Ob VERANLAGUNG oder Erziehung für das Schicksal eines Menschen letztlich verantwortlich sind, ist bisher nicht restlos geklärt. Gibt es Menschen, die sozusagen etwa zum Genie oder zum Verbrecher, zur Prostituierten oder zur braven Ehefrau geboren sind, oder sind die Menschen immer nur Produkt ihrer Umwelt, schauen also die jungen nur alles von den alten ab? Gibt es gar bestimmte Völker, bei denen die Menschen eher die Veranlagung zu genialem oder eben zu kriminellem Verhalten haben als bei anderen Völkern? Für die offenkundige Tatsache, daß geniales oder kriminelles Verhalten in manchen Kulturen oder auch Völkern besonders häufig zu finden ist, lassen sich nun stets auch genügend andere Gründe als ausgerechnet Veranlagung finden. Und gerade von unserem christlichen Glauben her müssen wir ganz entschieden die Behauptung zurückweisen, daß es vor allem im Hinblick auf gut und böse von vornherein festgelegt ist, was aus einem Menschen einmal wird. Eine unterschiedliche Prägung bezieht sich vermutlich allenfalls auf besondere Talente, ob jemand etwa eher mathematisch oder künstlerisch begabt ist, oder auf die Art und Weise, wie er eine Aufgabe angeht. So wird der eine Mensch vielleicht von seiner Natur aus eher bedächtiger, ein anderer spontaner sein, doch Endgültiges ist auch hier noch nicht gesagt. Viel hängt nun einmal davon ab, ob ein Mensch seit frühester Kindheit vor allem eher brauchbare Informationen erhält, die ihm von seinem Vorverständnis her auch zugänglich sind, und ob er damit dann auch diejenigen Erfolgserlebnisse hat, die ihn immer wieder bestärken und damit sicherer machen. Ein Mensch, der dies alles erfährt, wird sich ganz zwangsläufig anders - und wahrscheinlich positiver - entwickeln als ein Mensch ohne solche Informationen und Erlebnisse. Und sind solche Informationen nicht auch heute noch das Problem schlechthin? Überdenken wir doch einmal, welche unterschiedlichen Informationen in den verschiedenen Kulturen und sogar schon in verschiedenen Familien und Gesellschaftsschichten jungen Menschen zugänglich gemacht werden und welche nicht und daß sich ein Informationsmangel durchaus völlig verschieden auswirken kann. (Es gibt heute die sogenannte Chaostheorie: Sie besagt, daß bisweilen kleinste Störungen gewaltigste Auswirkungen haben, so ist es denkbar, daß der Luftzug, der bei einem Schmetterlingsflügelschlag entsteht, schließlich die gesamte Wetterlage verändert und sogar einen tropischen Wirbelsturm auslöst. Warum sollten also nicht rein äußerlich nebensächlichste Informationen und Eindrücke, die zumindest für alle Menschen unterschiedlich sind, beim einzelnen Menschen vergleichbare Auswirkungen haben?) Statt also die Veranlagung für die Entwicklung eines Menschen etwa für sein späteres kriminelles Verhalten verantwortlich zu machen, sollten wir vielmehr Lebensalter (siehe Kairos), Informationsvermittlung und Gruppenzwang in Beziehung setzen. So scheint es als sicher zu gelten, daß Kinder im Alter um acht Jahre besonders anfällig für das Erlernen kriminellen und gewalttätigen Verhaltens sind (WELT vom 20.11.92), ja daß sich ihr Wertesystem ("ihre Moral") in diesem Alter bildet. Und gerade in dieser Zeit werden ja in unseren Kulturen immer noch die jungen Leute in den Fragen nach dem Sinn des Lebens und nach Gut und Böse, also in den wichtigsten Fragen von Religion und Moral unmittelbar von den dafür Verantwortlichen noch am meisten belogen (siehe Lüge und Verarschung). Zudem resultiert ja oft genug das Böse aus verschiedenen Komponenten, die an sich gar nicht einmal ausgesprochen böse sind. Wundert uns da noch das Verhalten so vieler Menschen, denen einfach ein entsprechender Überblick und eine zugkräftige Korrektur für alle möglichen Fehlinformationen fehlt? Eine Veranlagung zu leib-seelsicher Erfüllung scheint es doch zu geben Allerdings scheint noch etwas anderes bedenkenswert: Nach unseren heutigen Erkenntnissen ist der Mensch in der Wechselwirkung von Mutation und Selektion seit einigen Zigmillionen Jahren von Afrika ausgehend entstanden. Wenn es bei uns Menschen nun tatsächlich bestimmte fest verankerte Veranlagungen gibt, dann dürften sie eng mit unserer Entstehungsgeschichte verknüpft sein. Neben den vielfältigen eher körperbezogenen Verhaltensweisen sind also gewiß auch bestimmte seelische Verhaltensweisen festgelegt. Und wie werden diese Verhaltensweisen nun besser gesteuert als mit natürlichen Mechanismen und mit von der Natur eingeplanten Rauscherlebnissen, also über Hormone? Diese Website geht also davon aus, daß das mit den Veranlagungen des Menschen eine sehr problematische Sache ist, zumindest wird dieser Begriff sehr oft falsch verstanden. Eher können wir von natürlichen Mechanismen reden, die in menschlichen Verhaltensweisen verankert sind. Dabei kam es vermutlich auch zu dem, was wir heute mit Moral bezeichnen (allerdings einer "natürlichen", "wirklichen"): Es scheint Gesetz in der Natur zu sein, daß jedes Lebewesen irgendwie versucht, gerade sein eigenes Erbgut, also seine Gene, erfolgreich an die Nachwelt zu vererben. Für die "Männchen" würde das bedeuten, daß sie möglichst viele "Weibchen" mit ihrem Sperm "versorgen", weil dann die Chance für die Weitergabe ihrer Gene am größten ist, daß sie also mit möglichst vielen Weibchen sexuell verkehren. Für die Weibchen wäre ein solches promiskuitives Verhalten (siehe Promiskuität) nun keinesfalls von Vorteil, allein wegen der langen Dauer der Schwangerschaft und der Notwendigkeit der Versorgung des Kindes noch viele Jahre nach der Geburt würden sie bei einem dauernden Partnerwechsel schließlich gar keinen Nachwuchs mehr erfolgreich großziehen. Für die erfolgreiche Weitergabe ihrer Gene wäre es also für ein Weibchen allerdings wichtig, einen zuverlässigen und starken Partner zu finden und an sich zu binden, der ihm vor allem auch Schutz und Sicherheit bietet und der ihr bei ihrer Versorgung und der des Nachwuchses mithilft. Die bei den Menschen gesteigerte Sexualität und das Vergnügen dabei auch auf Seiten des Weibchens bis hin zum Orgasmus hat hier Belohnungsfunktion, beide halten auch schon deswegen zusammen, zumal es für die Männchen auch zumindest auf Dauer schwierig sein dürfte, immer neue Weibchen zu finden, die bereit sind, sich ein Kind von ihm andrehen lassen, das er dann doch nicht versorgt. Diejenigen Beziehungen, bei denen dieses Zusammenspiel der unterschiedlichen Interessen nun am besten funktioniert, haben die größten Chancen für die Weitergabe ihrer Gene. Wir können also durchaus davon ausgehen, daß ein Großteil des menschlichen Gehirns nur deswegen existiert, damit etwa Weibchen sich die geeigneten Männchen aussuchen und an sich binden, allerdings muß das Gehirn auch entsprechend "programmiert" werden. Und wenn wir bedenken, daß ein Männchen dank der Einrichtung des in der Natur ansonsten unüblichen oder zumindest mangels dafür ausreichendem Denkvermögen unbedeutenden Jungfernhäutchens wenigstens in etwa überprüfen kann, ob ein Weibchen auch tatsächlich ausschließlich an seinen Genen interessiert ist, haben wir sozusagen ein natürliches Angelegtsein auf Sexualmoral vor uns, es scheint also tatsächlich eine natürliche Sexualmoral zu geben. Es besteht nun kein Grund zur Annahme, daß sich solche menschheitsgeschichtlichen Prägungen durch ein paar tausend Jahre Kulturgeschichte verändert haben, sie sind folglich also auch heute noch gültig. Doch können sie natürlich auch nur unter denselben oder zumindest in wesentlichen Bereichen ähnlichen Umständen wie früher funktionieren, also vor allem ohne diejenige Entfremdungen, die mit unseren jeweiligen Kulturen gegeben sind. Und eine entscheidende Entfremdung hängt gewiß einerseits mit unserer fehlenden Informiertheit über das andere Geschlecht (siehe Information), andererseits mit den kulturbedingten Ängsten und Tabus zusammen, für die als Indiz nun gewiß die (Sexual-)Scham gesehen werden muß. Denn durch das alles kommen Spannungen in unsere Beziehungen auch und gerade im Zusammenhang mit der Partnerwahl, die so von der Natur gewiß nicht vorgesehen waren. So können sich Dinge in unsere Phantasie drängen, die eine sinnvolle und nüchterne Partnerwahl sozusagen von vornherein unter einem schlechten Stern stehen lassen. Eine Partnerwahl, die im Sinn der Natur vernünftig ist, kann also vermutlich nur stattfinden, wenn wir wieder also beispielsweise zu einem normalen Verhältnis zur Nacktheit einerseits und zur Information andererseits zurückfinden. Wir können davon ausgehen, daß die Adam-und-Eva-Erzählung auf ihre Weise genau die Situation beschreibt, wie der ursprünglich nackte Mensch, der gemäß seiner Veranlagung mit sich und der Welt als Mann und als Frau in Harmonie lebt, diese Harmonie durch einen verfehlten Umgang mit seiner Veranlagung zu leibseelischer Beziehung zu einem anderen Menschen zerbricht (siehe Sündenfall). Zwar war in den Augen der Verfasser noch die Nacktheit gegeben, doch die Information war auf ein mythologisch begründetes Verbot geschrumpft, und das reichte natürlich nicht aus! Wir haben also mit dieser Erzählung ein typisches Beispiel vor uns, wie uns Kulturen und Gesellschaften, die mit Verboten arbeiten, und das sind nun einmal die Patriarchate, von unserer Veranlagung entfremden. Die Idee wirklicher christlicher Erlösung ist, diese Entfremdung unserer Veranlagung rückgängig zu machen. Zur Problematik, was wirklich wahr ist, siehe auch unter Beweise! (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama) |