GEFÄHRTE ist ein ganz wunderschönes deutsches Wort für einen besonders guten Kameraden, denn es meint jemanden, mit dem man gemeinsam fährt. Wenn wir bedenken, wie beschwerlich und gefährlich eine Reise vor etwa tausend Jahren war, also zu der Zeit, aus der das Wort Gefährte ("Fahrtgenosse") mindestens stammt, werden wir leichter verstehen, daß es sich um jemanden handelt, mit dem man eben auch eine schwierige Fahrt unternehmen kann. Das bezieht sich dann natürlich nicht nur auf eine einzelne Fahrt, das gesamte Leben kann man schließlich als eine solche Fahrt ansehen, die gemeistert werden will! (Das Wort Gefahr hat sprachgeschichtlich übrigens nichts mit Gefährte zu tun.) Wirkliches Gefährtesein zwischen Mann und Frau gibt es nur selten. Ein brauchbares Indiz für ein gutes Gefährtesein ergibt sich aus Überlegungen zu einer neueren Untersuchung. Sozialwissenschaftler haben da einmal die Gespräche zwischen Partnern (ob verheiratet oder unverheiratet zusammen lebend, ist diesmal unwichtig) auf Tonband aufgenommen und diese Gespräche anschließend daraufhin untersucht, wer von den Partnern sie begonnen, wer sie fortgeführt und wer sie abgewürgt hat. Das Ergebnis war merkwürdig und bezeichnend zugleich: Von etwa 40 Gesprächen, die die männlichen Partner begonnen hatten, hatten die weiblichen Partner mehr als 30 fortgeführt. Doch von 30 Gesprächen, die die weiblichen Partner begonnen hatten, waren 25 von den männlichen Partnern gar nicht beachtet oder sogar abgewürgt worden. Die Frauen waren also völlig im Hintertreffen, was die geistige Seite der Partnerschaften betrifft! Mit der traditionellen Unterordnung der Frau läßt sich dieses Verhalten nun nicht schlüssig erklären, schließlich ist eine Partnerschaft immer neu eine Beziehung, die jede Tradition sprengen könnte. Viel eher liegt wohl eine Erklärung darin, daß sich Partner nicht gegenseitig nach dem Gefährteideal aussuchen, sondern daß bei der Partnerwahl immer noch im Grunde ungeistige Maßstäbe die größere Rolle spielen, nämlich unkontrollierte Gefühle im Zusammenhang mit männlichem Imponiergehabe und oberflächlichem Weiblichkeits- und Männlichkeits-Bild! Siehe auch Female Choice! Man muß nur einmal genau hinhören, wenn Frauen über ihre Männer reden. Wie sagte mir eine Schülerin: "Mein Freund hört mir gar nicht richtig zu!", und eine andere: "Mit dem Freund von meinem Freund kann ich mich viel besser unterhalten!" - aber das hatte bei der Partnerauswahl und der Entscheidung für den (ersten) Geschlechtsverkehr offenbar keine Rolle gespielt! Dabei wäre die mangelnde Bereitschaft eines Partners, auf die eigenen vielfältigsten Gesprächsthemen einzugehen, ein sicheres Zeichen gewesen, daß kein wirkliches Gefährtesein vorhanden ist und es sich folglich gegenüber diesem Partner nur um eine Verliebtheit handelt! Und über die kann man nicht dauernd reden! Natürlich reicht es auch nicht für eine harmonische Lebensgemeinschaft aus, daß man sich nur gut unterhalten kann. Zu einer Liebe gehört gewiß noch mehr. Doch sollte man dann nicht lieber warten, statt halbe Sachen zu machen und damit zu demonstrieren, wes Geistes Kind man ist (siehe Sklavenmoral)? Sollte man sich nicht rechtzeitig überlegen, was man eigentlich will - im Leben und auch in der Liebe? Ist es nicht Zeichen wirklicher Emanzipation, daß man fähig ist zum weiter-denken? Es ist doch eigentlich peinlich und Kennzeichen für Hohlheit, wenn beim Umgang mit dem anderen Geschlecht die Frage nach dem Gefährtesein zunächst einmal gar keine Rolle spielt. Einem Menschen, der so etwas wie Ehre in sich hat, müßte es doch eigentlich peinlich sein, wenn er nach einer gescheiterten Beziehung (und solche unharmonischen Beziehungen scheitern alle irgendwann einmal) seinem nächsten Partner gestehen muß, daß man sich in seiner ersten großen Verliebtheit erst einmal jemanden ausgesucht hat, bei dem einem vor den vollendeten Tatsachen die Frage nach dem Gefährtesein ziemlich schnuppe war. Und ist man damit nicht sogar für seinen neuen Partner schon fast eine Zumutung, weil es doch stark danach aussieht, daß jetzt er noch "gut genug" ist, weil man mit seiner "großen Liebe" Schiffbruch erlitten hat und Ernüchterung eingetreten ist? Spekuliert man dabei nicht darauf, daß es dem anderen irgendwie genauso geht, daß er also ein ähnliches Pech mit seiner früheren Partnerschaft hatte? Mit welcher Hypothek will man da jetzt eine dauerhafte Bindung eingehen? Und wenn diese neue Bindung tatsächlich halten sollte, dann vielleicht nur deswegen, weil man das, was man sich wirklich erträumt, verdrängt (siehe Verdrängungen)? Und wir sind zu solcher Hohlheit gewiß nicht von der Natur verdammt, denn wir können davon ausgehen, daß wir keine Fehlkonstruktion der Natur sind. Diese ganzen Probleme müssen aber nicht sein, wenn man sich darauf besinnt, daß jeder von Natur aus soviel Gehirn mitbekommen hat, einen möglichen Partner von Anfang an in Gedanken und dann auch in der Praxis nach den Regeln einer vernünftigen Menschenkenntnis zu überprüfen. Ein Partner, dem es wirklich ernst mit der Partnerschaft ist, wird da nur zu gern mitmachen, ja er wird schon von sich aus bereitwillig alle seine Karten auf den Tisch legen, schließlich hat ja auch er seine rationale Furcht im Hinblick auf eine gelingende Partnerschaft! Kennzeichen eines wirklichen Gefährteseins sind außer der Fähigkeit zu partnerschaftlichem Gespräch beispielsweise noch: - Verlaß in allen Dingen, die einem wichtig sind oder wichtig werden könnten. Wir müssen etwa nichts nachprüfen, weil es der andere vielleicht doch nicht richtig gemacht hat. - Keine Ängste, daß der andere irgend etwas falsch auslegen könnte, daß man ihn vergrault, wenn man zu viele Fragen stellt, daß er etwas im Hinterkopf hat, was er nicht sagen will, ja daß er sogar etwas Nachteiliges für mich ausheckt oder mich sogar ausnutzt (siehe Gebrauch und Mißbrauch). - So wie sich die eigene Fähigkeit, sich für etwas Neues zu begeistern, durch den Partner steigert, so steigert sich auch Begeisterungsfähigkeit des Partners ganz offensichtlich durch einen selbst. Und selbst wenn man sich dabei auch nicht gleich alles sagt, so können doch wenigstens hinterher beide stets offen über ihre Motive und Methoden reden. - Beide langweilen sich nicht gegenseitig mit ihren Interessen. Vor allem, wenn irgend etwas eine große Leidenschaft des einen Partners ist, so engagiert sich der andere nach seinen Fähigkeiten mit und paßt sich nicht nur an. Es mag für viele provozierend klingen: Teilt der andere tatsächlich etwa die Liebe und Begeisterung für diejenige Musik, wie man sie selbst bevorzugt? Musik ist ein nicht zu unterschätzender Ausdruck der Seele, bisweilen schon ein Spiegel der Seele und wenn da schon keine Harmonie ist, was ist dann Harmonie der Seele überhaupt? - Vielleicht testen sich beide einmal auf einer Reise, auf der es darauf ankommt, ob sie wirklich Gefährten füreinander sind? Kann der andere noch bei Pannen seinen Humor behalten und hilft auch phantasievoll und tatkräftig, sie zu meistern? Ergreift er von sich aus Initiative? Es kann auch schon Zeichen von Harmonie sein, wenn der andere dabei etwas völlig anderes, jedoch für ihn Sinnvolles, tut und das auch noch mit Lust, damit man nicht selbst noch nervöser wird! Kurz: Empfindet man selbst (da und auch sonst) den anderen als patent? - Um zu überprüfen, ob es nicht um ein oberflächliches Männlichkeits- oder Weiblichkeits-Bild geht, das heißt, daß letztlich beide doch mehr auf Äußerlichkeiten anspringen, sollten sie sich Gedanken über die Austauschbarkeit machen. Um was geht es mit bei dem anderen wirklich, könnte das, was er bringt, nicht genauso oder noch besser ein anderer (oder eine andere) bringen? Eine Dirne ist austauschbar (irgendwo sind sie alle gleich und es ist auch nicht mehr gefragt), eine wirkliche Gefährtin oder ein Gefährte nicht! - Und nicht zuletzt: Wie steht es um die Gemeinsamkeit in den Idealen und Vorstellungen von Liebe, von Einheit von Leib und Seele, von Ehre und wenn möglich auch von christlichem Glauben, aber das wird nach alledem sowieso kein Problem mehr sein! Die Fragen nach dem Gefährtesein sollten sich alle Verliebten nicht nur ein paar Tage lang überlegen - denn die richtige persönliche Lösung dieser Frage ist letztlich einziger Beweis von richtiger Menschenkenntnis überhaupt! (Mit den sogenannten Lebensgefährten ist das etwas anderes, da gibt es zwei Gründe, deretwegen es (noch) nicht zur Heirat reicht: Entweder ist es das Geld <durch die Heirat würde man irgendeine Unterstützung verlieren, etwa die Rente eines Partners würde wegfallen> oder es fehlt der Schwung! Der erste Grund ist verständlich, der zweite bedenklich. Denn da hatte man sich für die eigentliche Liebe wohl jemanden anderes erträumt und da der nicht gekommen oder gekommen und wieder weggelaufen ist, ist man mehr oder weniger zufrieden, wenn man überhaupt irgendeinen hat <siehe Ehe auf Probe>). (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama) |