Den HEXENWAHN bekämpfte die Kirche im frühen Mittelalter, weil der Glaube an die Hexen als Mittlerinnen zur Götter- und Geisterwelt zum vorchristlichen alten germanischen Volksglauben gehörte. Es war etwa bei manchen germanischen Stämmen üblich, Hexen zu töten und deren Fleisch zu essen, um sich deren Fähigkeiten anzueignen. Daher verbot etwa auf dem Reichstag von Paderborn 799 (?) Karl der Große den Hexenglauben als heidnisches Machwerk und damit wurden die Hexenverfolger jetzt ihrerseits zu Tätern im Hexenwahn. Zu einer Tod und Verderben bringenden Volksseuche, der zwischen fünfzigtausend und einige Millionen Menschen zum Opfer fielen (genaue Zahlen sind nicht bekannt), entwickelte sich der Hexenwahn dann im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Wie bei allem Bösen kam es zum Hexenwahn durch das tragische Zusammenwirken verschiedener Komponenten, von denen jede für sich allein genommen keinesfalls zu einer solchen Katastrophe, wie es der Hexenwahn war, zu führen brauchte. Die einzelnen Komponenten sind unter anderem folgende:
Das alles war der geistige Hintergrund des Hexenwahns! Hätte auch nur eine von allen diesen Komponenten gefehlt, wahrscheinlich wäre es dann überhaupt nicht zum Hexenwahn gekommen, so aber war er wohl unausweichlich. Den Hexen - und schließlich waren Ziel des Wahns auch männliche "Zauberer", die sich ähnlich wie die Hexen verhielten oder aus ähnlichen Gründen Feinde hatten, die sie denunzierten - unterstellte man nun ein Bündnis mit dem Teufel. Ein lesenswertes Buch hierzu ist das von Rainer Decker: "Die Päpste und die Hexen" (Frankfurt, 2003) Hexe wurde man - natürlich immer nur vermeintlich - wohl nur selten durch rote Haare, sondern vor allem durch die Buhlschaft, also durch Geschlechtsverkehr mit dem Teufel. Ich zitiere aus dem
"Hexenhammer", dem üblen Machwerk von Jakob Sprenger und Heinrich
Institoris , übersetzt von J.W.R. Schmidt (1906), Band II, Seite 67:
"Auf die Frage, ob sie sichtbar oder unsichtbar solche Unflätereien
miteinander treiben, ist zu sagen, was uns die Erfahrung gelehrt hat,
daß, wenn auch der Incubus immer sichtbar für die Hexe handelt, so daß
es für ihn wegen des ausdrücklich mit ihm geschlossenen Paktes nicht
nötig ist, sich unsichtbar zu nähern, bezüglich der Umstehenden zu
sagen ist, daß oft auf dem Felde oder im Walde Hexen auf dem Rücken
liegend gesehen wurden, an der Scham entblößt, nach der Art jeder
Unflätereien die Glieder in Ordnung, mit Armen und Schenkeln arbeitend,
während die Incubi unssichtbar für die Umstehenden wirkten, mochte sich
auch am Ende des Aktes ein ganz schwarzer Dampf in der Länge eines
Mannes von der Hexe in die Luft erheben; aber das nur sehr selten..." Von der angeblichen Kraftübertragung durch den Geschlechtsverkehr mit dem Teufel her konnten die Hexen dann ihre Umwelt verderben, was sie vornehmlich natürlich in demselben Bereich taten, in dem sie auch angesteckt worden waren: Sie verhexten also die Zeugungskraft der Männer, sie machten Frauen unfruchtbar, sie töteten die werdende Leibesfrucht und sie brachten kleine Kinder bereits bei der Geburt oder kurz danach um (in manchen Gegenden wurden die meisten Hebammen irgendwann einmal als Hexen angeklagt und verurteilt). Der Kern der Wahrheit ist wahrscheinlich der, daß Kräuter sammelnde Frauen möglicherweise genau auch die Kräuter kannten, die empfängnisverhütende oder abtreibende Wirkung hatten (also die Vorläufer unserer Pille), oder sonstwie auf diesem Gebiet Fachleute waren. Wenn später und auch noch in unserer heutigen Zeit dieser Hintergrund des Hexenwahns nicht wahr genommen und statt dessen die Auffassung weitergegeben wird, daß rothaarige oder bucklige alte Frauen, die einfach nur Kräuter gegen Krankheiten suchten, als Hexen angesehen wurden, so kann dies nur als heutige Verdrängung des Hexenwahns angesehen werden. Diese Verdrängung ist ein sicheres Zeichen dafür, daß der Hexenwahn immer noch nicht aufgearbeitet wurde und daß er unter anderem Vorzeichen und gegen andere Bevölkerungsgruppen immer wieder aufflackern kann (siehe Nationalsozialismus). Oder war alles noch ganz anders? Inzwischen hörte ich von einer anderen Theorie: "Hexen" waren bisweilen auch Frauen, die zuviel von den sexuellen Interessen und Gepflogenheiten mancher Geistlicher und anderer Oberen "wußten", darum mußten sie "weg"! Oder ein anständiges Mädchen hatte den Gefallen eines Geistlichen auf sich gezogen, sich jedoch seiner "Anmache" verweigert. Na, dann wurde eben mal dieses Mädchen "geopfert" zur Warnung für die übrigen Mädchen und Frauen, falls sie ihnen einfiele, sich "bei entsprechender Gelegenheit" auch zu verweigern. Wenn wir bedenken, wie im alten jüdischen Gottesstaat oder im Gottesstaat der Taliban in heutiger Zeit die Gesetze gegen den Ehebruch eigentlich nur repressiv gegen die Frauen angewandt wurden, die bei der ihnen aufgedrängten Unmoral nicht mitmachen wollten, so sollte es uns nicht wundern, wenn im mittelalterlichen oder frühneuzeitlichen "Gottesstaat" die Gesetze gegen die Hexen zumindest bisweilen ähnlich repressiv angewandt wurden (siehe Gespräch 12 und kriminologischer Ansatz)? Wer die heute zugängliche Originalliteratur zum Hexenwesen, etwa den "Hexenhammer" aus dem Jahre 1487 oder den Versuch der Bekämpfung dieses Wahns durch den Jesuitenpater Friedrich von Spee mit seinem Buch "Cautio Criminalis" (1631) zur Hand nimmt, wird unschwer den sexuellen Charakter des Hexenwahns erkennen, siehe den Auszug aus Spees "Cautio Criminalis" über die Unsinnigkeit und die Sinnlosigkeit, den Verdächtigen die Schamhaare scheren zu lassen. Der Hexenwahn war offensichtlich das Ventil für
eine nicht bewältigte und verdrängte Sexualität, schließlich ging es ja
in dem auch im Mittelalter entstellten
Christentum längst nicht mehr um eine gelungene diesseitige Einheit von
Leib und Seele der Menschen,
sondern um irgendwelche außerweltlichen Erfüllungen. Der Hexenwahn begann gegen
Ende des 13. Jahrhunderts, als die aus der griechischen Antike
übernommenen Vorstellungen von den Wesensverwandlungen aus den
Naturwissenschaften auf alle möglichen Probleme in der Theologie und in anderen
Geisteswissenschaften übertragen wurden. Zu den ersten
Hexenverurteilungen und -hinrichtungen kam es allerdings erst in der
Mitte des 15. Jahrhunderts u.a. aus politischen Gründen (so die
Verbrennung der Jungfrau von Orleans 1431). Der Hexenwahn dauerte bis
zum Ende des 18. Jahrhunderts mit unterschiedlicher Intensität. Die
letzten Hexen wurden verbrannt, obwohl man es schon gar nicht mehr
richtig begründen konnte, einfach, "weil es schon immer so war, man
konnte sich doch nicht schon so lange geirrt haben..." Hexenglaube heute In der "Welt" vom 11. September 2010 lesen wir über "Die Hexenkinder von Nigeria", siehe http://www.welt.de/die-welt/politik/article9548129/Die-Hexenkinder-von-Nigeria.html Anmerkung:
Sicher noch vor dem Jahr 2000 fand ich in der Welt eine Notiz zu
"gestohlenen Geschlechtsteilen" in Nigeria, auch durch Hexen!
Vermutlich fühlten sich Männer wegen ihrer Impotenz verhext. Leider
habe ich die Notiz verloren.
Um Impotenz durch Hexerei geht es auch in einem Beitrag in derselben Zeitung (es muss wohl im Jahr 2006 gewesen sein): Saudi Arabisches Gericht verurteilt "Hexe" zum Tode Riad - Die Organisation Human Rights Watch hat den saüdiearabischen König Abdullah aufgefordert, die Hinrichtung einer wegen Hexerei zum Tod verurteilten Frau abzuwenden. Die Religionspolizei, die Fausa Falih festgenommen und verhört habe, und die Richter hätten ihr keine Chance gegeben, ihre Unschuld zu beweisen, erklärte die Menschenrechtsorganisation, die ihren Sitz in New York hat. Die Vorwürfe seien absurd und hätten keine Rechtsbasis. Die Richter in der Stadt Kuraijat hätten sich für ihr Urteil Vom April 2006 auf ein erzwungenes Geständnis gestützt und auf Aussagen von Zeugen, die nach eigenen Angaben von der Frau "verhext" worden seien. Unter anderem habe das Gericht den Fall eines Mannes aufgeführt, der angab, von Falih verhext worden und anschließend impotent geworden zu sein. Hexerei gilt in dem konservativen Königreich als Straftat gegen den Islam. Falib zog ihr Geständnis vor Gericht mit der Begründung zurück, es sei von ihr erpresst worden. Sie sei eine Analphabetin, die den Inhalt des Dokuments nicht verstanden habe, unter das sie ihre Fingerabdrücke habe setzen müssen. Die Richter hätten in dem Verfahren den Tatbestand der Hexerei nicht näher definiert, erklärte Human Rights Watch. Die Tatsache, dass saudi arabische Richter noch immer Prozesse wegen ncht beweisbarer Verbrechen wie "Hexerei" führten, unterstreiche ihre Unfähigkeit, objektive strafrechtliche Ermittlungen durchzuführen, erklärte der für den Nahen Osten zu ständige Direktor der Organisation, Joe Stork. Eine Reaktion aus SaudiArabien lag zunächst nicht vor. AP (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama) |