ELTERN. Für die Rolle des Berufs werden wir auf alle mögliche Weise vorbereitet, doch für die eigentlich noch wichtigeren Rollen der Partnerschaft zwischen Mann und Frau und später für die der Eltern leider nicht. Das Thema "Eltern" ist daher vor allem das, wie man Fehler im Umgang mit den Kindern, die nun einmal "kommen", vermeidet und vor allem auch lernt, die Hände von "Erziehungsdingen" zu lassen, die man ohnehin nicht schafft und die allenfalls den Umgang mit den Kindern vergällen. Erziehung mit verteilten Rollen - unbedingt! Wie wir uns sinnvollerweise die Aufgaben bei der Kindererziehung mit anderen "Erziehungsinstanzen" teilen, um den Gruppeneffekt zu nutzen, siehe unter anderem bei Religionsunterricht. Die Website "basisreligion" soll Eltern dabei in den Stand versetzen, zumindest einigermaßen zu beurteilen, ob die "anderen Instanzen" kompetent sind und ihre Verantwortung auch wahrnehmen. Für die wichtige ethische Erziehung - und gerade die in persönlichen Dingen - kommen ja vor allem die Kirchen in Frage, schließlich sind die doch die, die auch mit den Zehn Geboten zu tun haben! Das Normale wäre doch, wenn sich sich auch um das Einhalten kümmern und nicht nur um die Probleme, wenn sie nicht gehalten werden. Da die Kirchen allerdings bisher ihre Aufgabe gar nicht oder wenigstens nicht wirklich verantwortlich und sachgerecht wahrnehmen, sollte durchaus die Frage erlaubt sein, sich nach einer anderen Kirche umzusehen, die dies besser tut. Wenn solche Gedanken Mode machen, belebt vielleicht irgendwann einmal Konkurrenz die "Qualität des Geschäfts"? Doch Vorsicht, man fällt da leicht vom Regen in die Traufe! Ich kann jedenfalls noch keine bestimmte christliche Konfession empfehlen und eine andere Religion schon gar nicht. Und was bleibt den Eltern außerdem noch übrig? Welches sind ihre speziellen Aufgaben (außer den typischen "Serviceleistungen")? Zunächst sind das einmal gewiß nicht die berühmten Moralpredigten (siehe auch Ratschläge und auch Verbote)... Denn die sollten Eltern nämlich auf alle Fälle unterlassen, weil die jungen Leute bei denen ihre Ohren üblicherweise sowieso auf Durchzug stellen und die gewiß der Harmonie in der Familie nicht förderlich sind. Wie wäre es also mit einer praktischen Ergänzung der eher theoretischen ethischen Erziehung in den Kirchen (sie muß einfach stattfinden!), vor allem mit einem Abbau von Verklemmtheiten, denn hier sind die Eltern doch wirklich gefragt? Wer sonst sollte das denn heute machen? Für die Art und Weise, was Eltern nun am besten ganz allgemein "aktiv" machen können, erinnere ich mich an ein kleine Begebenheit, die als passendes Beispiel dienen kann, nämlich wie mir einmal ein Freund, Besitzer einer Autoreparaturwerkstatt, geholfen hat. Ich kam da zu ihm mit meinem Auto mit defekter Kardanwelle. Doch er hatte für mich gar keine Zeit. Da dachte er kurz nach und meinte zu mir: "Dahinten liegt eine gebrauchte und noch gute Kardanwelle, die auf dein Auto paßt, dort ist eine Grube, die wir gerade nicht brauchen, und Werkzeug wirst du auch finden - und den Rest kannst du alleine..". Ja das ist es, eine solche wirkliche Kompetenz wird auch von den Kindern von ihren Eltern erwartet, zumindest irgendwo, und zwar sowohl in bestimmten Sachgebieten und dann auch in der Beurteilung, was ihr Kind kann und was nicht. Es ist doch etwas Wunderbares, wenn ein Kind zum Vater oder zur Mutter kommt und durchblicken läßt, daß es genau um diese Kompetenz geht. Und wenn Eltern diese Kompetenz dann gut "erfüllen", ist es auch kein Schaden, wenn sie das Kind dann auf einem anderen Gebiet "abblitzen" lassen, weil sie davon keine Ahnung oder keine Zeit oder auch keine Lust haben haben und sich das Kind selbst kümmern muß. Also eine Anleitung zum Selbermachen. Und wie läßt sich die auf die sittliche Erziehung übertragen und gerade im Hinblick auf die Hinführung zu wirklicher Moral? Auch hier erinnere ich mich an etwas, ich habe davon auch im Stichwort Furcht geschrieben: Und zwar war ich einmal bald nach dem Krieg (ich war damals wohl sieben Jahre alt) mit Mutter und jüngerer Schwester in Sylt, wo auch noch die über das Eis des Haffs aus Ostpreußen geflüchteten Großeltern und ein damals unverheirateter Onkel lebten, der gerade aus russischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt war. Wir hatten dort - es war wohl noch nicht ganz so viel los wie heute - unsere Burg am Strand direkt vor den Dünen im Stadtbereich, also alles natürlich auch brav mit Textilien. Doch hin und wieder kamen zwei Mädchen in meinem Alter oder ein wenig älter, die sich neben unserer Burg komplett auszogen, ihre Sachen ordentlich hinlegten (daran erinnere ich mich noch besonders), ein wenig miteinander spielten, ins Wasser gingen, und sich dann wieder anzogen und weiter gingen. Damals habe ich über diese Mädchen nicht weiter nachgedacht, wir haben auch nicht über sie geredet, sie waren eben anders als wir, vermutlich "nicht katholisch", das war´s dann auch. Heute kann ich sagen, daß sich mir die "Normalität" und Natürlichkeit dieser beiden Mädchen vermutlich so sehr eingeprägt hat, daß ich sie als grundsätzliches Modell für eine sinnvolle Pädagogik überhaupt sehe. Doch noch etwas: Wahrscheinlich steckte hinter der Tatsache, daß diese Mädchen sich gerade die Nähe unserer Burg aussuchten (und sie taten das ja mehrmals), ein besonderes Konzept ihrer Eltern? Es könnte doch so gewesen sein, daß deren Eltern keine Zeit hatten oder selbst Probleme mit der Nacktheit oder sonst etwas hatten, doch wollten, daß ihre Kinder Strategien zu vernünftiger Menschenkenntnis entwickelten und sich "emanzipierten" im besten Sinn und ihnen den Tip gaben, das allein zu praktizieren und sich dafür eben die Nähe einer Familie wie wir es waren, auszusuchen, die so ganz nebenbei auf sie schon aufpassen würde? (Eine ähnliche Praxis, wie man "die richtigen anderen Leute" findet, ist hier auch unter Triebverbrechen beschrieben.) Allerdings: Irgendwo muß auch wirklich genügend Zeit für das Kind da sein - auch in anderen Dingen - und vor allem auch der Drang, von dem eigenen Lebensinhalt etwas an das Kind weiter zu geben! Lassen wir also unsere Kinder durchaus an unseren Hobbys teilnehmen, nehmen wir sie mit in ein Museum, das uns interessiert, begeistern wir sie für eine Reise, die wir schon immer machen wollten, gehen wir in ein Theater mit ihnen. Berücksichtigen wir dabei, daß für Kinder zunächst einmal nichts langweilig ist, langweilig ist nur, wenn nichts passiert und wenn immer dasselbe kommt. Spornen Sie die Neugierde Ihrer Kinder an! "Die Abwechslung erfreut", sagten schon die alten Römer, und das gilt besonders für Kinder. Und die "Abwechslungen" müssen nicht immer nur "Eisessen", "Badeurlaub" oder "Disneylandbesuch" sein, es kann durchaus auch etwas Kulturelles sein, nur eben etwas "anderes". Vorteilhaft ist, wenn es gelingt, etwas, was die jungen Leute von sich aus wollen, weil sie es schon kennen oder weil sie woanders davon gehört haben, mit etwas Eindrucksvollem zu verbinden, das völlig überraschend für sie ist. In London waren meine Schülerinnen etwa ganz scharf auf die "eingemachten Menschen", wie sie sagten (also die ägyptischen Mumien im Britischen Museum), in Paris kam mit anderen Mädchen sehr gut der Besuch der unterirdischen Steinbrüche unter dem Quartier Latin mit den Totengebeinen von den alten Pariser Friedhöfen an und schließlich meckerten die jungen Leute auch nicht, die am Ende einer Klassenfahrt nur noch nach Hause wollten (weil sie gar nicht wußten, was gut ist), als sich herausstellte, daß das Planetarium in Bochum und das Museumsbergwerk doch ganz toll waren. Spezialisieren Sie sich in Museen vielleicht auf etwas, zu dem Sie den jungen Leuten schon immer etwas sagen wollten und worauf Sie sie vorbereitet haben, was nicht unbedingt die Highlights der Museen sein müssen. Hören Sie einmal hin, was die Kinder nach einer Unternehmung anderen Leuten oder auch ihren Kameraden erzählen - und wenn da etwas kommt, dann ist das ein Zeichen, daß etwas richtig war! Eine gute Idee ist auch die eines mit mir befreundeten Lehrers: Vor einer Wanderung mit jungen Leuten ließ er sie entscheiden, wohin sie wollten. Und sie suchten sich ein Ziel aus, daß weiter und anstrengender als alles das war, was sich die anderen Klassen vorgenommen hatten. Und sie hielten durch - klar, schließlich hatten sie das ja selbst gewollt und vor ihrem Lehrer verteidigt! Und denken Sie immer daran: Kinder brauchen eine Rangordnung und wollen sie auch - und in dieser Rangordnung bestimmen Sie, was gemacht wird. Lassen Sie sich - bei aller antiautoritärer Erziehung, die Sie vielleicht praktizieren - nicht die Butter vom Brot nehmen! Sie müssen eben nur dabei auch die Bedürfnisse des Kindes bedenken! Und seien Sie sich klar: "Wer fordert, der fördert!", was auch heißt: "Wer nicht fordert, der fördert auch nicht!" Es muß unbedingt etwas von Ihnen kommen, was etwas Besonderes ist! Im übrigen kann es durchaus Sinn einer 20jährigen Erziehung sein und Kennzeichen, daß sie gelungen ist, wenn sich ein (junger) Mensch in einer einzigen Situation, die vielleicht auch gar nicht kommt, richtig verhält! (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama)
|