Die BEICHTE ist ein christliches Sakrament, bei dem es ursprünglich neben der Umkehr nach einer Sünde eines einzelnen Gläubigen ganz nebenbei auch noch um die Offenlegung der Sünden ging, also um die Veröffentlichung falscher und nachteiliger Verhaltensweisen: In der Urkirche fanden nämlich die Sündenbekenntnisse vor versammelter Gemeinde, also öffentlich, statt. Die Nebenwirkung dieser Offenlegung in der damaligen griechisch-römischen Gesellschaft, die in ihrem sittlichen Verfall gewiß noch unsere heutige Gesellschaft übertraf, war ein nicht zu unterschätzender erzieherischer Effekt: Diejenigen Gläubigen, die noch nicht gesündigt hatten (weil sie vor allem noch zu jung dazu waren), erfuhren ohne jedes heuchlerische Tabu auch von den Schattenseiten des angeblich allgemein beliebten Sündigens (also von der Ambivalenz)! Sie hörten sozusagen von den unmittelbar Betroffenen ungefiltert und aus erster Quelle von den mit dem Sündigen nun einmal gegebenen menschlichen Katastrophen und von der Zerstörung der von allen Menschen ersehnten Einheit von Leib und Seele. So wurden gerade junge Menschen auf recht drastische Weise motiviert, sich in ihrem eigenen Leben selbst anders zu verhalten. Der erzieherische Effekt einer öffentlichen Beichte. Damit hatte die Beichte von ihrer Konzeption her eine nicht zu unterschätzende erzieherische (oder besser regulierende) Wirkung: Es war so eine Art öffentliche Aufarbeitung und so konnten der Teufelskreislauf, daß immer wieder dasselbe passiert, oder auch die Schweigespirale, endlich durchbrochen werden. Dieselben Fehler konnten sich so nicht immer aufs Neue bei immer anderen naiv-ahnungslosen Gläubigen wiederholen, ohne bemerkt und auch hinterfragt zu werden. Eine solche Beichte machte auch die übrigen Zuhörer zu Betroffenen, sie vermittelte lebendige Menschenkenntnis und günstiges Realitätsbewußtsein. Was die Beichte mit einem Flugschreiber zu tun hat. Diese
öffentliche Beichte gibt es nun heute nicht mehr
oder allenfalls in
einigen Sekten oder Freikirchen, wo sie allerdings
zu einem Ritus
verkommen sind. Stattdessen hat sich in der
katholischen Kirche längst
die Ohrenbeichte durchgesetzt, dass also der
Beichtende dem Beichtvater
seine Sünden "ins Ohr" sagt. Das kann
man natürlich unter dem Gesichtspunkt sehen, dass
der Beichtende seine Sünden jetzt los ist, man kann
es aber auch als Feedback
sehen: Schließlich ist der Beichtvater ja auch
Seelsorger und
Religionslehrer (und als solcher auch "Morallehrer")
und er erfährt
jetzt, ob seine pädagogischen Bemühungen Erfolg
hatten oder nicht. Und
er kann auch Rückfragen stellen und sich so
erkundigen, warum seine
pädagogischen Bemühungen keinen Erfolg hatten - und
er kann sich also
verbessern! Wir müssen uns den verbessernden Effekt dieser Beichte genauso vorstellen wie denjenigen eines Flugschreibers ("Blackbox"), der etwa alle Gespräche der Piloten und alle wichtigen Funktionen während des Fluges aufzeichnet und der so konstruiert ist, daß er selbst das schlimmste Unglück "heil" übersteht und der heute in allen größeren Flugzeugen eingebaut sein muss. Dieser Flugschreiber hat im wesentlichen vor allem die Aufgabe, daß nach einem eventuellen Unglück festgestellt werden kann, wie es dazu kam, wenn alle sonstigen Untersuchungen nichts ergeben! Den Passagieren und der Besatzung der verunglückten Maschine hilft dieser Flugschreiber absolut nichts mehr, von denen wird niemand mehr lebendig, doch kann künftigen Passagieren und Besatzungen geholfen werden, wenn die Ursachen für das Unglück herausgefunden werden und so ganz gezielt Maßnahmen getroffen werden können, damit genau das, was da zum Unglück geführt hat, in Zukunft nicht mehr passiert. Schlamperei in unserer heutigen Beichtpraxis: Den Beichtvätern fällt auch gar nichts auf! Und je nachdem, was sich als Fehler herausgestellt hat, werden dann nicht nur alle Flugzeuge dieses Modells schleunigst zur Nachbesserung zurückgerufen, sondern die Konstrukteure tun nun alles nur Erdenkliche, damit bei der Konstruktion und der Produktion künftiger Flugzeuge dieselben Fehler unter allen Umständen vermieden werden. Man möchte sich ja schließlich nicht nur nicht nachsagen lassen, daß man nicht wenigstens aus Erfahrung lernt, sondern man setzt sogar seine Ehre darein, dass man die Kunden nur mit erstklassiger Ware bedient. Und da wird jedem Fehler und jeder Fehlermöglichkeit nachgegangen, selbst wenn das alles auf den ersten Blick noch so unbedeutend aussieht! Auf keinen Fall darf der Eindruck entstehen, daß schlampig gearbeitet wird und dass man vielleicht noch an den Unglücken mehr verdient als wenn sie nicht geschähen, denn das wäre für den Ruf jeder Firma tödlich. Wenn nun die Flugzeugkonstrukteure schon mit ihren Maschinen und deren Mängeln einen solchen Aufwand treiben, wieviel mehr müssten wir uns erst um Menschen und deren Fehler kümmern, die im allgemeinen zwar nicht unmittelbar lebenszerstörend, doch immerhin aber glückzerstörend sind? Welche Rationalisierungen bis hin zur Berufung auf ein angebliches christliches Liebesgebot fallen uns nicht alles ein, damit wir da ja nichts etwa uns selbst Belastendes erfahren und damit wir ja nichts zu tun brauchen und damit sich ja nichts zum Besseren wendet? Möglicherweise ist allerdings der regulierende Effekt von Fehlerbekenntnissen (also von Beichten) inzwischen durch ihre Verbannung in die Heimlichkeit der Beichtstühle vollständig in Vergessenheit geraten. In einer Kirche, in der sich schließlich wieder der pharisäische Ansatz von Religion (siehe Pharisäer und Priesterreligion) durchsetzte, blieb nur noch der mehr als zweifelhafte Zuspruch einer angeblichen Vergebung für den Beichtenden und ein Appell zu seiner Besserung übrig: Doch was hilft das in der Praxis des Lebens demjenigen, der zum Beispiel eine Enttäuschung verarbeiten muss, der vielleicht sogar noch vor dem Problem einer ungewollten Schwangerschaft nach einer falsch eingeschätzten Liebesbeziehung steht und der sich vielleicht noch mit einer gefährlichen Krankheit angesteckt hat? Was hat er wirklich von der Zusicherung der verzeihenden Güte Gottes, zumal die letztlich doch immer sehr leicht dahergesagt ist? Sind die "Geschädigten" also nur "Mittel zum Zweck" einer allgemeinen Verbesserung? Erfahrung ist, dass Menschen Genugtuung empfinden, wenn ihre eigenen Fehler nicht umsonst waren! Eine der Rationalisierungen für solche Schlamperei ist also etwa, daß es jedoch genau auf diese Zusicherung der Vergebung ankommt und dass es eine Verhöhnung der "Verunglückten" wäre, wenn auch nur entfernt der Eindruck entstünde, daß der wichtigste Grund ist, warum man sich um sie kümmert, dass man anderen besser helfen will. Das könnte tatsächlich stimmen. Doch zeigt die Erfahrung, daß die am ehesten Betroffenen, also die Angehörigen der Opfer, solche Untersuchungen und darauf folgende Maßnahmen gar nicht als Hohn sondern viel eher als Genugtuung empfinden! Sie würden es vielmehr als Hohn empfinden, wenn nicht geschähe, wenn also das "Opfer" sozusagen "umsonst" war. Und diese Erfahrung bestätigt sich auch bei menschlichen Problemen. Wenn ich mit wem auch immer ins Gespräch komme und wir auf die Beziehungskisten des Betreffenden zu sprechen kommen (man verzeihe mir den saloppen Ausdruck, doch sie sind´s ja), dann weise ich stets recht schnell darauf hin, daß ich Religionslehrer und daher meinen Schülern verpflichtet bin. Wie kann man also die Erfahrungen meines Gesprächspartners für "meine jungen Leute" nutzbar machen? Was soll ich also denen erzählen, damit sie das alles, was mein Gesprächspartner erlebt hat, nicht wiederholen müssen? Und eigentlich immer kommt es zu einem absolut fruchtbaren Gespräch, ich habe sogar den Eindruck, dass meine Gesprächspartner auf ein solches Gespräch schon lange gewartet haben, weil sie endlich einmal einen Sinn in ihrem Leid sehen, dass es wirklich ernst genommen wird und dass es nicht umsonst war und dass sich etwas zum Besseren ändert. Es ist wie eine Befreiung oder sogar Erlösung. Natürlich habe ich das alles auch und gerade in dieser Website aufgearbeitet. Und inzwischen bin ich offensichtlich so gut, dass ich keine Tipps mehr bekomme, sondern daß Besucher diese Website einfach auch deswegen lesen, um zu erfahren, was eigentlich die Hintergründe ihres Leides waren - und daß auch das eine Art Befreiung ist. Jedenfalls teilen mir gerade solche Menschen mit, daß es bei ihnen "genauso" war und daß ich die Ohren steif halten und mit mein Engagement ja nicht aufgeben sollte, damit sich bei den jungen Menschen etwas ändert. Manche gratulieren mir sogar zu meiner Website. Ich finde, das ist die christliche Bußgesinnung schlechthin, selbst wenn diese Menschen sehr oft gar keine typischen Christen sind! Ich darf dazu eine für mich eindrucksvolle Mail (von Anfang 2004) zitieren: tolle
Seiten, die im Aufarbeiten "Moral" uns sehr geholfen
haben. In nur sehr wenigen Fällen wurde allerdings bei der Ohrenbeichte, wie man die übliche Beichte im Geheimen vor einem Priester heute nennt, der regulierende Effekt für eine Durchbrechung eines Teufelskreislaufs und damit für eine Verbesserung unseres menschlichen Miteinanders in der Nachfolge des vermutlich wirklichen Jesus erkannt und genutzt. Der wohl berühmteste Fall hier ist der des Jesuitenpaters Friedrich von Spee vor etwa 350 Jahren. Dieser Priester war als Beichtvater für Hexen eingeteilt worden, die bereits unter der Folter ihre angeblichen Hexereien gestanden hatten. Bestürzt über das, was er da zu hören bekam, und verzweifelt über seine Ohnmacht, den armen unschuldig verurteilten Frauen unmittelbar helfen zu können, tat er dennoch sein Bestes: Er verfaßte ein Buch gegen den Hexenwahn ("Cautio Criminalis"), in dem er durchaus auch seine Beichterfahrungen verarbeitete, um etwas grundsätzlich zu ändern. Damit tat er zwar nicht etwas für den Augenblick, er half ja keinem der zum Tode verurteilten armen Menschen so, wie es nötig gewesen wäre, aber er sorgte dafür, daß ein entsetzlicher Mißstand überdacht und schließlich einmal von Grund auf geändert wurde. Es dauerte zwar noch mehr als 150 Jahre, bis der Hexenwahn endgültig überwunden war, aber immerhin wurden auf dieses großartige Buch hin schon in einigen deutschen Fürstentümern die Hexenprozesse verboten. Beichte als Feedback bei der Arbeit an einer besseren Zukunft. Die Beichte - richtig gesehen - kann also durchaus einen hervorragenden Beitrag dazu liefern, wenn es darum geht, daß unsere Welt besser wird. Genauso wie seit eh und je kommen auch heute noch Menschen zur Beichte, die sich anklagen, weil sie sich durch ihr eigenes Fehlverhalten die Aussicht auf die Fülle ihres jetzigen Lebens verdorben haben. Sie bekennen zum Beispiel ihre Blindheit bei der Auswahl ihres Liebespartners, ja sie weinen sogar darüber, daß sie die Chance zu einem großen Lebensentwurf durch fehlende Menschenkenntnis vertan haben. Warum nur hinterfragen Beichtväter nicht endlich daraufhin die Sinnhaftigkeit ihrer religiösen Unterweisung und all der merkwürdigen angeblichen Glaubenswahrheiten und Lebensregeln, die sie da vor allem jungen Menschen so beibringen? Warum stellen sie nie ihre Erziehung der jungen Menschen zu einem über-ich-gesteuerten Gewissen, zum Wunder- und Jenseitsglauben, zur Moral im Sinn von Sittsamkeit, also zur (Sexual- )Scham infrage und überlegen auch die Sinnhaftigkeit von Festen und Gedenktagen für die jungen Leute wie Erstkommunion und Firmung? Sind also am Ende in unseren heutigen Beichten die Sünden der Beichtväter des Wegschauens und des Nichtnachdenkens viel bedeutender als die der Beichtkinder (wie die Beichtenden gleich welchen Alters auch genannt werden), weil sie nicht aus den Fehlern, die sie da erfahren, lernen und sie allenfalls noch vergrößern (oder auch zementieren)? Genausowenig wie beim Pater Spee hätte es überhaupt nichts mit dem Bruch des Beichtgeheimnisses zu tun, wenn sich Beichtväter über die Mechanismen von menschlichen Fehlentscheidungen aus erster Quelle informierten, diese Informationen dann in ihr pädagogisches Konzept einfließen ließen und das Ergebnis immer wieder neu durch weitere Beichterfahrungen korrigierten. Wichtig für die Einhaltung des Beichtgeheimnisses ist doch nicht, daß das dem Beichtvater Anvertraute wie in einer perfekten Müllverbrennungsanlage rückstandslos verschwindet, sondern daß nicht irgendwelche Einzelheiten bekannt werden, die auf konkrete beichtende Gläubige schließen lassen. Da solche Weiterentwicklung nun nicht geschieht, liegt der Verdacht nahe, daß das Lernen aus den menschlichen Fehlern auch gar nicht gefragt ist, daß unser christliche Glaube schon so weit erstarrt und pervertiert ist, daß wir uns eine Änderung der Menschen zum Besseren durch ihn gar nicht mehr vorstellen können und auch nicht mehr wollen. Und dabei ist dann auch die Beichte wie die anderen Sakramente zu einem reinen Instrument der Macht verkommen: Wenn man auch noch das Innenleben eines Menschen kennt, kann man ihn kontrollieren, hat also Macht über ihn. Und gibt es da nicht in unserem System, in dem es ausschließlich männliche Priester gibt, immer nur das Phänomen, daß Frauen bei Männern beichten und niemals umgekehrt? Ist also die Beichte am Ende nicht auch noch ein Instrument eines miesen Patriarchats (= Männergesellschaft) im Geschlechterkampf? Das alles sollte uns aber nicht daran hindern zu versuchen, wieder zu einer für die Menschen hilfreichen Bedeutung der Beichte zurückzukehren. Und noch etwas: Ich hoffe, ich trete Pater Rupert Lay S.J. nicht zu nahe, wenn ich ihn zitiere: "Man sollte vor einer (problematischen) Tat beichten - hinterher ist es ein Fall für den Psychiater..." Allerdings müßte man wohl vorher auch die entsprechenden Informationen haben, damit man eine Tat auch wirklich überschauen kann! Und das ganze einmal konkret... Es ist absolut schwierig, hier konkret zu werden, denn irgendwie ist das alles Vertrauenssache und hat auch etwas mit dem Beichtgeheimnis zu tun (selbst wenn das Wort Beichte gar nicht auftaucht). Ich stecke hier in einem argen Dilemma. Doch These von basisreligion ist ja, dass schon nachgedacht werden muß über das, was Menschen beichten, sonst ändert sich ja nie etwas, und daß eben vor allem wichtig ist, dass die Anonymität gewahrt bleibt und daß die Verwendung in einer Weise geschieht, die im vermutlichen Sinn des "Beichtenden" ist. Und so erlaube ich mir, die mir am wichtigsten erscheinenden Passagen einer Diskussion in einem Forum - vor allem über das Gespräch 9 der Vertraulichen Gespräche - zu zitieren, auf das ich durch absoluten Zufall im Internet gestoßen bin. Es ist kaum damit zu rechnen, daß in irgendeiner Weise diejenigen, die diese Zeilen geschrieben haben, bekannt werden, zumindest, wenn sei es nicht selbst wollen. Und das alles war auch auf einer Website im Internet, also im Grunde auch öffentlich. Ich meine, das war eine Beichte im besten Sinn - allerdings wohl eher nur der frühen Kirche, als unser Glaube noch nicht zu einem Kult verkommen war! Und damals gehörte eine bestimmte Öffentlichkeit ja auch zur Beichte! Ich mag nun nicht auf die einzelnen Punkte des Gesprächs eingehen, sondern mir geht es nur um die Einstellung zu diesem „Gespräch“:
Und hier die Diskussion aus dem Forum (die Farben kennzeichnen die unterschiedlichen Gesprächsteilnehmer): Könnt ihr mir mal
sagen, was ihr dazu denkt ? Worauf ich hinaus
will ? ************* Es ist wirklich
furchtbar! Ich finde Sex hilft einem wenn es einem
schlecht geht. Dabei wird doch auch ein bestimmtes
Hormon ausgeschüttet, dass die Laune hebt. Nach denen da ja
nicht ! |