RELIGIONSUNTERRICHT NACH DER ENTMYTHOLOGISIERUNG
Konflikt
zwischen Grundgesetz In der Broschüre Nr. 56 "Die bildende Kraft des Religionsunterrichts - Zur Konfessionalität des katholischen Religionsunterrichts" vom 27. September 1996 herausgegeben vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz wird auf S. 68 das Grundgesetz im Hinblick auf den Religionsunterricht durch einen Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 27.Februar 1987 mit einer schon zur Zeit der Weimarer Verfassung entwickelten Definition näher erläutert: "Er ist keine überkonfessionelle vergleichende Betrachtung religiöser Lehren, nicht bloße Morallehre, Sittenunterricht, historisierende und relativierende Religionskunde, Religions- oder Bibelgeschichte. Sein Gegenstand ist vielmehr der Bekenntnisinhalt, nämlich die Glaubenssätze der jeweiligen Religionsgemeinschaft. Diese als bestehende Wahrheiten zu vermitteln, ist seine Aufgabe. Dafür, wie dies zu geschehen hat, sind grundsätzlich die Vorstellungen der Kirchen über Inhalt und Ziel der Lehrveranstaltung maßgeblich..."
Das Problem dieser
gesetzlichen Regelung ist allerdings: Spätestens seit
den Veröffentlichungen des bedeutenden evangelischen Theologen Rudolf Bultmann
und seinen Forderungen nach einer Entmythologisierung vor etwa 60 Jahren
(also nach der Weimarer Verfassung!) wird mehr und mehr akzeptiert, dass das Neue Testament nicht
den wirklichen, also den historischen, Jesus beschreibt, sondern den „Jesus
des Kerygmas" (also des Glaubens), wie ihn die frühchristliche Gemeinde sah.
Doch weil wir nun heute
nur diesen Jesus kennen und nicht den wirklichen, so wird im allgemeinen
argumentiert, bleibt uns nichts anderes übrig, als diesen Jesus, der der
„Jesus der Urgemeinde“ ist, zu verkündigen. Und das geschieht auch heute im
großen und ganzen so.
Das ist allerdings ein unerträglicher Zustand. Wir wissen genau, dass
etwas nicht stimmt und wir
machen trotzdem weiter, als ob wir das nicht wüßten, und dazu noch im Stil
einer typischen Pädagogik, bei der es im Grunde nur um
die Interessen einer auf sich bedachten Institution geht. Wie andere zu diesem
Problem stehen, und das können auch die Kirchen sein, ist nicht das Problem
dieser Website –
doch kann ein solches Umgehen mit der Botschaft Jesu hier nicht akzeptiert
werden.
Und auch dem „wirklichen Jesus“ wäre eine solche „Großzügigkeit“, um
es einmal vorsichtig auszudrücken, gewiß nicht recht! Manches der Weimarer Verfassung dürfte allerdings durch die Erfahrungen der Nazizeit überholt sein. Ein weiteres Problem ist das, ob der Ansatz der Weimarer Verfassung zum schulischen Religionsunterricht so ohne Weiteres auf unsere heutige Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg übertragen werden kann. Immerhin gab es vor diesem Krieg ja noch nicht die Erfahrungen, daß durchaus auch im Namen unserer abendländischen Zivilisation - die ja nun auch einmal im Bewußtsein der Menschen eine christliche ist - größte Verbrechen begangen werden können. Zwangsläufig müßte daher in das Konzept eines Religionsunterrichts, der nicht auf einem Niveau, in dem Ethik und Moral nicht so wichtig sind, stehen bleiben soll, diese schlimmen Erfahrungen "eingebaut" werden, ein "Nachauschwitzreligionsunterricht" muß also anders aussehen und auch der Auftrag für diesen Unterricht!
So
wie die Sachlage in dieser Website gesehen wird, ist die Situation allerdings nicht unbedingt
katastrophal und schon gar nicht aussichtslos. Hier werden genügend
Anhaltspunkte in der Botschaft des Neuen Testaments und auch sonst angeführt, den
„wirklichen Jesus“ und sein "wirkliches Anliegen" wiederzugeben
und einen Unterricht in seiner Nachfolge zu gestalten (siehe
Nachfolge Jesu). Irgendeinen Weg, die Wirklichkeit auch vor zweitausend Jahren
herauszubekommen, gibt es doch immer,
selbst durch böswilligste Übertünchung lässt sich gerade in der Geschichte etwas einmal Geschehenes nie ganz
verwischen – und gerade „in unserem Fall“ dürfte ja von Böswilligkeit
schon gar keine Rede sein. Wir müssen nur wirklich zum „wirklichen Jesus“
gelangen wollen und vermutlich dabei vor allem bereit sein, auch liebgewordene
Traditionen infrage zu stellen und auch eventuell über Bord zu werfen. Nun, das geschah hier, und gewiß nicht ohne Fortüne. Und wir können uns drehen und wenden, das Anliegen des historischen Jesus war nun einmal ganz offensichtlich eine Veränderung der verkommenen Sitten oder eben der verkommenen Moral seiner Zeit! Wenn wir heute also wirklich christlichen Religionsunterricht machen wollen, dann müssen wir uns daran orientieren - und das Anliegen Jesu so gut wie es geht in unsere heutige Zeit umsetzen! (Anmerkung: Und sollte der Ansatz dieser Webseite nicht zutreffend sein, was ja immer sein kann trotz aller Akribie bei der Erarbeitung dieser Webseite, so soll diese Arbeit wenigstens dazu beitragen, daß andere ermuntert werden, zu suchen, zu finden und umzusetzen, was „das Richtige“ ist!)
Dazu kam auch noch die
Zunächst
einmal: Das Ziel eines christlichen Religionsunterrichts muß das sein, was
Jesus wollte, nämlich das Reich Gottes hier und
jetzt! Der etwa damit verbundene Verzicht der Ausrichtung auf die jenseitige Welt als
wesentlicher Sinn des Lebens ist nicht nur ein
Nachteil! Wir sind nämlich jetzt auch befreit von einem angeblich zwanghaften
Hingerichtetsein auf diese „andere Welt“. Eine solche Welt mag noch so schön
sein, so verlockend, noch so tröstlich, sie ist und bleibt eine „irrationale
und sogar fremde
Welt“ – und die Menschen, die sich darauf spezialisiert haben, sind und
bleiben eben „irrational und weltfremd“... Nur diejenige Ethik oder Moral funktioniert doch und ist im
Grunde auch menschlich, die von dieser Welt hier und jetzt ist, die also aus
sich heraus zugkräftig ist, ja die sogar aus sich heraus Spaß macht, die dazu
noch bei anderen anerkannt ist und einem selbst Vorteile bringt. Die
Entmythologisierung befreit uns von allen „außerirdischen“ und für die
meisten Menschen heute einfach nicht nachvollziehbaren „irrationalen“ Begründungen
für „gutes Handeln“ und wir werden sozusagen jetzt erst ernsthaft
gezwungen, ausschließlich diesseitige und rationale Argumente dafür zu
durchdenken und auch in die Realität umzusetzen. Wer das für unmöglich hält,
dass es solche zugkräftigen Argumente gibt, der beweist damit nur, daß er in
seinem eigenen Leben keine hat oder zumindest hatte. Wirklich christlicher Religionsunterricht entspricht den Interessen aller "Beteiligten"! Die Vorbedingung für solche diesseitige Ethik ist, dass sie den Interessen der kleinen Gemeinschaft der jeweiligen Familie, der großen des Staates und vor allem natürlich dem betroffenen einzelnen dient: 1. Dienst an der ethischen Erziehung des Elternhauses.
Eltern
wollen erfahrungsgemäß immer das Beste für ihre Kinder, sie wollen ihnen
helfen, Enttäuschungen zu vermeiden und glücklich zu werden. Doch wir wissen
auch, dass die Möglichkeiten des Elternhauses in Fragen der Ethikerziehung
beschränkt sind, viele Eltern haben daher bereits aufgegeben. Es ist nun einmal
so, dass die jungen Leute ihre Ethik weitgehend von der Umwelt in einer Art
Gruppenzwang
übernehmen. Und wenn es da keine Ethik gibt oder eine andere als die des
Elternhauses, dann können die Eltern machen, was sie wollen, es funktioniert
nicht – die jungen Leute weigern sich schlicht und einfach, etwa „einsame
Jungfrauen“ zu werden! Der ideale und vermutlich einzige Ort, etwas im
Hinblick auf Ethik zu bewegen, ist nun einmal der Religionsunterricht. Und nur
hier kann durch den Gruppeneffekt erreicht werden,
was sich die Eltern wünschen!
2.
Dienst an den Interessen der Gemeinschaft.
Wir
sind als Lehrer mit unserem Religionsunterricht in den schulisch-staatlichen
Unterricht eingebaut, schließlich bekommen wir auch unser Geld von der
„Gemeinschaft des Staates“. Und nicht nur deswegen müssen wir uns auch der
„Gemeinschaft“ verpflichtet fühlen und deren Interessen vertreten. Wir
haben doch auch eigene Interessen in vieler Hinsicht, wenn wir alle, also auch
unsere Mitmenschen, ethisch sind. Hier seien nur einige Vorteile
„herausgepickt“:
-
Bedenken wir
einmal, wie schön und vorteilhaft für alle es wäre, wenn es nicht nötig wäre,
dass die Gemeinschaft jährlich etwa 1,5 Mrd. DM für die alleinerziehenden Frauen
- in geringerer Zahl auch Väter - aufwenden muß, für die sich zur Zeit deren
ehemaligen Partner nicht mehr verantwortlich fühlen (FAZ 18.02.2002 S. 9).
- Überlegen wir
einmal, wenn wir keine Ausfälle durch Aussteiger hätten, die mit
Drogen oder
mit anderen „selbstverschuldeten“ Problemen – etwa auch AIDS - nicht klar
gekommen sind oder klarkommen, und die jetzt auch noch geheilt werden müssen, - Was könnten wir sparen, wenn die Menschen überhaupt friedlicher miteinander umgingen, angefangen von den Nachbarschaftsquerelen bis hin zu den Gewaltverbrechen?
- Und auch die
Demokratie verpflichtet uns: Stellen wir uns vor, dass unsere lieben Mitmenschen
so einen Hitlertyp wählen. Wenn das nämlich gelingt, weil zu viele Wähler
nicht den rechten Durchblick haben, dann müssen auch die übrigen Staatsbürger
ihren Kopf hinhalten. - Doch es geht nicht nur um Ethik. Das Manko des bisherigen „mythologisch orientierten“ Religionsunterrichts ist, dass sie hier etwas anderes lernen als sonst im eher „wissenschaftlich orientierten“ Unterricht, denken wir etwa: Hier Evolutionslehre, dort Schöpfungsgeschichte. Selbst wenn das mit der Schöpfung von vielen Religionslehrern nicht mehr ernst genommen wird, so kommt es zumindest zu einer überflüssigen Geringschätzung unseres Glaubens wegen veralteter Lehrmeinungen. Eine Zweigleisigkeit ist auf alle Fälle gegeben, und die ist auf jeden Fall ungünstig für die Lernökonomie der jungen Menschen. Wenn dieses Manko abgestellt würde, könnte das die Denkleistungen junger Menschen, und nicht nur der, fördern. Siehe auch Pisa-Studie. 3. Dienst am einzelnen. Ein Gefühlsleben, das in Ordnung ist, keine menschlichen Katastrophen, keine Beziehungskisten, geordnete Familien, Steigerung der intellektuellen Fähigkeiten, weil der Kopf frei ist...
Das
bedeutet etwa: Was hilft es etwa einem
Menschen, wenn er etwa viel Geld verdient, doch wegen gescheiterter persönlicher
Beziehungen einen großen Teil dieses Geld an seine geschiedene Frau abzweigen
oder wenn er auch an eine sonstige Frau Alimente zahlen muß? Eine auf
diesseitige Erfüllung ausgerichtete Religion, für die das persönliche Glück
des Menschen das zentrale Anliegen ist und wo dies auch erfolgreich
„ankommt“, würde auch für den einzelnen allein vom finanziellen her ein
großer Erfolg sein – ganz abgesehen von den seelischen Hochgefühlen, die so
etwas mit sich bringt und die im Grunde unbezahlbar sind!
Wird der Religionsunterricht hier nicht überfordert? Ist das alles
nicht undurchführbar?
Solche
Fragen sind ein Kennzeichen, dass wir immer noch im alten Denken vom
„vorentmythologisiertem“ Christentum stecken! Befreien wir uns doch einmal
davon! Ist der hier vorgestellte Religionsunterricht allerdings nicht nur zur bloßen Sitten- und Morallehre erniedrigt, wie sie auch ohne den Glauben an Jesus durchgeführt werden kann? Keineswegs! Der Knüller ist nämlich der spezielle Ansatz des Christentums bei den persönlichsten Dingen des Menschen, wie sie sonst nie und eben auch nicht in einer anderen Religion behandelt werden: Thema ist Freiheit und die Emanzipation des Menschen und die Verwirklichung der Monogamie, die eben nur funktionieren kann, wenn die Liebe der Einheit von Leib und Seele freiwillig und daher aus dem Bewußtsein heraus gelingt! Denn das scheint von der Adam-und-Eva-Geschichte bis hin zur Lehre Jesu immer wieder der Grundtenor zu sein. Und wenn wir diesem Grundtenor folgen, dann verzetteln wir uns schon einmal nicht mehr in unserem Unterricht, sondern können uns auf ein konkretes Anliegen auch wirklich konzentrieren. Solche Konzentration bringt die Chance mit sich, daß auch ein gestecktes Ziel tatsächlich in der Wirklichkeit erreicht werden kann (das bisher immer nur halbherzig angegangen wird, wenn etwa in der anfangs erwähnten Schrift der Deutschen Bischofskonferenz auf Seite 85 zwar auf die "moralische Verpflichtung" hingewiesen wird, jedoch "unter der Voraussetzung der Sündenvergebung")! Nicht kleckern, sondern klotzen! Und für die, die immer nach Gott fragen: Auch der kommt nicht zu kurz, siehe Gnade und Spieltheorie. Ergänzungen Letztlich wissen wir zwar nicht genau, ob das bewusste Anstreben dieser Liebe Strukturen im Menschen schafft, mit denen er dann ganz einfach intellektuell besser wird und von daher alle anderen Probleme auch positiver bewältigt, oder ob ihn die Erfülltheit die Welt positiver sehen lässt, ihn damit freier macht und er von daher eine Steigerung seiner Intellektualität erfährt... Doch es bestehen begründete Hoffnungen - und gewiß machen wir nichts falsch, wenn wir junge Menschen in dieser Weise erziehen. In jedem Fall ist die Umsetzung in die Praxis ein Gemeinschaftsproblem, die anderen (also vor allem auch „die übrigen Religionsunterrichte“) müssen auch mitmachen! Diese Website bietet schon einmal Information und Hintergrund... Die Bedingungen für einen heute vertretbaren christlichen Religionsunterricht ganz allgemein sind also:
Übrigens: Mit Sexualität hat das, um was es hier geht, vermutlich genauso viel zu tun wie Goethes Faust mit der Herstellung von Papier oder Tinte. Daher gehören Sexualerziehung oder Sexualkunde gewiß auch dazu, na ja, natürlich auch Sexualmoral, doch das sind alles nur notwendige „Stufen“, das Ziel schlechthin ist die Liebe! (Und hier treffen sich christlicher Religionsunterricht und die Botschaft Jesu!) |