FURCHT bezieht sich im Gegensatz zur Angst auf eine tatsächlich vorhandene und auch mögliche Gefahr, die nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung auch durchaus realistisch ist. Und für solche echten und nicht nur eingeredete und eingebildete Gefahren lassen sich im allgemeinen auch stets konkrete Wege finden, sie zu meistern. (Die Unterscheidung von Angst und Furcht habe ich von meinem Professor Rupert Lay S.J. übernommen.) Unemanzipierte Menschen haben Schiß vor allem Möglichen und vor allem Unmöglichen, was bei näherem Hinsehen nur ziemlich unwahrscheinlich oder überhaupt nicht passieren kann - emanzipierte Menschen dagegen haben Furcht vor den Gefahren, die auch real sind. Das Problem läßt sich gut mit der Gefährdung eines Grundstücks durch Hochwasser verdeutlichen: Die Tabuisierung einer möglichen Katastrophe oder irrationale Ängste helfen gar nichts und zermürben nur, eine sinnvolle Furcht dagegen kann den Besitzer dazu veranlassen, entweder in einem bestimmten Gebiet überhaupt kein Haus zu bauen oder eben doch zu bauen und Vorsorge für Hochwasser zu treffen, das heißt, das Haus auf Betonstelzen zu setzen oder es mit einem starken Deich zu umgeben. Machen wir uns bewußt, daß wir schon von unserer hormonellen Veranlagung in der Situation des Besitzers eines hochwassergefährdeten Grundstücks sind, der manchen Situationen im Leben einfach nicht ausweichen kann. Es gibt schlichtweg Situationen, die unausweichlich auf uns zukommen, ob wir wollen oder nicht, wir müssen uns also vorbereiten! Und es macht auch keinen Sinn, daß derjenige, der von gefahrvollen Situationen überhaupt keine Ahnung hat, im Moment ihres Eintretens dann der besser Gerüstete sein soll. Im Gegenteil, wichtigste Bedingung für ein erfolgreiches Meistern kann nur sein, daß wir uns schon längst eine sinnvolle Strategie zurecht gelegt haben und daß wir nicht den Kopf in den Sand stecken, also etwa mit Mauern in den Köpfen auch noch selbst Tabus aufbauen und von ihnen nichts wissen wollen. Grundbedingung dafür ist jedoch, daß wir zumindest einigermaßen zutreffende Vorstellungen vom Funktionieren der möglichen Gefahren haben, und dazu müssen Gefahren erst einmal realistisch gesehen werden (siehe Realitätsbewußtsein)! Wer junge Menschen nicht so mit den realen Gefahren konfrontiert, so daß sie zur Furcht motiviert werden, damit sie sinnvolle Strategien entwickeln, wie sie diese Gefahren meistern können, ist genauso schlimm wie etwa der Sittenstrolch (oder der Don Juan), der dann das Vakuum ausnutzt (siehe Horror Vacui) und sich an ihnen vergeht. Wenn es beispielsweise um die Erziehung von Kinder geht, wie sie mit den Gefahren des Straßenverkehrs umgehen können, wissen wir doch recht gut, daß wir den Kindern mögliche Unglücksfälle notfalls realistisch und drastisch vor Augen führen müssen, um sie überhaupt erst einmal zu motivieren, sich damit sozusagen hautnah auseinanderzusetzen. Nur so können sie doch lernen, wie sie sich schließlich schon von sich aus im Sinn eines vernünftigen Eigeninteresses (siehe Egoismus) richtig verhalten können. Und wieso sollten junge Menschen nun kein Eigeninteresse haben, wenn es darum geht, wie sie einmal ihre wirkliche Liebe zu einem anderen Menschen finden und vermeiden können, an den Falschen zu geraten, der doch nur Enttäuschung und Unglück bringt? Wieso sollten sie für derartige Fragen zu jung und zu dumm sein, solange sie noch nicht mitten drin in den entsprechenden Problemen stecken? Voraussetzung ist eben, daß sie vergleichsweise konkrete Vorstellungen haben und sich nicht in der trügerischen Sicherheit einer Ahnungslosigkeit und Naivität wiegen (siehe Sitte und Anstand und Tabu)! Erfahrungsgemäß ist für den seelischen Bereich ein zum Denken motivierendes konkretes Ereignis, das junge Menschen wirklich beeindruckt und sogar sinnvoll beunruhigt, das Geständnis eines Mädchens, das ihr Kind abgetrieben hat (siehe mehr dazu unter Kindererziehung). Bei der Konfrontation junger Menschen mit diesem "Fall" ist wichtig, daß es - wegen des Gruppeneffekts am besten im Rahmen einer Gruppe - gelingt, daß sie sich selbst mit diesem Mädchen identifizieren und sozusagen selbst die in dem Bericht geschilderte Enttäuschung und Ausweglosigkeit geistig durchmachen. Das geistige Erlebnis solcher lebenstypischer Situationen (Phantom-Situationen sind unbedingt zu vermeiden!) ist immer positiv, sofern die Erzieher gleichzeitig überzeugende und auch wirklich brauchbare Strategien zur Bewältigung anbieten. Wichtig ist, daß die Lösungen sowohl plausibel, als auch realistisch und wirklich tragfähig sind und die jungen Leute zu Recht in die optimistische Stimmung versetzen, daß sie es schon schaffen werden. Es ist nicht einzusehen, wieso nicht gerade solche sinnvollen und konkreten Furcht- und Strategievorstellungen an uns Menschen haften bleiben sollen, zumal wir dazu doch erheblich mehr veranlagt sein dürften als für die letztlich doch nur für uns nachteiligen irrationalen Angstgefühle und sinnlosen Lösungsrezepte. Denn irrationale Ängste und Tabus helfen nie etwas und sind Zeichen einer falschen Erziehung. Das einzige Irrationale und dennoch durchaus Sinnvolle könnte die sogenannte "Furcht des Herrn" sein, also die Furcht vor Gott, wenn sie zu einem Gebet um die Gnade führt, die Zehn Gebote richtig zu erkennen und ihrem wirklichen Sinn nach zu halten und etwas Wichtiges und Wesentliches aus lauter Eingebildetheit nicht zu erkennen oder nicht zu beachten und daher zu leichtfertig zu werden. Das Vertrauen auf Gott trägt vor allem zu der Grundstimmung des Optimismus bei, die ja für den Erfolg aller unserer Unternehmungen unerläßlich ist. Die (Sexual-)Scham ist immer noch das beste Beispiel für eine sinnlose Angst, denn sie hat noch nie jemanden vor irgendetwas bewahrt (vermutlich sogar im Gegenteil). Menschen mit sinnvoller Furcht kümmern sich dagegen um Menschenkenntnis! Vergegenwärtigen wir uns noch kurz den Unterschied im Verhalten zwischen einem von Ängsten geleiteten Menschen und einem Menschen mit einer konkreten Furcht, wenn es sich um Liebe oder Verliebtheit dreht! Wir können mit Sicherheit davon ausgehen, daß beide nichts falsch machen wollen. Und so wird sich der ängstliche Mensch vor lauter Sexualängsten sich gar nicht richtig mit der Thematik beschäftigen und schon gar nicht über den "Rand seiner Ängste" hinaus wagen: Er wird sich folglich genau an die äußerlichen Regeln von Sitte und Anstand halten, wie sie ihm beigebracht wurden und er wird sich energisch allem widersetzen, was dieser "Moral" widerspricht. Daher wird er auch in allen Menschen Gefahr wittern, die offensichtlich oder vermeintlich nicht dieselben Vorstellungen von (veräußerlichter) Moral haben wie er selbst, er wird also etwa seine Spanner- und Exhibitionisten-Ängste pflegen und argwöhnisch auf die Einhaltung zumindest letzter bisweilen raffinierter Grenzen der (Sexual-)Scham bestehen. Doch da bei alledem die Natur irgendwann ihr Recht fordert, die uns ja für die Begegnung mit dem anderen Geschlecht geschaffen hat, ergibt sich eine seltsame und brisante Mischung aus Ängsten und Koketterie, die schließlich bei passender Gelegenheit in der Form einer Üverrumplung genau zu denjenigen Fehlentscheidungen führt, die er eigentlich vermeiden wollte. Ein junger Mensch mit einer konkreten Furcht wird dagegen wissen, daß es auf Information und Freiheit von Ängsten und Zwängen und ein stimmiges Zusammenspiel von Theorie und Praxis ankommt. Und so wird er versuchen, sein Denken etwa im Hinblick auf die Problematik Liebe und Verliebtheit und seine Menschenkenntnis soweit als möglich zu erweitern und die Freiheit von Ängsten und Zwängen nicht nur zu behaupten, sondern auch bei sich selbst etwa durch sinnvolle Befreiung von der Scham "einzuüben". Mit gezielter aktiver und bewußter Enthaltsamkeit wird er bei Gelegenheit die Produktion derjenigen Hormone bei sich fördern, die ihn immun gegen eine unkontrollierte Überrumplung machen können. Um dabei Mißverständnisse im Hinblick auf ein nicht von ihm beabsichtigtes konkludentes Handeln zu vermeiden, wird er von sich aus entsprechende Gespräche vom Zaun brechen. Und bei der Begegnung mit einem konkreten Partner wird er in jedem Fall auf einer sinnvollen Reihenfolge bestehen, die er ohne vollendete Tatsachen jederzeit wieder abbrechen kann. Wer ihm bei diesen Überlegungen und Wegen in die Praxis hilft, den wird er als in Ordnung empfinden, wer daran kein Interesse hat, bei dem wird er sehr sehr vorsichtig sein. Und wie gerne sich kleine Mädchen zur Selbständigkeit ohne Verklemmtheit und Leibfeindlichkeit erziehen lassen - und das kann man mit sinnvoller Furcht auch sehr gut verantworten! Und zwar waren wir mit Mutter, kleinerer Schwester und Großeltern (die über das Eis des Haffes und per Schiff aus Ostpreußen geflüchtet waren und auf Sylt Zuflucht gefunden hatten), ach ja, mein Patenonkel war auch noch dabei (gerade aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt), bald nach dem Krieg zu Ferien in Westerland auf Sylt, natürlich brav am Textilstrand (ob es damals auch "ohne" gab, kann ich nicht sagen). Jedenfalls kamen da mehrmals zwei kleine Mädchen (wohl um die 8 Jahre) ganz allein ohne jeden Erwachsenen, zogen sich neben unser Burg splitternackt aus, legten ihre Sachen ordentlich auf einen Haufen (wie sie das so ordentlich machten, das fiel mir besonders auf!) und spielten und planschten etwas herum, trockneten sich ab, zogen sich an und gingen wieder. Damals dachte ich nicht weiter darüber nach, auch wäre ich nie auf die Idee gekommen, mit ihnen zu reden oder gar zu spielen (die waren ja irgendwie anders, immerhin war das "Andersaussehen" für mich kein Problem, ich hatte ja eine Schwester und es war normal, daß man sich auch mal "so" sah), doch heute frage ich mich, wo deren Unbefangenheit her kam, die ja für mich pädagogisches Ziel ist. Und es kann eigentlich nur sein, daß sie wohl von ihren Eltern zur Selbständigkeit ohne Verklemmtheit und ohne Leibfeindlichkeit erzogen worden waren - und dabei den Tip bekommen hatten, nicht an eine abgelegene Stelle zu gehen, sondern sich bei ihrem "Tun" eine gewisse Öffentlichkeit zu suchen und sich am besten in der Nähe einer normalen Familie aufzuhalten - und als solche erschienen wir wohl den beiden Mädchen. Vielleicht haben die Eltern den Mädchen auch uns bei einer ersten gemeinsamen Begehung des Strands gezeigt. Notfalls würde ihnen da also immer jemand zu Hilfe kommen, wenn sich überhaupt ein "Unhold" in der Nähe anderer Menschen an sie herantrauen würde. So wird also durchaus auch bei uns bisweilen irrationale Angst vor Triebverbrechen in sinnvolle Furcht umgewandelt, selbst wenn kleine Mädchen dabei ohne ihre Eltern und splitternackt sind. Und solches Verhalten war gewiß sinnvoller, als wenn sie zwar mit Badesachen jedoch ansonsten an einem einsamen Strandabschnitt gewesen wären... (Gerade zum letzten Absatz eine persönliche Anmerkung. Ich habe mich gerade infolge von Verdächtigungen, daß manche Ideen in dieser Website auf Pädophilie hinweisen könnte, gefragt, woher meine Vorstellungen denn kommen könnten. Und so habe ich natürlich in meiner Kindheit gesucht. Irgendwann fiel mir schließlich die Begebenheit mit den kleinen Mädchen in Sylt ein. Da muß bei mir wohl etwas geschaltet worden sein, womit andere ihre Schwierigkeiten haben, die solche Erlebnisse nicht hatten. Dank also an die beiden kleinen unbekannten Mädchen!) (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama) |