damit „eine allmähliche Entwicklung ihres Ge­fühlslebens, das frei ist von Zwängen“, ganz anders als in den USA oder Eu­ropa, wo der Lebensab­schnitt des Jugendalters, wie Mead des Öfteren be­tont, erfahrungsgemäß voller Konflikte und Spannungen ist:

Die Grundlage des Lebens auf Samoa, die das Aufwachsen so leicht, so ein­fach gestaltet, ist die allgemeine Gleichgültigkeit der ganzen Gesellschaft. Denn auf Samoa spielt niemand mit hohem Einsatz, niemand zahlt einen ho­hen Preis, niemand leidet für seine Überzeugungen oder kämpft bis zur Er­mattung für ein besonderes Ziel. Die Menschen sind weder von Armut, noch von großen Un­glücksfällen bedroht. Kein unversöhnlicher Gott, der schnell er­zürnt ist und streng bestraft, stört den gleichmäßigen Ablauf ihrer Tage. Nie­mand wird im Le­ben vorwärtsgetrieben oder wegen langsamer Entwicklung bestraft.“ (Anmerkung: Ich habe das Zitat aus der Website des Erfurter Ethnologen Wolf Wagner übernom­men, mehr dazu siehe weiter unten.)

In der Tat hören sich derlei Schilderungen verdächtig nach „guter heiler Insel­welt“ an, verborgen irgendwo hinter den großen Weltmeeren, außer Sicht- und Reichweite all der zivilisatorischen Entfremdungsmechanismen, die ver­ursacht sind durch eine menschenfeindliche Ideologie und durch Kapitalis­mus.

Das also war die Basis unserer heutigen Sexualerziehung, die jungen Men­schen sollten über einen freien Umgang mit der Sexualität weitgehend gleich und aggressions- und repressionsfrei werden. Keine Verteilungskämpfe, kein gesellschaftlicher Druck, keine starken Familienbindungen, keine überzoge­nen Moralvorstellungen, keine sozialen Konflikte und schließlich auch antifaschist­isch, friedlich und frauenfreundlich – das war doch was! Und alles das würde ganz einfach erreicht werden, wenn nur die jungen Menschen ihre se­xuellen Be­dürfnisse ausleben könnten, wie sie es wollten! Man müsste den jungen Men­schen eben nur Anleitungen geben, wie sie ihr sexuelles Glück ohne uner­wünschte Nebenwirkungen, also ohne Schwangerschaften und Geschlechtsk­rankheiten, praktizieren können. Hier also liegt die (pseudo-)wis­senschaftliche Begründung für unsere heutige Sexualerziehung auf die Be­nutzung von Kondomen und anderen Verhütungsmitteln.

Umso mehr Staub wirbelte Anfang der 80er Jahre der australische Anthropo­loge Derek Freeman auf - fünfundfünfzig Jahre nach der Niederschrift von Meads „Coming of Age in Samoa“. Von Liebe, Freiheit und Südsee war in Freemans Buch „Margaret Mead and Samoa“ plötzlich nichts mehr zu lesen. Stattdessen berichtet Freeman von tagelangen Schlägereien zwischen Groß­familien, häufi­gen Vergewaltigungen, grausamen Bestrafungen, steigender Kriminalität sowie vom äußerst restriktiven Charakter des samoanischen Se­xualkodex. Der über­triebene Jungfräulichkeitskult, so Freeman, führe immer wieder zu Missver­ständnissen und Familientragödien. Ehebruch endete nicht selten im Kranken­haus oder im Gefängnis, Brüder verprügelten die allzu hefti­gen Verehrer ihrer Schwestern, Ehefrauen strangulierten die Geliebten ihrer Männer. Überschattet werde alles von ständigen Rangstreitigkeiten, an denen die Samoaner ein gera­dezu „zwanghaftes Interesse“ hätten. Nach einem hei­len Paradies klingt das mitnichten. Eher nach dem Platzen einer Seifenblase.

Er schreibt: „Alle genannten Zahlen weisen darauf hin, dass samoanische Mäd­chen nach Beginn der Pubertät wegen der in ihrer Gesellschaft gültigen Sexual­moral schwersten Belastungen ausgesetzt sind. Innerhalb ihrer Famili­en werden sie argwöhnisch bewacht und zur Disziplin angehalten. Gleichzei­tig leben sie je­doch ständig in der Gefahr, heimlich im Schlaf oder mit brutaler Gewalt miss­braucht zu werden.“

Die Engländerin Sarah Dening hat in ihrem Buch „The Mythology of Sex“ (Lon­don, 1996, S. 44f) etwas genauer hingesehen, wie die Anfänge der inti­men Be­ziehungen der Mädchen laufen. Auf den Samoainseln ist es ein Statussymbol für die Jungen, wenn ihnen so viele Entjungferungen wie mög­lich gelingen, und es gibt auch genügend Mädchen, die da mitmachen. Doch die Mädchen werden dabei - wenigstens zunächst einmal - immer ausgetrickst, wenn nicht gar verge­waltigt – so wie das auch auf der ganzen Welt geschieht. „Gewisse Bräuche, die Norm sind auf Samoa, würden einen Aufschrei in westlichen Gesellschaften ver­anlassen“, schreibt Dening, etwa wie ein Junge ein Mädchen zu seinem ersten Sex bringt: „Vergewaltigung ist in der Tat still­schweigend akzeptiert in der Wei­se, die Schlaf-Kriechen (sleep-crawling) ge­nannt wird. Dazu gehört, dass sich ein junger Mann bei Nacht in das Haus des Mädchens einschleicht und mit ihm Sex hat, und das Ziel ist, an es her­anzukommen und mit ihm zu reden mit glat­ten Worten und mit sanfter Über­zeugungskraft. Dabei geht es allerdings nicht um eine Ehrerbietung gegen­über den Gefühlen des Mädchens oder um irgend­eine Rücksichtnahme. Es ist ganz einfach ein praktischer Trick, um es am Schreien zu hindern, das die ganze Familie aufwecken würde. Für einen Jun­gen, der dermaßen Erfolg bei seiner Suche hat, bringt das Ganze Prestige, weil es ihm gelang, „Sex zu stehlen“ mit einem unverheirateten Mädchen. Ob er an­sonsten an dem Mäd­chen interessiert ist oder nicht, ist irrelevant. Was zählt, ist, gemäß der sa­moa­nischen Werteskala, dass er es schaffte, die Sexualität eines Mäd­chens zu stehlen von den Männern, deren Familieneigentum es ist. Die Ju­gend hat so ihre Stärke bewiesen und dadurch soziale Glaubwürdigkeit ge­wonnen.“

Eine echte Freiwilligkeit der Mädchen ist wohl nie oder nur höchst selten mit im Spiel. Denn eigentlich wird auch dort überall erwartet, dass unverheiratete Mäd­chen jungfräulich in die Ehe gehen. Und insbesondere auf die Töchter der höhe­ren samoanischen Familien wird deswegen sehr aufgepasst. Das Höchste ist daher, wenn es einem Jungen gelingt, dass ein Mädchen aus ei­ner dieser höhe­ren Familien mit ihm durchbrennt.

Und wieder zu Freeman: Er selbst charakterisiert sich im Vorwort seines Bu­ches als ehemaligen „bedingungslosen Anhänger von Margaret Meads Schrif­ten“, der jedoch nach mehreren Aufenthalten in Samoa allmählich erkennen musste, dass er eines Tages nicht um den Versuch herumkommen würde, Meads Buch über Samoa zu widerlegen: „Die Widerlegung von Margaret Meads Thesen aus den zwanziger Jahren brachte es notwendigerweise mit sich, dass ich mich nä­her mit den dunkleren Seiten des samoanischen Le­bens befassen musste. Ich glaube, inzwischen nachgewiesen zu haben, dass das Leben der Samoaner in der Tat eine Schattenseite hat. Wie aber ist es zu erklären, dass die junge Mar­garet Mead das Ethos und die Ethnografie Sa­moas derart verzerren konnte? Gewiss, ihre innere Bereitschaft, die Inseln der Südsee als eine Art Paradies auf Erden anzusehen, haben ihren Teil dazu beigetragen.“

Hatte Margaret Mead Samoa ein bisschen zu intensiv mit der Seele gesucht? Hatte sie durch ihre rosarote Brille ein Samoa erspäht, das so niemals existiert­e? Margaret Mead selbst war fünf Jahre vor Freemans Samoa-Buch ver­storben, so dass sie zu ihrer Verteidigung nichts mehr sagen konnte.

Und es war ja nicht nur die rosarote Brille der jungen Margaret Mead: Irgend­wo existiert wohl in jedem von uns, verborgen zwischen dunklem Verlangen und dem Wunsch, alles hinter uns zu lassen, eine von Palmen gesäumte Südseein­sel, ein Schmachten nach Freiheit und Verantwortungslosigkeit. Dorthin eilen wir auf der Suche nach Liebe, die frei, zwanglos und befriedi­gend ist.

Immerhin hatte Malinowskis Frau nach dem Tod ihres Mannes seine Tagebü­cher veröffentlicht, die er auf den Trobriand-Inseln angefertigt hatte, aus de­nen deutlich wurde, dass Malinowski die teilnehmende Beobachtung nicht ge­lungen war.

Auf alle Fälle sind die Ergebnisse der Forschungen von Bronsilaw Malinowski und von Margaret Mead äußerst problematisch, sie sind so etwas wie ein Mär­chen. Und selbst wenn etwas an ihnen dran ist, dann ist es doch äußerst unwis­senschaftlich, sie auf die Verhältnisse in unsere anonymen hochzivili­sierten Ge­sellschaften zu übertragen – wie wir das machen. Wenn also die Basis unserer Sexualerziehung nicht stimmt, dann ist es doch ein einziger Krampf, wenn wir dennoch damit weiter fortfahren.

Doch das alles hindert die modernen Sexualpädagogen bei uns heute nicht, die jungen Menschen mit all diesen paradiesischen Südseevorstellungen zu beleh­ren. Es schert sie nicht, dass sie damit die jungen Menschen regelrecht belügen und verführen, ob das nicht auch eine Art sexueller Missbrauch ist? Was soll´s, Hauptsache, sie bekommen ihr Gehalt dafür.

Also doch die katholische Morallehre?

Warum denn nicht? Wenn man bedenkt, dass im Grunde wohl überall auf der Welt im Hinblick auf Ehe und Liebe und Treue und Partnerschaft zwischen Mann und Frau dieselben Ideale bestehen, dann könnte doch die Moral einer Religion, die sich als eine universale sieht, allgemein gültig werden!

Aber irgendetwas muss doch an all diesen Forschungen dran sein, aber was? Vermutlich ist es hier dasselbe wie oft auch sonst: Ein Teil ist richtig und dann wird etwas, das nicht richtig und nur die Ideologie einer bestimmten Gruppe ist, sozusagen huckepack genommen und uns untergejubelt. Und richtig ist doch wohl, dass das Sexualverhalten in einer Gesellschaft im Zusammenhang steht mit den sonstigen Eigenschaften der Menschen in einer Gesellschaft. Ein Mann, der in seiner Sexualität vom Habenwollen bestimmt ist, der wird auch im sonsti­gen Leben vom Habenwollen bestimmt sein, und: Wer liebevoll, fürsorglich, treu und verantwortungsvoll in seinem Sexualverhalten ist, der wird das auch im sonstigen Leben sein. Er denkt auch hier an den ganzen Menschen!

Wenn die These vom Zusammenhang zwischen dem „alltäglichen Leben“ und der Sexualität richtig ist, dann bedeutet das auch: Wenn man etwas in einer Ge­sellschaft ändern will, dann kann man das tun, indem man die Menschen im praktischen Umgang zueinander etwa zu mehr Verantwortlichkeit und Rück­sichtnahme füreinander anhält – wenn das hilft. Denn so etwas wird doch wohl eher als Moralpredigt empfunden, die in das eine Ohr reingeht und aus dem an­deren Ohr wieder hinausgeht. Doch man kann eine Gesellschaft allerdings auch ändern, indem man an das Eigeninteresse appelliert und die Menschen zu ei­nem Gelingen ihrer geistig-seelisch-leiblichen Liebe hinführt, was ja nur funktio­nieren kann, wenn es auf Gegenseitigkeit beruht. Und die­ses Gelingen wird dann auf das übrige Leben ausstrahlen und es sozusagen vergolden.

Wie es aussieht, ist dies auch die These der Bibel, etwa der Adam-und-Eva-Erz­ählung. Gerade wenn wir den genaueren Hintergrund dieser Erzählung beden­ken, dann ist es ja eindeutig, dass die Verfasser dieser Erzählung die Ursünde in der nicht gelungenen geistig-seelisch-leiblichen Liebe sehen – und Jesus brachte in eine Welt, in der dieses Nichtgelingen sozusagen der Normalfall war, eben neue Hoffnung oder eben die Erlösung.

Und ist die Grundidee nicht dieselbe wie bei Ortega y Gasset, wenn er das, was Mädchen in ihren „keuschen Kammern“ erträumen, für einflussreicher auf die Weltgeschichte hält, als was die Militärs mit all ihren Waffen erreichen können?

Von diesem Ansatz geht auch dieses Buch aus! Sorgen wir uns um ein Gelin­gen der geistig-seelisch-leiblichen Liebe und fangen wir dabei bei den jungen Menschen an, die noch alles vor sich haben! Und wegen der Ausstrahlung auf die anderen Bereiche des Lebens ist das auch ein hochpolitischer Ansatz! Und keine Angst bei den „älteren Semestern“: Wer sich für das Gelingen des Lebens anderer einsetzt, der wird auch selbst davon profitieren! Dieses Profi­tieren funk­tioniert allerdings eher wie die Freude eines Kindes, das sich wohl­fühlt. Es strahlt etwas aus, wovon auch die, die es zu dieser Freude führen, etwas ha­ben!

Also würde das für die jungen Menschen auch wieder eine Rückkehr zur alten „katholischen Moral“ bedeuten, dass Geschlechtsverkehr und Hochzeit wie­der zusammenfallen? Aber was ist nun mit der Möglichkeit der schmerzhaften Ent­jungferung dabei, die dann doch wieder das Erlebnis in der Hochzeits­nacht verdirbt?

Dazu so viel: Diese schmerzhafte Entjungferung passiert nämlich genau dann, wenn etwas mit der Einheit von Leib und Seele nicht stimmt, also vor allem auch bei einem ersten Geschlechtsverkehr, der etwa aus „Probiergrün­den“ ge­schieht. Doch wenn die Einheit von Leib und Seele stimmt – und auch das war ja der Sinn des Verfahrens mit der weiblichen Sexualität, um die fest­zu­stel­len –, dann kann gerade in der „Hochzeitsnacht“ selbst ein größerer Schmerz gar nicht wirklich weh tun! Denn dann ist so ein Schmerz geradezu der ultimative Kick des Erlebnisses – so wie etwa bei einer berau­schenden Musik der Schmerz der Trommelfelle durchaus erwünscht ist.

Und immer wieder: Mit Leibfeindlichkeit und Geistfeindlichkeit und auch mit Be­sitzdenken, also über einen anderen zu verfügen, so wie es bisher zumeist von „moralischen Menschen“ praktiziert wurde, hat wirkliche und gute Moral nichts zu tun. Und wenn wir nur einmal näher hinsehen, ist sie auch gar nicht im Sinn des Stifters dieser Religion. Wenn es um eine Moral geht, die brauch­bar sein und funktionieren soll, dann müssen wir allerdings etwas dar­an tun!

Anmerkungen: Hier ist nicht gesagt, dass Verantwortlichkeit und Rücksichtnahm­e und schließlich auch Nächstenliebe nur funktionieren, wenn auch das Se­xualverhalten entsprechend ist. Denken wir etwa an den Fabrikan­ten Os­kar Schindler (der Held im Film „Schindlers Liste“), der ein rechter Schür­zenjäger (allerdings wohl kein Don Juan) gewesen sein soll, also im Hinblick auf die Liebe eher recht oberflächlich war. Doch können solche Menschen gera­de in Extremsituationen durchaus sehr hohe menschliche Leistungen erbrin­gen, einfach weil sie wagemutiger, spielerischer, kreativer sind als die typi­schen Bra­ven. Es ist ja nicht zuletzt auch ein Anliegen dieses Buchs, dass die Braven munterer werden!

Zudem sind Menschen mit einem Konzept von Verantwortlichkeit und Rück­sichtnahme einfach reifer und im vernünftigen Sinn emanzipierter. Ob also wirk­lich reife Menschen etwa all das Negative machen würden, was heute oft­mals weitgehend als normal gilt? Ob man Kriminalität, Geschlechterkampf, alle mögli­chen und unmöglichen sexuellen Fehlverhalten, Drogenmissbrauch, Korruption und überhaupt jedwede Form von Verantwortungslosigkeit und Bösartigkeit nicht auch als Kennzeichen von Unreife und von mangelnder Emanzipation se­hen kann?

Und noch die sehr praktische politische Dimension des in diesem Buch vertret­enen Konzepts: Wenn Menschen mehr Verantwortlichkeit und Fürsor­ge fürein­ander empfinden und auch praktizieren, so bedeutet das durchaus eine Entlas­tung des Staatshaushalts! Gerade die Kosten des Staates etwa für Un­ter­halt von Frauen mit Kindern, wo sich die Väter ihrer Verantwortung entzo­gen haben, sind nicht unerheblich, sie betragen pro Jahr mehrere Milli­arden Euro. Diese Kosten würden ja wegfallen.

Anmerkungen: Ich habe hier vor allem den Beitrag des Erfurter Ethnologen Wolf Wagner aus dem Internet mit seiner freundlichen Genehmigung über­nommen, den es allerdings nicht mehr im Internet gibt. Doch Sie können un­ter „Derek Freeman“ im Internet fündig werden. Und wir lesen auch im „Neu­en Lexikon der populären Irrtümer“ von Walter Krämer u. a., aktualisierte Taschenbuchausgab­e, Oktober 2000 unter „Samoa“ dasselbe ... Die Südsee- idylle ist also längst widerlegt. Und trotzdem läuft unsere Sexualkunde weiter nach diesem Modell, das es in der Realität gar nicht gibt. Und das nennt sich dann „wissenschaftlich“, ich würde es allerdings als voll pseudowissenschaft­lich bezeich­nen!

Die Frage stellt sich natürlich, warum sich das alles so hält? Na klar, Wunsch­denken! Und wenn jemand, der kein Kostverächter ist und es mit der Sexualmor­al nicht so genau nimmt und glaubt, sich dabei auf Forschungen bei ir­gendwelchen Naturvölkern berufen zu können, dann ist er doch fein heraus. Der wird also schon von daher kein Interesse haben, genauer hinzusehen!

Und wenn das alles doch so der katholischen Morallehre entspricht, warum wird dann gerade auch von katholischer Seite nichts wirklich Sachdienliches unternommen?

Wenn „Kirchenleute“ etwas von Ethik hören, dann assoziieren sie das immer sofort mit „Sollen“ oder gar „Müssen“, also mit irgendeinem Zwang. Und da­her sind sie dagegen, denn Glauben ist für sie ein Gnadengeschenk und der darf nie und nimmer etwas mit Zwang zu tun haben. Also kann Ethik bei Kir­chenleuten nicht an erster Stelle stehen, dann lieber keine Ethik...

Doch Ethik hat in diesem Konzept hier rein gar nichts mit Sollen/Müssen zu tun!

Zum Vergleich: Wenn eine Mutter sich um ihr Kind sorgt, ist das nicht Sollen/ Müssen. Sie macht das einfach aus Liebe gerne!

So ist das auch hier. Doch dass Ethik etwas mit Spaß und Vergnügen zu tun haben kann und also gar nichts mit Zwang, und dass es nur eines anderen Moralmodells bedarf, das können Kirchenmenschen einfach nicht begreifen, das ist für sie einfach unvorstellbar.

Die Frage stellt sich dann natürlich: Was sind das nur für Menschen?

Die Kirchen haben sich abgefunden, dass sie hier nichts ändern können, und haben sich auf die Positionen Glaube und Vergebung zurückgezogen. Und zu dem, was so läuft, sagen sie etwa: „Wo Menschen sind, da menschelt´s“ oder sie entschuldigen sich: „Man kann gegen die Macht der Medien sowieso nix machen“ oder „Das ist doch heute alles ganz anders“ oder „Wenn die Hormo­ne verrückt spielen, ist das eben die Natur und gegen die ist man nun einmal machtlos..“! (Anmerkung: Das sind dieselben Leute, die sonst von der Wil­lensfreiheit reden!) Auf alle Fälle unterlas­sen sie es, den günstigen Zeitpunkt (also den „Kairos“) zu nutzen, den jungen Menschen Konzepte wirklicher christlicher Moral zu vermitteln, wie sie eine unverklemmte Moral leben kön­nen. Und sie hätten doch die Gelegenheit da­zu, sind sie es denn nicht, denen die jungen Leute schon lange vor der Pu­bertät anvertraut werden, ich denke hier an den Erstkommunion- oder Kon­fir­mandenunterricht, damit ihnen auch im Hinblick auf ihre Lebensführung et­was vermittelt wird? Doch angeblich sind moralische Dinge ja nicht ihre Aufgabe, sie sind ja „nur“ für den Glauben an Gott zuständig, was auch immer sie da­runter verstehen (wirklicher christli­cher Glaube in der Nachfolge Jesu kann das ja wohl nicht sein!), alles andere ist ihnen doch eher gleichgültig!

Und es ist wirklich so, denn gerade dieses Anliegen war ausdrücklich nicht von Bedeutung, als mir die kirchliche Lehrerlaubnis entzogen wurde. Jeden­falls fehlt diesen „Leuten der Kirchen“ jeglicher Wille und jegliche Kreativität und jegliche Phantasie zu einem Konzept, wie man etwas daran tun kann, dass gerade junge Menschen „Sünden“ gar nicht erst begehen! Ja, gerade sie scheinen sogar die entsprechende Information junger Menschen, die nun einmal für sie dringend notwendig wäre, wie der Teufel das Weihwasser zu fürchten und behindern sie, wo sie nur können! Es sieht ja schon fast so aus als ob da ein Komplott besteht zwischen den Kirchenleuten und den „Böse­wichtern“...

Dabei: Natürlich weiß ich, dass nicht alle „Kirchenleute“ so sind, doch um ihre Einstellung zu beweisen, sollten sich diejenigen, die nicht dazu gehören wol­len, gefälligst sachgerecht kümmern, dass zumindest schon einmal ihre bes­sere Einstellung verbreitet wird!

Ja, vielleicht habt Ihr dieses Buch sogar von einem „Kirchenmenschen“ erhal­ten beziehungsweise von ihm durch einen „Kirchenmenschen“ erfahren?

Dann ist es ja wohl auch so, dass noch andere davon erfahren. Und je mehr junge Menschen davon erfahren, desto besser werden die Chance, dass jun­ge Menschen von heute nach diesen Ideen leben können.

Schlussbetrachtung des „alten Religionslehrers“: In welcher Religion geht es denn wirklich um die Liebe in Freiheit?

Der große russische Schriftsteller Fjodor Dostojewski lässt in seinem Roman „Der Großinquisitor" in einer fiktiven (erdichteten) Erzählung den aufrührerischen Jesus gefangen nehmen.

Angeklagt ist Jesus des schwersten Verbrechens aller Zeiten, nämlich des leichtfertigen Freiheitsversprechens an die Menschheit. Leider ist diese nicht imstande, dieses zu verwirklichen. Das hätte der Gottes­sohn wissen müssen und er ist deswegen mit dem Flammentod zu be­strafen. Um dies dem Wiedergekehrten zu verdeutlichen und um ihm seine baldige Hinrichtung am Scheiterhaufen anzukündigen, begibt sich der Großinquisitor zu dem Inhaftierten ins Verlies. In der Gegen­wart des schweigenden Heilands sinniert er nun über die Bitternis sei­nes Daseins als guter Hirte von Menschen, denen eine Freiheit einge­redet wurde, zu der sie doch von Natur aus gar nicht fähig sind. Er, Je­sus, hätte die Menschen zur Rebellion angestachelt, ihnen ein Mär­chen von der eigenen Emanzipation eingeredet, wo er doch hätte wis­sen müssen, dass der überwiegenden Mehrzahl der Menschen dazu einfach die nötige Reife fehlt. Es sei nun die heilige Aufgabe der Ka­tholischen Kirche, aus Liebe zum Menschen und im Namen Jesu, die dem Menschen einzig dienliche gottgewollte Ordnung wiederherzu­stellen und sie fortan mit – wenn nötig – drakonischen Methoden vor rebellischer Erschütterung zu bewahren.

Dabei konstruiert der Großinquisitor einen grundsätzlichen Wider­spruch zwischen Gottvater und dem Heiligen Geist einerseits und dem rebellischen Sohn andererseits. An den Heiligen Geist glauben heißt, an Gottes wirksame Macht und Kraft in Mensch und Welt glauben. Der Heilige Geist ist die Wirkmacht Gottes im Menschen. Doch Jesus tritt gegen diese Wirkmacht an und verspricht eine andere Wirkmacht, eine in Freiheit, basierend auf seiner Liebesbotschaft. Dass er dieses wider besseres Wissen gegebene Versprechen nicht halten kann, somit je­doch Unruhe stiftet, eine Unruhe, welche unendliches Elend zur Folge hat, ist nach Auffassung des Großinquisitors ein todeswürdiges Verge­hen, weil Tausende und Abertausende daran grausam zugrunde ge­hen. Ein unseriöses Versprechen, das nur für eine kleine Elite von Be­fähigten taugen kann, jedoch an alle gegeben wird, ist an sich schon kriminell, weil es zu selbstschädigendem Verhalten anleitet und die ge­sellschaftliche Ordnung unterminiert.

Um es kurz zu sagen: Jesus ist der Auffassung, dass der Mensch von Natur aus gut ist und nur die Freiheit braucht, damit sich dieses Gut­sein auch entfalten kann. Doch der Großinquisitor bestreitet dieses na­türliche Gutsein und besteht darauf, dass er den Menschen besser kennt, und dieser gar nicht wirklich fähig zum Gutsein ist und eben die Knute (also die Peitsche) braucht.

Jesus hat also etwas Falsches gelehrt!

Und nun hat diese notwendige Korrektur der christlichen Frohbotschaft durch die christlichen Kirchen selbst zu erfolgen!

Natürlich: Diese Geschichte ist eine Dichtung, doch komprimiert sie nicht das Anliegen Jesu auf das Wesentliche?

Konsequenz des „alten Religionslehrers“

Ich muss gestehen, ich, dieser alten Religionslehrer, habe früher ein­mal genauso oder so ähnlich gedacht wie dieser Großinquisitor! Auch ich meinte, dass die Gebote Gottes nur mit Gewalt und mit Zwang und Angst durchgesetzt werden könnten. Und weil der Kirche heute die Macht dazu fehlt, deshalb klappt das auch nicht mehr mit den Gebo­ten. Das war dann auch stets für mich eine Ausrede, wenn ich mich auf die schöne Liturgie einerseits und auf das Engagement „Die Schöpfung erhalten“ und damit auf irgendwelche grüne Umweltprojekt­e andererseits zurückzog.

Doch dieses kleine Mädchen, das mich damals in dem Religionsunter­richt gefragt hatte, hat mich schließlich darauf gebracht, dass ich falsch lag! Denn die Gebote Gottes sind so einsichtig und so leben­spraktisch und glücklich machend, dass die Menschen sie nur zu ger­ne leben würden, wenn sie nur einmal wüssten, welchen Sinn sie hier im Leben haben!

Auch ich hatte ja einmal gedacht, dass die Menschenverachtenden im­mer nur die anderen sind, ja auch die anderen Religionen und Kultu­ren. Denn nur die verkaufen doch ihre Töchter in die Prostitution oder stecken sie unter Schleier und beschneiden ihre Geschlechtsteile, je nachdem, welche Rolle die Frauen in deren Besitzdenken spielen!

Doch ich habe inzwischen eingesehen, dass wir uns nicht so schnell über andere aufregen dürfen, sondern erst einmal vor unseren eige­nen Türen kehren sollten. Denn auch wir erziehen ja nicht wirklich zur Freiheit. Dabei ginge das oft doch sehr gut, wenn ich etwa an diese beiden kleinen Mädchen damals am Strand in Sylt denke.

Ja, andere Kulturen können uns hier sogar etwas vormachen, zumin­dest in manchen Dingen!

Dazu einmal zwei Beispiele, ganz anderer Art, diesmal aus Afrika, die ich selbst erlebt habe:

Ich fuhr auf einer Sommerferienfahrt mit einem alten Postpaketwagen durch Nigeria und Kamerun auf erbärmlichen Straßen, ich wollte ja den Wagen in der Küstenstadt Douala verkaufen. Als ich dabei einmal in einem Buschrestaurant eine „Bouillon“ aß, wie sie es nannten (der Suppentopf mit den Ochsenknochen hing hinter dem Haus auf einem großen Dreibein über einem offenen Feuer), kam ein etwa 15-jähriges Mädchen zu mir und fragte, ob es und seine Schwester mit mir zu ih­ren Großeltern einige Kilometer weiter mitfahren könnten. Als ich zu­sagte, bat mich das Mädchen, sie beide bei ihren Eltern abzuholen, und sie zeigte mir auch das Haus. Das machte ich natürlich nur zu ger­ne, konnte ich doch dabei einmal mit gutem Gewissen Menschen fotografieren!

Ja was war hier das Besondere und – wie ich fand – auch das Intelli­gente und Emanzipierte? Bei uns wäre so etwas undenkbar, nein An­halterfahren mit einem fremden Mann, nie und nimmer, also auch ab­solutes Verbot für die Töchter. Doch hier in Afrika gibt es ganz offen­sichtlich ein solches Verbot nicht, sondern nur die Idee, wenn die Töchter schon so etwas machen, dass sie das auch intelligent machen sollen. Also was tat das Mädchen? Es sorgte dafür, dass mich die El­tern kennenlernen konnten, dass sie mein Auto sahen, einen Eindruck von mir bekamen! Und wenn ihnen durch mich etwas Schlimmes wi­derfahren sollte, dann hätten sie schon gewusst, wen sie bei der Poli­zei melden konnten (nämlich „den Mann in dem gelben Lieferwagen“). Nicht auszudenken, wie schlecht es mir dann ergangen wäre!

Und so ein ähnliches Erlebnis hatte ich noch einmal auf derselben Fahrt. Da hielt mich ein alter Mann an und hinter dem Busch kam eine junge Frau hervor, die allein mit mir mitfahren wollte. Und dafür drückte der Mann mir sogar etwas Geld in die Hand, wohl das übliche Fahr­geld. Also irgendwie dasselbe wie mit den beiden Mädchen.

Wie sähe das bei uns aus? Bei uns wäre ja das Anhalterfahren von den Eltern absolut verboten. Und was passiert dann irgendwann viel­leicht doch einmal, wenn die Mädchen von einem Discobesuch total übermüdet sind, ihnen das Geld ausgegangen ist und es auch noch regnet? Dann steigen sie irgendwann einmal doch in ein Auto und ma­chen dabei so ungefähr alles falsch. Denn statt zuzusehen, wie sie das vernünftig anstellen, dass etwa andere wissen, bei wem sie eingestie­gen sind, denken sie nur an das Verbot und dass es niemand erfährt, dass sie doch Anhalter gefahren sind. Ja und dann passiert es eben bisweilen, weil sich der Kerl sicher fühlt, weil es ja niemand gesehen hat.

Sollten wir also nicht einmal überlegen, eben bei der Erziehung nicht mit Verboten oder mit Miesmacherei von im Grunde recht Harmlosem vorzugehen, womit wir doch den jungen Menschen nur sinnvolle und auch notwendige Erfahrungen in der Menschenkenntnis nehmen. Sprechen wir doch mit den jungen Menschen über unsere Sorgen und auf was es ankommt und wie sie es richtig machen können, wenn es einmal notwendig wäre! Schön wäre es, mit den jungen Menschen viel unternehmen zu können, um ihnen manches dabei zu erklären. Ja, warum nicht einmal Vater und Tochter an einem Nacktstrand? Es gibt ein Lebensalter der Mädchen (vor der Pubertät), da sehnen sie sich geradezu nach solcher Vater-Tochter-Harmonie. Da könnte der Vater etwa sagen: „Na siehst du, kein Blitz trifft dich oder sonst ein Schlag, wenn du mal einen nackten Mann siehst, keiner vergewaltigt oder beißt dich, und auch du willst keinen beißen oder über jemanden her­fallen, um ihm etwas anzutun! Es ist also alles Quatsch, was in dieser Richtung in unseren Zivilisationskulturen den jungen Menschen beige­bracht wird. Es kommt nämlich viel mehr auf die innere Einstellung an, ob man Ideale von der Liebe und von der Partnerschaft hat und ob man diese Ideale durchhalten will.

Und warum gibt es dann überhaupt diese ansonsten übliche Erziehung zur Scham, also sich zu verhüllen, wenn sie für eine echte Moral doch nichts hilft? Zunächst einmal: Gerade diese Scham bedeutet Ängste und zwar sinnlose, und sinnlose Ängste sind Faktoren im Spiel von Herrschaft und Unmündigkeit in einer Gesellschaft. Doch wie es wirk­lich passiert mit dem Reinfallen auf einen falschen Partner und wie man die hohe Liebe findet, das sagt niemand, selbst nicht die Religion. Leider Gottes ist die ja immer auch eine Einkommensquelle, Men­schen leben davon. Und es ist nun einmal auch noch recht profitabel, die Menschen, die gerade in der Liebe Pech hatten oder haben oder bei denen zumindest alles nicht so gelungen ist oder war, zu trösten und zu vertrösten auf ein besseres Leben nach dem Tod. Und so kann aus der Einkommensquelle leicht ein Geschäftsmodell werden und das Denken in einem solchem Modell blockiert schließlich bei den Verant­wortlichen jedes sachgerechte Denken, ob es nicht doch Mög­lichkeiten einer praktischen Verbesserung hier und jetzt gibt.

Und dabei wird natürlich erst recht nicht das Problem der Sexual­scham hinterfragt und ob sie wirklich einen Nutzen für eine hohe Sexu­almoral hat. Vor allem wäre das dann auch noch zumindest zur Zeit ein äußerst riskantes Glatteis, auf das sich niemand so leicht traut, wenn etwa alte Männer – und Priester und Theologen sind nun einmal vor allem alte oder zumindest ältere Männer – jungen Mädchen die Nacktheit empfehlen. Also denkt man auch hier gar nicht erst nach, hier gibt es eine weitere und vielleicht sogar die entscheidendere Denkblockade gerade auch für wirklich gutwillige Kirchenleute. (Dabei wäre das mit der Nacktheit in Beziehung zu unserem christlichen Glauben gar nicht einmal so weit hergeholt: In der frühen Kirche wurde nicht nur nackt getauft sondern es gab für die Firmlinge auch eine Ganzkörpersalbung, die der Bischof vornahm! Doch alles das wird zur Zeit völlig verdrängt. Mehr zu der Rolle Jesu dabei später!)

Natürlich: Nicht jeder, der sich auszieht, ist damit auch gleich frei und emanzipiert. Doch wirklich freie und emanzipierte Menschen haben mit der Nacktheit keine Probleme – natürlich nur dort, wo sie ange­bracht ist und nicht missverstanden wird und sich nicht Menschen pro­voziert fühlen könnten, die die Hintergründe nicht kennen, über die wir gerade reden.

Mein Rat an dich: Wenn du einen Freund kennen lernst, dann suche erst einmal solche Freiheit und Harmonie mit ihm, dass Ihr also erst einmal das unschuldige Paradies lebt. Und dazu gehört dann auch, dass Ihr miteinander über alles reden könnt, und dass er dich versteht. Ich meine, dann werdet Ihr beide einsehen, dass es schon einen Sinn hat, wenn Ehe und Geschlechtsverkehr eine Einheit sind.

Dazu einige Tipps: Solange du nicht jemanden wirklich gut kennst, empfehle ich immer so eine Art Öffentlichkeit, so wie bei uns hier. Denn die Öffentlichkeit ist auch immer ein guter Schutz für Dich, falls sich einer dann doch als Idiot entpuppt. Und wenn es nicht so einen Nacktstrand gibt, dann tut´s ja auch eine Sauna, erkundige dich, wo eine vernünftige ist. Und die Jungen, die in Ordnung sind, die machen dabei gerne mit, irgendwie ist es ja auch eine Belohnung für die, wenn Mädchen mit ihnen so offen und ehrlich mit ihnen umgehen. Ja klar, irgendwo muss es sich ja auch für die Jungen lohnen, wenn sie korrekt zu den Mädchen sind, nicht zuletzt müssen die guten Männer ja auch irgendwoher kommen!

Und denke dran: Der Mensch ist ein moralisches Wesen, er braucht also auch eine Sexualmoral. Da musst du dich nun einmal entschei­den, welche Moral du leben willst – die hohe Moral, dass du also da­nach lebst, oder die Textilmoral, dass es also so aussieht, dass du mo­ralisch bist.“

Ja, wir müssen etwas den jungen Menschen eben nur sinnvoll nahe­brin­gen! Und das gilt auch für die Sexualmoral!

Und wenn wir das richtig machen, dann stimmt auch das nicht mehr, was die Religionen gerade von den Frauen und Mädchen halten, dass sie nämlich nicht zur Treue und damit auch nicht zur hohen Liebe fähig sind.

Nein, nein, höre ich jetzt schon die Stimmen gegen mich, das hier aber ist doch die große Ausnahme, junge Mädchen zum Spaß an der Nacktheit zu erziehen, nein, so weit kann die Erziehung zur Freiheit nun wirklich nicht gehen! Hier geht es doch um etwas, was man ein­fach nicht tut, weil es dem „allgemeinen Moralempfinden“ wider­spricht...

Dazu kann ich inzwischen nur sagen, alles Blabla, hier gilt das mit den Ängsten und Verboten doch genauso! Nacktheit der Kinder und insbe­sondere der kleinen Mädchen macht den meisten Erwachsenen nun einmal einfach Angst! Und so können wir erkennen, dass wir nicht bes­ser sind als diese angeblichen Primitivkulturen, über die wir uns so gern erhaben dünken – und die uns doch manche Vernünftigkeit und manchen gesunden Menschenverstand voraushaben.

Sind die Feigenblätter zur Bedeckung der Sexualscham nicht der Fluch, dass die Sexualität nicht im richtigen Sinn praktiziert wurde – und sollte dieser Fluch nicht durch Jesus beendet sein? Natürlich reicht nicht ein frommer Wunsch allein, wir müssen uns auch entspre­chend verhalten!

Zur Frauenfreundlichkeit der Religionen sonst:

Klar, wenn man ihre Anhänger fragt, sind sie alle für die Frauen und re­den von deren Rechten und wie sie alle wie wertvollste Edelsteine be­handelt werden. Doch wenn wir näher hinsehen, kreisen sie alle wie die Katzen um den heißen Brei. Ja, äußerlich sagen sie alle, dass die Frauen gut sind, dass sie fähig zur Emanzipation und zur Freiheit sind. Doch ganz offensichtlich glauben sie selbst nicht so recht daran. Die einen Religionen gehen von vornherein mit Ängsten und Zwängen vor, wenn die Frauen beschnitten werden, in Lappen gezwängt werden, so dass sie bisweilen wie abschreckende Vogelscheuchen aussehen, oder wenn sie möglichst schnell zwangsverheiratet werden. Und auch die anderen Religionen, wie etwa unser derzeitiges Christentum, sind von solcher Einstellung so weit nicht entfernt. Warum denn sonst meint man auch bei uns, dass es nur mit Vorschriften zu einer Versteckerei in Kleidern geht und mit dem Glauben an irgendwelche unglaublichen Glaubenswahrheiten wie an eine Dreifaltigkeit und an ein Leben nach dem Tod? Und weil das mit dieser Versteckerei und diesem Glauben nun nicht funktioniert und weil wir nicht mehr die Macht des Großinqui­sitors haben, dass gerade auch die Mädchen da mitmachen, deswe­gen hat man aufgegeben. Ja was heißt das denn anderes, wenn man für die Lebenspraxis den Mädchen und Frauen sagt, dass sie Kondo­me benutzen sollen?

Und dieser Jesus war nun wirklich der einzig andere! Er war der Einzi­ge – auch von allen Religionsstiftern –, der an das Gutsein auch der Mädchen und Frauen glaubte und der durchschaut hatte, was hinter dem moralischen Getue gerade der Männer steckt und dass es nicht mit der Vergebung einer angeblich sündig gewordenen Frau getan ist, sondern dass die männerrechtlichen Systeme grundlegend geändert werden müssen. Er beließ es auch nicht dabei, zu beteuern, dass er für die Frauen sei, sondern er hat sich so deutlich engagiert, dass er seinen Einsatz schließlich mit dem Leben bezahlt hat – das gibt es in keiner anderen Religion sonst. Ja, dieser Einsatz ist für mich der Be­weis, dass die Botschaft Jesu die einzig wahre Religion ist.

Zum Schluss möchte ich, meine lieben jungen Freundinnen, noch ein­mal auf die Ägypterin Alia Magda Elmahdy (s. Vorwort) zurückkom­men. Sie protestiert gegen die Heuchelei im Hinblick auf die Sexual­moral in ihrem Land. Ich hoffe, plausibel gemacht zu haben, dass bei uns gar nichts wirklich besser ist. Meine vietnamesische Pflegetochter meinte einmal, dass das, wozu junge Menschen bei uns sogar im schulischen Unterricht erzogen würden, in Vietnam als Prostitution gelten würde, mit einer Moral der „hohen Liebe“ habe das jedenfalls nichts zu tun.

Doch dem historischen Jesus ging es ja wohl genau um die, tun wir also etwas dafür! Ob ich euch jetzt auch zu der zumindest ein wenig motiviert habe? Ich würde mich sehr freuen!

Liebe Grüße

Kerpen, im Mai 2012 Euer „alter Religionslehrer“


Zusammenfassung (entsprechend dem Faltblatt zu dieser Broschüre – und mit weiteren Gedanken)

Ein Anlass zu dieser Broschüre war, dass eine Schülerin (17) von zwei Freundinnen über deren ersten Sex erfahren hatte. Und die beiden waren gar nicht glücklich damit. Bei der einen lief hinterher der Lover weg, die andere lief dem Lover weg. Als die Schülerin sich nun im Internet schlaumachen und einmal eine andere Meinung als die übliche hören wollte, denn für sie stimmte hier offensichtlich etwas nicht, stieß sie auf die Website www.basisreligion.de. Daraus hat sich mit dem Autor, einem pensionierten Religionslehrer, ein ausgiebiger Mailwechsel ergeben über Sinn und Unsinn des bislang üblichen Moralmodells sowie einer im Grunde sehr plausiblen, praxisnahen und auch erfolgreich er­probten Alternative. Und daraus wurde dann diese Broschüre. Hier alles in Kurzform:

Das bisherige Moralmodell stammt aus einer Zeit, in der die Eltern bestimmten, wer von den jungen Leuten wen heiratet.

Nach diesem Modell wird davon ausgegangen, dass man gerade die jungen Mädchen dafür „konservieren“ kann, indem sie zur Scham erzogen werden. Jedoch hat der Autor während seiner dreißigjährigen Lehrtätigkeit die Erfahrung gemacht, dass heutzutage die jungen Menschen durch die Scham lediglich eine Scheu vor der Nacktheit und vor dem Sachlich-darüber-Reden bekommen. Und schließlich verwechseln sie diese Scheu auch noch mit Moral.

Den Geschlechtsverkehr vor der Ehe dagegen, durchaus auch mit verschiedenen Männern, halten Mädchen sogar für unerlässlich, um den richtigen Partner zu finden, und sehen das überhaupt nicht als unmoralisch an.

Die entscheidende Frage, die wir uns zuerst stellen müssen, ist jedoch: Was ist echte Moral: die Scheu vor der Nacktheit oder ein funktionierendes Konzept, Sex nur mit dem oder der „Richtigen“ zu haben?

Dazu ganz deutlich: Wenn Sie das mit der Scheu als richtig ansehen, dann werden Sie mit dem Folgenden allerdings Ihre Schwierigkeiten haben, denn der Autor hat sich auf der Suche nach einem ethisch tragfähigen Konzept für die Jugend auf die Version „Sex mit dem oder der Richtigen“ festgelegt und nennt das „hohe Moral“. Dagegen hält er das Problem der Scheu für eine Nebensache, über die man reden und die man erforderlichenfalls sogar über Bord werfen kann. Für ihn ist die Sexualscham ohnehin eher eine Scheinmoral. Demgegenüber ist die Nacktheit gerade für Mädchen hervorragend geeignet, genauer zu erkennen, wen sie vor sich haben, einen Windbeutel oder einen Beschützer, dem sie sich anvertrauen können. Natürlich müssen Mädchen diese Erkenntnis auch wirklich haben wollen!

Unmöglich diese „hohe Moral“ in unserer Zeit?

Der Autor sieht das nicht so, denn wenn wir etwas klar definieren und uns dann auch darauf festlegen, dass wir das auch wirklich wollen, warum sollten sich nicht Wege finden, das zu erreichen?

So stellt sich hier die Frage: Was wäre, wenn etwa die Mädchen die Energie, die sie aufwenden, um ihre Scham zu leben und zu verteidigen, dafür einsetzten, eine „hohe Moral“ zu leben und zu verteidigen?

Weshalb sollte das nicht möglich sein? Wir haben doch seit über 100 Jahren bei uns eine Nackedei-Bewegung. Und es ist nicht bekannt, dass die Menschen, die dabei mitmachen, irgendwie verkorkster oder sexistischer sind als die Men­schen, die da nicht mitmachen.

Natürlich: Die jungen Menschen müssen von Anfang an eine andere Erziehung, mit einem sinnvollen Moralmodell im Hintergrund, erhalten! Sie sollten also schon vor allem von der Familie her die Erfahrung mitbekommen, dass Nackt­heit allein nichts Verwerfliches ist.

Und was hat das Ganze mit dem christlichen Glauben zu tun?

Zunächst: Die traditionelle christliche Glaubenslehre ist ein Relikt aus der heidnischen Antike.

Wenn unser christlicher Glaube in der heutigen Zeit für viele Menschen weitge­hend unverständlich ist und abergläubisch anmutet, so liegt das vor allem dar­an, dass er ein Relikt der heidnischen Antike ist mit den typischen Göttermy­then, die es damals in Ägypten, in Babylon, in Griechenland, in Rom gab und sogar bis heute in Indien gibt. Ja, damals (und eben in Indien heute noch) waren bei den Göttern Geschichten von der Jungfrauengeburt, von dem Foltertod und von der Auferstehung eines Gottessohns zwar nicht überall, so doch in der einen oder anderen Kultur durchaus vorhanden. Und die Himmelfahrt dieses Gottessohns, der dann auch noch zur Rechten des Vatergottes sitzt und wo dann auch noch ein Gott des Geistes hinzukommt, so dass wir eine Dreifaltig­keit vor uns haben, gab beziehungsweise gibt es auch. Und in dieses Denken hat man dann diesen Jesus von Nazareth eingepasst. So kam er bei den Men­schen damals einfach besser an, weil sie sich nur so einen Erlöser vorstellen konnten, zudem nach seinem desillusionierenden Foltertod. Immerhin wurden die Geschichten über Jesus erst viele Jahrzehnte, ja teilweise mehr als hundert Jahre nach seinem Tod aufgeschrieben – und diese Geschichten wollen kein Protokoll im heutigen Sinn sein, sondern Glauben erzeugen. Und das funktio­nierte eben am besten mit den Stilmitteln der damaligen Zeit, die uns heute je­doch zumeist nichts mehr sagen und die wir nun einmal eher als unmodernen Aberglauben empfinden.

Aber wie war es wirklich? Was war das Besondere an Jesus?

Was waren die Probleme der Menschen damals?

Die damaligen Gesellschaften gerade im Orient waren doch genau dieselben männerrechtlichen Gesellschaften (oder auch Machogesellschaften) wie noch heute, vergleichbar etwa der Kultur der Taliban oder auch der Saudi-Arabiens. Denken wir einmal an die Geschichte im Johannesevangelium von der Sünde­rin, die angeblich von Männern auf frischer Tat ertappt, nach der damaligen Ge­setzeslage verurteilt und zur Hinrichtung geschleppt wurde. Von Männern, die allesamt nicht ohne Sünde waren, die also dasselbe getan hatten wie diese Frau, wie sich durch die gezielte Frage von Jesus herausstellte. Hier ging es doch mit Sicherheit nicht um die Frage der Vergebung, wie uns das heute weis­gemacht wird! Was wurde also hier gespielt? Viel eher ging es wohl darum, an einer gegenüber Männern unbotmäßigen Frau zur Warnung für die anderen Frauen ein Exempel zu statuieren.

Der Autor sieht Jesus hier nun als Außenseiter, der u. a. aus seinen freund­schaftlichen Begegnungen mit Frauen heraus – unter ihnen auch Prostituierte – gerade auch die damaligen Mann-Frau-Traditionen hinterfragte und diese auch noch vermenschlichen wollte. Und weil das, worauf Jesus kam, in der damali­gen Männergesellschaft einfach zu ungewohnt und zu revolutionär war, wurde er von den einen gar nicht richtig verstanden und von anderen brutalst aus dem Weg geschafft. Deshalb wurden die Evangelien schließlich unter einem ganz anderen Aspekt geschrieben, nämlich dem, wie man sich eine übliche Religion vorstellte, wenn nun auch sicher eine bessere.

Das Engagement Jesu „gegen die Sünde, gegen die Heuchelei, für die Lie­be“ für eine bessere Welt ist immer noch aktuell – auch bei uns heute!

Ja, ist das wirklich bei uns besser? Oder läuft das bei uns nur anders? Sehen wir uns einmal an, wie bei uns Mädchen zur „Willigkeit“ geradezu erzogen wer­den.

Früher mussten Mädchen, die „einfach so“ schwanger wurden, sehr oft zur Stra­fe und zur Abschreckung für andere in der Küche auf dem Fußboden schlafen, oder sie wurden, wenn es Dienstmädchen waren, entlassen. Man hielt dies für die einzige Möglichkeit, anderen Mädchen Moral beizubringen, weil man Mäd­chen offensichtlich für dumm und unberechenbar hielt. Und wenn wir den jungen Mädchen heute vor allem Informationen über Kondome usw. geben, heißt das dann nicht, dass auch wir immer noch dieselbe Einstellung haben, dass auch wir sie für dumm und unberechenbar und unfähig für eine „hohe Moral“ halten?

Ja, wenn das nicht eine „sich selbst erfüllende Prophezeiung“ ist: Weil man je­mandem etwas unterstellt, deshalb ist er auch so. Logisch, dass man sich dann gar keine Mühe mehr gibt, nachzudenken und sich um ein Konzept zu küm­mern, damit es auch anders sein könnte! Schließlich hat man es ja nur zu ger­ne, wenn die Mädchen sich freiwillig den Männern zur Verfügung stellen – und zwar denen, die sich am besten zu verkaufen wissen, selbst wenn oft nicht viel dahinter steckt. Wenn das nicht genau so ein Machismo ist wie zur Zeit Jesu und in den orientalischen Ländern heute noch – nur eben etwas modifiziert? Dass Männer schönen Mädchen hinterhergucken, das ist doch verständlich. Dass man Mädchen aber unwissend lässt und ihnen immer noch das Modell der Scheinmoral beibringt, auf dass sie beim Sichzurverfügungstellen auch noch bereitwillig mitmachen, weil sie glauben, dass sie damit nun modern und aufge­klärt sind – wenn das nicht der perfekte Machismo ist!

Der Autor behauptet nun vor allem von seinen Erfahrungen als Lehrer von Mädchen, dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau bisher an den Bedürfnissen der Mädchen im Hinblick auf die Sexualität völlig vorbei ge­gangen ist.

Denn gerade in der Sexualität passen sich die Mädchen zunächst einmal der männlichen (oder auch der phallusorientierten) Sexualität an, wenn sie das Ein­dringen als einzige Möglichkeit sehen, sexuelle Erfahrungen zu sammeln. Dass sie im Zusammenhang mit dem Probierverhalten schließlich auch noch Trauma­ta erleiden, die ja beim Abbrechen oder auch Zerbrechen solcher „besonderen intimen Beziehungen“ nun einmal gegeben sind, darüber redet „vorher“ Nie­mand mit ihnen. Deshalb überschauen die jungen Mädchen die Situation im All­gemeinen auch nicht. Eine Sexualität, die auch die weibliche Empfindsamkeit oder auch die weibliche Seele berücksichtigt, also eine weibliche Sexualität, sähe – jedenfalls zunächst einmal – völlig anders aus.

Spaß an der Moral und Selbstbewusstsein mit der Moral – geht das über­haupt?

Dem Autor haben einige „Mädchen mit Erfahrungen“ jedenfalls glaubwürdig ver­sichert, wenn sie gewusst hätten, was mit dem Geschlechtsverkehr alles auf sie zukommt, wäre es für sie gar kein Problem gewesen, die Beine nicht zu öffnen. Doch sie hatten den Sex ja ausdrücklich gewollt, „weil man einfach zu blöde war“, eines der Mädchen sagte auch: „Ich hatte diese ganze eingeredete ver­klemmte Moral einfach nur satt!“

Weil alles Neue am Anfang beginnt, sollten Mädchen gerade hier ein echtes Selbstbewusstsein entwickeln. Sie sollten aufhören, bei dieser männlichen Se­xualität auch noch bereitwillig mitzumachen. Stattdessen sollten sie erst einmal ihre weibliche Sexualität ins Spiel bringen und durchsetzen.

Es gibt doch ein weites Spektrum: Freude an der gegenseitigen Nacktheit, mit­einander kuscheln in allen möglichen Positionen, verschiedene Positionen des Hautkontakts, gegenseitiges Rasieren der Körperhaare und alles in den unter­schiedlichsten Kombinationen... Wenn einem Mädchen das alles mit einem Part­ner zusagt und er ihr auch sonst ein guter Kamerad ist, dann wird es merken, welchen Sinn es hat, den Geschlechtsverkehr erst mit demjenigen zu beginnen, der ihm ein wirklicher Lebenspartner ist.

Und wäre das denn nichts: Nach den Ferien „nahtlos braun“ und vielleicht auch noch „rasiert“ - und dazu vor allem stolze Jungfrau!

Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass die Mädchen sich mithilfe eines sol­chen Konzepts auf interessante Männer „einlassen“ können, mit denen eine Ehe eher nicht infrage kommt und sie so durchaus Neues kennenlernen können. So können sie etwa eine mehr oder weniger ungewöhnliche Reise mitmachen – ohne dass sie sich hinterher ärgern müssen, diese mit dem Akzeptieren des Ge­schlechtsverkehrs viel zu teuer bezahlt zu haben – vielleicht auch noch mit einer Geschlechtskrankheit oder mit einer ungewollten Schwangerschaft.

Unverklemmtes und doch konsequentes Moralmodell in der frühen Kirche!

Soviel wir erkennen können, muss es in der frühen Kirche genau um eine Er­neuerung in diesem Sinn gegangen sein, die ja auch eine Art „Auferstehung“ ist. Ja, Auferstehung im Sinn vom Erwachen der Natur nach der Winterstarre – oder auch aus der Kältestarre! Bedenken wir zunächst einmal, dass es damals insbe­sondere Frauen und Sklaven waren, also die Unterdrückten in einer Männerge­sellschaft, die vor allem das Christentum annahmen. Und wir können leicht er­kennen, dass damals Nacktheit und Sex keinesfalls so zusammengehörend ge­sehen wurden, wie wir das heute immer noch sehr oft so gern tun: Denn obwohl diese Unterdrückten damals splitterfasernackt getauft wurden, starben gerade die Mädchen unter ihnen, wenn sie etwa zur Ehe genötigt wurden, dann doch lieber, als ihre Jungfräulichkeit aufzugeben.

Die üblichen Theologen sehen nun bei diesen „genötigten Mädchen“ den Grund des Sterbens in der Liebe zu Christus. Doch wenn wir uns die alten Märtyrerer­zählungen näher ansehen, dann kann auch sein, dass die Mädchen vielleicht gar nicht grundsätzlich jungfräulich sein und ihren Tod aus der „Liebe zu Chris­tus“ wollten. Denn wir erfahren auch, dass diese „Märtyrermädchen“ etwa nicht die ihnen aufgezwungenen Männer heiraten wollten: So wird deren Sterben auch uns heute eher verständlich. Wenn ein Mädchen erst einmal das Ideal von einer schönen Liebe und Partnerschaft verinnerlicht hat (und diese Verinnerli­chung kann ja durchaus von einer Begegnung mit den Ideen Jesu herrühren!), dann kann es doch sein, dass es lieber eher sterben mochte, als sich diese Ide­al durch einen aufgezwungenen Mann oder gar durch aufgezwungenen Sex zerstören zu lassen!

Jedenfalls könnten diese alten Märtyrergeschichten durchaus ein Indiz dafür sein, dass der christliche Glaube ursprünglich als Glaube an eine gleichberech­tigte, paradiesische Mann-Frau-Beziehung gesehen wurde – im Sinn einer wirk­lich revolutionären Jugendreligion.

Warum nicht auch heute?

Zumal heute doch bei uns kein Mädchen mehr sterben muss, wenn es ein Kon­zept der Liebe und der Partnerschaft im Sinne Jesu leben will – „gegen die Sün­de, gegen die Heuchelei, für die Liebe!“. Daher dieses Engagement hier, dass die jungen Menschen nicht nur das übliche phallusorientierte Konzept mitbe­kommen, bei dem es letztlich doch um Penis und Eindringen geht, sondern zu­mindest auch von einem weiblichen Konzept erfahren, damit sie eine Alternative kennen lernen und eine echte Wahlfreiheit haben. Alles andere ist doch Manipu­lation!


Nachwort – insbesondere für Pädagogen und Theologen.

Vieles mag ja in dem Konzept dieses Buchs verwirrend klingen, zumindest auf den ersten Blick!

Ja, warum mache ich das so?

  1. Den theologischen Grund habe ich ab Seite 29 beschrieben. Dieser Ge­dankengang bei Paulus im Römerbrief ist wohl die früheste christliche Theologie. Ja, wer kam damals auf diesen Vergleich Adam – Jesus? Ob Paulus den schon vorgefunden hat, als er zu den ersten Christen stieß, die Jesus ja noch kannten? Jedenfalls scheint mir dieser Vergleich der Schlüssel auch zum Anliegen des historischen Jesus zu sein. Und von daher gibt es dann auch einen doch sehr plausiblen Bogen zu dem, was heute bei uns so läuft.

  2. Gegen das von mir vorgestellte Konzept wird immer wieder einge­wandt so oder so ähnlich: „Dein Modell der "weiblichen Sexualität" und dem "rit­terlichen Macho" kommt mir sehr theoretisch vor, ich kann mir nicht vor­stellen, dass es bei diesen interessanten Spielchen bleibt!“, so ein Freund. Darauf meine Antwort: Ich habe mich zur Empfehlung dieser Spielchen durchgerungen in vielen-vielen Jahren... Ich komme dabei im­mer wieder auf die These, dass gerade der junge Mensch ein hochmorali­sches Wesen ist – und dass die Mädchen mit dem Sex eher aus Not an­fangen, weil sie leider nichts anderes wissen und irgendwelche Erfahrun­gen nun einmal sein müssen. Ich habe auch die Erfahrung, dass die Um­setzung in die Praxis vor allem auch deswegen funktioniert, weil die Jun­gen bei einem solchen Konzept die Mädchen durchaus unterstützen. Denn auch die haben mitnichten nur den „Verkehr“ im Kopf, doch irgend­etwas muss schon sein! Ich hoffe, dass ich das in der neuesten Version (also in der vorliegenden) deutlich genug geschrieben habe. Jedenfalls hatten alle Mädchen (und junge Frauen), die mir von ihrem ersten Erleb­nis erzählten, nie so etwas im Kopf, was ich empfehle, die sahen als ein­zige Möglichkeit immer nur den Sex – oder sie waren völlig konzeptlos. Warum also nicht ein sinnvolles Konzept?

    Nicht nur einmal habe ich von Frauen und Mädchen gehört, dass es sol­che (Doktor-)Spielchen ja auch getan hätten, doch das hatte ja vorher niemand so gesagt, dafür sieht sich einfach niemand zuständig!

  3. Leider drängt sich der Eindruck immer mehr auf, als ob die meisten Päda­gogen und Theologen eine konsequente Ehemoral (wozu eben auch die Möglichkeit der großen Liebe mit dem einen Partner gehört, also auch eine Enthaltsamkeit gegenüber anderen) gerade den jungen Menschen gar nicht weiter geben wollen oder können. Ich habe immer wieder ver­sucht, dass es zu einem Gespräch kommt, ich bin ja auch offen für ein anderes sachliches Konzept usw. - keine Chance, aus welchen Gründen auch im­mer. Die weichen alle aus – zumindest wenn´s span­nend wird, wenn es also um die Umsetzung in die Praxis geht, es gibt nur ganz-ganz seltene Ausnahmen. Und da ich nun meine, dass diese hohe Sexualmoral zutiefst menschlich ist, müsste sie sich auch so attraktiv darstellen lassen – dass die jungen Menschen von sich aus so etwas lesen und auch an andere weiter geben.

    Dazu habe ich nun eine interessante Erfahrung: Ein 11-jähriges Mäd­chen, die Tochter von Freunden, mit dem ich über die Thematik spre­chen konn­te, brachte mir auf unser Gespräch hin eine völlig zerlesene „Bravo“ mit, in der gerade ein nacktes Mädchen und ein nackter Junge abgebildet waren. Das heißt, dass diese „Bravo“ lange von Kinderhand zu Kinder­hand gegangen war – und dass die Erwachsenen mit Sicherheit gar nichts davon wussten. Diese pflegen mir daher zu sagen, dass alles das, was ich schreibe, Kinder gar nicht interessiert. Na ja, man kann sich auch etwas vormachen! Jedenfalls denke ich an dieses Bravo-Heft – warum soll nicht auch einmal etwas Positives so attraktiv sein, dass junge Men­schen das unter sich weiter geben? Wenn es doch um zutiefst mensch­liche Sehnsüchte geht? Und man möge manche Deutlichkeiten in dem Konzept unter dem Gesichtspunkt sehen, dass es irgendwie Gesprächs­thema junger Leute werden soll, also auffallen soll!

  4. Bestätigend für meinen Ansatz erscheint mir auch ein anderes Zitat aus Ortega y Gassets Buch „Über die Liebe“ (Seite 48f): „Der Frau dagegen eignet ein Instinkt, sich zu verbergen und zu verhüllen; ihre Seele lebt gleichsam mit dem Rücken zu Welt und versteckt ihre innere, persönliche Gärung. Die Gebärden der Scham sind nur die symbolische Form dieser seelischen Keuschheit. Streng genommen liegt der Frau nicht daran, ih­ren Körper vor den männlichen Blicken zu verteidigen, sondern ihre Vor­stellungen und Empfindungen in bezug auf die Absichten, die der Mann hinsichtlich ihres Körpers hegt....Ein Mädchen von fünfzehn Lenzen pflegt mehr Geheimnisse zu haben als ein Alter, und eine Frau von dreißig Jah­ren hütet gefährlichere Arkana (Anm.: Kartensätze beim Tarot) als ein Staatsoberhaupt.“. Ich habe nun ein paar Mal Mädchen in diesem Alter (also 15) oder ein wenig älter gebeten, mir doch bei meinem Buch zu hel­fen, damit es gut wird. Wir könnten etwa miteinander reden, was ich schreiben soll, was sie von den Jungen wollen oder erwarten. Denn dann könnte ich das reinschreiben, und sie könnten das fertige Buch mit un­schuldiger Miene an Jungen weiter geben, sozusagen „ihre Wünsche ver­borgen hinter der Tarnung des Buchs eines anderen“. Und ich fing an Vor­schläge zu machen. Doch interessanterweise kam da nie etwas. Es könn­te also sein, dass Ortega y Gasset absolut Recht hat, dass die Mädchen eine Art Geheimnisse haben, die gerade auch einem Mann zu erzählen, hier also mir, sie sich einfach genieren... (Eine junge Frau erzählte mir al­lerdings doch ein wenig davon, daher bin ich eben auf die Idee mit der weiblichen Sexualität gekommen. Dabei sind diese weiblichen Wünsche, die sich sicher eher in Richtung harmlosem "Doktorspiel" bewegen, doch im Grunde völlig legitim!) Dass Mädchen sich nicht trauen, diese zu äu­ßern und in die Praxis umzusetzen, ist doch nur das dämliche Moralmo­dell schuld, in dem sie erzogen sind und indem wir alle leben!

  5. Immer wieder kommt auch der Einwand, ich mache das alles zu kompli­ziert, dabei sei doch alles ganz einfach: Die jungen Menschen müssten nur an Christus als Sohn Gottes und an seine Erlösung, an die Auferste­hung, an die Dreifaltigkeit oder auch an die Schöpfung glauben. Wenn wir nämlich die Erkenntnis einer höheren geistigen Welt hätten, dann würde die uns so erfüllen, dass wir von daher schon alles richtig machten, Gott lieben, die Gebote halten usw. Alles andere ergäbe sich dann von alleine.

    Dazu: Das ist eine typisch theologische Einstellung, doch so funktioniert das mit der Moral nun einmal nicht!

    Ich gehe dagegen völlig anders vor: Die „hohe Moral", also die Moral, die zur „hohen Liebe" führt, ist aus sich heraus so attraktiv, dass man sich schon deswegen an sie hält, weil man sonst etwas im Leben verpasst!

    Ich stelle mir das etwa so vor, wenn es darum ginge, gute Autofahrer zu erziehen, die keine Unfälle mehr bauen.

    Das „theologische Konzept" wäre, etwa einen Kult um den Erfinder des Autos zu machen, also um Gottfried Benz. Wir bauen also Kirchen und Kapellen mit dem Mercedesstern und dichten Lieder zu Ehren des Auto­gotts GB, machen Gottesdienste, in denen symbolisch Auto gefahren wird, beten Rosenkränze mit kleinen Perlen in Autoform und machen Bittprozessionen, auf dass der Autogott uns hilft, Unfälle zu vermeiden. Ansonsten reden wir aber nicht über Unfälle und Pannen, vor allem wie man die vermeiden kann, denn diese Themen sind tabu...

    Das „lebensnahe Konzept" ist Fahrschule, Autofahrtraining für Glatteis, gute Autos mit Airbag und ABS, kein Alkohol usw... Und Kult? Fehlanzeige! Und einmal weiter gesponnen, dass es diesen „Autogott“ tatsächlich gäbe: Ihm wäre mit Sicherheit ein Kult um ihn völlig gleichgültig. Denn in seinem Sinn ist doch, dass Autos immer besser werden und dass wir vernünftig Auto fah­ren. Und wenn das geschieht, dann freut sich auch der... Und wer dennoch für einen solchen Kult wäre, der käme doch schnell in den Verdacht, dass er mit den Reparaturbetrieben und den Kliniken ein Komplott ha­t, weil an den Reparaturen beziehungsweise Heilbehandlungen mehr zu verdienen ist als an vernünftigen Autos und an vernünftigen Fahrschulen.

Des  Weiteren bitte ich zu bedenken, dass ich alles nun wirklich nicht „einfach so“ geschrieben habe, wie mir bisweilen manche Kritiker zu unterstellen scheinen. Ich kenne wenigstens im Groben die Religionskritik von Marx und Freud, die Kirchen­kritik von Uta Ranke-Heinemann, von Drewermann (die Kritiken von den letzten beiden sind ja ganz gut, nur ihre Lösungen sind eigentlich nur schwach), ja auch mancher alternativer Kirchen und vieler anderer wie etwa meiner Internetbesu­cher, unter ihnen auch eine Feministin. Natürlich sind mir auch die Probleme der Leben-Jesu-Forschung bekannt bis hin zu Rudolf Bultmann und Albert Schweit­zer. Wichtig waren auch etwa der Erziehungsroman „Emile“ von Rousseau und Huxleys Horrorvision „Schöne neue Welt“. Ich habe nun ver­sucht, das alles einzu­bauen bzw. zu berücksichtigen – um einerseits nicht anzu­ecken und andererseits plausible Erkenntnisse „einzubauen“ oder um so deutlich zu werden, dass Kritiker einfach nichts Sachliches mehr dagegen sagen können.


Rückendeckel:

Zum Autor: Michael Preuschoff, geb. 1941, Reserve­offi­zier, Industriekaufmann bei einem Elektrokonzern, Studi­um der Theologie an der Hochschule der Jesuiten in Frankfurt/M. und an den theologischen Fakultäten der Universitäten Innsbruck und Münster, Diplomtheo­loge und von 1975 bis 2004 tätig als Religionslehrer an Be­rufs­schulen des Erftkreises und des Kreises Düren.

Individuelle Reisen (also eher alternative) außer in die Länder Europas noch in den Vorderen, Mittle­ren und Fernen Orient, nach Nord- und Zentralafri­ka und nach Nord-, Mittel- und Südamerika.

Mehrfacher  Santiagopilger - in Teilstrecken. In diesem „Camino“ sieht der Autor eine hervor­ragende Gelegenheit gerade auch für einen pensionierten Religionspädagogen, mit anderen Menschen, und auch mit jung­en, in Kontakt zu kommen. Dabei kann sehr gut über die Verwirklichung unse­rer Religion in unserer Zeit gesprochen werden, immerhin ist der Camino ja eine christliche Wallfahrt. Welche Konsequenzen für unser Leben ergeben sich etwa aus den heutigen Erkenntnissen zum historischen Jesus? Jedenfalls haben die­se Gespräche diesem Buch wesentliche Impulse gegeben.

Preuschoff ist unverheiratet und war auch noch nie verheiratet. Allerdings hat er eine vietnamesische Pflegetochter, die verheiratet ist.

Und zum Buch: Wer sich mit einer Sexualmoralpädagogik für junge Menschen beschäftigt, der kann leicht feststellen: Die jungen Menschen haben eine pani­sche Scheu vor der Nacktheit, doch – und das gilt gerade auch für Mädchen – scheinen sie keine Probleme zu haben, Sex mit verschiedenen Partnern zu ha­ben. Dabei kann die Nacktheit – mit den richtigen Menschen am richtigen Ort – doch durchaus ein harmloses Vergnügen sein, während die Sexerfahrung oft gar nicht so harmlos ist, bisweilen ein Trauma nach sich zieht und oft auch nun wirk­lich ein Einstieg in eine Karriere als Sexobjekt ist, zumindest zuerst einmal. Von einer Moral einer hohen Liebe kann jedenfalls keine Rede mehr sein.

Der Autor findet sich nun nicht damit ab, dass das alles einfach so ist und dass man nichts machen kann, sondern er untersucht, warum das so ist, und stellt ein Konzept vor, wie es genau umgekehrt sein kann. Dabei kommt er auf eine fun­dierte und plau­sible Sexualmoral der hohen Liebe, die den jungen Menschen so­gar Vergnügen berei­tet, Selbstbewusstsein bringt und einen hervorragenden Menschenerkenntnisef­fekt für sie hat. Der springende Punkt dabei ist ein sinnvol­les zeitgemäßes Moralmodell.



Und hier das Interview mit der jungen Frau, von der ich alles das in diesem Stichwort weiß:


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