Streitgespräch vom Mai und Juni 2005, das eine andere Seite der Dogmen beleuchtet:
Auf der einen Seite ein Theologe (heute Religionslehrer), der sich engagiert für die traditionelle katholische Dogmatik einsetzt und auf der anderen Seite der Verfasser von basisreligion. Das Gespräch dürfte vor allem auch für Besucher dieser Website ein Gewinn sein, die zunächst einmal nicht so recht erkennen können, worum es bei basisreligion geht (andere wiederum können das sehr gut!).
Sehr geehrter Michael! Ich habe mit Interesse Ihre Ausführungen auf www.basisreligion.de gelesen und bin dabei auf den Artikel zu den Dogmen gestoßen. Sie brandmarken darin das wortwörtliche Verständnis der Dogmen als „blanken Unsinn“. Dazu ist zu sagen, dass natürlich kein Mensch in der katholischen Kirche, der etwas zu sagen hat, davon ausgeht, dass beispielsweise die in deutscher Sprache formulierten Dogmen des Christentums unumstößlich und wort-wörtlich wahr sind – das gilt natürlich für die Übersetzung in jede andere Sprache. Wir Christen glauben nicht an das Dogma. Wir glauben an den Gott, der hinter dem Dogma steht. Das Dogma ist nur so etwas wie eine Krücke mit der wir die Möglichkeit haben, diesen Gott, der immer dahinter steht und unerfahrbar ist, ein wenig zu erfahren. Die Dogmen hat sich niemand ausgedacht, sondern sie sind dem Bemühen entsprungen, dem sich die Kirche seit 2000 Jahren hingibt, nämlich die Vorgaben aus der Bibel so zu formulieren und zu aktualisieren, dass sie für die Menschen verständlich erscheinen. Ein weiterer Kritikpunkt war, dass die Dogmen unverständlich sind – diese Unverständlichkeit ist Konsequenz aus folgenden Tatsachen: v Der Glaube entsteht nicht durch das Auswendiglernen eines „Parteiprogramms der Kirche, durch das Herunterbeten eines Textes oder durch das öffentliche Bekenntnis „Ich glaube“, sondern er entsteht durch eine lebendige Erfahrung, die ich in meinem Leben mit diesem christlichen Gott gemacht habe. Ich habe Gottes Wirken in meinem Leben erfahren und erst in dieser Erfahrung wird beispielsweise die Dreifaltigkeit für mich erst wirklich erfahrbar: dass nämlich Gott Beziehung ist, Liebe und dass er mit mir eine Beziehung ausnehmen möchte, nur das Beste für mich will … all das bedeutet für mich das Dogma der Dreifaltigkeit. v Die Dogmen sind also nicht so einfach zu erklären und zu erkennen wie wenn mir jemand erklärt, wie mein Staubsauger funktioniert, sondern es geht um ein Sich-Einlassen in den Glauben, ein Erfahren, ein Erleben, das man niemandem abnehmen kann. Ich weiß nicht, inwieweit Sie diese Gedanken als schon in Ihrem – teilweise recht intelligenten – neuen Glaubenssystem überwunden ansehen und ich bin auch nicht böse, wenn Sie mir nicht zurückschreiben, aber ich wollte nur meine Meinung oder mein Verständnis der christlichen Dogmen Ihnen kundtun, die interessanterweise von einem Professor für Dogmatik an der Universität Wien, Prof. Stubenrauch, während meines Theologiestudiums angeregt wurden, der den denkwürdigen Satz gesagt hat: „Keiner glaubt an Dogmen, jeder glaubt an Gott, der hinter den Dogmen steht.“ Ich wünsche Ihnen ein frohes Fronleichnamsfest (wenn Sie das nicht als Affront betrachten!). Mit freundlichem Gruß Mag. Markus D. Und die Antwort von basisreligion: Lieber Markus! Besten Dank für Ihre Mail, die ich natürlich auch an meine Besucher weiter gebe, schließlich sollen interessierte Besucher auch die Meinungen kompetenter Fachleute zu dem Gesagten kennen. Mein Problem: Es ist doch nicht wichtig, wie Dogmen gemeint sind, sondern wie sie ankommen (das Problem von Sender und Empfänger). Und die Dogmen machen das Anliegen Jesu und der Bibel überhaupt dem heutigen Menschen eben nicht in angemessener Weise verständlich und zugänglich und führen leider eher in eine götzendienerische Richtung statt zu einem wirklichen christlichen Gottesbild. Ich erlaube mir, auf den Schriftwechsel mit einer Grundschullehrerin im Anhang des Stichworts Auferstehung hinzuweisen, wie gut sie nämlich mit den jungen Leuten klarkommt, wenn man sich nur einmal von den Fesseln längst tot gewordener Dogmen löst. Beste Grüße Michael Pr. Antwort-Mail von Markus.. Lieber Michael! Nur ganz kurz auf Ihre Antwort bezugnehmend muss man sagen, dass wenn die Botschaft schlecht rüberkommt oder falsch ankommt das noch lange nicht heißt, dass die Botschaft falsch ist! Wir sind seit 2000 Jahren auf der Suche danach, wie die Vorgaben Jesu Christi am besten umgesetzt werden können – und natürlich auch immer auf der Suche nach Sprachregelungen die wahrscheinlich heute den Menschen weniger sagen. Deswegen sollten wir uns um neue Sprachregelungen kümmern, der Kern der Sache, nämlich die Vorgaben auf den Evangelien, ist aber nicht beliebig und wenn er beliebig wird, dann können wir christlicherseits einpacken! Mit freundlichem Gruß und mit besten Dank für das Ernstnehmen meines Anliegens! Mag. Markus D. ...und wieder von basireligion: na ja, das mit den neuen Sprachregelungen versuche ich ja! Der Mailwechsel geht weiter - zunächst von Markus....
Aber Ihre Sprachregelungen bewegen sich außerhalb des Rahmens, den das Neue Testament vorgibt! Markus ....und die Antwort von basisreligion und dann noch mal zwei Mails: Lieber Markus! Dabei müssen wir allerdings berücksichtigen, daß das Neue Testament ja bereits eine Interpretation des Anliegens Jesu ist, und ich meine, die Erkenntnisse zur Kerygma-Problematik oder zur Leben-Jesu-Forschung müßten endlich einmal in unserem theologischen und pastoralen Alltag Eingang finden - und zwar nicht nur als Diskussionsbeitrag bei irgendwelchen Bibelgesprächen usw. sondern existentiell. Diese ganzen sogenannten Sprachregelungen erscheinen letztlich nur als Winkelzüge, an denen sich vielleicht mehr oder weniger gut bezahlte Theologen ergötzen mögen, die jedoch bei den normalen Menschen als ein Aberglaube ankommen, der nun wirklich nichts mehr mit dem Anliegen eines geschichtlichen Jesus zu tun haben dürfte. Menschliche Probleme werden damit jedenfalls nicht (mehr) gelöst - und darum ging es doch Jesus. Sie können sich jedenfalls vorstellen, daß ich zu dem kriminologischen Ansatz nicht leichtfertig gekommen bin und daß ich sehr skeptisch bin, weil dieser Ansatz, der doch sehr nahe liegend ist, ansonsten überhaupt nicht auftaucht und gerade von den Theologen auch gar nicht verstanden wird (sie tun wenigstens so). Ich vermute hier eine Ablehnung aus nicht integren Gründen. Jedenfalls: So lange mir diesen Ansatz nicht jemand plausibel widerlegt, kann ich in den Theorien der Theologen nur nicht ernst zu nehmende Ablenkungsmanöver etwa von den Forderungen der Bergpredigt oder der Zehn Gebote erkennen. Und es geht ja nicht nur um so eine nebensächliche Prostituiertenproblematik (wie das die Theologen gerne sähen), sondern um die Frage nach der Liebe in der Einheit von Leib und Seele, nach der Harmonie der Geschlechter (und die hat nun wirklich mit unserer Existenz zu tun!) und nach unserem Paradies und damit dem Reich Gottes schlechthin. ***Michael
Sehr geehrter Michael! Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Ich habe mich nun mit Ihrem kriminologischen Ansatz vertraut gemacht und bin erstaunt wieso Sie in der Tatsache, dass Jesus sich für die Frauen und Unterdrückten seiner Zeit eingesetzt hat und in der Realität seiner Gottessohnschaft einen Widerspruch erkennen. Nach meinem Überblick über die moderne Jesusforschung bestreitet niemand mehr, dass sich Jesus für die am Rande stehenden der damaligen Gesellschaft eingesetzt hat und das waren Frauen, Prostituierte, Witwen, Arbeitslose, Kranke, Aussätzige, Zöllner usw. Dass er dabei also diese an sich kriminalisierten Bevölkerungsschichten unterstützt, angenommen und wieder in die Gesellschaft aufnehmen wollte, steht doch in der Theologie außer Frage! Mir ist nun nicht ganz klar, wie Sie von dieser allgemein anerkannten Beobachtung des Lebens Jesu auf die Annahme kommen, er sei nicht Sohn Gottes oder dass Sie die beispielsweise die Realität der Jungfrauengeburt nicht als legitimen Ausdruck des undurchschaubaren und geheimnisvollen Wirkens Gottes verstehen können. Wo liegt hier der Widerspruch? Ihrem Ansatz an sich kann ich nicht folgen – ich habe im Rahmen meiner Diplomarbeit zum Thema „Auseinandergehen von Christentum und Judentum im 1. Jh.“ mich intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, wieso Jesus getötet wurde und kann Ihnen den derzeitigen Stand der theologischen Forschung wie folgt mitteilen: 1. Tatsache ist, dass Jesus nicht von den Juden hingerichtet wurde, sondern von den Römern – schließlich wurde er gekreuzigt und nicht gesteinigt. 2. Den wahren Grund für die Ermordung Jesu sehen die meisten Forscher in seinem Tempelwort und in seinem Anspruch, Sohn Gottes zu sein. Sein Tempelwort impliziert ja nicht nur für Außenstehende, dass er sich anmaßt, den Tempel in drei Tagen wieder zu errichten, sondern auch einen so genannten terroristischen Akt, nämlich den Tempel zu zerstören, das Allerheiligste der Juden von damals. Deswegen wird auch abgeleitet, dass die einzige jüdische Bevölkerungsgruppe, die wirklich etwas gegen Jesus hatte, die Sadduzäer waren, die Tempelpriester, Hohenpriester. Von den Schriftgelehrten (also den Pharisäern) hatte Jesus nichts zu befürchten, ja man sieht in der heutigen Forschung sogar so viele Gemeinsamkeiten zwischen dem Anliegen Jesu und den Glaubenseinstellungen der Pharisäer, dass sie die Auseinandersetzungen Jesu mit den Pharisäern, die in der Bibel konserviert sind, nur in den Rahmen der üblichen religiösen Dispute setzen, denen sich Schriftgelehrte bis heute in Judentum hingeben. 3. Zusammenfassend kann man sagen, dass Jesus wahrscheinlich keineswegs deswegen umgebracht wurde, weil er irgendwelche theologischen Neuerungen im Judentum initiieren wollte, sondern weil er einer einflussreichen jüdischen Schicht, nämlich den Sadduzäern, im Weg war und weil die Römer damals einfach nicht zimperlich waren, wenn es darum geht, die mühsam aufrecht zu erhaltende Pax Romana zu sichern, indem Umstürzler oder Unruhestifter sofort umgebracht wurden. 4. Pontius Pilatus war ja auch kein Judenfreund oder Menschenfreund, der sich wahrscheinlich lange mit Jesus über die „Wahrheit“ unterhalten hat, sondern ein Judenhasser, dem nichts an dem Volk gelegen war, das er zu regieren hatte. Der Schuld am Tod Jesu den Römern zu geben, ist kann man sagen common sense der heutigen theologischen Auseinandersetzung. Hoffentlich habe ich durch dieses Mail meine Kritikpunkte noch weiter erläutern können – nochmals: Was spricht dagegen, Ihren kriminologischen Ansatz mit der Tatsache in-eins-zu-denken, dass Jesus Gottes Sohn war? Meiner Meinung nach versuchen Sie zu viel zu erklären, wenn Sie von Jesus oder von Gott sprechen. Gott ist nun einmal ab einem gewissen Zeitpunkt nicht zu erklären, sonst wäre er nicht Gott! Mit freundlichem Gruß Markus
Lieber Markus!
Dazu kann ich nur sagen,
versuchen Sie die Kombination der Hinführung von Menschen zur Liebe in
der Einheit von Leib und Seele und
zur Freiheit und zur Emanzipation (und das ist etwas völlig
anders als sich "um die Frauen und Prostituierten und Unterdrückten zu
kümmern", das eine wäre sozusagen eine Prophylaxe und das andere
eine Therapie) mit der "klassischen Dogmatik"! Machen Sie es vor, daß
das funktioniert und ich werde mich sofort "bekehren"! Aber bitte: Es
zählt nur der Beweis der Wirklichkeit!
Ich jedenfalls habe auch lange
an der ganzen christlichen Dogmatik gehangen (wirklich!), doch
inzwischen eingesehen, daß diese Kombination nicht funktioniert.
Die klassische Dogmatik will einfach nicht die Freiheit
und die Emanzipation des Menschen, also
Menschen mit einem ich-gesteuerten Gewissen
usw., sondern Menschen mit einem über-ich-gesteuerten Gewissen, also Glaube, Abhängigkeit, Unmündigkeit und folglich
auch Vergebung (also es ist immer schon
etwas passiert!) usw. Es ist vielleicht so wie mit einem Porsche, der
ist für das Schnellfahren auf guter Straße konstruiert, und das macht
er auch sehr gut, aber nicht für schlechte Wege oder gar für die Arbeit
in der Landwirtschaft und schon gar nicht für´s Fliegen oder
Schwimmen... Und unsere Realität in der Theologie sind eben
nun einmal nicht die guten Straßen, sondern die Zäune und Wegränder
usw., also hilft die ganze (dualistisch und
gnostisch versiffte) Dogmatik überhaupt
nichts. Aber wie gesagt, führen Sie es vor... Ich tüftle jedenfalls gerade an einer Arbeit (www.basisglaube.de), damit auch
mal das funktioniert, was die Päpste immer den jungen Menschen predigen
- und da muß ich mich eben auf ein anderes Jesusbild beziehen...
Und zu Ihren Punkten: Eine
Steinigung wegen Gotteslästerung dürfte sehr problematisch gewesen
sein, da verpetzt man diesen Jesus doch lieber bei den Römern als
Systemveränderer, damit er gekreuzigt
wird... Ich finde, das sagt gar nichts, daß er von den Römern und nicht
von den Juden hingerichtet wurde. Natürlich passen "diese Gründe" für
die Hinrichtung Jesu alle, doch widerspricht das nicht der Theorie
eines Komplotts von Halbwelt und Establishment. Da kann man dann alles
Mögliche und Unmögliche hineinpacken. Standen Sie schon mal heute vor
einem Gericht - und zu Unrecht? Sie würden staunen, was da alles gegen
Sie vorgebracht wird, was irgendwie ja auch stimmt, um was es aber gar
nicht geht. Ich habe das Thema ein wenig unter Missbrauch
mit dem Missbrauch angesprochen.
Ich meine, wir sollten das Gespräch erst mal abschließen und vielleicht später noch mal aufnehmen - wenn Ihnen der Beweis in der Praxis gelungen ist, oder auch nicht. Denn irgendwie will ich ja mein Buch fertig kriegen... Tschüs und noch schönen Sonntag Michael
Antwort: 1. Bibel: Was mich an Ihren Aussagen zum Jesusereignis stört ist, dass Sie ganz ohne weiteres davon ausgehen, dass Sie genau erkennen können, was Jesus historisch gesehen wirklich gesagt hat und was er gemeint hat. Der Vorwurf, den Sie der herkömmlichen Theologie machen, ist, dass die dogmatischen Grundvoraussetzungen später hinzugekommen und daher nicht von Jesus selbst gewollt sind. Was gibt Ihnen nun die Gewissheit, dass Ihr Bild von Jesus das richtige ist? Die Tatsache, dass „Anita“ und andere einverstanden sind, ist kein Argument dafür im Gegensatz zu den abermilliarden Christen im Laufe der Geschichte, die einverstanden waren. Die Tatsache, dass Jesus von Anfang an als Sohn Gottes und mit göttlichen Titeln wie Kyrios oder Christus bekannt wurde, zeigt mir schon, dass dieser Glaube auf jeden Fall ihren Grund in der Verkündigung und im Wirken Jesu Christi hat und nicht eine Dazudichtung gnostischer oder dualistischer „Versiffer“. 2. Gottesbild: Damit zusammenhängend ist Ihr Gottesbild selbstverständlich auch in Frage zu stellen. Das Christentum bekennt, dass sich Gott in der Geschichte geoffenbart hat und dass es sich bei den biblischen Geschichten um inspirierte Erzählungen handelt, nicht um Reportagen „wie es wirklich war“. Die Kraft der Bibel seit mehreren Jahrtausenden liegt nicht darin genau und minutiös zu schildern, was Jesus getan oder gesagt hat, sondern dass man sich in diesen Geschichten wieder findet, dass man sein Leben hier behandelt sieht und dass die Beschäftigung mit den jesuanischen Botschaften zu einer Heiligung und Heilung des Lebens führen kann. Es ist die feste Überzeugung des Autors, dass diese heilende Wirkung nicht aufgrund der besonderen Kenntnisse der biblischen Autoren erzeugt wird, sondern durch das direkte Eingreifen Gottes. Und wieso sollte Gott direkt in die Geschichte eingreifen und sich in der Bibel offenbaren, wenn er den Leuten dann „falsche“ Geschichten und Ideen seiner selbst eingibt? Hinzu kommt noch, dass Sie mir nach wie vor nicht beweisen konnten, warum es unmöglich ist, dass Jesus Sohn Gottes war. Tatsache ist, dass diese Realität Grunddatum jedes Christentums ist. Das Grundbekenntnis der Christen ist nun einmal (das sagt ihr Name), dass Jesus der Christus, der Gesalbte, von Gott gesandte Sohn ist und dass wir durch sein Wirken auf der Erde wissen, was Gott für uns vorgesehen hat: ein Leben in Fülle, in Gemeinschaft mit ihm, indem wir in die Liebe der Dreifaltigkeit aufgenommen werden. Genau in der Leugnung dieser Gottessohnschaft Jesu wird der Mensch auf sich selbst zurückgeworfen und verbleibt ohne Hoffnung auf die Gemeinschaft mit dem Gott, der die Liebe ist. 3. Gewissen: Sie monieren, dass das dogmatisch bestimmte Christentum ein über-ich-bezogenes Gewissen erzeugt und dass Sie ein ich-bezogenes Gewissen brauchen. Diese Kritik geht vollkommen am Kern der Sache vorbei, ist aber in der heutigen gesellschaftlichen Entwicklung hin zu mehr Ich und weniger Wir erkennbar. Das Gewissen ist in christlicher Deutung das Verbindungsglied mit Gott, die Möglichkeit, seinen Willen zu erkennen. Das Gewissen sagt mir, was Gott von mir erwartet und wenn wir´s genau nehmen dann erkennen wir, dass das auch genau das ist, was ich eigentlich von mir erwarte. Insofern sagt mir das Gewissen nur etwas, das ich schon längst weiß und das ich schon längst getan hätte, würde ich nicht von anderen Dingen wie Egoismus, Feigheit und Verantwortungslosigkeit davon abgehalten werden. Das schließt nicht aus, dass das Gewissen auch vom Milieu, den Eltern und der Umgebung mitgeprägt wird und dass es auch Leute gibt, die es so lange ignorieren, bis es verstummt. Insofern ist ein ich-gesteuertes Gewissen und ein christlich verstandenes Gewissen kein Widerspruch. Gott, der mir die Freiheit eröffnet hat, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, hat mir auch die Möglichkeit gegeben, das Gute und das Böse zu erkennen. Gott entlässt mich in die Verantwortung, zwischen Gut und Böse zu entscheiden und gibt mit als Vergewisserung diese kleine Stimme mit, die mir darüber Auskunft gibt, was gut für mich wäre und was nicht. Es verbleibt aber in meiner persönlichen Verantwortung dieser Stimme zu folgen oder nicht. 4. Glaube: Was für ein Gottesbild haben Sie, wenn Sie davon ausgehen, dass Gott vollkommen vom Menschen erkannt werden kann und dass es nicht eines Glaubensakts bedarf, um an ihn zu glauben? Natürlich braucht es den Sprung ins kalte Wasser des Glaubens, sonst würden Sie implizieren, dass es Menschen gibt, die Gott in seiner Größe und Gesamtheit erkennen können. Und wenn Sie das glauben, dann ist Ihr Gottesbild mit einem Götzen vergleichbar, den sich ein Mensch macht und demzufolge auch hundertsprozentig erklären kann. Gott ist größer als der Mensch, wenn Sie das nicht anerkennen, dann können wir unsere Diskussion wirklich beenden, weil dann bleibt alles auf der Strecke wofür Jesus auf die Welt gekommen ist: nämlich die Botschaft, dass ¨ jeder Mensch von Gott anerkannt und gewollt ist. ¨ jeder Mensch für seine Taten Verantwortung übernehmen muss. ¨ jeder Mensch Leben in Fülle haben soll. ¨ die Hoffnung besteht, dass der Tod nicht das Letzte ist, was uns erwartet 5. Abhängigkeit: Wie oft habe ich das schon gehört, dass der Mensch von Gott abhängig wäre und dass das schlecht für den Menschen ist, weil er sonst eingeengt und in seinen Entfaltungsmöglichkeiten behindert wird. Diese Kritik ist ein Relikt der Religionskritik des 19. Jahrhunderts und ich dachte, dass diese alten Positionen schon längst in der Philosophie überwunden wurden. Sie sind es offensichtlich nicht. Gott ist es nicht, der mich einengt oder mich an meinen Entfaltungen hindert, sondern gerade Gott hat mir als Menschen die Möglichkeit eröffnet, die Welt betrachten zu können, über sie zu reflektieren, über mich als Menschen und meine Berufung nachzudenken und – nicht zu letzt auch – über meine Taten zu urteilen. Gerade Gott hat mir die Möglichkeit eröffnet, mich zu entfalten, meinen Geist weiterzubilden und anders als Tiere über mich nachzudenken. Des Weiteren hat mir Gott die Wege gezeigt, die zu einem Mehr an Leben und einem Weniger an Tod in unserer Gesellschaft führen indem er seinen Sohn auf die Welt gesandt hat, der uns gezeigt hat, wie wir leben müssen: in der Verantwortung für andere, in der Liebe zu Gott und zum Nächsten und in der Hoffnung auf die Auferstehung von den Toten. Wo bleibt da Einschränkung und Abhängigkeit? 6. Unmündigkeit: Auch die Unmündigkeit ist damit absolut nicht berührt: Ein unmündiger Mensch ist einer, der noch nicht weiß, welche Möglichkeiten es gibt im Leben und wie man handelt sollte. Gerade der Christ ist kein unmündiger Mensch, da er in der Taufe auf Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist hin getauft wurde. Das heißt, dass: ¨ wir sicher sein können, dass wir von unserem Schöpfer gewollt sind und genau so gewollt sind wie wir sind – was gibt mehr an Selbstvertrauen als diese Einsicht? ¨ wir auf Jesus Christus und seine Taten verwiesen sind, der uns gezeigt hat, wie Leben in Fülle für die gesamte Menschheit zu erreichen ist im Einstehen für die am Rande stehenden, im Anerkennen über unsere eigene Verantwortung über das, was wir tun und weiters dass ¨ wir den Beistand des Heiligen Geistes immer spüren können, das behagliche Gefühl, dass Gott besonders in meinen schweren Stunden immer bei mir ist und mich leitet, mir durch die Stürme des Lebens hindurch hilft und mich dadurch stärkt. Was gibt mehr Selbstbewusstsein als die Dreifaltigkeit und das Bewusstsein nach dem Tod in diese Liebe aufgenommen zu werden, die all mein menschliches Streben vollendet? Was gibt mehr Zündstoff für Bewegungen wahrer Emanzipation und Bewegungen zu mehr Freiheit und Menschenrechte als das Bewusstsein, dass jeder Mensch egal ob weiblich, männlich, alt, reich, ungeboren, schuldig ein Recht auf Leben in Fülle hat? 7. Vergebung: Die christliche dogmatische Theologie verneint mit keine Wort, dass die Regel nicht die gerade und trockene Straße sondern die Zäune und Wegränder des Lebens. Gerade deswegen spricht ja schon die früheste Kirche vom Heiligen Geist, als eine Dimension Gottes, die wir auf uns spüren können, als Lebenskraft, Begeisterungskraft und als Kraft, die einen dazu bringen kann, über sich selbst hinauszuwachsen. Wir müssen endlich das Vorurteil ablegen, dass die einzige Aussage der Bibel darin besteht, dass wir alle Sünder sind und wir alle Vergebung brauchen. Die eigentliche Aussage ist, dass Gott das Leben für alle will und zwar nicht überleben sondern Leben und Liebe in Fülle. Deswegen gibt er uns die Möglichkeit der Vergebung. Dabei besteht meines Erachtens immer wieder die Frage: Vergebe ich mir selbst? Und diese Frage steht meines Erachtens im Vordergrund: erst wenn ich mir selbst vergeben kann, kann mir auch jemand anderes vergeben. Ich glaube, dass Gottes Vergebung in Wahrheit diese Dimension meint: wieder im Reinen mit mir selbst zu sein und offen für Entschuldigung und Wiedergutmachung zu sein, nicht mehr in Selbstmitleid oder Schuldverweigerung zu leben, sondern endlich mir selbst vergeben zu können und Wiedergutmachung zu leisten. Das ist keine Form der Abhängigkeit, sondern die Möglichkeit, aus dem ständigen Teufelskreis von Schuldzuweisungen und Selbstmitleid herauszukommen und wieder das Leben zu leben wie es für mich gemeint ist. 8. Dogmatik: Die wahre Botschaft der christlichen Dogmatik könnten wir zusammenfassend also auf folgende Punkte bringen: ¨ Das Bewusstsein, das Gott der Vater ist, zeigt uns unsere Menschenwürde, unser Angenommensein, egal ob wir etwas leisten können oder wollen, egal welches Geschlecht wir haben oder was wir verbrochen haben. Es zeigt uns, dass es Gott war, der uns in unsere Freiheit zu denken, zu reflektieren und zu entscheiden entlassen hat und der uns die Möglichkeit eröffnet hat, sich auch in absoluter selbst verantworteter Freiheit gegen seinen Willen zu entscheiden. Dieser Wille wird in Jesus Christus offenbar: Ich bin gekommen, damit Sie das Leben haben und es in Fülle haben (Joh 11,11). ¨ Gott der Sohn ist das Grundbekenntnis des Christentums. Wir Gott Sohn auf die Erde gekommen ist, erkennen wir seine Botschaft als die Botschaft des Senders, als Botschaft Gottes an und wird uns erst die glaubwürdige Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod, auf die Auferstehung, gegeben. ¨ Gott Geist gibt uns die Sicherheit, dass Gott uns auf unseren Wegen leitet, uns durch schwere Zeiten hindurch hilft und immer da ist, wenn wir ihn brauchen, auch wenn wir verneinen, dass es ihn gibt. Ich wüsste nicht, was mehr Befähigung und Selbstbewusstsein im Leben gibt, als die Tatsache, dass ich so wie ich bin von Gott gewollt bin, dass er da ist, wenn ich ihn brauche und dass mein Leben in dieser Welt einen Sinn hat. Würden Sie diese Dogmatik verneinen, können wir christlicherseits einpacken gehen! Lieber Markus!Wirklich, wir sollten das Gespräch erst einmal abbrechen. Ich kenne das, was Sie da schreiben, ja auch alles, Sie wissen, ich bin auch Dipl. Theol. Doch es sind für mich inzwischen leere Worthülsen einer Priesterreligion, die es so oder in ähnlicher Weise auch woanders gibt. Und es gibt überall weiter Ehescheidungen, Treulosigkeit, Verzweiflung, Enttäuschungen, Einsamkeit, Hartherzigkeit, Verbrechen, Angst und Mißtrauen und schließlich Haß und Krieg und manchmal haben wir den Eindruck, es wird alles nur noch schlimmer, das alles hat nun wirklich nichts mit einer Erlöstheit der Menschen zu tun... Natürlich geht das Leben weiter, doch sehr oft was für ein Leben? Und was soll das überhaupt mit den Millionen oder gar Milliarden Menschen? Soll das etwa ein Beweis sein, sonderlich seriös klingt eine solche Argumentation ja wohl nicht? Das wissen Sie doch wohl auch, daß die große Zahl gar nichts sagt. Ich verweise hier auf die Untersuchungen zum Thema Schweigespirale, daß bisweilen sogar die Mehrheit komplett anders denkt als wie es nach außen hin scheint. Wie sind die Leute denn überhaupt zu ihrem Glauben gekommen, doch ganz selten freiwillig? Und warum soll nicht ein Einzelfall, den ich mir näher ansehe, zuverlässiger sein und mehr über die Wirklichkeit aussagen, und schließlich ist der Anitabrief ja nicht der einzige in dieser Richtung! Um was es mir geht, ist das in der Praxis vorzuführen, was die Theologen behaupten, also den theologischen Worthülsen (oder Leertermen, wie Rupert Lay sagt) eine Entsprechung in der Praxis zu geben. Wie ich darlegte, muß dazu allerdings diese Dogmatik auf den historischen Jesus zurückgeführt werden. (Sie haben übrigens kein Argument gebracht, warum der kriminologische Ansatz nicht stimmt...) Ich sehe, Sie sind auch Lehrer. Statt in dieser Worthülsenklauberei - und sei sie noch so heilig und ehrwürdig - zu diskutieren, machen Sie doch den Beweis in der Praxis vor, daß es funktioniert, was die Theologen behaupten, daß eine bessere Welt mit ihrer Dogmatik möglich ist... Wenn Sie sich so sicher sind, daß es dann keine Anita-Briefe mehr gibt, also fangen Sie doch an! Bitte: Diskussionsende und Praxisanfang! Gruß Michael Ich weiß nicht, was Sie sich unter
Praxisanfang vorstellen - ich habe versucht, die Bedeutung des
dogmatisch verfassten Christentums für die Bildung des
Selbstbewusstsein und der Lebenshilfe aufzuzeigen. Tut mir leid, dass
ich nicht mit einem Beispiel aufwarten kann, wo jemand mir gesagt hat,
dass er wegen seines Glaubens an den dreifaltigen Gott besser leben
konnte. Dass Sie so ungehalten auf mein letztes Mail reagiert haben,
verstehe ich nicht. Ich habe mich bemüht, Ihnen nur meine Meinung zu
schildern und bin es nicht gewohnt, in dieser Art und Weise behandelt
zu werden. Lieber Markus,
ich habe auch mit offensichtlichen Freikirchlern zu tun,
die dann damit kommen, ob ich nun an Gott glaube oder nicht. Ich
entgegne dann, daß sie sich mal die Susannageschichte ansehen sollen
(sie haben noch nie davon gehört - dabei ist sie eigentlich
Allgemeinwissen, obwohl sie nur in katholischen Bibeln steht, oder
sollte es wenigstens sein, schließlich hat sie auch Rembrandt gemalt
und der war ja auch evangelisch ), und sie gefragt, auf welcher Seite
sie stehen und was sie machen würden. Dann ist immer Schluß der
Debatte...
Und ich habe andere Sorgen als die des dreifaltigen Gottes. Zu diesem Thema
werde ich vermutlich vor Gottes Richterthron nie gefragt werden (und
Sie gewiß auch nicht)! Mir geht es - in Fortsetzung der Susannageschichte und des kriminellen Ansatzes - darum, den jungen
Menschen wieder einen Zugang zu den Zehn
Geboten "auf diesem Gebiet" zu verschaffen... Und dafür tüftle ich
etwa an dem Buch, dessen Konzept plus Anfang Sie unter der Url www.basisglaube.de finden können.
Und es geht hier nicht um Nebensächlichkeiten, hier geht es um Liebe
und Glück schlechthin, um Überwindung des
Geschlechterkampfs, um eine Erneuerung der Gesellschaft vom
einzelnen Menschen aus....
Aber ich weiß, das alles berührt Sie nicht. Das ist eben
der Unterschied zwischen den Theologen und anderen Menschen.
Ach ja Beweise zu meinem Ansatz: Beweisen Sie doch mal, daß
die Götterwelt des Hinduismus nicht
stimmt oder daß der Kaiser von Japan nicht Ur-Ur-Enkel der Sonnengöttin
ist, beweisen Sie doch mal, daß der Mond nicht aus Käse ist, daß es
nicht doch Hexen gibt, die andere Menschen verhexen können, daß es
nicht doch auch mal Klapperstörche
gibt, die Kinder bringen können, daß es nicht doch in England ab und zu
Muschis und Möpse oder eben Katzen und Hunde regnet? Haben Sie´s
gesehen, waren Sie denn immer dabei? Wenn man lange genug etwas mit
Finesse und Gewalt den Menschen - und von Kind auf - eintrichtert, dann
kann auf diese Weise jeder Blödsinn zur Wahrheit
werden - und die wirkliche Wahrheit wird immer unwahrscheinlicher.
Merken Sie nicht, ich will mit Menschen, die das Blaue vom Himmel
behaupten und normales Denken verhöhnen, nichts mehr zu tun haben? Denn
das bringt doch nichts!
Machen Sie vor, daß die jungen Menschen die Gebote Gottes
halten, um die es mir in meinem Ansatz geht. Man lacht doch über
uns und empfindet das als Heuchelei, wenn der Papst gegen Kondome und
vorehelichen Verkehr redet und die jungen Leute zum Weltjugendtreffen
kommen und dem Papst zujubeln und Kondome im Gepäck haben (das stand
hier in der Zeitung). Die Änderung eines solchen Verhaltens ist
doch ganz einfach für Sie - also bitte! Auf geht´s! Oder wollen
Sie das etwa gar nicht ändern? Ja, dann haben wir wirklich nichts
miteinander zu tun... Mein Problem ist eben, daß die einzige Instanz,
die dafür zuständig wäre, nämlich unsere christliche Religion, genau an
diesem Halten der Gebote nämlich auch gar kein Interesse hat, "von
denen" weiß inzwischen niemand mehr, was das überhaupt ist...
Tschüs und alles Gute und mit Ihrem Ansatz viel Erfolg!
Michael
Sehr geehrter Michael! Ich habe mir Ihr Mail gut durchgelesen. Die Susanna-Geschichte ist mir bekannt, auch wenn ich nicht evangelisch bin. Ich bin auch durchaus bereit über die Susanna-Geschichte zu diskutieren. Glauben Sie nicht, dass es auch Theologen um die Überwindung des Geschlechterkampfes, um Liebe und Glück schlechthin und um die Erneuerung der Gesellschaft vom einzelnen Menschen aus geht? Mir zu unterstellen, dass mich das nicht berührt, zeigt, dass Sie alles, was ich bisher geschrieben habe, nicht gelesen haben. Das stimmt mich traurig, weil ich damit den Eindruck bekommen habe, die Mühe, die ich in dieses Gespräch gesteckt habe, sei umsonst gewesen. Die Problematik Ihres Ansatzes ist, dass Sie glauben, dass man Dinge, die man nicht beweisen kann, heute nicht mehr behaupten kann, dass Sie glauben, dass man alles erklären und vernünftig beweisen muss um glaubwürdig zu sein. Ich denke, dass man dann glaubwürdig wird und den jungen Menschen von heute etwas sagen kann, was Sie auch nachleben, wenn man authentisch ist, wenn man auch das tut was man predigt und wenn man vernünftig begründen kann wieso man dieser Meinung ist und wieso nicht. Die Tatsache, dass Menschen über uns lachen berührt das Christentum seit 2000 Jahren nicht oder wie denken Sie haben wohl die Römer reagiert als die Christen ihnen von ihrem Gott erzählt haben, der gekreuzigt wurde. Ich weiß, dass das Thema vorehelicher Geschlechtsverkehr und Verhütung ein kontroverses Thema ist und dass viele nicht verstehen, wieso die Kirche so reagiert. Ich kann Ihnen zu diesem Thema das Buch von Benedikt XVI., Salz der Erde, wärmstens empfehlen, in dem er zugibt, dass die Kirche nicht immer bei dem geblieben ist, was sie eigentlich aussagen will mit ihrer Haltung zur Empfängnisverhütung und zum vorehelichen Geschlechtsverkehr, nämlich v dass es ihr um das Bewusstsein in den Menschen geht, dass Sexualität sehr wohl etwas mit Fortpflanzung zu tun hat v dass es ihr um eine Bewusstseinsbildung geht in den jungen Menschen, dass sie Verantwortung übernehmen müssen, wenn sie Geschlechtsverkehr haben, da immer auch mit der besten Verhütung eine Schwangerschaft entstehen kann und dann weitere Probleme entstehen v dass Kinder ein Segen sind und nicht etwas sind, was man verhindern oder töten muss, wenn sie meiner Lebensplanung im Wege stehen Ich mache dieses Thema auch immer in der Schule und bekomme auf meine Erklärungen immer die Rückmeldung, dass sie das noch nie so erklärt bekommen und dass sie es jetzt verstehen. Ich möchte damit aussagen, dass ich nicht die gesamte christliche Dogmatik über den Haufen werfen muss, um meinen Schülern verständlich zu machen, was die Kirche mit ihrer Politik versucht zu erreichen und ich denke, dass Sie mir zustimmen werden, dass diese Gründe durchwegs vernünftige und un-dogmatische sind. Mir zu unterstellen ich hätte kein Interesse daran dass sich die Jugendlichen an die Gebote halten oder überhaupt Ihre Unterstellungen können Sie sich sparen – schließlich befinden wir uns in einem Dialog und da hat jede Polemik zu unterbleiben! Im Übrigen möchte ich bitte, dass Sie meine Mails von Ihrer Website nehmen! Mit freundlichem Gruß Markus
Lieber Markus! Aber wer wird denn bei so einem schönen Streitgespräch aufgeben - und gerade jetzt, wo es so richtig spannend wird! Wenn das, was wir hier treiben, nicht beste Streitkultur ist - und es geht ja nicht um irgendetwas Belangloses! Und schließlich war das ja auch kein konstruiertes Gespräch sondern eins nun wirklich mitten aus dem Leben? Muß man da nicht durch, denn wenn wir abbrechen müssen, weil einer aufgibt, dann hatte die ganze Mühe bisher doch keinen rechten Sinn? Und Sie können mir glauben, nicht nur Sie haben sich engagiert, sondern auch ich! Schließlich sind wir hier ja auch wohl nicht bei der Inquisition, denn wenn es der nicht paßt, dann läßt sie das Gespräch durch den Scheiterhaufen abbrechen, heute eben durch den Lehrerlaubnisentzug. Warum also nicht weiter - bis zu einem sinnvollen Ergebnis? Ich freue mich jedenfalls, daß es Sie gibt und ich bedanke mich für Ihre bisherige Mühe und Sorgfalt, die Sie aufgewendet haben! Und meinen Sie nicht, daß das ganze auch für Ihre Schüler spannend wäre? Was könnte man an so einem Streitgespräch nicht alles aufhängen! Wenn ich mir Ihre letzte Mail nun genauer ansehe, dann kann ich nicht erkennen, ob und wie Sie nun die kirchliche Lehre zur Sexualmoral gegenüber jungen Menschen vertreten. Was heißt das schon, daß sie "Verantwortung übernehmen müssen, wenn sie Geschlechtsverkehr haben"? Für mich ist das doch der erste Schritt zur Beliebigkeit und damit zum Aushebeln der göttlichen Normen, ganz abgesehen davon, daß das alles dann nichts mehr mit einer konsequenten Haltung zu tun hat. Erfahrungsgemäß macht mit einer solchen Haltung nämlich schließlich doch jeder, was er will. Jedenfalls ist eine solche Argumentation ein Indiz, daß der wirkliche Sinn einer christlichen Sexualmoral nicht begriffen wurde... Ich habe das ja versucht, in den Vertraulichen Gesprächen und in vielen Stichwörtern zu begründen, um was es geht, doch meine Erfahrung ist eben, daß manche Besucher - und vor allem die religiös orientierten - sich an irgendwelchen "undogmatischen Ecken und Kanten" stoßen und dann für das Übrige gar keinen Nerv mehr haben beziehungsweise mir ihre eigene Einstellung überstülpen und dann nur noch Bahnhof verstehen. (Andere Besucher lesen eben genau das und finden alles "glasklar"...) Doch ist mein Ansatz für eine außereheliche Enthaltsamkeit ein völlig anderer! Erfahrungsgemäß ziehen die Argumente von der Fruchtbarkeit und der möglichen Schwangerschaft her nämlich (nicht nur) bei jungen Leuten letztlich überhaupt nicht. Die machen´s doch trotzdem! Nicht zuletzt ist das ja mit der Verantwortung, die man übernimmt, immer leicht daher gesagt, zumal es ja auch Pille und Kondome gibt, die die ausgesprochene Verantwortung leicht machen. Daher habe ich diese Begründungen weitgehend weggelassen. Nein, ein wirklicher Grund für eine ganz konsequente Sexualmoral (also außerhalb einer Ehe kein Sex) ist ein völlig anderer: Denn nur durch bessere Gründe kann es nämlich zu wirklicher Freiheit zwischen den Geschlechtern kommen! Denn wenn völlig klar ist, daß "man" sich an die Sexualmoral hält, was ist dann nicht alles möglich - und nur dann! Man kann etwas gemischgeschlechtlich unternehmen, man braucht keine getrennten Zimmer mehr, nicht mehr diese lästige Sexualscham, man kann über alles reden, man kann sozusagen innerlich und äußerlich nackt sein... Ich persönlich finde es etwa wunderbar, wie mit mir Frauen Reisen machen, wie mir Eltern ihre minderjährigen Töchter anvertrauen - und wissen, die Partner oder Kinder kommen bereichert zurück und nicht nur mit den üblichen touristischen Eindrücken, sondern auch mit menschlichen... Auf einmal ist zwischen den Geschlechtern alles ganz anders, wir erleben völlig neue Welten und wir bekommen regelrecht Freude and den göttlichen Geboten, ja wie gut, daß es die gibt! Und wenn es dann zu Partnerschaften kommt, dann auch so, wie unsere Kirche das will (oder vorgibt zu wollen), man braucht keine Beziehungskisten aufzuarbeiten, man braucht sich nichts vorzuwerfen. Man muß sich eben nur mal wirklich auf die Gebote einlassen! Die Gebote als Basis oder als Spielregeln des Paradieses, das funktioniert aber nur, wenn sie restlos konsequent gehalten werden! Und den jungen Menschen wird damit auch etwas in die Hand gegeben, damit sie für sie ungeeignete Partner und insbesondere die typischen Casanovas aussieben können - also die Spreu vom Weizen zu trennen können, und zwar auf sich ganz individuell abgestimmt - eine für sie ungemein spannende Sache! Doch vor allem passen, wie ich sehe, viele Ansätze der Bibel, die bisher als sacrifica intellectus oder eben als Glaubenswahrheiten interpretiert werden und als Ballast für unseren Glauben eher kontraproduktiv wirken, sozusagen haargenau zu diesem Konzept! Da müssen hochintelligente Menschen schon mal ähnliche Gedankengänge gehabt haben, die irgendwann allerdings nicht mehr in ihrem ursprünglichen Sinn verstanden wurden. Man muß eben nur mal hinsehen, worauf das alte Wissen passen könnte! Mich verwundert es schon, daß Sie mir unterstellen, daß ich solche "Unglaubwürdigkeiten" einfach aus Lust und Laune abtue und weglasse, um mich irgendeinem modernen Rationalismus anzupassen - nein, nein, so leichtfertig und oberflächlich bin ich doch nun wirklich nicht! Und mich verwundert es weiter, daß Sie Zusammenhänge nicht erkennen (können oder wollen)... Vermutlich sind Sie irgendwie auf irgendetwas fixiert, Verzeihung, wenn ich das mal so ausdrücke. Ich meine, daß ich etwa den Zusammenhang von Macht und Unterdrückung und Sklaverei und Befreiung und Geschlechtsverkehr im Stichwort basistheologie doch ganz gut dargestellt habe, gleichzeitig einmal eine ganz andere Sicht der Heilsgeschichte. Also ich sehe das alles schon in einem größeren Zusammenhang und nicht nur in dem von sexuellem Vergnügen und Fruchtbarkeit! Und zur Susannageschichte: Wie nett von Ihnen, daß Sie über die mit mir reden wollen! Was aber, wenn ich mit Ihnen nicht über diese Geschichte reden will? Meinen Sie denn etwa nicht auch, daß hier nicht alles hinreichend klar ist, daß interessant allenfalls Ihre Lösung wäre? Denn so wie Sie das sagen, bleibt doch der fade Beigeschmack, daß Sie nur darüber reden wollen, aber an einer Verhaltensänderung im Sinne der Zehn Gebote kein Interesse haben, daß Sie also zumindest versteckt mafiöse Verhaltensweisen unterstützen ... Mein Problem scheint allerdings vor allem das zu sein, daß ich ja als Theologe die traditionellen Vorstellungen kenne und es mich nervt, wenn andere anfangen, mich hier zu belehren (als ob ich das nicht kenne), doch meine "Gegner" verweigern im allgemeinen jegliche ernsthafte Auseinandersetzung, immerhin habe ich ja auch etwas zu bieten. Und ich mache es doch wirklich leicht, solche dicken und theorielastigen Wälzer habe ich doch gar nicht verfaßt und ich meine, sowohl die Vertraulichen Gespräche und die Stichworte lesen sich doch sehr flott. So sagen es mir wenigstens meine eher "nichttheologischen" Besucher und nicht nur die, die sich bei mir melden, ich stoße bisweilen durch die Hinweise in meiner Zählmaschine auch auf Seiten, in denen lebhaft über mich geredet wird - ohne daß die dortigen Internetbenutzer das merken... Das ist doch ein Indiz dafür, daß diese Gespräche wohl auch ein guter Einblick in das Denken junger Menschen sind. Und wenn man etwas ändern will, dann muß man doch dieses Denken erst einmal kennen? Ich nehme doch an, daß das nicht so gemeint war, daß ich Ihre Diskussionsbeiträge aus dem Web nehmen soll. So schlecht sind Ihre Argumente doch gar nicht! Ich bitte Sie, diesen Wunsch also zurückzunehmen. Und schließlich hatte ich ja deutlich darauf hingewiesen, daß ich mir vorbehalte, Zuschriften ins Internet zu setzen, schließlich mache auch ich mir viel Arbeit damit. Und wegen es Umfangs des Gesprächs habe ich mir erlaubt, schon einmal ein eigenes Stichwort zu machen: Streitgespräch. Natürlich habe ich inzwischen Ihren Vornamen geändert, den Nachnamen hatte ich ja sowieso von vornherein weggelassen. Beste Grüße Michael
Lieber Michael! Aber wer wird denn bei so einem schönen Streitgespräch aufgeben - und gerade jetzt, wo es so richtig spannend wird! Hier muss ich schon anmerken, dass es nicht meine Idee war, das Streitgespräch zu beenden, sondern Ihre! Ich freue mich auch dass wir in unserer Diskussion schon so weit sind und denke, dass wir bald zu einem sinnvollen Ergebnis kommen können, ich weiß aber nicht, ob wir dieses Ergebnis beide unterschreiben werden können! Was heißt das schon, dass sie "Verantwortung übernehmen müssen, wenn sie Geschlechtsverkehr haben"? Für mich ist das doch der erste Schritt zur Beliebigkeit und damit zum Aushebeln der göttlichen Normen, ganz abgesehen davon, dass das alles dann nichts mehr mit einer konsequenten Haltung zu tun hat. Erfahrungsgemäß macht mit einer solchen Haltung nämlich schließlich doch jeder, was er will. Hier ist natürlich vorausgesetzt, dass man schon vorher über diese „Verantwortung“ informiert ist. Mein derzeitiger Ansatz auch in der Sexualerziehung von Jugendlichen ist in unterschiedlichen Unterrichtsstunden das Bewusstmachen, dass es sehr wohl immer das „Risiko“ einer Schwangerschaft gibt, so gut man auch verhüten mag und dass sich die Jugendlichen darüber im Klaren sind, dass sie ein Kind zeugen könnten, das ihre Liebe und Unterstützung bräuchte und das nicht einfach „weggemacht“ werden darf, wie Abtreibung in unerträglicher Weise genannt wird. Ich habe einige Ihrer Vertraulichen Gespräche gelesen und möchte Ihnen wirklich zu diesen Erfolgen gratulieren, die sie gemacht haben. Und es verfestigt sich in mir immer mehr der Eindruck, dass Sie unnötigerweise einen Schritt zu viel gegangen sind, wenn Sie all das über Bord werfen, was meines Erachtens christlich ist (Auferstehung, Christusereignis usw. usw.). In vielen Bereichen sind Sie viel weiter als ich – ich bin erst am Anfang und auf der Suche nach einem Weg, Jugendlichen die Sexualmoral so zu präsentieren, dass sie sie nicht als Einschränkung sondern als Bereicherung für das Leben sehen. Aber dann wieder werfen Sie zu viel über Bord. Ich weiß, dass Sie in Ihren Überlegungen schon recht weit sind, aber wäre es nicht lohnend, zu versuchen, diese Konzepte zu vereinigen? Was mich noch stört, ist, dass Sie einige „Ansätze der Bibel“ herausnehmen und als passend in ihr System integrieren, andere (die nämlich dogmatisch verfassten) wieder weglassen und als hinzugekommen oder hineininterpretiert einstufen. Wer gibt Ihnen diese Kompetenz, aus dem biblischen Sammelsurium herauszunehmen, was Ihnen gefällt und wegzulassen, was nicht hineinpasst? Ich könnte Ihnen ebenfalls eine Fixierung vorwerfen, nämlich das krampfhafte Bemühen, alles, was die christliche Religion zu einer Religion macht (nämlich der Gott, den man nicht beweisen kann und an den man glauben muss oder das wundersame Eingreifen Gottes in die Geschichte – Auferstehung, usw.) herauszuschälen sodass eine von Ihnen so genannte „Basisreligion“ übrig bleibt, die aber nichts mehr mit Christus und seiner Initialzündung der Kreuzigung, Auferstehung und Geistsendung zu tun hat. Ich bewundere insofern Ihre Bemühungen, weil Sie von der Praxis her kommen und die Praxis ist leider den christlichen Kirchen (insbesondere der katholischen) oft schon abhanden gekommen, ich meine damit, dass es höchst an der Zeit wäre, die christlichen Dogmen so umzuformulieren, dass das eigentlich Gemeinte wieder zum Vorschein kommt und nicht mehr verstellt wird durch Sprachregelungen, die niemand heutzutage mehr versteht. Das heißt aber nicht, dass wir alle Dogmen über Bord werfen müssen, sondern dass wir uns der Realität und Transzendenz Gottes nach wie vor bewusst sind, seiner Nähe, seinem Willen, uns Menschen zu helfen und seines unbedingten Willens, dass der Mensch ein Leben in Fülle hat. Da wäre es höchste Zeit zu fragen: Was heißt: Christus wahrer Mensch und wahrer Gott – wie müssten wir das formulieren, dass herauskommt, dass Gott und hier in Jesus Christus sich selbst geschickt hat um uns zu zeigen, was er mit seiner Schöpfung gemeint hat. Ich weiß nicht wie, aber sicher geht es ohne dass wir die Uraussage des Christentums verneinen müssen: Jesus ist Christus, der Gesalbte und Retter, auf den wir gewartet haben, der Sohn Gottes. Meinen Sie nicht, dass Sie statt eines Angebots, über die Susannageschichte zu reden, nicht auch gleich einen abschließenden Kommentar hätten geben können? Wenn ich es richtig verstanden habe, sehen Sie die gesamte christliche Dogmatik vor dem Hintergrund, dass dadurch wahre Befreiung unmöglich gemacht wird und stattdessen Unterdrückung produziert wurde. Nun meine Argumente zur Susannageschichte (und wieder frage ich mich, wer Ihnen das Recht einräumt, gerade diese Geschichte herauszunehmen und die vielen anderen im Alten Testament nicht hineinzunehmen!): Die Susannageschichte würde ich als typische Bibelgeschichte einstufen. Wir in der gesamten Bibel wird aus der Sicht des (in diesem Fall weiblichen) Opfers erzählt. Und es bietet sich eine unüberbietbare Botschaft: Gott will nicht, dass dieser Frau Unrecht geschieht. Eigentlich ist diese Geschichte auch eine Ausformulierung des Gebots „Du sollst nicht lügen“, da ja damit vorrangig „du sollst nicht vor Gericht lügen“ gemeint war. Ich würde die Geschichte als Ausdruck der Hoffnung interpretieren, dass die Unschuldigen von Gott gerettet werden und auf der anderen Seite, dass wir alle dazu berufen sind wie Daniel Unrecht dort zu bekämpfen wo es passiert. Natürlich ist die Geschichte auch Ausdruck der Unterdrückung der Weiblichkeit im Israel der damaligen Zeit. Die Aussage einer Frau war nicht so viel Wert wie die von zwei Ältesten. Dass Jesus ebenfalls diese Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten in seinem Wirken angeklagt hat, ist in unserer Diskussion ja schon herausgekommen. Ich habe mich über Ihre Unterstellungen geärgert und deswegen geschrieben, dass Sie meine Diskussionsbeiträge vom Web nehmen. Außerdem war für mich abzusehen, dass Sie an einer Fortführung der Diskussion nicht interessiert waren. Inzwischen denke ich, dass unsere Diskussion auch anderen zugänglich gemacht werden sollte. Bitte beantworten Sie mir folgende Fragen, auf die ich auf Ihrer Website noch keine Antwort gefunden habe:
In der Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich mit freundlichem Gruß Markus Lieber Markus!
Ich bin also wieder zurück vom
Atlantik - und habe auch schon mal eine erste Idee für das Buchprojekt
bei dem Ossiverlag (!) stehen, siehe www.basisglaube.de . Dabei hat
mir natürlich auch unsere Diskussion geholfen, das Kapitel 12 ist etwa
das Ergebnis. Und so etwas muß einfach hinein, denn wenn das fehlt,
fühlen sich die Leser verschaukelt.
Nein, mir ging es nicht um die
Aufgabe des Streitgesprächs, nur ich wollte mal wieder Luft haben, um
an konkreten Projekten zu arbeiten, der Verleger fragte schon...
Ja zum Thema "Verantwortung":
Ich finde, das wird nur zu gerne mißverstanden, daher kam ich eben zu
dem "spieltheoretischen Ansatz", um
ihn mal so zu nennen. Und der ist doch viel realistischer und
konsequenter und spannender!
Und zu mir: Ich tüftle seit
fast 40 Jahren an einer Ethik für junge Menschen - und ich mache
es mir gewiß nicht einfach - doch es scheint einfach nur so zu gehen.
Aber - wie gesagt - wenn andere das auch anders schaffen, ich hoffe,
ich bin offen. Doch manchmal denke ich, daß man Gott auch die Chance
geben sollte, etwas gegen die ganze Theologie zu sagen! Und wie sollte
er das anders tun, als wenn er eben keinen Erfolg beschert?
Ich hoffe, Sie sind mir nicht
gram, wenn ich inzwischen in unserem Schriftwechsel meine
Diskussionsbeiträge zur Susannageschichte und auch zu dem Thema
"Milliarden können nicht irren" neu formuliert habe, ich meine, es wird
jetzt deutlicher, um was es geht...
Ja, warum nehme ich gerade die
Susannageschichte? Erstens
ist sie wohl sehr gut eine Parallelgeschichte zu Johannes 8 und erklärt
diese viel besser. Und dann ist sie für mich so etwas wie ein Blick
durch ein Fenster in eine rätselhafte Welt nach dem Motto "Ach so war
das damals wirklich...". Und das wird ja auch in der Erzählung
ausdrücklich gesagt: "So seid ihr schon immer mit den Töchtern Israels
umgegangen...", also nicht nur gegen die Verlogenheit, sondern gegen
mafiöse Strukturen.... Ich finde, das ist wie ein Indiz in einem
Kriminalfall: Ein einziges Indiz kann alles andere aufrollen, besonders
wenn es immer überlesen wird. Und schließlich haben die Propheten ja
auch in dieser Richtung geklagt... (Und ich habe mal in Innsbruck eine
Seminararbeit geschrieben "Wie Jesus sich selbst sah - als Prophet?"
Und zu Gott: Mit der Frage
nach Gott machen wir uns doch immer nur ein Bild von Gott, und das ist
heidnisch und verboten. Daher meine Überlegungen zu einem Gottesbild, dieses Stichwort ist für mich
viel wichtiger...
Ich sehe mich nicht als
Offenbarer. Ich habe genz einfach mal festgestellt, daß etwas nicht in
Ordnung ist (gemäß Gespräch 2) und fühlte eine Pflicht, hier etwas zu
ändern. Und stieß auf Unverständnis wie auf Granit, an der
Harmonie der Liebe besteht offensichtlich kein Interesse.... Na ja, und
wer gibt denn da schon auf! Und da kam ich dann so nach und nach auch
noch auf andere Stolpersteine...
Noch bin ich ja nicht
erfolgreich, mir fehlt eine Plattform bei Kindern - im größeren Stil...
Vielleicht jetzt durch das Buchprojekt?
Klar, glaube ich an "heiligen
Geist" - aber eben keine göttliche Person, sondern daß das, was wir
machen, von "heiligem Geist" inspiriert ist, also in Ordnung ist...
Tschüs
Michael
Und hier noch ein weiteres Streitgespräch mit einem anderen Internet-Besucher, diesmal einem theologisch informierten Musiklehrer, der demnächst auch Religionsunterricht erteilen wird. Ich erlaube mir, allerdings nur die letzte Mail des Besuchers (Heinz, er hat das bisherige Streitgespräch gelesen) und meine beiden letzten (Antwort-)Mails an ihn wieder zu geben. Lieber Michael!
Habe mich nun mit deiner Mail „Dogmatik“ bzw. „Streitgespräch“ auseinandergesetzt. Ursprünglich dachte ich nach deinen Ausführungen, der Dogmatiker war wohl ein hartherziger Arsch. Aber in Texten wie „Ich habe mich nun mit Ihrem kriminologischen Ansatz vertraut gemacht und bin erstaunt wieso Sie in der Tatsache, dass Jesus sich für die Frauen und Unterdrückten seiner Zeit eingesetzt hat und in der Realität seiner Gottessohnschaft einen Widerspruch erkennen. Nach meinem Überblick über die moderne Jesusforschung bestreitet niemand mehr, dass sich Jesus für die am Rande stehenden der damaligen Gesellschaft eingesetzt hat, und das waren Frauen, Prostituierte, Witwen, Arbeitslose, Kranke, Aussätzige, Zöllner usw. Dass er dabei also diese an sich kriminalisierten Bevölkerungsschichten unterstützt, angenommen und wieder in die Gesellschaft aufnehmen wollte, steht doch in der Theologie außer Frage! Mir ist nun nicht ganz klar, wie Sie von dieser allgemein anerkannten Beobachtung des Lebens Jesu auf die Annahme kommen, er sei nicht Sohn Gottes oder dass Sie die beispielsweise die Realität der Jungfrauengeburt nicht als legitimen Ausdruck des undurchschaubaren und geheimnisvollen Wirkens Gottes verstehen können. Wo liegt hier der Widerspruch?“ sehe ich eher den liebevollen Versuch, einen Streit zwischen dir und einem fiktiven bösen Dogmatiker, der Jungfrauengeburt statt Liebe predigt, durch eine Vereinigungsmenge (wie sie der Kirchenlehre aller mir bekannten Konfessionen entspricht) zu schlichten. Seine fundierten Hintergründe zum wahrscheinlichen Anklagegrund Jesu bringen mich nach all deinen durchaus interessanten und v. a. jugendlich-sensationsträchtigen Theorien wirklich weiter. Sein Ansatz, die Römer seien am Tod Jesu zu einem nicht geringen Teil mitschuldig, obwohl Johannes das schließlich ganz den Juden zuschustert, ist mir nicht neu. Nichts desto trotz halte ich den innovativen und dennoch nicht antibiblischen „kriminologischen Ansatz“ für ein Kriminaldrama/Musical etc. für durchaus geeignet. Wie gesagt bin ich nur gegen Verkürzungen. Den Satz „Was spricht dagegen, Ihren kriminologischen Ansatz mit der Tatsache in-eins-zu-denken, dass Jesus Gottes Sohn war?“ kann ich also ebenfalls unterschreiben. Und wenn ich dir nun beweisen muss, dass ich nun auch trotz meiner positiveren Haltung zum Dogma die Halbwelt erlösen kann, wird es ganz schön schwierig. Halbwelterlösungen sehe ich aber auch nicht in der Mail von der Oberschülerin Anita, allerdings in zahlreichen Zeugnissen von Erweckungsbewegungen, z. B. der Jesus-Freaks oder charismatischer Gemeinschaften, die sich ganz gezielt um die geistliche Erfüllung ehemaliger Suchtkranker kümmern. Die bewirken wirklich was, anders als wir an unseren Schreibtischen!
Die Einheit aus Geist, Seele und Körper im eigenen Leben („die eigene Halbwelt zur Ganzwelt zu machen“), die suche und finde ich sicher mit Seiner, deiner und vieler anderen Mitmenschen Hilfe, mit denen ich Begegnungen welcher Form auch immer haben darf. „Ich-gesteuerte Moral und Gewissen?“ Find ich gut! Siehe hierzu auch meine Anlage „Die elf Geschenke“ – ein vor 5 Jahren gestarteter noch immer nicht abgeschlossener Versuch, (durchaus mit Transzendenz und dem Glauben an übernatürliche Vergebung!), ich-gesteuerte, befreiende und begründete Moralregeln in den 10 Geboten zu sehen, allerdings aus der Sicht eines Christen, nicht der eines eher an das Gesetz gebundenen Juden. Falls du eine kleine Gemeinde „Basisreligiöser“ gründen wirst, dann wird es dort allerdings, wohl ähnlich wie in kleinen, überschaubaren Freikirchen, mit Sicherheit prozentual weniger „Ehescheidungen, Treulosigkeit, Verzweiflung, Einsamkeit, Hartherzigkeit, Verbrechen“ geben als in der Mitgliedschaft einer Großkirche. Und in den stärker großkirchlich orientierten Gebieten in Deutschland gibt es das dennoch weniger, als in den völlig säkularen Gegenden. Selbst die Arbeitslosigkeit erreichte nach Angaben der ev. Landeskirche Sachsen Ende der 90er Jahre weniger ihre Mitglieder mit ihrem ganzheitlicheren und sinnerfüllten Weltbild, als die konfessionslosen Bürger Sachsens. Treulosigkeit im Osten, wo eine Scheidung seit der Wende kaum Not tut, weil die wenigsten mehr heiraten? Geh dort mal auf Mugge (=Musikalisches Gelegenheitsgeschäft) – irgendein Mädel würde die Nacht schon gerne mit einem Musiker verbringen und zeigt es auch sehr deutlich. Manchmal ist der Lover noch in Sicht oder gerade gegangen. Und ein Thüringer Montagearbeiter erzählte mir über seinen Einsatz in der Oberpfalz: „Die Mädels dort sind zu katholisch.“ Doch am besten funktioniert das Umsetzen gewisser Prinzipien in kleinen und überschaubaren Gruppen – selbst der Kommunismus lässt sich in Klostergemeinschaften ja seit mindestens 1,5 Jahrtausenden erfolgreich praktizieren. Bei Mitgliedern von Freikirchen und Pfingstgemeinden, die ich kenne, kommt hinzu, dass sie sich nicht nur durch ihre Ideale definieren, sondern noch eifrig von den „Anderen“ abgrenzen oder schließlich, wenn das Einhalten der Regeln nicht klappt, austreten bzw. rausfliegen. Wie anonyme Alkoholiker erinnern sie sich täglich an das, was sie sind und was sie tun bzw. unterlassen wollen. Diese Methode zur Umsetzung gewisser Vorsätze bzw. zur Annäherung an seine Ideale hat sich bewährt. Sektenmitglieder definieren sich im Übrigen ähnlich, hinzu kommt die radikale Ablehnung und Verteufelung „etablierter religiöser Systeme“, die eine Gruppe zusammenschweißt (vgl. Freud: Eine Menschengruppe rottet sich am stärksten bei einem gemeinsamen Feindbild zusammen). Diese Ablehnung selbst lehne ich zwar ab. Aber deine Ideale schätze ich wie gesagt sehr und bringe gerne meine Musik mit ein, um sie zu verbreiten. Schließlich gefällt es m. E. dem christlichen Gott noch mehr, wie du sagtest, wenn „Freiheit und Emanzipation“ allerdings dann ohne die starke Ablehnung von übernatürlichem Eingreifen („Wundern“) in etwa so aussehen: „Die eigentliche Aussage ist, dass Gott das Leben für alle will und zwar nicht überleben sondern Leben und Liebe in Fülle. Deswegen gibt er uns die Möglichkeit der Vergebung. Dabei besteht meines Erachtens immer wieder die Frage: Vergebe ich mir selbst? Und diese Frage steht meines Erachtens im Vordergrund: erst wenn ich mir selbst vergeben kann, kann mir auch jemand anderes vergeben. Ich glaube, dass Gottes Vergebung [sein Eingreifen also] in Wahrheit diese Dimension meint: wieder im Reinen mit mir selbst zu sein und offen für Entschuldigung und Wiedergutmachung zu sein, nicht mehr in Selbstmitleid oder Schuldverweigerung zu leben, sondern endlich mir selbst vergeben zu können und Wiedergutmachung zu leisten. Das ist keine Form der Abhängigkeit, sondern die Möglichkeit, aus dem ständigen Teufelskreis von Schuldzuweisungen und Selbstmitleid herauszukommen und wieder das Leben zu leben wie es für mich gemeint ist.“ Diese Inhalte können gerne in das Schlusslied von „Freiheit und Emanzipation“ in unserem Musical mit einfließen, denn ich denke, sie verdeutlichen diese beiden Punkte vorzüglich. Natürlich darf vor der Vergebung auch gerne verstandesmäßige Aufarbeitung stattfinden – da haben wir dann menschlichen Frieden, aus der Gott sei dank seit 200 Jahren auch geistesgeschichtlich aufgeklärten Vernunft heraus. Aber wo diese nicht möglich ist, selbst bei allen seit gut hundert Jahren ausgereift entwickelten und von mir hochgeschätzten Methoden der Bewusstmachung unbewusster Konflikte (vgl. A. Grün: Gang in den eigenen Hades)? Und wo diese zwar geschah, aber keine Vergebung folgte? Soll dort um deiner Prinzipien Willen der Unfriede bleiben? Für mich nicht, denn Gottes Friede ist eben auch noch höher als alle Vernunft (Phil 4:7). Und „mit einem Beispiel auf[zu]warten […], wo jemand […] gesagt hat, dass er wegen seines Glaubens an den dreifaltigen Gott besser leben konnte“, kann ein westdeutscher großkirchlicher Pfarrer selten – er arbeitet nicht an der Front, sondern versucht, die bestehenden Strukturen im Inneren zu bewahren, verzeichnet jährlich einige Austritte, auch wenn von diesen ja bekanntlich manche wieder zurückkommen oder nur konvertieren. Aber hast du Sein Eingreifen nicht selbst erlebt? Habe ich das nicht diese Tage in meinem Zeugnis über den 23. Januar 2000, der aber d. E. „für die Verkündigung irrelevant“ sei. Auch das sehe ich anders – gerade, wenn das Zeugnis eines Menschen anderen hilft, sich auf diesen Gott/Jesus einzulassen, der eben nicht nur im alten Israel für die Menschen da war.
Zu deinem Satz „wie Liebe nicht mißbraucht werden kann, interessiert fast nie oder nur so am Rande“? Anselm Grün kritisiert im Buch „Gescheitert – deine Chance“ im Kapitel „Gescheitert am Ordensleben“ sogar geistlichen Missbrauch in Analogie zu seelischem und körperlichem. Und dieser Mann hat Einfluss auf die Ordenswelt, mehr als jeder entsprungene Mönch, mehr als jeder außerhalb stehende Psychologe. Der Pallottinerpater und Psychologe Jörg Müller berichtet in seinen Büchern von den zahlreichen Opfern des Missbrauchs unterschiedlicher Arten und seinen Konzepten, deren gestörte Gottesbilder gegen das des biblischen Gottes zu auszutauschen. Wen hast du immer gelesen, was hast du in der Kirche gesucht, dass du so viel „Böses“ erlebt oder gefunden hast und von ihr enttäuscht wurdest? Warum wurdest du von einem Dogmatiker nun abgehalten, das „Wesentliche“ zu tun, wenn du den Kontakt mit ehrlichen Andersdenkenden doch wünscht? Und am Schluss blieb jeder bei seiner eigenen Überzeugung. Auch ok. Aber dass wir den Jugendlichen nun deine Überzeugung drüberbügeln und sagen „Die Schüler wollten das so“, da lege ich nun Protest ein, auch wenn im säkularen Theater (fast?) alles möglich ist, bis hin zu „Corpus Christi“ – denen fehlte halt die Prise Sex im Evangelium, und jedem fehlt etwas anderes, und jeder möchte daher ein „anderes Evangelium“ schreiben, wie auch schon manche bei der Galater-Gemeinde – da gefällt es mir viel besser, wenn du stattdessen das eine Evangelium (die vier) ausschnittweise fokussiert und zugleich menschennah verbreiten möchtest. Aber eine Kirche mit ihrer Dogmatik (mit allen Fehlern im Dogmatischen System – auch für mich ist Dogmatik etwas anderes als „Wort Gottes“ oder gar der „beflügelnde Hl. Geist“: Sie soll eigentlich die wesentlichen Glaubensinhalte (Glut d. kath. Kirche) von Inhalten wie z. B. der 7-Tages-Schöpfungen o. ä. (Asche d. kath. Kirche) unterscheidbar machen, Klarheit bringen, was jedoch nicht immer gelingt, weil es eben menschliche Versuche sind) war nun 2000 Jahre standhaft gegen destruktive und dennoch dialogfähig mit konstruktiven (und selbst auch mit zunächst destruktiven) Kritikern. Sie wird es bleiben, auch diese biblische Verheißung sehe ich als glaubwürdig an (Mt 16:18). Oder wie sonst kommen Nietsche-Formulierungen in die Theologie-im-Fernkurs-Lehrbriefe, wenn nicht durch die Dialogfähigkeit der Kirche? Dialoge führt die Kirche, wie wir sehen können, auch mit dir, auch solange du ihr Kritiker bist! Ohne Dogmatik würde sie sich dem Dialog entziehen oder sich von jedem Kritiker umkrempeln lassen, nicht standhaft, sondern wackelig: mal nur himmlische Vergebung ohne irdische Werke, weil Luther es so wollte, mal nur irdische Moral ohne himmlische Vergebung, weil P. (Anm.: der Verfasser basisreligion) es so wollte. Und manche DEINER Anliegen sprechen ihr genauso aus dem Herzen, wie manche Anliegen eines Küng, von dem gewisse ausgewählte Texte bis heute sogar im Religionsunterricht gelesen werden. „Dogmen sind also direkt kontraproduktiv zum Anliegen des wirklichen Jesus, dem es ja um dieses Reich Gottes hier und jetzt ging!“ und sonst um nichts – ist das dein Dogma? Dann bin ich wie gesagt gerne in einer Kirche, die Reich Gottes im Hier und Jetzt angebrochen UND im Jenseits vollkommen verkündet, aber nicht augrund deiner Sichtweise kirchlicher Dogmen zu beten lehrt: „Dein Reich warte im Himmel auf mich“ (vgl. Anlage „Dein Reich komme“, Version vom 8. Mai 2005). Dann bin ich gerne in einer Kirche, die mir konkrete Tipps gibt, Seine Gebote zu halten, UND mir Seine Gnade für mein Versagen verkündet (oder wie ist das mit meinen vielen kleinen Umweltsünden, meinen Schreibtisch-Nachtschichten statt Rekreation im Sinn von Sabbatheiligungen (Gebot Nr. 3), meinem Satt-Sein und nur daher nicht Stehlen-müssen/wollen beim Wissen um Milliarden hungernde „sowieso schon Benachteiligte“ (Nr.7), meiner Bereitschaft, ohne Dienst an der Waffe den Krieg im Lazarett dennoch zu unterstützen (Nr. 5), ohne dabei MEINEN Kopf hinzuhalten? – selbst wenn ich die zwei sexuellen Gebote Nr. 6 und 10 Gott sei Dank in etwa hinbekomme und wie gesagt deine Site zu diesem Thema sehr inspirierend empfand). Ich möchte Jesus aber eben nicht ins Diesseits einsperren, auch nicht in einem Theaterstück, welches dann angeblich „die Schüler so wollten“ (die ja wirklich vieles wollen, wenn nur die Verpackung stimmt – wie sonst könnte eine derartige Werteverfalls-Musikkultur die Charts beherrschen, ich spreche hier ausschließlich von den Texten!). Die Schubert-Messe? Da hättest du bei mir übrigens ins Schwarze getroffen – ich werd mir den Text mal genauer ansehen. Bin nur Hobby-Kirchenmusiker, aber Schubert (v.a. mit seinen Liedern und deren tiefenpsychologischer Interpretation meines Kammermusik-Partners) gehört musikalisch zu meinen größten Favoriten. Toll, dass du es geschafft hast, Jungarbeiterinnen für diese authentischen völkisch-religiösen Texte zu begeistern! Zum dem Thema, dass deine Vorschläge immer mit „Ja, aber“ zurückgedrängt werden: Ist das nicht gerade wesentlicher Bestandteil deiner Linie?: Jesu Ich-Stärkung, Sexualreform und Unterstützung der Schwächsten JA, ABER ohne seine Zugehörigkeit zum Stärksten (=Gottessohnschaft), Krankenheilungen (Wunder), Erlösung und Wiederherstellung von gespaltenen Gesellschaftsstrukturen (Vergebung) bzw. gespaltenen Gottesverbindungen (Vergebung). Wäre da nicht dieses ABER = die Bereiche, die du torpedierst – deine Kirche würde dich und deine Ideale bis heute eifrig unterstützen, wo du doch ihre zum anderen Teil so toll unterstützt!
Darf ich nun am Schluss noch ein bisschen ironisch werden, da ich ja nun gelesen habe, was dein Problem ist: „daß die einzige Instanz, die dafür zuständig wäre, nämlich unsere christliche Religion, genau an diesem Halten der Gebote nämlich auch gar kein Interesse hat, "von denen" weiß inzwischen niemand mehr, was das überhaupt ist...“ ??? Alle Sünder außer ich? Dann sollen mal die anderen beichten, ich werde drum beten, dass die die Gebote in MEINER Definition (z. B. Jesusgebet=Götzendienst) lernen, zu halten (vgl. Lk 18:14). Da hat die PR-Maßnahme der Welt aber schön bei dir eingeschlagen. Sensationsgeile Pressefutzis, mehr nicht! (Ich denke hier z. B. an das vorletzte Schülerkonzert, in dem der Kritiker sich erlaubte, die eine Solo-Trompete im Orchester mit dem Attribut „verstopft“ zu versehen – und der andere Zeitungsmensch setzte schließlich „Verstopfte Trompete“ in die Überschrift, während die vielen eifrigen Jugendlichen, die ihre Instrumente übten und erfolgreich musizierten, nicht in der fettgedruckten Überschrift erwähnt wurden!) Und du hast die Botschaft der Presse, ihr Dys-Angelion gehört, und glaubst daran, denn der Glaube kommt vom Hören (Röm 10:10). Über den Pfarrer, der selbst sein Zölibat (vielleicht als weitergedachtes Vorbild für Treue in einer monogamen Ehe nach dem Motto: wenn der gar keine hat, dann freu du dich über Eine und verlang nicht noch nach ner Anderen?) hält, und den Christen (oder auch: anonymen Christen, K. Rahner), der mit einer einzigen Ehefrau bis zum Ende des Lebens treu zusammenbleibt, berichtet sie nichts, aber über den, der Kinder missbraucht (was ich im Land der Pressefreiheit soweit auch nicht zu verschweigen brauche, vor allem aber ist hier Haft und therapeutische Hilfe wirklich angesagt) berichtet sie auf Seite eins – und nun setzt sich aber das Gerücht durch, Pfarrer seien alle pädosexuell! Hat die Zeitung jene Weltjugendtags-Jugendlichen ohne Kondome auch erwähnt? Und haben die ihre Motivation, darauf zu verzichten, alle durch deine Methode bekommen, der du ja die Gebote alle hältst und überhaupt der einzig wahre Christ auf diesem Planeten bistJ? NeinL. Aber du erreichst eben auch so manchen Jugendlichen, und auch so manchen Erwachsenen – und das aus deiner Überzeugung zu deren Überzeugung, Ich-Moral und spaßmachende Moral ebenJ. Deshalb glühe ich nun mit. Du glühst für etwas, was auch auf mich Funken überspringen ließ. Aber ich glühe eben auch für andere Dinge – z. B. übernatürliche. Und das brauche ich in Deutschland eben nicht zu verschweigen, anders als es in der DDR war. Wenn du diese meine andere Glut löschen, in Asche verwandeln, „torpedieren“ möchtest, dann haben wir zwei Möglichkeiten: Entweder wir beide entwickeln eine Streitkultur (haben wir das nicht sogar schon?), oder ich erkläre dir hiermit meine Glut für untorpedierbar. Doch wer meine weiteren, jetzt noch nicht entflammten Aschenteile in mir ebenfalls zum Glühen bringen möchte (also Teile in meinem eigenen Hades zum Leben und zur Liebe erwecken möchte), der ist in meinem Leben genauso herzlich eingeladen wie du mit den Idealen, für die du eben glühst! Und glaubst du wirklich, dass ich mich als Mitglied der „christlichen Religion“ erst seit deiner Mail mit den 10 Geboten auseinandergesetzt habe? Glaubst du ferner, DU kannst sie perfekt einhalten? Zum letzten Abschnitt darf ich also zusammenfassend sagen: Gerne nehme ich dich und deine Ideen weiterhin ernst. Das geht allerdings nur, wenn ich dein Zitat, „daß die einzige Instanz, die dafür zuständig wäre, nämlich unsere christliche Religion, genau an diesem Halten der Gebote nämlich auch gar kein Interesse hat, "von denen" weiß inzwischen niemand mehr, was das überhaupt ist...“ als emotionalen (also menschlichen) Wutausbruch, Ausdruck von Hilflosigkeit in einem Streitgespräch, Äußerung des „Teufelskreis[es] von Schuldzuweisungen und Selbstmitleid“ oder sonst etwas anderes interpretiere, es unter „Asche“ einordne und einfach nicht ernst nehme.
Wo ich dir Recht gebe, muss der Fokus nicht für jeden Theologen auf der gleichen Stelle liegen. Und auch für Schüler ist das „volle Evangelium“ in jeder Stunde viel zu viel – hier müssen Teile außen vor bleiben. Aber die dürfen ein anderes Mal kommen: Schüler sollen die Möglichkeit des Gebets nicht nur im Musik- und Englischunterricht kennen lernen. Schließlich gibt ihnen die Esoterik schon Geistwesen an die Hand, die sie „immer und überall begleiten“, und denen sie „alles sagen können, was sie bewegt“. Da müssen wir Christen mit unserem Heiligen Geistwesen, unserem persönlichen Gott und lieben Vater nichts von unserer Lehre totschweigen. Bemühen wir uns weiter, Michael! Aber Glaube an Gebote ohne Seine Gnade – das macht uns zum Perfektionisten, der aus eigener Kraft kämpft. Das muss nicht mehr sein, weil uns Jesus mit seiner Gnade beschenkt hat. (vgl 2 Kor 3:6 – Paulus war seiner Schriften zufolge sicherlich nicht die menschliche Weitherzigkeit in Person und trug eine Liebe in sich, wie z.B. Johannes oder gar Jesus selbst. Aber diese Theologie verdanke ich ihm, und ich bin mir sicher, dass sie gottgeschenkt ist.)
Auch wenn ich nun mit dir wohl diese gewünschte Streitkultur bereits entwickelt habe, wünsche ich dir dennoch inneren Frieden sowie viele Verbreitungsmöglichkeiten deiner Ideale durch Internet, Buch und ggf. die erweiterte und in den biblisch-kirchlichen Kontext zurückgeführte Version durch Musik!
Heinz
Lieber Heinz,
wir müssen trotz
allem kürzer werden in unseren Mails... Doch besten Dank erst mal für
Deine lange...
Ich will mich mal
beschränken, so weit es geht:
Das Thema Gottes Sohn habe ich behandelt nach dem
Stand von Theologen vor etwa 30 Jahren - und ich meine, da ist
inzwischen nichts Besseres zu diesem Thema dazu gekommen... Also bin
ich gar nicht mehr darauf eingegangen...
Mit dem
übernatürlichen Eingreifen habe ich so meine Probleme, zumindest darauf
zu warten. Da versuche ich es lieber mit vernünftiger Psychologie und
Pädagogik usw. nach dem Motto: Wenn man etwas macht, was Chancen hat,
dann unterstützt das vielleicht auch Gott, idem er etwa weitere
gute Ideen und glückliches Gelingen dazu gibt...
Und auch Aufarbeitung
sehe ich anders... Einfach dafür sorgen, daß sich was ändert. Im Grunde
machen das die Frauen, die einmal vergewaltigt wurden und jetzt
Psychologie studieren, um anderen zu helfen, schon richtig. Doch leider
nicht (immer) ganz glücklich, weil bei ihnen im allgemeinen zumeist so
eine Art Männerhaß durchschimmert, der sie dann nicht mehr
sachorientiert sondern vielmehr ausgesprochen haßorientiert sein läßt.
Also noch mal: Mir geht es nicht um eine neue Lehre
oder so etwas, daher gehen alle Diskussionen um Dogmatik oder so etwas
letztlich an mir vorbei, ich finde sie im Grunde zum K.... Mir geht es
schlicht und einfach nur darum, daß sich solche Denkweisen oder
"Tatbestände", wie ich sie unter www.basisglaube.de geschildert habe (das ist das Buchprojekt),
ändern. Ich hoffe, ich habe das recht lesbar geschrieben. Ich finde,
jeder junge Mensch sollte (rechtzeitig, also schon vor der Pubertät!)
diese Gedankengänge kennen und auch Alternativen. Es kann doch nicht
sein, daß ihm eine Scheinmoral oktroyiert wird und eine Moral der
Menschenkenntnis nicht! Wenn das anders wäre, dann könnte er sich
nämlich einrichten und selbst entscheiden, ob er so handelt oder
anders. Um dieses Wissen ging es auch dieser Anita in ihrer
Zuschrift, sie bedauerte es, das nicht gekannt zu haben und falsch
gehandelt zu haben. Wie kommen wir eigentlich dazu, die jungen
Menschen so einseitig zu manipulieren? Und um jungen Menschen diese
Informationen nahe zu bringen, würde ich jede andere Religion und jede
Dogmatik annehmen, wenn es nur so ginge, den dann wäre für mich diese
Religion die wahre göttliche (und auch eine in der Nachfolge Jesu!).
Ich habe aber den Eindruck, auf die anderen Religionen paßt das
noch weniger. Dann schon eher unsere bzw. die
christlich-jüdische... (siehe meine letzte Mail im Stichwort
Streitgespräch). Also: Auf die Diskussionen über Dogmatik lasse ich
mich nur ein, weil ich eine Plattform brauche - und das Christentum von
der Ursprungsidee genau diese Plattform sein dürfte. Doch die
machen lieber Gehirnwäsche über alle
mögliche und unmögliche Mythologie usw.
Und ich muß wohl
jetzt in die "Einöde" zu meinem Haus nach Frankreich fahren, um nicht
immer wieder durch Mails usw. abgelenkt zu werden, denn zumeist können
sich meine Gesprächspartner gar nicht so recht vorstellen, was ich
will, und brauchen ein fertiges Konzept in die Hände... (So auch Du!)
Und so ein Buch muß richtig hinhauen, damit es bei den (jungen - siehe oben) Lesern oder Hörern auch wirklich zum
Nachdenken kommt... Also muß ich mich konzentrieren und mit den
richtigen Leuten austauschen - und die Dogmatiker sind das eben schon
gar nicht! Eher die Mütter, die jungen Leute selbst, ja sogar die
Zuhälter (ich kenne allerdings keinen richtigen persönlich...), die
Enttäuschten, die Einsamen... Meine Frage an die: Lies Dir das mal
durch, hätte Dir das etwas gegeben, wenn Du es damals gewußt hättest...?
Zu Schubert:
Zu "meinem" Konzept gehört eben auch, daß sich junge Menschen klar
sein müssen, wie sie bei ihrem Streben (siehe oben)
"in Zufalls
Hand" sind - na, und dann fiel mir das Eingangslied aus der
Schubertmesse ein... Er lebte ja auch in einer aufklärerischen Zeit und
suchte - gegen die kath. Kirche - nach Wegen, jungen Menschen bei ihrem
ethischen Handeln zu helfen, so sehe ich das, was ich von Schubert
kenne...
Sorry - aber gerade
diese Forderungen (wie auch von Dir), "noch mehr" zu machen, machen
mich regelrecht narrisch.... Denn dadurch wird davon abgelenkt, endlich
mal anzufangen. Wenn junge Menschen das (siehe oben)
erst mal begreifen, dann kann man ja noch immer weiter sehen. Nicht
alles auf einmal! Schritt für Schritt! Sonst wird nur diskutiert und
schließlich wird gar nichts! Aber ich sehe (Du greifst mich da an) -
genau diese Einstellungen junger Menschen will die Kirche gar
nicht...wirklich nicht, sonst würde sie es anders machen!
Mir ist klar, daß
die meisten (? wirklich? ) ohne Kondome zum Jugendtreffen kommen,
doch weiß ich auch von den jungen Menschen, daß es Ängste gibt (und
wie!) - und wenn diese Ängste nicht da wären, dann würde es noch besser
laufen! Oder erst richtig!!!! Wenn ich bei meinem Auto weiß, wie
ich die Bremsen bedienen muß, wie alles funktioniert, kann ich viel
flotter fahren und brauche mir nicht immer vor Angst in die Hosen zu
machen... Ja ich kann das Auto erst dann so richtig nutzen...
Zu "Deiner Glut":
Meinetwegen, aber siehe das mit dem Schritt nach dem Schritt - und den
ersten nicht vergessen! Ich sage Dir aber, wenn Du den ersten Schritt
richtig machst, dann gibt es soviel zu tun und es eröffnen sich neue
Welten, daß Du den zweiten vergißt! Wirklich!!! Mit den 10 Geboten,
alles schön und gut, ich glaube das auch, doch gerade in meinem Problem
sind die Leute doch nun wirklich nicht konsequent? Du behauptest da
etwas...? Im Durchschnitt hat jeder Mensch in seinem Leben wohl um
die 4 oder 5 Sexualpartner, Katholiken und andere Christen nicht
ausgenommen, von einer Monogamie (also einem Lebenskonzept a la 10
Gebote) kann also nun wirklich nicht die Rede sein! Du weißt, mir geht
es nicht vordergründig um ein anderes Verhalten, sondern
hintergründig.... Manchmal denke ich: Kinder haben dazu einen Zugang,
Jungendliche manchmal, Erwachsene nie... Sonst würden sie anders
reden...
Tschüs
Michael
...und noch eine
Mail:
Lieber Heinz,
noch mal kurz:
Ich verstehe eigentlich nicht,
warum viele mich nicht verstehen und Du doch auch nicht... Dabei
habe ich doch das Bild auf der Titelseite, das einen ganz ungezwungenen
Umgang junger Menschen zeigt (es ist kein Paar!). Das ist doch so eine
Art Programm, deswegen habe ich doch dieses Bild genommen. Doch wo gibt
es denn so etwas in der Wirklichkeit - und nicht nur als Einzelfall,
sondern wo ist das normal? In welcher Kultur?
Oder mal so: Ich wohne ganz in
der Nähe dieses Jugendtreffengeländes im August, ein paar Kilometer
entfernt, mit dem Rad kein Problem, keine halbe Stunde. Und ich habe
einen großen schönen urigen Garten und einen Partykeller. Ich könnte
einige (junge) Leute hier beherbergen. Ich habe Freunden auch schon
Bescheid gesagt, vermutlich werden auch einige kommen... Aber andere?
Ich würde ja gerne, aber weiß ich, was mir da passiert, gerade wenn es
mehrere sind - und am schönsten ist doch gemischt!
Doch noch etwas: Auf dem
Gelände ist ein uriger See, wir waren da auch schon mal abends mit
meiner Tochter und einem ihrer Freunde (nackt) baden. Und so etwas
müßte doch mit allen Christen möglich sein, ohne irgendein Gedöns,
locker, offen, moralisch, selbstverständlich - also man ist nicht
verklemmt und leibfeindlich aber hat seine Grundsätze nach den
göttlichen Geboten, man ist eben frei und emanzipiert. Und man weiß,
was man von den andern zu halten hat - denn die denken und handeln alle
genauso, es sind ja Christen. (Die alle sich lieber etwas abhacken
würden, als diese Harmonie oder eben dieses zwischenmenschliche
Paradies zu <zer->stören... Ich interpretiere die Stelle bei
Matthäus 5, 27ff: 27 "Ihr habt gehört, daß gesagt ist: Du sollst nicht
ehebrechen. 28 Ich aber sage euch, daß jeder, der eine Frau ansieht,
sie zu begehren, schon Ehebruch mit ihr begangen hat in seinem Herzen.
29 Wenn aber dein xxx dir Anlaß zur Sünde gibt, so reiß es aus und wirf
es von dir; denn es ist dir besser, daß eins deiner Glieder umkommt und
nicht dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird. 30 Und wenn deine
rechte Hand dir Anlaß zur Sünde gibt, so hau sie ab und wirf sie von
dir; denn es ist dir besser, daß eins deiner Glieder umkommt und nicht
dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird." Ich lese hier bewußt das
mit dem "Körperteil" anders als üblich, denn das gibt das einen
richtigen fetzigen Sinn - und die Interpretation ist nicht ohne einen
Grund im Text, denn mit was macht man schon so etwas wie Ehebruch, um
den es hier doch geht!)
Natürlich können die dann auch gerne in mein Quartier kommen, das würde dann so richtig urig werden, ein völlig angstfreies Verhalten, man kann über alles reden, die üblichen Vorsichtsmaßnahmen sind nicht nötig, egal wie die Emotionen sind, wenn es mal welche geben sollte...) Doch wo gibt es denn das? Einige kommen zu dem Jugendtreffen mit Kondomen im Gepäck, wie eine Zeitung hier schrieb, o.k. oder nicht, auch o.k., die passen da sowieso nicht hinein, und die anderen - die könnten so frei und emanzipiert nie sein... Und wenn man sie fragt, wie sie´s mit der Moral halten, dann haben sehr viele schon "alles hinter sich" und die anderen sind nur noch arrogant. Ich habe das unter dem Stichwort Zorn ein wenig beschrieben... Jedenfalls habe ich keine Lust, in diesem System mir eine Frau zu nehmen... (Anmerkung: Keine Angst Ihr Mißversteher, ich will bei den jungen Leuten nicht dabei sein, ich habe weit entfernt mein eigenes Zimmer! Aber junge Leute, die das können, die können auch mit Alkohol usw. umgehen und sich auch sonst vernünftig einfügen, die sind eben verantwortlich im besten Sinn. Aber ich schätze, wenn die etwa schwimmen gehen, dann bitten sie mich geradezu mitzukommen. Denn sie sehen es eben anders als diese lieben Mißversteher, die von nichts eine Ahnung haben...) Ich habe das doch auch in dem
Streitgespräch deutlichst geschrieben, wenn ich von der Konsequenz
wirklich christlicher Moral rede, aber irgendwie scheint das nicht
anzukommen... Und ich weiß, wovon ich rede, ich weiß, dass das geht und
unheimliche Spuren hinterläßt. Und nur positive, keine
Beziehungskisten, kein Bedarf nach Vergebung eines Gottes, eines
späteren Partners - nur reines Menschsein...
Kannst Du mir mal sagen, warum
ich hier nicht verstanden werde oder warum die Leute alle so tun, als
ob das doch nichts Besonderes sei???
Jedenfalls tüftle ich daran,
daß das möglich ist - und es bedarf nur zum rechten Kairos der rechten Information.
Und wenn die Kinder das begriffen haben, dann wollen die das auch - und
halten es durch! Und wo ist denn bitte die Kirche, die das will???
Tschüs
Michael
17. 8. 2005: Lieber Michael!
Lange habe ich nichts mehr von mir hören lassen. Aber nun kann ich es mir in den Ferien doch wieder mal ein bisschen leisten, nachdem du dich offensichtlich auch aus Frankreich zurückbegeben hast und auf deiner Homepage bereits erste Früchte veröffentlichst.
„Man ist nicht verklemmt und leibfeindlich aber hat seine Grundsätze nach den göttlichen Geboten, man ist eben frei und emanzipiert“ … find ich gut – das sind offensichtlich Ich-stärkende Gebote!
Wie komme ich zu der Ehre, unter „Streitgespräch“ nun weltweit veröffentlicht worden zu sein? Es spricht sehr für deine authentische Dialogbereitschaft. Wenn auch leider ohne die „Elf Geschenke“, auf die in meinem Text verwiesen wird – stelle sie doch gleich mit ins Web und verlinke sie, dann kann der Leser deiner Homepage auch etwas mit anfangen. Natürlich kannst du sie unter einer anderen Adresse als “Basireligion“ angeben. Doch weiterhin freut es mich sehr, dass wir wohl im Bezug auf die 10 Gebote gar nicht nur unterschiedlich denken. Exegetisch – da hast du natürlich recht, mir ging es eben nicht um deren damaligen Kontext mit Sklavenhaltern etc, aber das ist es ja mit dem „warum versteht mich denn keiner?“. Und was machen wir nun mit den ersten dreien? Wegen dieser Reihenfolge sind meine Ich-Stärkungs-Gebote eins allerdings nicht: eine „Spiritualität von unten“ (Begriff von dem vielzitierten A. Grün), ein Beginnen im hier und jetzt, eben „das mit dem [ersten] Schritt“. Die 10 Gebote fangen im Original halt mal mit dem „Schritt nach dem Schritt an“, übersehen aber dann nicht die Menschen, die solche Gebote (auch die ersten 2-3) noch dringender brauchen, als Gott. Mir gibt das Motto „hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“ auch sehr viel, also etwas zu machen, „was Chancen hat, dann unterstützt das vielleicht auch Gott, idem er etwa gute Ideen gibt...“. Und Gott als Ausrede für sein Nichts-bewegen, seinen Dauersabbat, oder für seine „selbstverschuldete Unmündigkeit“ (Kant), da wird Gott dann doch nur als heilig klingendes „Opium“ (Marx) missbraucht.
Zum Sohn Gottes: Dass Theologen erst seit dreißig Jahren feststellen, dass Jesus selbst alle, „die Frieden stiften“, Söhne Gottes nennen lässt, während er selbst zwischendurch auch „nicht Frieden, sondern das Schwert“ bringt und doch wieder von einem Vater spricht, der seine Sonne über alle aufgehen lässt, links und rechts von der Schwertschneise, finde ich sehr interessant. Oder ist das Novum der letzten 30 Jahre das Zusammenbringen der Zeugungsmythen anderer Religionen mit Gen 6:1-4, einer Stelle, die die Theologen sicher vorher auch schon gelesen hatten? Nun, wenn es dann bei Jesus nur PR-Maßnahmen waren, dann nehmen wir halt statt Jesus Westernhagen zum Vorbild, denn er wurde durch PR-Maßnahmen ein Superstar, also wird der Webber schon hier fortgesetzt… (hab auch immer was zu meckern). Aber ich glaube schon, dich verstanden zu haben: Wer an den biblischen Keuschheitsidealen erst mal Freude findet, der setzt freiwillig keine Westernhagen-Songs (z.B. „Frauen gegenüber bin ich willenlos“) mehr in die Praxis um, und die anderen machen’s heimlich oder offenkundig ja sowieso, egal, ob Jesus Gottes Sohn ist oder nicht. Und das glaube ich eben nicht ausschließlich: Auffällig ist für mich, wie der Glaube an Jesus als Sohn Gottes und die Öffnung für Seinen Geist Menschen ganzheitlich verändern kann.
Aber nun ausgemeckert, stattdessen fand ich den Austausch mit dir bisher sehr schön, spannend und bereichernd, möchte dich auf keinen Fall länger von deinem Werk abhalten, und schon gar nicht den Eindruck vermitteln, dass ich ein „Spiritual Bypass- Preacher“ sei, der nur „Herr, Herr hinter ihm herrufen wollte, aber den Willen seines himmlischen Vaters gar nicht tun wollte“. Und Ich-Stärkung als Mittel zur Freude, Seinen Willen zu tun – welche Kirche will das nicht? Abgesehen von gewissen verklemmten, die dort aber noch immer tätig sein dürfen, die gibt’s natürlich auch. Aber die schwarzen Schafe gibt’s in jeder Herde, Gott hat einen großen Tiergarten. Es ist aber Seiner, und das Gatter zu Ihm selbst sollen wir, so denke ich, deshalb nicht zuschlagen. Den ersten Schritt im diesseits mit allen Konsequenzen tun – ja bitte! Nennen wir das dann „real existierenden Kommunismus“, „New Age“ oder „Modern Lifestile“, dann können wir dabei aber gut vergessen, dass Er uns mit all dem beschenkte, wir nur unsere Schritte auf Ihn zugemacht haben, der uns am Paradies („Reich Gottes“!) wieder ein bisschen teilhaben lassen möchte – nach Seinem Willen und Maß. Abbau von Ängsten - das kann nur Sein Wille sein (vgl. die häufigen Bibelworte „fürchtet euch nicht!“), vor allem dort, wo Ängste nicht nötig wären. Mein Wunsch an dich ist nur der: verbiete, verbaue oder verstecke die Möglichkeit nicht, den zweiten Schritt zu gehen, auch und gerade für unsere Jugendlichen, auch wenn du dich so sehr auf den ersten spezialisiert hast – das haben die Genossen im Osten auf ihre Weise auch, aber sie gingen letztlich baden.
Ach ja, Weltjugendtag. Die Zeiten der italienischen und kanadischen Jugendlichen in meiner und der Nachbargemeinde haben wir ihnen hier musikalisch zu verschönern versucht. Aber so spannend und außergewöhnlich wie bei dir wars nicht: Ich habe allein meinem Bett geschlafen, einige gingen am Fr früh tatsächlich in die Disco zum baggern (mit Kondomen, wie du es sagtest?), nachdem wir ihnen bis 12 Uhr nachts mit einer Schüler- und Ministrantenband aufgespielt haben. Wir übten ferner deutsch, ein bisschen lernte ich von ihrer Sprache. Du wirst dagegen mit Ihnen eine andere Sprache üben, eine zunächst ungewohnte aus der Welt des FKK, die dann auch Nähe und Nacktheit nicht verwendet, um zu sagen, „ich wurde verführt“. Dann euch auch auf diesem Gebiet viel Spaß und zugleich eine erfolgreiche Sprachschulung! Und entsprechend dem zweiten Schritt: Gottes Segen euch dabei! Und dir beim Weiterschreiben deines Buches! Oder bist du gar schon fertig?
Übrigens: Zum Thema Kirchenkritik: Sicher wagt die Kirche auf diesem Gebiet keine Neuerungen und auch keine Missverständnisse, richtet keine katholischen Nacktbadeanstaltungen in den Ortschaften ein. Außerdem lehrt sie keine Gandhi-Methode. Aber nachdem du das ja nun tust, kannst du mir ja auch bald erzählen, ob deine Innovationen mit den Weltjugendtags-Jugendlichen häufig (zunächst?) zu Missverständnissen führte. Irgendwann hast du vielleicht vielen Freude daran bereitet. Und was hat die Kirche gegen FKK? Ich habe zumindest nichts darüber gehört.
Heinz
24. August 2005:
Lieber Heinz!
Entschuldige, daß ich Dich
nicht informiert hatte, daß ich das Gespräch mit übernommen habe... Und
die alternativen 10 Gebote wollte ich nicht einfach so in meine Seite
setzen. Sind sie von Dir? Vielleicht sind sie aus irgendeinem Buch?
Warum sollte das mit dem
PR-Jesus so falsch sein, es kann ja auch eine sachliche und absolut
seriöse PR geben - ohne PR läuft schließlich gar nichts. Und ich finde,
das Wort beschreibt die Situation damals am präzisesten...
Ansonsten habe ich mit den
Sohn Gottes meine Schwierigkeiten, so jemandem kann man doch gar nicht
nacheifern, aber Du kennst das ja...
Na ja, ich sehe das mit der
Ich-Stärkung der Kirchen nicht so, die denken doch nur an ihre eigene
Stärkung - und wenn da ein Dilemma ist, dann denken die doch nur an
sich... In diesem Sinn habe ich den neuen Fenstertext gestaltet, sie
mal in eine beliebige meiner Seiten rein, etwa in
http://217.175.235.200/basisreligion/aufarbeitung.htm .
Und ich finde, wenn die jungen
Leute den ersten Schritt mal richtig gegangen sind, werden sie den
zweiten von alleine wissen... So wie wenn man in einem Zimmer das Licht
anknipst, dann sehen di e Leute von alleine die Tür oder was
sie für sinnvoll halten...
Ach mit der Nacktheit wird
einfach irgendwie das Normale...
Nein, darüber habe ich mit
jungen Leuten nicht geredet, allenfalls ein wenig über das Jesusbild.
Wenn das mit dem Nacktsein schon meine deutschen Jugendlichen nicht
verstehen, wie dann erst die überseeischen? Ich finde, so etwas muß von
alleine wachsen.
Ich hoffe, daß mein Buch ein
wenig Wirkung hat. Ich meine, es ist (m. E.) so halbwegs fertig. Schau
doch mal rein, wenn Du Lust hast...
Tschüs
Michael
25. 8. 2005: Lieber Michael! Und: behalten wir unsere Ideale mit der Ich-Stärkung, auch bei
möglicher anderer Interpretation der Gottes-Sohnschaft Jesu. Denn eine
Über-Ich-Stärkung hat zwar schon manchen fromm, aber noch niemand
erlöst gemacht. Und ein Leben in Fülle, das ist uns auch biblisch
verheißen (Joh 10:10). 26. August 2005: Lieber Heinz! 28. August 2005: Lieber Michael! Heute kann ich sehr viel mit deinen Ausführungen anfangen und finde auch erstaunlich viele Ähnlichkeiten in unseren Ansichten. Wenn Jesus (also der historische Jesus, der sich m. E. aber gar nicht vom biblischen unterscheidet) doch näher an der Wahrheit ist, als die übrigen „Religionsstifter“, wenn er die Gefangenen befreien (Lk 4:18) und ihnen so den Weg zu Gott (Joh 14:6) und zu einem erfüllten Leben (Joh 10:10) zeigen will (mit Hilfe des christlichen Gottes, den die Jugendlichen nun auch deiner Meinung nach dann suchen würden – auch ich glaube daran!) ist, dann liegt das Sohn-Gottes-Problem nur noch an einem Terminus und der damit verbundenen Jungfrauengeburt (die Ratzinger in jungen Jahren einst als nicht Notwendig für die Gottessohnschaft Jesu ansah!). Ein zweiter Satz von Karl Rahner bringt zwar weder unmenschliches oder unheiliges aus der Kirche noch Jesu Botschaft (durch die Kirche? durch die Christen, also die Kyriake) hinaus in alle Welt, er bringt Reich Gottes und Kirche sowie deine und meine Ideale/Ansichten/Lesarten der Worte Jesu nicht grundsätzlich zusammen, aber ich würde bei diesen heute per mail empfangenen Ausführungen von dir voll mitgehen. Licht anknipsen sehe ich auch positiv, und wenn der Jugendliche dann Gott sucht, braucht er nicht "unsere" Gotteskonstrunktion zu finden, denn "unsere" ist in jedem Menschen schon anders. Und mein viel zitierter Anselm Grün warnt sehr eindringlich davor, falschen Gottesbildern hinterherzulaufen, die wir nur deshalb in uns tragen (Feuerbach/Freud: Projektionen), weil wir unsere eigene Seele, unsere eigene Erdhaftigkeit, unser eigenes Menschsein gar nicht kennen. Der Psychologe und Pallottinerpater Jörg Müller, dessen geistliche Lieder ich gerade in diesem Sommer angefangen habe, in Noten zu setzen, schreibt zum Thema "Aufarbeitung" (z. B. Umgang mit Wut/Jesu heiligem Zorn, Prophylaxe vor der „ekklesiogenen Neurose“; Psychosomatische Interpretation von Psalm 38 "was der Mund nicht sagt, sagen dei Körperteile") übrigens erstaunlich viel ähnliche Dinge wie du - hier sitzen Männer in Kirchenämtern und weiden die Lämmerherde konstruktiv durch eifrigen Seelsorgeeinsatz und zahlreiche Buchveröffentlichungen. Sie bauen die Kirche auf und beantworten den Gläubigen zahlreiche Fragen, m. E. im Sinn Jesu, obwohl Jesus damals die Hohenpriester und Pharisäer häufig verurteilt hat. Natürlich sündigt jeder, der als Priester oder als Laie in irgendwelcher priesterlichen Tätigkeit (1 Petrus 2:9) nicht so dient, wie es dem Anliegen Jesu (um dessen Verständnis du ja äußerst bemüht bist und in diesem Bemühen mir und vielen anderen Menschen interessante Aspekte mitteilst!) wirklich entspricht, angefangen bei Basisdienern wie dir und mir und aufgehört bei dem "alten Mann", dem die Jugendlichen zujubelten, weil Gott nicht so konkret zugejubelt werden kann. Aber Priester von außen zu kritisieren ohne selbst einer zu werden geht anscheinend vielen Menschen leichter, als an die Sündenvergebung Jesu zu glauben. Warum nur? Und dieses "Ungeschehen machen meiner Fehltritte" brauchen auch Jugendliche, nicht nur du und ich. Je mehr wir unsere Kreativität entfalten („die Erde bebauen und behüten“), desto mehr Wagnisse gehen wir ein, desto mehr bewirken wir hier auf diesem geliehenen Planeten und desto mehr können wir uns auch verfahren, als wenn wir nur wiederholen und nachahmen, was vor uns schon mal da war. Aber desto mehr geht eben auch daneben, auch wenn wir alte Missstände abschaffen wollen oder einen Teil der Welt "verbessern" wollen, wie es gerade in Deutschland schon viele Denker vorhatten und damit bis heute wichtige Impulse setzten und sehr wichtiges für unsere Welt bewirkt und geleistet haben. Wer viel auf neuen oder noch unbekannten Straßen fährt, verfährt sich auch öfter. Aber er kann „umkehren“. Und gerade da sind unsere Jugendlichen noch sehr prägbar und umgekehrt sehr bedürftig, da sie sehr intensiv suchen, und das ist gut so. Aber wenn es deine Aufgabe ist, denen, die eigentlich gar nicht glauben wollen, das Anliegen Jesu auf andere Art und Weise schmackhaft zu machen, dann glaube ich, dass der „christliche Gott“ (wie du ihn hier nanntest) einen sehr wichtigen Diener in dir bekommen hat! Im übrigen halte ich einen kriminologischen Ansatz bei dem Häuserbauer, der "die Israelitische Welt auf den Kopf" stellte (Überschrift eines Arbeitsblattes von mir über Jesus) gar nicht für abwegig - und für eine gute PR-Maßnahme für Jugendliche! Bis demnächst! Anbei die 11 Geschenke Mit basisreligiösen Segenswünschen Heinz 28. August 2005: Hi,
irgendwie finde ich immer
wieder, daß ich bei meinem Engagement für echte Moral der jungen
Menschen auf Dinge komme, die auch andere bedeutende Leute gedacht
haben - nur eben viel einfacher. Irgendwie ist das längst Erfahrung und
Bestätigung für mich... Sorry, wenn ich jetzt etwas arrogant bin.
So kann ich Dir diesmal auch
sehr gut folgen...
Zu Deinen geistlichen Liedern:
Wo wohnst Du eigentlich? Wenn ich auf dem Weg nach Wien und Wilhering
bin, wo Besucher für mich Vorträge organisieren wollen, dann kann ich
doch vielleicht auch mal bei Dir vorbeischauen? Ich lade mich einfach
so ein - ich bin anspruchslos und habe alles dabei, auf den
selbstaufblasbaren Luftmatratzen schlafe ich eh am besten und ohne
Kreuzschmerzen am nächsten Morgen...
Und Du bist auch willkommen in
meinem Haus am Atlantik in Frankreich, klar... Leider habe ich dort
echte Betten...
Ha ha, das mit den Priestern
kritisieren von außen trifft mich nicht! Ich wollte ja - aber die
wollten mich nicht - und irgendwann sah ich darin eine göttliche
Fügung: "Du kannst dein Engagement besser entfalten, wenn du nicht
Priester bist!" Und ich finde, wenn ein Befehl so eindeutig ist, dann
muß man gehorchen...
Tschüs und besten Dank für die
Elf Geschenke!
**Michael
Ein weiteres Streitgespräch über die Wissenschaftlichkeit des Ansatzes von basisreligion finden Sie unter dem Stichwort Plausibilität. (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama) |