Mit GRUPPENZWANG (oder GRUPPENEFFEKT) wird der Trieb bezeichnet, nicht selbständig Wege zur Lösung aller derjenigen Fragen zu suchen, die mit unserem Menschsein wo auch immer zu tun haben, sondern sich nach anderen zu richten. Was alle machen, kann doch einfach nicht falsch sein! Und dazu kommt, daß wir Menschen wohl auch von Natur aus keine Einsiedler und Einzelkämpfer sind: Wir brauchen einfach andere Menschen und das funktioniert nur, wenn wir zumindest irgendwie mit den anderen zusammen passen. Eltern sollten bedenken, daß das auch auf eine an sich vernünftige Moral zutrifft, die sie ihren Kindern anerziehen: Wenn sie "einsame Jungfrauen" erziehen, so funktioniert das eben nicht! Was alle tun, ist allerdings längst keine Garantie, daß es auch vernünftig ist. Und doch ist es leider manchmal falsch, was alle tun, weil es eher Zeichen einer Sklavenmoral ist, und zudem widerspricht vieles da jeglicher Vernunft und jeglicher wirklichen Moral. Wenn wir dann darauf hingewiesen werden, daß wir wieder einmal nur aus einem Gruppenzwang heraus handeln oder gar unser Leben gestalten, dann werden wir dies oft genug entrüstet zurückweisen. Was finden wir dann nicht alles für Rationalisierungen! Denn wer ist schon so selbstkritisch und gibt ohne weiteres seine Abhängigkeit von anderen und damit seine fehlende innere Emanzipation zu? Wir sind nun einmal Gemeinschaftswesen und orientieren uns daher eben an anderen. Mit einiger Menschenkenntnis können wir zunächst einmal eher die Gruppenabhängigkeit bei anderen heraus hören. Die beliebtesten Argumente sind außer dem Hinweis auf die angebliche Richtigkeit von dem, was alle tun: "Das war schon immer so, deswegen mache ich oder machen wir das auch so" oder etwas raffinierter: "Bildest du dir etwa ein, daß du als einziger so schlau bist, waren und sind denn die anderen außer dir alles Dummköpfe". Darauf kann man eigentlich immer nur antworten, daß schließlich auch Menschen Tausende von Jahren an Götter geglaubt und ihnen riesige Tempel gebaut und bisweilen sogar Leben und Glück von Menschen geopfert oder Hunderte von Jahren Hexen verfolgt und verbrannt haben - und es war trotzdem alles Unsinn. Die Dauer und die Tatsache, daß es alle tun und auch gerade die angeblich Gebildeteren, ist noch lange kein Zeichen, daß etwas in Ordnung ist. Schließlich gehören auch die "da oben" stets zu den Establishments, und die haben bekanntlich überhaupt keine Interesse an einer wirklichen Änderung unserer menschlichen Verhältnisse. Natürlich ist auch nicht alles falsch, was alle machen, und nicht jeder, der eine ungewöhnliche Meinung plausibel vertreten kann und trotzdem aneckt, hat recht. Doch wenn es keine anderen vernünftigen Argumente mehr für etwas gibt und wenn viele dennoch da hinterherlaufen, scheint ein typischer Gruppenzwang vorzuliegen. Wozu die Zehn Gebote nicht alles gut sind: Wenn etwas gegen diese Gebote ist, sollte man die Zivilcourage aufbringen, sich nicht zu beteiligen. Es ist nun eine Eigentümlichkeit des Gruppenzwangs, daß es ihn sowohl zu Negativem wie zu Positivem gibt. Aus der experimentellen Fairneßforschung wissen wir, daß die meisten Menschen weder per se gut noch schlecht sind, sondern bedingt kooperativ" (siehe unter Fairness). Daher sollten wir nicht etwas von vornherein nur deshalb ablehnen oder sogar verdammen, einfach nur weil es alle tun. Wir könnten damit ja auch etwas Positives mitausschütten. Es kommt eben nur darauf an, ob etwas menschlich verantwortbar und vernünftig ist, was jeder schließlich für sich selbst überlegen und entscheiden muß. Als Unterscheidungsmerkmal, ob ein Gruppenzwang für uns letztlich nachteilig und vielleicht sogar verderbenbringend ist, können wir sehr gut die Zehn Gebote in Verbindung mit einem gesunden Egoismus heranziehen, wobei wir auch das Glück anderer Menschen im Auge behalten müssen. Was wäre, wenn das, was anderen angetan wird, uns angetan würde? So wäre es nie zum Hexenwahn gekommen, wenn die Menschen immer wieder selbständig ihre Einstellung zum Gebot, nicht zu töten, überprüft hätten, und vermutlich würden es auch heute viel weniger Enttäuschungen in der Liebe geben, wenn die jungen Menschen sich gegen den Gruppenzwang zu intimen Beziehungen außerhalb einer Ehe wehren und sich grundsätzlich – ausgehend vom Gebot der Heiligkeit der Ehe – den Partner genauer “im Vorfeld” anschauen würden. Denn vieles scheint da tatsächlich reiner Gruppenzwang zu sein - anders läßt sich die offensichtliche Verbohrtheit mancher Menschen nicht erklären, die unter allen Umständen ihre Enttäuschungen zu brauchen scheinen (siehe Jungfrau). Vor allem Gefühle sind nun sehr oft wirklich keine guter Ratgeber, das zu machen, was alle machen! Und vor allem beim Auslöffeln der Suppe ist man im Grunde immer allein. Männern fällt bisweilen ein merkwürdiger Gruppenzwang bei Mädchen auf: Sie neigen dazu, sich in ihrem Verhalten miteinander abzusprechen und sich dabei gegenseitig gerade in ihrer Irrationalität und Unsicherheit zu bestärken. Noch seltener als bei Männern scheinen einzelne von ihnen zum eigenen Denken zu stehen, wenn dieses der Gruppe widerspricht (etwa im Hinblick auf die Problematik der Moral im Sinn von Sittsamkeit oder Sittlichkeit, dabei sind selbst für angebliche Christen die Zehn Gebote eigentlich immer völlig schnuppe). Nur Gefühle veranlassen Mädchen dann zu Meinungsänderungen - und die sind genau die falschen Auslöser! Von solchem Verhalten her entsteht bisweilen der Eindruck, daß Mädchen und Frauen nicht denken könnten und nur nach dem Gefühl handelten. Ursache dieses merkwürdigen Verhaltens ist vermutlich, daß Mädchen noch mehr unter den Tabus ihrer Kulturen zu leiden haben als Jungen und sich eher in einer Gemeinschaftlichkeit unter ihresgleichen dem gewachsen und stark fühlen. Es gibt allerdings auch das Phänomen der Keimzelle: Oder wie der Gruppeneffekt für etwas Positives beginnt. Das Problem des Gruppenzwangs kann im übrigen auch optimistisch gesehen werden: Ob sich Utopien durchsetzen, die für uns Menschen sinnvoll sind und die uns vielleicht sogar dem Reich Gottes näher bringen, hängt gewiß gar nicht einmal davon ab, ob sich gleich alle Menschen dafür begeistern. Es reicht erst einmal völlig, wenn dies einige wenige tun, es muß sich allerdings so etwas wie eine kleine Gemeinde bilden. Ich kenne viele Menschen, die etwa in ihrem Leben im Hinblick auf eigenes wie auf fremdes Glück anders gehandelt hätten, wenn sie es nur besser gewußt hätten. Doch ihnen fehlten eben die rechten Informationen. Wenn wir diese nun den jungen Menschen ganz allgemein nicht mehr vorenthielten, würden sicher zumindest einige sie in ihr Denken und Handeln einbauen - und vielleicht sind darunter schließlich sogar diejenigen mit Einflußmöglichkeit auf die anderen, also die berühmten Trendsetter. Die übrigen bekehren sich dann eben durch Gruppenzwang, den wir jedoch dann lieber positiven Gruppeneffekt nennen sollten! Folgender Beitrag aus der WELT vom 2. 4. 2004 sollte die Eltern nicht traurig stimmen und sie sollten dem auch nicht entgegenwirken, sondern sie sollten ihren Kindern diejenigen Konzepte vermitteln, damit sie ihre Freundschaften vernünftig gestalten können: Jugendlichen
sind Freunde wichtiger als Eltern und Schule |