Zivilcourage
oder
eben Tapferkeit ist die Eigenschaft, etwas, das man
selbst als richtig
und gerecht erkannt hat (das also im Kontext zu den den
anderen drei
Kardinaltugenden steht!) und das menschliches Leben
wirklich
verbessert, das also der
Biophiliemaxime entspricht, in die Wirklichkeit
umzusetzen. Dass
das oft nicht ganz einfach ist und auf Widerstand stößt
und Probleme
und sogar Ärger verursacht, schreckt nicht ab, es ist
eben Kennzeichen
von Zivilcourage, dass man dennoch weiter macht: Wer
Zivilcourage hat,
der kennt überhaupt nicht das Wort "Probleme", für ihn
sind das alles
lediglich "Herausforderungen". Inwieweit man Nachteile
in Kauf nehmen
muss, sollte sich an den Chancen orientieren, etwas
wirklich zu
erreichen: Denn niemand hat etwas davon, wenn man sich
durch sein
Engagement etwa völlig ins Abseits bringt und so gar
nichts mehr
bewirken kann. Das ist für die Sache, für die man
kämpft, auch nicht
von Vorteil. Eine
Empfehlung für junge Leute von heute, wie sie
Zivilcourage zeigen können, wäre eine
bewusste Sexualmoral mit einer entsprechenden
Offenheit. Ein gutes Beispiel für Zivilcourage in früherer Zeit ist das Vorgehen des Jesuitenpaters Friedrich von Spee (1591 - 1635) gegen den Hexenwahn: Er schrieb das berühmte Buch Cautio Criminalis, das - angeblich gegen seinen Willen - anonym veröffentlicht wurde, und das sozusagen den Stein der Aufklärung ins Rollen brachte, dass die Hexenprozesse schließlich abgeschafft wurden (selbst wenn das noch um die 150 Jahre dauerte). NS-Parteigenossen mit Zivilcourage Hervorragende Beispiele sind auch die des Schindlers von China John Rabe, des Schindlers von Holland Hans Calmeyer und des Widerstandes in SS-Uniform Kurt Gerstein. In den
USA wird Rabe
als "Oscar Schindler von China" verehrt, in China als
eine Art Buddha,
die Chinesen haben ihm sogar ein Denkmal gesetzt. In
Deutschland
dagegen ist er ein Unbekannter: John Rabe, Mitte der
30er Jahre
Direktor des Siemens-Konzerns in der damaligen
chinesischen Hauptstadt
Nanking (Nanjing). Rabe, ein patriotischer Deutscher und
NSDAP-Mitglied
aus Überzeugung, erlebte den Überfall der Japaner auf
China und die
Belagerung Nankings. Im Herbst 1937 wurde er Zeuge des
furchtbaren Nanking-Massakers,
bei dem japanische Soldaten Hunderttausende Chinesen auf
bestialische
Weise ermordeten. John Rabe bewies in jenen Tagen Mut
und Zivilcourage:
Als gewählter Chef der von amerikanischen und englischen
Geistlichen
eingerichteten Schutzzone gewährte der Hitler-Anhänger
rund 250.000
Menschen Zuflucht vor den mordenden japanischen
Soldaten. Rabes
öffentliches Eintreten war der NS-Führung unangenehm; er
wurde von der
Gestapo verhaftet und zum Schweigen verpflichtet. 17500
starb Rabe
verarmt und vergessen in Berlin-Siemensstadt. Erst
kürzlich ist sein
2500 Seiten umfassendes Tagebuch gefunden worden. Die
Dokumentation von
Tina Mendelsohn zeichnet das tragische Schicksal des
Auslandsdeutschen
nach und folgt den Spuren des "Schindlers von China" bis
nach Nanking.
Dass Rabe zeitweilig in Nanking NSDAP-Mitglied war,
schmälert nicht
seine Verdienste, dies ist allenfalls ein Beleg dafür,
dass wir sehr
wohl unterscheiden müssen, dass nicht alle
Naziparteimitglieder
Unmenschen waren, bisweilen konnte man eben unter dem
Hakenkreuz auch
mehr für die Menschlichkeit tun! Siehe hierzu die
Rezension seiner
Geschichte "Der gute Deutsche von Nanking" von Erwin
Wickert
in der Frankfurter Allgemeinen vom 11. 2. 1999.
Nachdem die
Firma Siemens den lebenden John Rabe aus der Arbeit
gejagt hatte, hat
sie inzwischen dem toten Rabe ein Denkmal gesetzt, indem
sie sein Haus
renovierte: Siehe den Beitrag in der WELT vom 1.11.2006:
http://www.welt.de/data/2006/11/01/1093933.html. Hier
kann auch Ernst
von Weizsäcker (1882 - 17501) genannt werden,
Vater des früheren
Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, der in der
Nazizeit als
Staatssekretär im Auswärtigen Amt blieb, wo er sich
einsetzte für die
"nichtarischen" früheren Mitglieder des Amtes. Freilich
ist er schuldig
geworden, weil er etwa durchaus auch Deportationsbefehle
für die
französischen Juden nach Auschwitz unterzeichnete. Doch
immerhin ließ
er sich schließlich in den Vatikan versetzen, wo er sich
bessere
Verbindungen ins Ausland als in Berlin erhoffte. Und
dort vermittelte
Weizsäcker auch zwischen dem Vatikan und dem NS-Regime.
Aufgrund seiner
Informationen konnte er auch die Juden Roms vor den
anstehenden
Deportationen warnen und ihre Verstecke in Klöstern und
katholischen
Pfarreien decken. Siehe allerdings auch unter Auswärtiges
Amt. Mich, den Verfasser dieser Website, fasziniert insbesondere Hans Calmeyer (1903 - 1972), der Rechtsanwalt aus Osnabrück, der auf verschlungenen Pfaden schließlich zum Referenten des Generalkommissars im von den Nazis besetzten Holland wird, um dort das Judenrecht nicht nur anzuwenden, sondern es auch zu gestalten. Und er interpretiert es so, dass zwischen 4000 und 6000 Juden das Leben gerettet wird! Natürlich, er ist kein Widerstandskämpfer und er will sich auch nicht in Gefahr bringen, indem er ganz offensichtlich Juden rettet. Und so muss alles seine Richtigkeit haben, doch er lässt als "ordentlicher deutscher Beamter" nicht nur eidesstattliche Versicherungen zu, dass "verdächtige Personen" in Wirklichkeit gar keine Juden sind, weil sie etwa aus angeblichen Seitensprüngen entstammen, sondern ermuntert indirekt noch dazu! Siehe dazu den Bericht in der WELT vom 23. 06.2003 http://www.welt.de/data/2003/06/23/123061.html. Auch erreicht er, dass das Recht "ordentlich" angewendet wird, dass also nicht jemand beweisen muss, dass er nicht Jude ist, sondern dass der Staat beweisen muss, dass jemand Jude ist. Und so gibt es schließlich in Holland ein ganzes Netz von Rechtsanwälten und Pfarrern, die gut gefälschte "Arierpapiere" herstellen mit raffiniert gealterter Tinte usw. (Von dem Verfahren, ihren <jüdischen> Sohn durch Benennung eines nichtjüdischen Zeugen, mit dem eine mit einem Juden verheiratete Frau angeblich eine Affäre hatte, zu "arisieren", hatte mir schon einmal ein "Halbjude" in New York berichtet. Seiner Mutter war dieser Tip in Königsberg direkt von einem Beamten einer Behörde gegeben worden, an den sie sich Hilfe suchend gewandt hatte. Weniger Glück hatten die Mitglieder der "Europäischen Union", einer Gruppe Widerstandskämpfer, der Oberarzt Georg Groscurth, der Architekt Herbert Richter, der Dentist Paus Rentsch, der Chemiker Robert Havemann, die unter anderem Juden falsche Papiere ausstellten. Sie wurden verraten und starben bis auf Robert Havemann (der kam dann wieder mit dem DDR-Regime in Konflikt) unter dem Fallbeil. Siehe Artikel in der WELT vom 22. Januar 2005 unter der Url.: http://www.welt.de/data/2005/01/22/391367.html.) Ein Widerständler ganz anderer Art war Kurt Gerstein, der - selbst bekennender Christ - sich "tarnte" und bewusst in die SS eintrat, um hinter die Kulissen in den "Feuerofen des Bösen" zu sehen und zu erfahren, was wirklich passierte. Und eher durch Zufall drang er als Spezialist tatsächlich dorthin vor - und berichtete davon in allen Details erschüttert u. a. dem schwedischen Gesandtschaftsrat Baron von Otter, den er am 20. August 1942 (bereits!) zufällig bei einer Zugfahrt traf. Baron von Otter gab seine Informationen auch weiter, doch nichts geschah... So war Gerstein auf sich allein gestellt und versuchte wenigstens, die Tötungsmaschinerie zu sabotieren, indem er vorgab, dass die Giftgase unbrauchbar seien, weil sie sich bereits zersetzt hätten. Gerstein starb unter mysteriösen Umständen - angeblich Selbstmord - 1945 als Kriegsverbrecher im Pariser Militärgefängnis Cherche-Midi. Seien Witwe kämpfte lange um seine Anerkennung als Widerstandskämpfer. Ohne
Polanskis Film
"Der Pianist" würde man sich wohl weder an den Musiker
Szpilman
erinnern noch an Wilm oder
Wilhelm Hosenfeld, den deutschen Offizier, der ihn
eine Zeitlang
rettete. Diesen begeisterten Pädagogen bewahrte sein
christlicher
Glaube vor der Mittäterschaft. Siehe Artikel in der WELT
vom
3. Juli 2004. Url des
Artikels:
http://www.welt.de/data/2004/07/03/299682.html. Die meisten Menschen scheinen grundsätzlich "Sch... in der Unterhose" zu haben. Dabei: Was würde ihnen eigentlich passieren, wenn sie sich davon befreiten? Am Ende könnten sie ja noch positiv auffallen... Und haben solche Möglichkeiten nur Menschen in höheren Positionen? Mitnichten! Schauen Sie sich einmal die Erzählung an beim Stichwort Recht der ersten Nacht - solche regelrechten Schweinereien konnten doch nur laufen, weil niemand Zivilcourage hatte! Ach ja, man kann nichts machen? Was wäre, wenn in dieser Erzählung jemand mal ganz grundsätzlich mit dem Gutsbesitzer geredet hätte, oder man hätte auch mit dem Mädchen selbst reden können oder man hätte auch mal zum Dorfpfarrer gehen können, damit der einmal mit dem Gutsbesitzer redet und notfalls das Verhalten des Gutsbesitzers von der Kanzel her bekannt macht und anprangert! Das waren doch Verstöße gegen die Zehn Gebote! Doch alle waren sie Spießer oder auch nützliche Idioten für das Böse! Und heute? Spricht Sie nicht das Gespräch 2 dieser Website an oder die Seite über Kindererziehung? Es gibt doch Möglichkeiten, etwas zu ändern! Und Ihnen passiert doch gar nicht einmal etwas dabei! Gehen Sie doch einmal zu Ihrem Pfarrer und legen Sie ihm das Material hier vor! Engagieren Sie sich! Und hier noch ein ganz großartiges Beispiel von Zivilcourage - auch aus der Nazizeit. Und hier ist auch der "hohe Preis" akzeptabel, den die Frau dafür zahlte: Die Heldin von Radom - Irene Gut - rettete zwölf Juden das Leben
Andere
Helden der
Zivilcourage sind auch der "polnische Wallenberg" Henryk
Slawik,
der bis 1944 in Ungarn tausende Juden rettete. Siehe
unter der Url: http://www.welt.de/data/2004/01/31/230612.html
(abgesehen
natürlich vom
schwedischen Wallenberg selbst, der nach dem Krieg in
sowjetischen
Lagern verschwand) und der Leica-Fabrikant Ernst
Leitz, der
etlichen jüdischen Mitbürgern während der Nazizeit zur
Flucht verhalf,
siehe Beitrag in der WELT vom 9.2.2007 (der Beitrag
ist zu finden über
"Ganzseitenarchiv, Magazin". Zivilcourage im
Angesicht des Todes. Ich
gebe hier eine Mail
wieder, die ich erhalten habe: Es
geht um den Präsidenten des (Nazi-)Volksgerichtshofs
Freisler.
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