SEXUELLE BEFREIUNGMeine Schüler haben mich oft nicht verstanden, was ich in meinem Religionsunterricht wollte, wenn ich von sexueller Enthaltsamkeit redete. Irgendwie sahen sie in der immer nur Zwang, Ängste, Verklemmtheit, Leibfeindlichkeit und mangelnde Emanzipation besonders bei Mädchen. Und von alledem müsse insbesondere frau sich eben befreien. Dass sich gerade frau in eine erneute Unterdrückung begibt, konnten die jungen Leute irgendwie nicht sehen. In meiner Not zeigte ich den Schülern nun
den amerikanischen Spielfilm "Kids", der einen
Einblick in die Jungendkultur Amerikas bietet. Tejjy,
der Hauptdarsteller, geht mit seinem Freund Casper
eine Wette ein, dass es ihm gelingt, an enem Tag zwei
Mächen zu entjungfern. Und es gelingt ihm. Dass er die
beiden Mädchen auch noch unwissend mit Aids ansteckt,
kommt zu der primitiven Einstellung des Jungen noch
hinzu. Doch sein Erfolg bei den Mädchen lag ja nicht
nur an ihm, die Mädchen machten ja auch mit,
möglicherweise hatten die auch so einen Spleen von
sexueller Befreiung im Kopf. Ich hatte den Eindruck, dass bei meinem
Kommentar zum Film, dass die Mädchen "für so etwas"
eigentlich zu schade sind, die jungen Leute doch etwas
nachdenklich wurden. So wunderbar und problemlos
scheint also diese sexuelle Befreiung doch nicht zu
sein. Von meiner Schwester erfuhr ich noch eine
andere Begebenheit, die ich dann auch an die Schüler
weiter gab: Da war also eine junge Lehrerin, die mit
ihrem Freund, einem Jurastudenten, vereinbart hatte,
dass sie befreundet sind und auch zusammen wohnen
(inklusive Geschlechtsverkehr), doch dass sie dabei
völlig frei bleiben und wieder auseinander gehen
können und keine Ansprüche an den anderen stellen. Na
ja, wie es heute oft so läuft. Nach sieben Jahren, als
der männliche Partner sein Juraexamen bestanden hatte,
machte dieser von dieser Vereinbarung Gebrauch, packte
seine Sachen und verließ die Lehrerin, bei der der
"Lack der Jugend" nun anfing zu zerbröckeln. Soll das
sexuelle Befreiung sein? Ich stelle mir die anders
vor. Natürlich, das Leben geht weiter. Doch
man muss etwas aufarbeiten. Ob das nun wirklich so
richtig gelingt? Nicht zuletzt könnte man doch die
Energie, die die Aufarbeitung verbraucht, doch lieber
in die richtige und wirklich schöne Beziehung stecken. Ja, was ist, wenn der Mensch von Natur
aus ein monogames Wesen ist, also auf die
Partnerschaft und Liebe mit einem einzigen Menschen
ausgerichtet ist? Dann würden doch andere und nicht
wirklich gelingende Beziehungen letzten Endes Traumata bedeuten. Und bedenken wir: Das Problem, dass wir
Menschen trotz aller sexueller Befreiung immer noch
die (Sexual-)Scham brauchen
und dass Zweidrittel aller Frauen trotz aller
sexuellen Befreiung nie einen Orgasmus
erleben, bleibt nach wie vor. Die sexuelle Befreiung
scheint also nicht unserer menschlichen Natur zu
entsprechen. Ich halte also diese Art "sexueller
Befreiung" eher un-menschlich und un-natürlich. Warum nur müssen wir immer
das Kind mit dem Bade ausschütten? Natürlich, so wie das alte Moralmodell
war, so mit Zwängen, Ängsten und Drohungen, mit
falschen oder unvollständigen Informationen, mit Gewalt
und Bevormundung, mit Verklemmtheit
und Leibfeindlichkeit,
so geht es natürlcih nicht. Das alles schreit doch
geradezu nach so etwas wie "sexueller Befreiung". Doch
geht es nicht auch anders, siehe etwa "christliche
Sexualerziehung"? Der Vorteil fester Regeln Niemand
käme auf die Idee, für den Straßenverkehr auch die
Abschaffung aller Regeln zu fordern, so dass jeder
fahren kann, wie er will oder nach Lust und Laune.
Ja, welche Vorteile haben hier nicht "feste
Regeln"? Wir können uns doch dank derer darauf
verlassen, dass sich andere auch an sie halten.
Und so können wir zum Beispiel völlig andere
Geschwindigkeiten fahren, als wenn es diese Regeln
nicht gäbe. Waren Sie, lieber Leser dieses
Stichworts, einmal in einem Land, in dem rote
Ampeln eher wie blinkende Diskobeleuchtungen sind?
Von einer flotten Fahrweise kann doch da keine
Rede sein. Schöne Freiheit? Wohl kaum. Für
Autofahrer sind diese festen Regeln einfach
die Grundbedingung für schnelles
Vorwärtskommen und Spaß am Autofahren. Feste
Regeln haben auch bei der
Sexualität ihre absoluten Vorteile! Und
wir könnten uns darauf verlassen, dass sich andere
auch unbedingt daran halten? Wieviele Ängste und Sorgen,
wieviel eigentlich überflüssiger Aufwand müsste
dann nicht mehr sein? Das wäre dann wirkliche Befreiung, wirkliche Emanzipation, wirkliche Revolution, und sicher auch ein wenig Paradies ... (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama) |