MENSCHENKENNTNIS (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

MENSCHENKENNTNIS kann man lernen: Mit der Toreromethode!

Zunächst: Jeder Mensch macht seine Menschenkenntnis an bestimmten Merkmalen fest, darüber sollten wir uns klar sein. Und von daher sollten wir uns dann überlegen, welche Merkmale eher sinnvoll sind und welche weniger und welche gar nicht, und welche Erzieher an die jungen Menschen weiter geben und welche wohl lieber nicht. 

Beispiele für Menschenkenntnis-Ansätze:

  • Wer schreit oder auch nur laut wird, der hat Unrecht.

  • Das Lautwerden sagt gar nichts, denn das Lautwerden ist doch ein Zeichen, dass er sich für etwas engagiert. Und wer sich für etwas nicht richtig engagiert, der hat Unrecht..

  • Wo man singt, da lass dich nieder, böse Menschen kennen keine Lieder – also suche dir für deinen Umgang Menschen, die singen.

  • Fleischesser sind irgendwie Mörder, wirklich gute Menschen sind Vegetarier.

  • Gute Menschen erkennt man daran, dass sie sympathisch aussehen.

  • Gute Menschen erkennt man daran, dass sie ordentlich und sauber angezogen sind.

  • Die Nackten sind immer die Guten“ (Überschrift in der Zeitung „Die Welt“ am 29. 11. 2011 zu einem Bericht über den chinesischen Dissidenten Ai Weiwei und über die ägyptische Bloggerin Alia al-Mahdy), allerdings auch:

  • Wir sind anständige Menschen, wir machen das nicht mit der Nacktheit“ - so viele Eltern zu ihren Kindern.

  • Gute Menschen reden auch gar nicht erst über „unanständige Dinge“ wie über Sex und machen schon gar keine schmutzigen Witze.

  • Wer nie über solche Sachen reden kann, der wird wohl Probleme damit haben, der hat also mit Sicherheit etwas zu verbergen.

  • Durch Geschlechtsverkehr kann ein Mädchen erkennen, wer ein guter Lebenspartner ist (so denken viele Mädchen...)

  • Ein Mann, der wirklich gut ist, der wird mit einem Mädchen auch keinen Geschlechtsverkehr haben wollen.

Wir sehen, es gibt hier viele Ansätze – und sehr oft sollen sogar genau die gegenteiligen „Maßnahmen“ eine gute Menschenkenntnis bewirken.

Sollte das nicht stutzig machen – und sollten wir uns nicht einmal bewusst machen, wie wir vorgehen und was wir tun können, damit wir selbst und diejenigen, die wir eventuell erziehen, zu einer guten Menschenkenntnis kommen.

MENSCHENKENNTNIS (also die Fähigkeit, das Denken anderer Menschen zu erkennen und zu verstehen und sie schließlich nach ihrem Charakter einzuschätzen) ist uns Menschen keinesfalls automatisch von der Natur mitgegeben, und es gibt auch nicht Spezialisten, die sie haben, und andere arme Schlucker, die dazu verdammt sind, sie nicht zu haben. Besonders sollten wir uns nicht von denjenigen Menschen, die behaupten, eine gute Menschenkenntnis auf den ersten Blick "von der Natur her" mitbekommen zu haben, bluffen lassen. Gerade diese vermeintlich so selbstsicheren Menschen sollten wir uns ruhig einmal näher ansehen. Wie steht es in ihrer Lebenswirklichkeit nun wirklich mit ihrer Menschenkenntnis? Ist etwa ihre Partnerschaft tatsächlich gelungen? Nur zu oft scheinen gerade solche Leute sich offensichtlich ausgerechnet dort entscheidend geirrt zu haben, wo es am notwendigsten gewesen wäre, sich nicht zu irren.

Und wie kommen wir nun zu einer brauchbaren Menschenkenntnis, die vor allem auch dann noch funktioniert, wenn wir irgendwann einmal mit der typischen rosaroten Brille, mit der wir Menschen nur von ihrer Schokoladenseite her sehen, blind vor Gefühlen sein sollten?

Oder was ist, wenn ein Mensch, an dem uns etwas liegt, überhaupt nicht reden will - oder nicht reden kann (jedenfalls nicht so, wie wir uns das vorstellen)? Wenn wir ihn zum Reden zwingen, dann stoßen wir entweder auf eine Verweigerungshaltung oder er redet ohnehin nur das, was wir hören wollen. Und am Äußeren können wir einem Menschen oft kaum etwas ansehen, zumindest sollten wir uns nicht darauf verlassen, und dann dürfte eine äußerliche Einschätzung bisweilen auch völlig ungerecht sein.

Kommen wir davon also los! Kommen wir zu einer dialogischen Menschenkenntnis! Geeigneter, um an das Innere, also den Charakter oder das Wesen eines Menschen heranzukommen, ist die Toreromethode, um sie einmal so zu nennen: Wir provozieren mit etwas, das entlarvende Wirkung hat, den anderen! Warum diese Methode so praktisch und effektiv ist, siehe unter Kybernetik.

Dazu ein Beispiel aus den Naturwissenschaften: Eine Methode, etwas über die Gesteinsschichten im Erdinnern zu erfahren, ist, an einer Stelle in der Erde eine Probesprengung zu zünden und an verschiedenen Stellen mehr oder weniger weit entfernt Seismographen (Erdwellenmesser) zu installieren und anhand der empfangenden Echowellen Rückschlüsse auf die Beschaffenheit der Erdschichten zu schließen. Weiche Erde, Felsen oder gar Wasser oder Erdöl verändern diese Echowellen eben unterschiedlich. Natürlich gehört zu solchen Meßmethoden Erfahrung, doch diese Erfahrung kann gelehrt und gelernt werden, und schließlich funktioniert das Verfahren dann manchmal sehr gut!

Zu einem schnellen und zuverlässigen Verfahren, etwas über einen anderen Menschen herauszubekommen, an dem einem etwas liegt und wo es vor allem um eine mögliche Partnerschaft geht, gehört vermutlich immer auch ein sinnvolles Bauchgefühl aufgrund einer unbefangenen und unverbindlichen Nacktheit.

Und wenn wir da nicht wollen, der andere sich nicht darauf einlässt oder noch nicht einmal darüber reden kann, dann haben wir schon das erste Resultat einer erlernbaren und brauchbaren Menschenkenntnis: Irgendwo stecken Probleme!

Gemeint ist natürlich nicht diese anmacherische, obszöne Nacktheit, die nur den Zweck hat, uns geil und vordergründig zu machen, sondern die, die etwas offen legt. Ja, was verbergen wir da eigentlich, wenn wir uns vor der Nacktheit scheuen und sie soweit als möglich vermeiden? Da wohl jede Frau schon einen nackten Mann, jeder Mann eine nackte Frau (auf alle Fälle auf einer Abbildung) gesehen hat und da ohnehin die Hälfte der Menschheit dieselben körperlichen Besonderheiten hat, kann es wohl kaum daran liegen, dass wir mit unserem Bekleidetsein nur immer einen praktischen Zweck im Auge haben (am wenigsten wohl dort, wo nun wie beim Schwimmen oder beim Sonnenbaden wirklich keiner auch bei aller möglichen Rationalisierung mehr gegeben ist). Nein, es geht wie auch sonst oft nicht mehr um einen praktischen Zweck, es geht längst um Irrationales! Wir verbergen in Wirklichkeit besonders gegenüber anderen und vor allem gegenüber dem anderen Geschlecht (und wahrscheinlich auch gegenüber uns selbst) unsere seelischen Probleme: unsere Ängste, Zwänge, Unsicherheiten, Verklemmtheiten, Schuldgefühle, aber auch unsere eigene Hinterhältigkeit, unsere Falschheit, unsere Heuchelei. Oder wir unterstellen den anderen Menschen die schäbigen Absichten, die wir eigentlich selbst haben (siehe Projektion und Unterstellungen), und sind unfähig, taktierend oder gar zu feige, dies einzusehen und schließlich sogar offen auszusprechen. Die Angst vor körperlicher Nacktheit ist in Wirklichkeit eine Angst vor seelischer Nacktheit, die ja den Unterschied zwischen Bösen und Guten nicht mehr verdecken würde.

Da es nun gerade für junge Menschen darauf ankommt zu erkennen, wie ein Mensch des anderen Geschlechts wirklich ist, wenn es um die Themen Liebe und Freundschaft geht, ob er die Wahrheit redet, ob er Ideale und Konzepte hat, mit denen man selbst etwas anfangen kann, bietet sich hier ein geradezu phantastischer Ansatzpunkt für die Menschenkenntnis:

Wie verhält sich ein anderer Mensch, wenn er einmal unbefangen nackt sein soll, welchen Eindruck macht er auf mich, wie fühle ich mich bei ihm?

Wenn ich vom anderen erst einmal unbefangene Nacktheit fordere, dann ist es vielleicht dasselbe wie wenn ich Hunden den Freßnapf höher hänge - es kommen nur die heran, bei denen mehr dahinter steckt als das Fressen!

Dabei ist es nicht nur von Vorteil, sondern geradezu unumgänglich, wenn man bei  einem solchen „Test“ selbst keine Schwierigkeiten hat, das heißt, wenn man sich seiner Moral so sicher ist, dass die Nacktheit auch in der Praxis kein Problem für einen selbst ist.

Ein wesentlicher Gesichtspunkt der Nacktheit ist, dass bei ihr ein Verstellen viel weniger möglich ist, dass man viel offener sein muß und daher auch bei einem anderen viel besser und schneller erfährt, welche moralische Einstellung er hat und wie sein Gewissen einem selbst gegenüber nun wirklich aussieht.

Natürlich beruht das alles auch auf Gegenseitigkeit. So kann Nacktheit das Verfahren abkürzen, wenn es um eine bessere gegenseitige Menschenkenntnis geht! Diese Beziehungen stehen auch im Zusammenhang mit den natürlichen Mechanismen unseres Menschseins, die wir intelligent nutzen sollten. Denn wer sich trotz besseren Wissens und aller erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen etwa vor drohender Vergewaltigung grundsätzlich nicht eine unbefangene Nacktheit im Kontakt mit zuverlässigen Menschen einüben will, der wird wohl seine Gründe dafür haben! Zumal wenn da jeglicher Diskussion ausgewichen wird, scheint es da ein positives Männlichkeits-Bild oder ein positives Weiblichkeits-Bild letztlich nicht zu geben (siehe taktische Scham).

Und ist es nicht Kennzeichen wirklicher Männlichkeit, wenn sich ein Mann - selbst in Zeichen von sexueller Erregtheit (siehe Erektion) - unter Kontrolle hat, als wenn er unkontrolliert den Geschlechtsverkehr begehrt, denn das kann schließlich jeder? Es ist schon merkwürdig in unserer Gesellschaft, dass jedoch genau solche Harmlosigkeit tabuisiert wird und dass es oft schier unmöglich ist, ein Mädchen über die Vernunft zum Mitmachen an einem Nacktstrand zu bewegen, obwohl dies nun wirklich eine harmlose und folgenlose Sache ist, während es über eine Manipulation der Gefühle zum Intimsein leichter bereit ist.

Grundsätzliche Lebenshaltungen entsprechend der Zehn Gebote sind ein phantastisches Mittel der Menschenkenntnis!

Ja, wie reagiert jemand, wenn wir ihm hier unsere Vorstellungen nahe bringen? Ablehnend, ungeduldig, ärgerlich, herumredend? Und wie, wenn wir auf das Erlebnis der Phase der Ästhetik zu sprechen kommen?

Wer nun eine ähnliche Vernunft und ähnliche Ideale hat wie wir selbst, der wird unseren Überlegungen schließlich doch folgen und unser Spiel auch nur zu gern mitmachen, vor allem wenn er es durchschaut. Vor solchen Menschen brauchen wir uns also nicht in acht zu nehmen. Jeder Mensch sucht ja im Grunde nach Gesinnungsfreunden und freut sich, wenn er jemanden findet, der ganz offensichtlich da vergleichbar denkt und sucht. Und wer sich da weigert oder gar unsere Bemühungen lächerlich findet, der kommt sowieso für uns nicht infrage. Und außerdem kann derjenige letztlich von uns denken, was er will!

Und wie andere Menschen kennenlernen?

Da gibt es doch dieses tolle Verfahren "Speeddating" - wie wäre das mit einem christlichen Akzent?

Doch da sind noch übliche Redewendungen, die auch viel aussagen.

An einigen Beispielen soll erklärt werden, wie wir aus Aussagen eines Menschen auf dessen wirkliche Einstellung und auch auf dessen wirkliche Moral schließen können, um eventuelle Heuchler und Moralapostel zu entlarven:

  1. Jemand sagt: "Es kommt nur auf die Liebe an, ob die zwischen zwei Menschen stimmt, alles andere ist dann nicht so wichtig!" Die Vermutung liegt nahe, dass es diesem Jemand nur auf ein Abenteuer ankommt oder zumindest nur auf ein oberflächliches Verhältnis, denn von einem Gefährtesein oder gar von dauernder Gemeinschaft war ja gar nicht die Rede.

  2. Jemand behauptet: "Man kann nur durch Erfahrung lernen." Im Klartext heißt das, dass dieser Jemand nach Rechtfertigungen für sein eigenes Reinfallen oder für seine sonstigen Dummheiten sucht, über das alles er vorher nicht recht nachgedacht hatte, und andere verleiten will, genauso unüberlegt zu handeln. Erfahrungen sind hier eine Umschreibung für mangelhafte oder fehlende Intelligenz.

  3. Wer die Auffassung vertritt, dass man in Fragen der Liebe vor allem aus dem Gefühl heraus handeln müsse, gibt damit zu verstehen, dass er sich in seinem eigenen Leben dabei nicht von der Vernunft hat leiten lassen und es sich auch gar nicht vorstellen kann oder will, dass andere schlauer sind als er selbst.

  4. Wer äußert, dass der Geschlechtsverkehr doch eigentlich nichts Besonderes sei, sondern etwas ganz Normales, gibt damit zu, dass er selbst damit üblicherweise wie mit einem Konsumgut umgeht und dass er von wirklicher Liebe in der Einheit von Leib und Seele keine Ahnung hat.

  5. Bisweilen kommt auch das Argument, dass es sich nicht lohne, soviel der Sexualität beizumessen, sie sei doch nicht das Wichtigste im Leben. Das mag sogar stimmen, doch sie hat zumindest eine Schlüsselfunktion, und wer davon ablenkt, der gibt damit einen Hinweis, dass er selbst diese Schlüsselfunktion in seinem eigenen Leben nie geahnt und beachtet hat.

  6. Für Ehescheidungen oder Zerbrechen von Partnerschaften finden sich bisweilen merkwürdige Begründungen. Außenstehende erklären etwa, dass die betroffenen Leute keine Verantwortlichkeit kennen. Heißt das, dass die eigene Partnerschaft desjenigen, der so urteilt, nur aus Verantwortlichkeit hält - und dass er selbst wirkliche Liebe auch nicht kennt?

  7. Wer meint, dass unser Leben ohne einen Glauben an ein Leben nach dem Tod keinen Sinn habe, sollte sich die Frage gefallen lassen, ob ihm das diesseitige Leben da nichts bietet, ob er vor allem die beglückenden Grenzerfahrungen, die die Würze des Lebens ausmachen, nie erlebt hat und sie sich auch nicht vorstellen kann.

  8. Und wer meint, dass Kinder verstört würden, wenn ihnen zu früh und ohne Tabus die Problematik der Sexualität nahe gebracht würde, weil dieses Wissen ihnen die Unschuld ihrer Kindheit verderbe, sollte bedenken, dass er damit die Frage provoziert, ob er selbst die Sexualität wohl als etwas Negatives erfahren hat und wahrscheinlich immer noch erfährt - und daher im Grunde leibfeindlich ist.

  9. Mädchen und Frauen, die Argumente gegen die unbefangene Nacktheit suchen, führen oft an, dass ein schicker Badeanzug raffinierter als völlige Nacktheit sei. Sie sollten sich die Frage gefallen lassen, ob ihr Badeanzug nicht doch eine Art Korsett ist, das sie auch für ihren Geist brauchen, ob sie also wirklich emanzipiert sind: Wollen sie nun mehr durch ihren (halbverhüllten) Körper auf andere wirken wollen oder durch ihren Geist?

  10. Auch geben sie damit zu, dass sie nicht einen wirklichen Gefährten suchen, sondern ihre Weiblichkeit eher im Sinn einer Scham als "Selbstverhüllungs- und -enthüllungstheater zu taktischen Zwecken" einsetzen.

  11. Die bedingungslose Verwechslung von Moral und Sitte und Anstand weist darauf hin, dass jemand mit wirklicher Moral Schiffbruch erhalten hat und sich nun an einer Scheinmoral festklammert, weil ansonsten sein Selbstwertgefühl völlig ruiniert wäre.

  12. Wenn jemand einem anderen etwas hartnäckig unterstellt, so stimmt das immer. Falls es nicht bei dem stimmt, dem etwas unterstellt wird (der wird es ja wohl beurteilen können!), so  doch bei ihm selbst (siehe Projektion).

  13. Wer meint, dass es Jesus nicht um (Sexual-)Moral ging, weil in seinen Predigten Bekleidungsvorschriften und andere Regeln für Sitte und Anstand nicht zu finden sind, wie sie von typischen Moralaposteln als unverzichtbare Voraussetzung für jegliche Sexualmoral angesehen werden, gibt damit zu erkennen, dass er selbst Scheinmoral und wirkliche Moral nicht auseinander halten kann und daher auch vermutlich keine Ahnung von den Spielregeln wirklicher Moral hat (und sie wahrscheinlich auch nicht selbst praktiziert). Der Einsatz Jesu ist nur von wirklicher Moral her zu verstehen. Siehe Jesus und die Sünderin.

  14. Wer meint, dass sich in unserer heutigen anonymen Gesellschaft ohnehin keine höheren Werte mehr durchsetzen ließen, weil jeder der Ausbeuter des anderen sei, gibt damit zu erkennen, dass er von der unmittelbaren Freude, die die Werte ohne Ausbeutung bereiten könnten (siehe etwa Freundschaft, Kameradschaft, Enthaltsamkeit), selbst nicht überzeugt ist.

  15. Und wer überhaupt nicht mehr diskutieren möchte, der kann damit kundtun, dass er sich selbst entweder nicht gewachsen fühlt oder dass er den Gesprächspartner nicht für diskussionswürdig, möglicherweise also für einen Idioten, hält. Siehe auch Streitkultur.

In jedem Fall müssen wir natürlich zurückfragen, ob wir eine Aussage richtig interpretiert haben. Es ist ja durchaus möglich, daß jemand nur etwas daherplappert, weil es die anderen so sehen, und er beim eigenen Nachdenken recht schnell zu einer Meinungsänderung käme.

Menschenkenntnis ist in letzter Konsequenz immer Voraussetzung für wirkliche Emanzipation und von daher auch für Selbstbewusstsein.

Bei all unserer Suche nach Menschenkenntnis müssen wir natürlich nicht alles von einem anderen erfahren wollen, aber wir müssen überzeugt sein, dass wir eine vernünftige Antwort erhalten könnten, wenn wir es tatsächlich wollten. Das ist zumindest für den Menschen, an den wir uns binden möchten, unbedingte Voraussetzung. Verweigert ein möglicher Partner eine Auseinandersetzung und zeigt auch nicht seine Zustimmung durch phantasievolle Unbefangenheit, so kann das ein Zeichen sein, dass er Kompromisse schließt. Und von Kompromissen wissen wir, dass die jeder irgendwann einmal leid wird. Oder er (oder sie) ist so verliebt, dass er (oder sie) überhaupt nicht nachdenkt - in beiden Fällen wird der Partner einmal aufwachen und aus der Beziehung ausbrechen - und dann ist das Unglück da. Aber alles das wäre auch vorauszusehen gewesen!

Vieles spricht dafür, dass erste Prägungen unserer Menschenkenntnis in unserer Kindheit entstehen. Beeinflusst werden sie dabei sehr stark, wenn nicht sogar wesentlich, von der Einstellung unserer Erzieher gegenüber ihren Mitmenschen.

Und in ihren Ratschlägen an uns spiegeln sich genau deren Erfahrungen wider. Da viele Erzieher selbst keine brauchbare Menschenkenntnis und sogar sehr wenig wirklich durchdachtes Misstrauen gegenüber anderen Menschen haben, bekommen wir letzten Endes auch nichts Besseres mit. Leider kommen wir durch solche Fehlprägungen auf die Dauer mit allen möglichen und unmöglichen Fehlentwicklungen der Moral in Konflikt, weil wir schließlich nur zu oft auf wirklich für uns untaugliche Menschen hereinfallen. Doch es blieb uns eigentlich nichts anderes übrig, wir mussten diese Fehler nach alledem einfach machen! Und diese unsere Fehler halten wir dann entschuldigend für die Erfahrungen, die angeblich zum Erlernen einer wirklichen Menschenkenntnis notwendig sind.

Eine wirkliche brauchbare Menschenkenntnis schränkt genau genommen zwar unsere Freiheit ein, hilft uns dafür aber, ein Lebenskonzept auch im Hinblick auf unser Glück und gegen das Böse durchzuhalten. Damit ist sie auch unerlässlich, wenn es darum geht, unsere gefährliche Naivität zu bekämpfen und unsere wirkliche Unschuld zu bewahren; daher gehört sich auch zu wirklichem christlichen Glauben. Schließlich wird gute Menschenkenntnis ja in der Bibel auch mit heiligem Geist übersetzt. (Zur besonderen Methode der Menschenkenntnis, nämlich von sich auf andere zu schließen, siehe bei Projektion und Unterstellungen.)

Anmerkung nach der Lektüre von Gunter Duecks Buch Omnisophie:

Ach der shannonschen Theorie (siehe Seiten 157ff) ist es überhaupt nicht nötig, von einem Menschen alles zu wissen, um ihn zu erkennen! Es kommt nicht darauf an, dass wir einen anderen "genau erfassen", sondern dass wir gute Anzeichen identifizieren, und dazu reichen oft ganz wenige Kriterien. Die typischen Benimmregeln etwa sind allerdings keine geeigneten guten Anzeichen, denn in denen unterscheiden sich gute und weniger gute Menschen nun einmal nicht ("die schlimmsten Verbrecher sind die in den weißen Kragen"), individueller und aussagekräftiger ist da schon, was hier unter Toreromethode beschrieben wurde.

(Wörterbuch von basisreligion und basisdrama) Computer-Übersetzung des Buchs HONESTY AND FUN WITH THE MORALITY ins Englische unter English !