KEIN SEX VOR DER EHE (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

"KEIN SEX VOR DER EHE" oder "WAHRE LIEBE WARTET"

Forschungsergebnis und Kommentar zu den entsprechenden der Kampagnen zur Enthaltsamkeit .

Man kann es schon fast als Gottesbeweis ansehen, dass solche Mauerblümchenaktionen nie gelingen!

Eine Notiz in der WELT vom 27.10.2007 gibt Anlass zum Nachdenken:

Null Bock auf „No Sex"

Kampagnen, mit denen Jugendliche zur Keuschheit motiviert werden sollen, sind immer erfolglos und bewirken manchmal sogar das Gegenteil.

Das ergab die Auswertung von 13 Enthaltsamkeitsstudien, an denen 15 940 Jugendliche teilgenommen haben. Kristen Underhill und ihre Kollegen von der Universität Oxford stellten fest: Keine Kampagne hatte Einfluss auf die Häufigkeit von ungeschütztem Geschlechtsverkehr, auf die Zahl der wechselnden Partner, auf die Verwendung von Kondomen oder auf das Alter beim ersten Sexualkontakt. Eine der Kampagnen bewirkte überdies einen gegenteiligen Effekt: Die daran teilnehmenden Jugendlichen hatten sogar häufiger Sexualkontakte, und auch die Zahl sexuell übertragener Krankheiten war unter ihnen erhöht. Is


Und hier der Kommentar:

Zunächst: Mir geht es nicht darum, jungen Leuten den Spaß am Geschlechtsverkehr vor der Ehe madig zu machen. Das Problem ist jedoch, dass viele junge Menschenmit solchem Verkehr in Beziehungskisten hineinschlittern, die sie nicht mehr rückgängig machen können und die sie hinterher sehr bereuen. Und dass sie auf diese Weise schließlich überhaupt nicht mehr zu vernünftigen Liebesbeziehungen in ihrem Leben kommen oder/und dass sie Traumata erleben, die sie nicht oder kaum verarbeiten können. Haben Sie einmal überlegt, dass der Zwang nach Badebekleidung höchstwahrscheinlich auf ein Kollektivtrauma hinweist, das dann auch noch an die jungen Leute weiter gegeben wird, die noch gar nichts mit Sexualität zu tun hatten? Immerhin hat ja nach einer Untersuchung der Firma Durex (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/232298/umfrage/durchschnittliche-anzahl-der-sexualpartner-in-europaeischen-laendern/ jeder junge Deutsche zwischen seinem 15. und seinem 20. Lebensjahr im Durchschnitt 4,7 Geschlechtsverkehrpartner. Ob das der echten Liebe "mit dem Richtigen" gut tut, das wage ich doch sehr zu bezweifeln. Und es ginge doch leicht auch anders - und würde vielleicht auch noch mehr Spaß machen.

Es ist nun mein Engagement, dass voreheliche Enthaltsamkeit nur im großen Zusammenhang erreicht werden kann. Enthaltsamkeit muss Spaß machen, sie muss einen moralischen Wert haben, unverklemmt, attraktiv und intelligent sein und Strategien der Menschenkenntnis beinhalten, um erst einmal vernünftige Kameraden zu finden. Irgendwann kam ich darauf, dass zumindest eine Phase des Spaßes an unschuldiger Nacktheit erlebt werden muss, um die nun einmal leider übliche Leibfeindlichkeit zu überwinden, die einer echten Moral im Wege steht. 

Und das läuft mit den gängigen Kampagnen "Kein Sex vor der Ehe" nun einmal nicht! Es gibt Grundsätze einer guten Werbung, doch so, wie üblicherweise Reklame für die voreheliche Enthaltsamkeit gemacht wird, widerspricht das absolut allen diesen Grundsätzen. Die gängigen Kampagnen sind zutiefst leib- geist- und seelenfeindlich und mitnichten automatisch der Schlüssel zu einer guten Ehe und können sogar Herrschaftsinstrument der Alten gegen die Jungen und/oder der Religionen gegen die normalen Menschen sein – sie sind also kontraproduktiv für die Moral und machen keinen Spaß! Welcher junge Mensch hat schon an Mauerblümchenideologien Spaß?

Der Theologe und Philosoph Rupert Lay hat einmal gesagt, dass man unter Moral zwei verschiedene Sachverhalte verstehen kann, einmal eine Moral im Sinn von Sittsamkeit und dann eine Moral im Sinn von Sittlichkeit. Dabei ist die im Sinn von Sittsamkeit die, dass es es so aussehen soll, als sei man moralisch, und die im Sinn von Sittlichkeit, dass man es wirklich ist. Und den meisten Menschen geht es leider immer nur um eine Moral im Sinn von Sittsamkeit, die im Allgemeinen nichts oder nur herzlich wenig mit wirklicher Sittlichkeit zu tun hat und auch nicht mit ihr zusammen hängt. Wenn sich junge Menschen nun schließlich doch nicht im Sinn dieser Kampagnen verhalten, dann kann das eigentlich nur daran liegen, dass sie bei ihnen keine wirkliche Sittlichkeit bewirkt sondern allenfalls auch noch die Sittsamkeit verstärkt haben – und sie verhalten sich irgendwann entsprechend: Es soll weiter so aussehen, als seien sie moralisch, daher pochen sie auf ihre Badehosen und Bikinis, doch das, um was es eigentlich gehen sollte, darum scheren sie sich nicht, zumal es dafür ja heute genau dafür so phantastische und zumindest zunächst einmal so einleuchtend erscheinende Rationalisierungen gibt.

Was also Not täte, wäre also eine deutliche Überwindung der Sittsamkeit, damit die jungen Menschen frei werden können für die Sittlichkeit!

Mir wird nun immer wieder unterstellt zu meinen, wenn alle nackt herumliefen, dann wäre die Welt in Ordnung.

Diese Unterstellung ist Unfug. Ich bin gegen die Leib- UND die Geistfeindlichkeit. Die irrationale Scham (zwanghaftes Verstecken bestimmter Körperteile) fungiert besonders bei jungen Menschen immer noch als Ersatzmoral oder auch als Scheinmoral. Und wenn etwas ein Ersatz oder etwas nur Scheinbares ist, dann bedeutet das doch, dass es es nichts Echtes, nichts Gewachsenes, nichts Gesundes, nicht wirklich Verarbeitetes und nicht wirklich Funktionierendes ist. Man kann es allerdings auch nicht einfach entfernen, weil es ja für etwas steht, also muss man stattdessen etwas Vernünftiges hinstellen. Denken wir an einen Menschen mit einem Holzbein oder eben Ersatzbein. Wenn man ihm sein Ersatzbein weg nimmt, dann ist ihm nun wirklich nicht geholfen und bei Gelegenheit verliert er seine Balance und bricht zusammen. Doch ein Holzbein ist auf alle Fälle auch immer nur ein Behelf, also eine Scheinlösung, die letztlich eben doch nicht richtig funktioniert; was ihm nun einmal fehlt, ist ein echtes, gesundes Bein! Und in unserem speziellen Fall muss also nun auch etwas Echtes hinkommen – und das kann doch nur etwas von Natur aus Angewachsenes sein, und was kommt hier denn anderes infrage als der Geist des Menschen? Der (eigene) Geist eines Menschen muss also für den Schutz der (eigenen) Moral wieder zuständig werden. Ja, wie war denn die alte frühchristliche Forderung: Der Mensch braucht eine Rüstung aus sinnvollem, vernünftigem Geist, also aus "heiligem Geist" (woraus später dann eine dritte göttliche Person „Heiliger Geist“ wurde – und futsch war der „sinnvolle, vernünftige Geist“, um den es eigentlich geht)!

Das Problem beim Thema „Moral“ ist also, dass der Mensch und auch und gerade der junge für wirkliche Moral etwa Menschenkenntnis und Lebensklugheit braucht, doch gerade durch Verhaltensregeln mit Dogmencharakter (also die "Badehosenmoral") ist diese Menschenkenntnis und Lebensklugheit verkümmert, weil sie nicht nachgefragt wird, so wie Muskeln verkümmern, wenn sie nicht gebraucht werden, und sich auch gar nicht erst entwickeln. Also daher ist diese Sexualscham für mich auch zutiefst leib-, geist- und schließlich auch seelenfeindlich und also „vom Teufel“!

Warum ist das nun so schwer, die Geist- und Seelenfeindlichkeit hinter der Leibfeindlichkeit zu sehen? Die Lebensklugheit beim Umgang mit anderen Menschen muss wieder im Vordergrund stehen. Und die geschieht im Zusammenhang mit dem Spaß an der Nacktheit – garantiert ohne Seelenkater! – erfahrungsgemäß eher als beim Beischlaf, aus welchen Gründen auch immer sind die jungen Menschen hier viel bewusster und kritischer.

Ohne voreheliche sexuelle Enthaltsamkeit keine echte Monogamie und letztlich auch kein echter Monotheismus

Ja, warum wird hier aus dem Thema "Kein Sex vor der Ehe" so ein Gedöns gemacht? Ganz einfach: "Sex vor der Ehe" hängt immer mit einem Probierverhalten zusammen, das letztlich eine Abkehr von der echten Einehe ist. Man mag ja selbst gutgläubig sein und an die einzige Liebe denken. Doch ob der Partner auch so denkt oder ob er gar so etwas wie eine sexuelle Befreiung oder auch nur einen Einstieg in die Sexualität (nach dem Motto "Der Erste ist sowieso nix, bei dem lernt man nur, oder die ist sowieso nur Übungsmatratze")  im Kopf hat, was er nur gut verschleiern kann? Und was soll ein Partner davon halten, wenn einem die Eheschließung offensichtlich als Bedingung für den Geschlechtsverkehr gleichgültig ist? Immerhin gäbe es ja zumindest eine Alternative - siehe das Konzept "Zuerst einmal Spaß an unschuldigen Paradieserlebnissen". Wie Pädagogen (Eltern, Lehrer, Pfarrer) junge Menschen ensprechend motivieren können, siehe unter Einstieg.

Wo bleibt hier die theologische Wissenschaft?

Und wenn das Thema doch so wichtig ist, warum wird dann nur so unprofessionell oder gar nicht geforscht? (Eine Forschung in einer Angelegenheit, die mit der Praxis zu tun hat, müsste doch immer nach dem Verfahren ablaufen: Theorie - Überprüfung der Theorie in der Praxis - Erfolgskontrolle). Es müsste doch zumindest schon von denen, die so eine Kampagne wie "Kein Sex vor der Ehe" durchführen, eine Erfolgskontrolle gemacht werden - doch offensichtlich völlige Fehlanzeige, eine Untersuchung hier kam "von außen". Und manche Pädagogen und Theologen machen sogar immer weiter, der Erfolg scheint überhaupt nicht zu interessieren. Allenfalls werden äußere Einflüsse (siehe etwa Medien) oder genetische Bedingtheiten der jungen Menschen, die man nicht beeinflussen kann, dafür verantwortlich gamacht, dass die eigenen Kampagnen nicht gelingen. Die Frage stellt sich hier, was solche Pädagogen und Theologen, die so denken und handeln, für eine Wissenschaftsaauffassung haben. Wissenschaftlichkeit gerade in so einer Frage bedeutet doch, alles auf den Prüfstand zu stellen, um Ursachen herauszufinden, die man beeinflussen oder sogar völlig andern kann, also etwa die Wirksamkeit des Glaubens, der Schamgefühle, der Ekelgefühle. Und es gibt doch immer etwas, was man ändern kann! Und es gibt doch auch die Möglichkeit einer christlichen Sexualerziehung, die für alle jungen Christen doch eigentlich normal sein sollte. Wenn man das nun nicht tut bzw. nicht nutzt, dann sieht das doch danach aus, dass man gar keine Änderung will - oder?

Die Chance der Beichte.

Ich habe einmal einen befreundeten Ex-Priester (er wurde von seinem Orden sozusagen rausgemobbt, weil er direkt unter der Gleichgültigkeit und Gefühlskälte litt, die seine Ordensbrüder und -vorgesetzten praktizierten, und der insbesondere bei der Sexualmoral der Jungend etwas ändern wollte) gefragt: "Als du noch Priester warst, sind sicher doch schon mal Mädchen zu dir zur Beichte gekommen, die sich anklagten, dass sie mit dem Sex angefangen hatten und dass ihnen das jetzt sehr leid tut? Was hast du da gesagt?" Er: "Na ja, so etwas vom schwachen Fleisch und von der Vergebung Gottes..." Und ich darauf: "Bist du eigentlich nie auf die Idee gekommen, hier ein Feedback zu sehen und das Spiel Beichtvater-Beichtkind also einmal herumzudrehen und das "Beichtkind" zu fragen: `Was haben wir Priester und sonstige Seelenhirten eigentlich falsch gemacht, dass du so blind in die Sünde hineingeschlittert bist? Hätte es da keine Alternative gegeben?´" Und wieder er: "Nein, auf die Idee bin ich leider gar nicht gekommen, ich war offensichtlich zu sehr gefangen in meiner Theologie...."
Die Idee, die Beichte auch als Feedback  zu sehen, um aus den Fehlern von Menschen zu lernen, um Konzepte zu entwickeln, anderen zu helfen, diese Fehler zu vermeiden - zum Wohle des Gottesvolkes, habe ich schon vor über vierzig Jahren in einer Seminararbeit bei der Theologischen Fakultät in Innsburck vertreten. Die Seminararbeit wurde mit "gut" bewertet. Doch als ich ähnliche Ideen dann in meiner Diplomarbeit an der Theologischen Fakultät (kath.) in Münster vertrat, alarmierte der Professor den zuständigen Bischof, der mich dann nicht mehr als Priesterkandidat  wollte... Immerhin konnte ich dann in einem anderen Bistum Religionslehrer werden - und habe einiges aus beichteähnlichen Gesprächen gelernt.

Anmerkungen: Wann merken die ach so frommen und bibelgläubigen Leute eigentlich, dass Gott ihre Verklemmtheit oder auch Leib- und Geistfeindlichkeit bei der Erziehung junger Menschen zur (Sexual-)Moral partout nicht will? Wir beten im Vaterunser, dass Sein Wille geschehe. Und wie sollte Er Seinen Willen denn sonst mitteilen, als dass er solche Erziehung zur Verklemmtheit einfach nicht gelingen lässt? Im Übrigen stehe ich mit meiner Idee einer unschuldigen Nacktheit aus einer christlichen Ethik heraus auch in „neuerer Zeit“ gar nicht so alleine da. Der englische Humanist und Märtyrer Thomas Morus (1478 – 1535), der immerhin 1935 heilig gesprochen wurde, befürwortet in seinem Roman „Utopia“, in dem es um eine utopische heile Welt geht, dass die Brautleute vor der Eheschließung einander nackend vorgestellt werden, damit sich nicht unter der Kleidung irgendetwas verbirgt, was die Eheleute später, wenn sie nicht mehr zurück können, abstößt und die Ehe verleidet (Reclam-TM 513, S. 107f). Da diese Methode nun ganz bestimmt etwas krampfig ist, wird hier eben eine sinnvollere vorgeschlagen. Und: Natürlich weiß ich, dass das mit der Nacktheit für junge Leute eine heikle Sache ist. Doch wer hier gleich immer alles verteufelt, der schüttet doch das Kind mit dem Bade aus und erreicht schließlich nur das Gegenteil von dem, was er eigentlich wollte, oder zumindest so tat, als ob er das wollte.