EINSTIEG IN EINE MODERNE CHRISTLICHE SEXUALMORALPÄDAGOGIK
– oder besser „Einstieg in eine moderne Pädagogik der Liebe“ Ein
absolut schwieriges Unterfangen, weil es einfach
bei Eltern und jungen Leuten üblicherweise jede
Menge an Missverständnissen und Assoziationen gibt, die
das, was man beabsichtigt, bei den Angesprochenen sehr oft genau
ins Gegenteil verkehren. Doch das darf einen Pädagogen
nicht abschrecken – er muss einfach wissen, woran es
liegt – und es gibt schließlich auch immer wieder Wege,
Fehler zu vermeiden und auch zu korrigieren. Ein
völlig
untaugliches Verfahren ist jedenfalls die aus den U.S.A.
kommende Kampagne "Kein Sex vor
der Ehe", die funktioniert erfahrungsmäßig schon
gar nicht. Untauglich ist auch, immer nur alles auf
"böse Buben" zu schieben, die es angeblich sind, die den
Sex wollen und die "braven Mädchen" nicht in Ruhe
lassen. Nicht nur einmal habe ich von Mädchen gehört:
"Wir wollten das doch." Oder auch: "Ich hatte mir den
auch noch ausgesucht." Hier ein weiteres negatives Beispiel: Ich hatte einen befreundeten Pfarrer (ev.-ref.) den Link zu dem Forum www.gutefrage.net/frage/mit-jungs-duschen geschickt, an dem ich mich beteiligt habe, und ihn gebeten, auch dazu etwas zu schreiben. Er fand das Forum nun so gut, dass er es als Ansatz in seinem Konfirmandenunterricht für geeignet hielt und dann auch verwendet hat. Doch er hat damit einen vollen Bauchklätscher gelandet. Die jungen Leute wollten einfach nicht, sie protestierten und weigerten sich, ihm zu folgen. Wie kommt´s? Der Pfarrer hatte bei seinem Einstieg im Hinterkopf, dass die Scham nur eine Scheinmoral ist usw., was ich also in der Website so schreibe, und wollte seine jungen Leute für eine echte Moral motivieren. Doch die jungen Leute hatten genau das Gegenteil im Hinterkopf von dem, was er in seinem hatte! Und so ging sein Ansatz voll daneben. Ja, was lief nun falsch? Wir müssen davon ausgehen, dass gerade junge Leute von Natur aus hochmoralische Wesen sind, sie wollen also nicht nur so eben moralisch sein, sondern es drängt sie sogar etwas in ihnen, moralisch zu sein. Und nach ihren Moralvorstellungen ist nun einmal die Scham sowohl ein Indiz für Sexualmoral als auch die Grundbedingung für Sexualmoral schlechthin und sie verbinden Nacktheit mit Unmoral und Hurerei. Und wenn nun jemand ihre Bikinis und Badehosen, also die Scham, in Frage stellt, dann läuten bei ihnen alle Alarmglocken (im Übrigen auch die der Eltern). Denn derjenige, der so etwas macht, gilt für sie als anormal, pornografisch, unmoralisch, pädophil, pervers und was es sonst noch alles an Verdammungsurteilen gibt. Und wenn dieser Jemand nun ein Religionslehrer ist, dann ist der eben ein Pornoreligionslehrer, und wenn der ein Pfarrer ist, dann ist der ein Pornopfarrer, der sie von ihrer Moral abbringen möchte. So
einfach ist das also. Für das Mädchen in dem Forum, das
in einem Jungenfußballverein ist, mag der Ansatz, ob es
zusammen mit den Jungen duschen kann, richtig sein. Denn
das Mädchen kloppt sich auf dem Fußballplatz mit den
Jungen, sieht sich als Kamerad, diskutiert mit den
Jungen über den Fußball und über was sonst noch – und
fragt sich natürlich irgendwann, warum es nicht auch wie
die Jungen in die Gemeinschaftsdusche gehen soll. Doch
in dieser Situation sind die üblichen Konfirmanden wie
auch die sonstigen typischen jungen Leute nun nicht –
und sie können sich auch überhaupt nicht in diese
Situation hineinversetzen. Also ist dieser Einstieg bei
Konfirmanden nur unglücklich oder sogar falsch (doch das
weiß man nach der Methode "Versuch und
Irrtum" erst hinterher). Anmerkung:
Gefühle werden bei uns Menschen nun einmal durch Hormone
gesteuert. Berühmt ist das Oxytocin,
das gebildet wird, wie es gebraucht wird. Bei so einer
Rauferei mit Jungen auf dem Fußballplatz wird nun jede
Menge davon bei einem Mädchen gebildet. Es ist nicht nur
wie in einem Rausch, es ist ein Rausch - und was liegt
näher, diesen Rausch noch zu steigern. Und da es ein
unschuldiger Rausch ist, kommt auch nur eine unschulige
Steigerung infrage, also ist das Mädchen für genau die
offen. Die anderen jungen Leute, die diesen Rausch nicht
kennen, haben für irgendetwas in dieser Richtung
allerdings überhaupt kein Verständnis. Also darf man
ihnen auch nicht damit ankommen. Ja, wie es richtig machen? Mögliche Einstiege, die mir plausibel erscheinen, weil sie Gefühle ansprechen könnten, also durchaus etwas Oxytocin erzeugen könnten:
Vielleicht so etwas als Einstieg mit Fragen an die jungen Leute: „Ja, warum klatscht das Mädchen dem Jungen eine?“, „Was hatte das Mädchen im Hinterkopf, als es mit dem Jungen auf das Zimmer ging, was der Junge?“, „Was wollte das Mädchen, was wollte der Junge?“, "Was hatte das Brüderchen indirekt ausgeplaudert was das Mädchen besser nicht wissen sollte?", „Wie kann es sich vor solchen Casanovas schützen?“, „Was soll man als Lehrer oder Pfarrer hier machen?“, „Soll man sich einmischen oder alles laufen lassen?“
Und wenn gar nichts mehr geht, der "Holzhammer": Nach meinen Erfahrungen ist ein guter Einstieg immer noch der amerikanische Spielfilm „Kids“! Worum es in diesem Film geht: Der Film spielt in den Straßen von New York. Hauptakteure sind auf der Jungenseite zwei Freunde. Telly wettet mit Casper, dass es ihm gelingt, an einem Tag zwei Mädchen zu entjungfern (denn Entjungfern ist sein Hobby). Auf der Mädchenseite ist die Hauptakteurin Jenny, die erfährt, dass sie HIV-positiv ist und ihre Infektion von Telly haben muss, denn er war bisher ihr einziger Sexpartner. Sie erfährt nun auch, dass Telly ein weiteres Mädchen (Darcy) entjunfgern will – und will ihn informieren, dass er HIV-positiv ist, und ihn davon abhalten, das Mädchen zu infizieren. Ich halte den
Film für sehr gut. Denn er gibt die Einstellungen
junger Menschen sehr gut wieder, die ja auch in ihrem
Sexualverhalten keineswegs schlecht sind, sondern
sogar sehr gutwillig sind. Das Problem ist, dass sie
einfach falsche Vorstellungen haben und immer nur ihre
eigenen Einstellungen und nie auch die der anderen
sehen. Jedenfalls hatte ich den Eindruck, dass mich
meine Schüler anfingen zu verstehen. Die Mädchen haben
ja im Kopf, dass Sex nun einmal zur Partnersuche dazu
gehört, also muss frau eben irgendwann damit anfangen. Zum Leben
gehören doch auch Stolpersteine und Klippen und
vielleicht auch Schiffbrüche, doch es gibt sicher
immer eine Rettung, andere haben es ja auch geschafft.
Und diejenigen, die es nicht geschafft haben, hatten
eben keine gute Veranlagung, so einfach ist das für
viele. Also warum nicht "dieser Weg"? Mein Kommentar:
Wie sieht das in der Praxis aus? Für solche Wetten wie
in dem Film mit einem "solchen Einstieg" sind doch die
Mädchen eigentlich zu schade. Und was ist mit den
Jungen, die anständig sein möchten? Denen bleiben also
schließlich nur Mädchen übrig, die von solchen
Hallodris wie Telly mit AIDS angesteckt wurden. Und
wenn sie sich nicht angesteckt hatten, die jedoch wie
Spielzeug behandelt wurden und das nicht erkannt
haben, also eigentlich dumm waren? Ist dafür nicht die
Liebe zu schade? Ginge das alles nicht auch anders? Wichtig ist: die jungen Menschen müssen das Problem sehen, dass es schwierig bis unmöglich ist, die wahren Absichten eines anderen Menschen zu erkennen, schon gar nicht auf die Schnelle – so wie etwa auf dem Aida-Schiff. Und wenn man immer erst lange mit einem Partner diskutieren muss, so ist das nicht realistisch, denn das geht einfach nicht – wichtig ist also schon ein extrem schnelles "Test-Verfahren"! Das Problem ist auch: Gerade die jungen Leute verstehen hier weitgehend alles falsch. Sie haben irgendeinen Schrott im Kopf – und der wirkt wie ein Filter, durch den sie alles sehen und verdrehen. So erfuhr ich etwa in privaten Gesprächen über meinen Religionsunterricht:
Natürlich
war also alles immer ganz anders! Meine Lösung: Es
reicht nicht, etwas einfach zu sagen, sondern man muss
es mit einem Beispiel oder einer “Geschichte“ belegen,
die die Hörer anspricht. Eine Chance immerhin hat mir
ein 11-jähriges Mädchen verraten: Ihre Kameradinnen
sagen zwar, dass sie nie vor anderen nackt sein würden,
doch in Wirklichkeit wollten das alle brennend gern!
Siehe auch unter Sexting. Versuch einer Aufklärung der drei Missverständnisse:
Meine
Erfahrungen mit dem
Film "Kids" Als
ich Ende der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts den
Film in einer Fernsehzeitschrift entdeckte und den
Inhalt las, wusste ich sofort: Diesen Film muss ich mit
dem Videorekorder aufnehmen und in meinen Klassen
zeigen. Ich brauche ihn mir noch nicht einmal vorher
anzusehen, denn der ist genau das, was ich suche, damit
meine Schüler endlich meinen Rigorismus verstehen können
("Rigorismus" = "Starres Festhalten an Grundsätzen").
Leider hatte ich damals allerdings die Alternative, so
wie ich sie heute darlege, noch nicht so richtig
ausgebaut - und so dürfte der Film weitgehend verpufft
sein. Schade. Denn wenn man schon den Acker pflügt, dann
muss schließlich auch noch der passende Samen in den
Acker kommen. Und der fehlte mir eben - zumindest in der
geeigneten Form. Denn ganz offensichtlich waren die
Schüler alle betroffen, niemand hat dumme Sprüche
geäußert, der Film schien den jungen Menschen sehr nahe
zu gehen. Eigentlich der tolle Einstieg schlechthin! Und
etwas fiel mir auf: Wenn ich den Film in Klassen gezeigt
habe, in denen die Schüler alle Abitur hatten, so kannte
dort den Film niemand oder höchstens mal ein Schüler.
Dagegen in Berufsschulklassen, in denen die Schüler den
Hauptschulabschluss hatten: Dort kannten den Film
offensichtlich alle, ja manche Schüler erzählten mir,
dass sie ihn sogar mehrfach gesehen hätten. "Aber", so
sagte mir einmal ein Schüler, "nachdem er den Film mit
mir gesehen hätte, würde er ihn ganz anders sehen." Ja,
ganz offensichtlich war der Film in der Jugendkultur
"einfacher Schüler" (um sie einmal so zu nennen)
sozusagen "Kultfilm" - ohne dass den jungen Leuten der
Hintergrund aufging. Obwohl der Film genau ihre
Situation aufgriff und schilderte, sahen sie sich selbst
in dem Film nie. Doch ich denke, dass wir das ganz
leicht ändern können. Zunächst lässt sich doch von
diesem Film her sehr gut mein Rigorismus begründen: Das
hier ist doch das Problem der Moral und nicht die
Badehosen oder die Bikinis! Und so ein Einstieg in die
Sexualität wie in diesem Film, der muss doch nicht sein,
dafür sind doch die Mädchen zu schade. Redet doch einmal
vernünftig miteinander und habt zuerst einmal
Paradieserlebnisse miteinander! Ja, und hier an die
Mädchen: "Was sind das für Kameraden, die dabei nicht
mitmachen wollen? Solltet Ihr nicht besser von denen die
Finger lassen? Und spart euch doch lieber den Sex auf -
dort, wo er hingehört! Deswegen müsst Ihr ja nicht
gleich zu Nonnen werden, es gibt doch zumindest eine
intelligente und attraktive Alternative, nämlich Paradieserlebnisse.
Auf diese Weise werden Erfahrungen
wie mit diesem Telly vermieden - und die anderen, die
nicht so sein wollen wie der, sehen Wege, in Ehre und
Würde miteinander umzugehen und der echten Liebe eine
Chance zu geben." Doch
nicht nur die jungen Menschen sehen ihre Situation in
dem Film "Kids" nicht. In einer religiösen Zeitschrift
wurde einmal auf den moralischen Niedergang in unserer
heutigen Zeit hingewiesen, zu den Schuldigen wurden
Filme wie "Kids" genannt. Dass dieser Film bei einem
richtigen Einsatz ein hochmoralischer Film ist, sah der
Verfasser des Beitrags nicht.. Und gerade
hier gilt: Nicht aufgeben! Denn dann
bleibt immer etwas hängen von dem
„Pornoreligionslehrer“ oder auch dem
„Pornopfarrer“. Auch sich nicht verteidigen: Denn
wer sich verteidigt, klagt sich an. Geeigneter ist
die Empfehlung des preußischen
Militärtheoretikers Clausewitz: „Angriff ist die
beste Verteidigung!“ Es bleibt immer noch der Film
„Kids“, den ein Lehrer oder Pfarrer vorführen kann
(wir haben doch alle Videogeräte oder auch Beamer
und den Film kann man sich ausleihen). Und dann
gegenüber kritischen Kollegen: Man kann ja eine
Pädagogik so unprofessionell-schlecht gestalten,
dass sie geradezu eine Aufforderung ist, das zu
tun, was eigentlich verhindert werden sollte. Ja,
wie sieht denn die übliche Moralpädagogik aus? Die
ist doch im Wesentlichen dilettantisch,
psychopathisch-paranoid, unwissenschaftlich,
krampfig, hilflos. Wir erziehen doch gar nicht zu
wirklicher Sexualmoral, sondern entweder zu gar
keiner Sexualmoral (wenn hier eben alles
tabuisiert wird, wie es oft geschieht) oder zu
einer Scheinmoral. Dabei haben wir ja längst
genügend Erfahrungen, dass etwa die Nacktheit
keinesfalls automatisch zum Sex führt und dass
also die Angst vor der Nacktheit eher eine
Scheinmoral ist. Doch das kann man ja alles ändern
– wenn man nur will! Wie ein Einstieg aussehen könnte,
wenn man von anderen Religionen ausgeht, siehe
unter Jüdischer
Jesus!
Der Nobelpreis 2017 in
Wirtschaftswissenschaften lässt sich auch auf ethische Entscheidungen
anwenden, vor allem wie eine sinnvolle Pädagogik für
ethische Entscheidungen aussehen kann, siehe unter paternalistischer
Lieberalismus. (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama) |