LEHRERLAUBNIS/MISSIO - Schriftwechsel mit dem "Inquisitionstribunal"


LEHRERLAUBNIS (= MISSIO) ENTZOGEN!

 

GLAUBE ODER MORAL - Eindeutiger Beleg: Die Moral unserer Jugend interessiert die Kirche überhaupt  nicht! Und dieser Glaube der Kirche dürfte daher die echte IRRLEHRE sein! Siehe auch die Kritik an Martin Luther, unsere katholischen Herren sind lutheranischer als sie denken!

 

Eher vorläufig bringe ich hier einmal meine Stellungnahme an meinen Schulleiter (durch ihn auch an die Regierung) zum Missioentzug und das Gutachten der Missiokommission zu meinem Engagement auch und gerade im Internet.

 

Zunächst meinen Brief an meinen Schulleiter:

 

Sehr geehrter Herr Dr. W.!

Trotz aller Vorhersehbarkeit wird für mich der Missioentzug immer rätselhafter. Im Grunde habe ich doch nur die Inhalte des Studiums auf unsere jungen Leute “transformiert”, und wenn ich gegen irgendwelche Glaubensinhalte angegangen bin, dann ging es doch immer darum, diese an die Bedürfnisse unserer heutigen Zeit anzupassen, damit sie wieder in ihrem ursprünglichen Anliegen wirksam werden. Nach dem, was wir im Studium erfahren haben, ist das nicht nur erlaubt sondern durchaus erwünscht.

Wenn ich dabei bisweilen zu anderen Ergebnisse komme als Kollegen, so dürfte das völlig normal sein, denn schließlich gibt es immer unterschiedliche Schwerpunkte, unterschiedliche Ansätze, unterschiedliche Erfahrungen. Zum Beispiel war These des bekannten Theologen und Philosophen Rupert Lay S.J., bei dem ich u. a. studiert habe, daß Sinn einer 20-jährigen Erziehung sein könne, daß sich ein Mensch in einer einzigen Situation, die vielleicht auch noch gar nicht einmal einträte, richtig verhielte. Dieser Grundsatz gilt natürlich nicht für alle Unterrichte, für den Religionsunterricht dürfte er jedoch durchaus sinnvoll sein: Würden wir ihn danach gestalten, hätte vielleicht die Tragödie von Erfurt vermieden werden können.

Was mir an der Vorgehensweise des Bistums N. vor allem nicht korrekt erscheint:

-     Der Fall des Entzugs der Missio kommt gewiss nicht so häufig vor und ist eine einschneidende Angelegenheit. Verwunderlich für mich ist, daß Bischof M. kein persönliches Gespräch für erforderlich hielt.

-     Mein Ansatz ist ein durchaus seriös recherchiertes Jesusbild. Im Studium erfuhren wir im Grunde immer nur, was Jesus nicht war und was in der Bibel alles nicht stimmt und warum, positive Ansätze gab es jedoch in dieser Richtung kaum. Mein Ansatz mit dem Vergleich mit den Zuständen im heutigen Afghanistan der Taliban (wenn dort eine Frau wegen Ehebruchs hingerichtet wurde, dann war wohl immer die Wahrheit, daß diese Anschuldigung nie stimmte, sondern dass in dieser Gottesstaat-Männer-Gesellschaft die Gesetze missbraucht wurden, um eine aufmüpfige oder sonstwie unbequeme Frau zu bestrafen und loszuwerden) passt im Grunde genau in diese Lücke: Auch zur Zeit Jesu gab es in Israel einen solchen Gottesstaat mit den entsprechenden Gesetzen – und Jesus muß wohl durch seine Gespräche vor allem mit Frauen herausbekommen haben, welcher Mißbrauch bis hin zum Amtsmißbrauch mit den Gesetzen bei einer Bestrafung einer Frau wegen Ehebruchs “wirklich lief”. Dieser Ansatz passt auch haargenau in unsere ansonsten übliche Vorstellung von Jesus: Er kämpfte gegen die Sünden und für die Liebe und predigte gegen die Heuchler. Uns wird üblicherweise nur nicht klar, welche Realität und Brisanz sich hinter diesen Worten verbirgt, weil wir einfach die Zusammenhänge nicht kennen.

Ich meine nun, daß zur Beurteilung meines Ansatzes ein qualifizierter Exeget hätte herangezogen werden müssen. Das ist nun nicht nur nicht geschehen, von meinem ethischen Ansatz wurde überhaupt völlig abgelenkt.

-     Problematisch ist auch die dogmatische Begründung. Während meines Studiums habe ich keinen einzigen Dogmatiker erlebt, der nicht irgendwelche anderen Ansichten als die Amtskirche hatte und irgendwelche Akrobatik betrieb, um diese mit der offiziellen Lehrmeinung zu verknüpfen. Der von der Kommission eingesetzte Privatdozent hatte nun überhaupt keine Probleme mit der offiziellen Lehrmeinung. Das ist ungewöhnlich und führt zu dem Eindruck, daß es sich um einen “Hoftheologen” handelte, der nur die Aufgabe hatte, einen unbequemen Mitarbeiter auszuschalten, ganz gleichgültig, ob dieser Recht hatte oder nicht.

-     Im Protokoll vom 5.12.2001 war einiges von der Anhörung vom 13.11.2001 sinnentstellend wiedergegeben worden. Dem habe ich in meiner Gegendarstellung vom 6.1.2002 widersprochen und es richtig gestellt und ergänzt. Nichtsdestoweniger beruft sich Herr Bischof  M. kommentarlos auf dieses Protokoll und fügt es als Beleg zum Missioentzug bei.

Das alles lässt für mich die Vermutung aufkommen, daß hinter dem Entzug der Missio keineswegs nur sachliche Gründe stehen. Und ich bin mir auch keiner persönlichen Schuld bewusst, außer vielleicht der, daß ich selbstständig gedacht und geforscht habe.

Wenn man schon bei der Suche nach dem theologischen Ansatz zum historischen Jesus zurückgreift, drängt sich natürlich auf, auch auf die Gründe zurückzugreifen, die zur Ablehnung Jesu geführt haben. In der Erzählung von der Sünderin, die gesteinigt werden soll, gibt Jesus nun die Anschuldigungen gegenüber der Frau an ihre rechtgläubigen und moralischen Ankläger (also an die "Priester und Schriftgelehrten") zurück: Sie alle haben offensichtlich selbst getan (sie sind selbst nicht "ohne Sünde"), was dieser Frau vorgeworfen wird, sie haben also auch ihre "Leichen im Keller". Wie ich das nun auf die heutige Situation übertragen soll, weiß ich wirklich nicht.

Also suche ich natürlich auch bei den ideologischen Differenzen im Bereich der Pädagogik, die allerdings jetzt nicht nur A. betreffen, sondern grundsätzlicher Natur sind: Traditioneller Bestandteil der christlichen Lehre zumindest seit dem Kirchenvater Augustinus ist vor allem, daß der Mensch von Natur aus “von Jugend auf” böse und dem Bösen verfallen sei und der Erlösung durch die (christliche) Religion bedarf. In diesem Sinn sehen wir also auch unserer Jugend für schwach und dumm und halten es inzwischen für “normal”, wenn sie auf sexuellem Gebiet ihre Erlebnisse “brauchen”, selbst wenn diese noch so oberflächlich und kopflos zustande kommen und sich hinterher als falsch herausstellen, das Leben verderben und bereut werden – und wenn schließlich etwa Mütter, deren Väter sich aus ihrer Verantwortung davonstehlen, dem Staat zur Last fallen. Ich halte diese Einschätzung der Menschen – und insbesondere der jungen Menschen – für eine bösartige Unterstellung (ich habe meine Schüler immer wieder mit den entsprechenden Belegen hingewiesen, daß der historische Jesus vermutlich diese Einstellung nie und nimmer hatte) und sehe die Ursache schlicht darin, daß einfach nicht in einer anderen Richtung geforscht wird und daher auch keine Konzepte erarbeitet werden. Das “Geschäft mit der Vergebung” ist eben zu lukrativ, und es gab und gibt es gewiß nicht nur zur Zeit der Ablassbriefe und in der katholischen Kirche (nur sieht heute im Zeichen der Kirchensteuer alles etwas anders aus). In diesem Zusammenhang halte ich es für absolut verantwortungslos und unmoralisch der Jugend gegenüber und unwissenschaftlich, oberflächlich, kulturlos und peinlich obendrein, wenn uns – wie beim Kongress “AIDS-Vorsorge in den 90er Jahren”, zu dem ich 1990 von der Schule hinbeordert war -  nichts anderes einfällt, als die jungen Leute mit (farbigen) Kondomen zu versorgen.

Ich habe die Aufgabe für eine ethische Erneuerung bisher immer als Aufgabe unserer christlichen Religion angesehen, muß aber feststellen, daß die einflussreichen Instanzen das anders sehen. Und wenn die Kirche, obwohl sie im Hinblick auf Moral und Ethik Integrität und gleichzeitig eine Art Monopolstellung beansprucht, sich hier nicht als zuständig sieht sondern nur für die Einhaltung der Lehre an die Dreifaltigkeit und an das Weiterleben nach dem Tod (wie mir von Bischof M. in seinem Schreiben zum Entzug der Missio mitgeteilt wurde), dann ist eben der Staat gefragt. Irgendwo muß doch etwas gemacht werden!

Ob es nicht eine geeignete Stelle für mich gibt, in dem ich entsprechend meiner wissenschaftlichen Ausbildung und meiner langjährigen Erfahrung (und meiner Gehaltsklasse!) eingesetzt werden kann? Ich bitte Sie, sich dafür bei Ihren Gesprächen mit der Regierung einzusetzen und darauf hinzuweisen, daß ich hier wirklich kompetent und leistungsbereit bin. Als Beleg mag meine viel beachtete Website www.basisreligion.de  dienen, die die Position eines ethisch interpretierten christlichen Glaubens im Bereich von allem, was Sexualmoral betrifft, einsam vertritt und Konzepte bringt, die nicht im geringsten etwas mit den üblichen Moralpredigten zu tun haben. Denn soviel weiß ich als Mensch und Theologe, daß die nun wirklich absolut nichts helfen. Das Wörterbuch dieser Website wird im übrigen selbst von der Redaktion der offiziellen evangelischen Site ReliWeb als “mit guten und seriösen Informationen” „von einem katholischen Religionslehrer“ empfohlen und mit einer guten Benotung versehen (wenige Seiten haben die gleiche Benotung, die meisten liegen weit drunter, obwohl auch diese oft gewiß nicht schlecht sind). Auf Rückfrage teilte mir der verantwortliche Redakteur mit – der selbst viele Jahre Religionslehrer war – daß er das Material „für sehr gut“ hält, „weil man sich daran stoßen kann“, „weil es an manchen Punkten gerade zum Widerspruch und zum Selberforschen herausfordert“. Und schließlich hätte ich ja nirgends, zumindest hätte er es nicht so entdeckt, „einen Anspruch auf Wahrheit gestellt, sondern fordere mit meiner provokanten Einstiegsseite den Besucher zu einer `protestantischen´ Auseinandersetzung auf“.

Mit freundlichen Grüßen

M.P.

Mit einem Anschreiben habe ich eine Kopie dieses Briefs auch an den Bischof geschickt mit der Bitte um ein Gespräch. Und ich erhielt vom Leiter der Missiokommission sogar eine Antwort: "....Durch die Entscheidung des Bischofs ist die Sache abgeschlossen. Ein Gespräch nach Abschluss der Angelegenheit ist nicht vorgesehen und auch nicht angemessen. Der Herr Bischof steht daher zu einem Gespräch mit Ihnen nicht zur Verfügung."

 

 

 

Und dann Details des Missioentzugs

 

Da ich sehe, dass diese einen Besucher interessieren, bringe ich sie hier nach meinem Motto: "Einer fragt laut und viele andere fragen lautlos." Ich weise allerdings darauf hin, dass seitdem (jetzt ist Juli 2004) vieles in der Website basisreligion verändert wurde - klar, ich bin natürlich auch nicht stehen geblieben! Doch ich nehme an, die Lehrerlaubnis würde mir heute noch genauso entzogen werden. Achten Sie bei dem Lektüre einmal darauf, dass "die" gerade im Hinblick auf die wichtigsten zwischenmenschlichen Beziehungen von Liebe und Partnerschaft überhaupt nicht „sachorientiert“ sondern nur „dogmenorientiert“ sind, es geht also nur um Dogmen, bei „diesen wichtigsten menschlichen Dingen“ wissen „die“ doch überhaupt nicht, um was es geht! Also interessieren auch nicht im geringsten irgdendwelche konstruktiven Ansätze, hier etwas zu tun, die Menschen sind denen total egal, die Leute der Kirche sind eben kein bisschen sachorientiert sondern verteidigen "immer nur" ihre typische Priesterreligion... "St. Pölten" ist eben nicht nur ein dummer Zufall, sondern ergibt sich mehr oder weniger aus dem System! Und vergleichen Sie einmal mit dem hier, was so offiziell von der Kanzel erzählt wird oder wie zumindest der Eindruck erweckt wird, wie angeblich die Kirche ein einsamer Fels in der Brandung einer glaubens- und sittenlosen Zeit ist... Wenn das richtig wäre, würden "die" sich ganz anders mit der Sache auseinandersetzen!

Gutachten und Gegendarstellung vor allem im Zusammenhang mit der Website www.basisreligion.de:

 1. Gutachten vom 2001-03-22:

PRIV.‑DOZ. DR. G. M. H. (es folgt im Original auch noch die Anschrift)

THEOLOGISCHES GUTACHTEN ÜBER VERSCHIEDENE PUBLIKATIONEN VON HERRN M. P.

Die theologischen Anmerkungen beziehen sich auf die folgenden Texte von Herrn M.  P. und werden unter den entsprechenden Sigeln zitiert:

G Glaube ohne Aberglaube. Christentum der Liebe

J  Jesus und die Sünderin. Antikes Kriminalschauspiel in drei Akten

V  Vertrauliche Gespräche über Liebe und emanzipierte Ethik

I   Internetseite von M. P.: www.basisreligion.de ‑ u.a. mit einem

W Wörterbuch

B  Brief von M. P. an Herrn H. K.  (HA Erziehung und Schule) vom  24.1.2001 .

1 . Herr P. (=P.) ist sicherlich das positive Anliegen zu attestieren, in der Vermittlungssituation des katholischen Religionsunterrichts lebensrelevante Antworten auf Schülerfragen aus dem Glauben heraus formulieren zu wollen. Die notwendige hermeneutische Arbeit in der „Glaubensübersetzung" wirft allerdings erhebliche Probleme auf, die als Rückfrage an den Autor in dem Sinne zu verstehen sind, inwiefern er sich noch als katholischer Theologe und Religionslehrer begreifen kann. 

2. Dabei ist das hermeneutische Problem insofern von entscheidender Bedeutung, als P. ganz klar „weiß", „dass das 'Zentrum' unseres Glaubens und unserer Arbeit nicht stimmt" (B). Diese Voraussetzung begegnet immer wieder (vgl. I / W). P. nimmt in Anspruch, besser zu wissen, „um was es dem historischen Jesus nun tatsächlich ging" (B), als die Traditionsgemeinschaft der Kirche. Folgende Anschlussprobleme ergeben sich aus diesem Ansatz: 

3. Erkenntnistheologisch: woher hat P. sein Wissen? Es fällt auf, wie oft lediglich Behauptungen aufgestellt und als unmittelbar sicher ausgewiesen werden, ohne sie argumentativ zu begründen. Z.B. eine Ausführung zum Stichwort „Offenbarung" (W): „Wir können allerdings sicher sein, daß es solche Offenbarungen gerade eines Gottes weder in anderen Religionen noch bei uns gibt." Damit negiert P. grundsätzlich den christlichen (biblischen) Offenbarungsglauben. Zudem übernimmt er ‑ mindestens ansatzweise ‑ eine religionsrelativistische Position. 

4. Religionspädagogisch: die Vermittlungsform entspricht an entscheidenden Stellen weder dem Anforderungsprofil der Richtlinien für den RU noch dem theologischen Anspruch auf rational begründeten Ausweis von Geltungsansprüchen. Der assertorische Stil zumal in der Kritik dogmatischer Propositionen hat dogmatistische Züge. 

5. Eben in diesem Zusammenhang fällt auf, dass P. ein theologisch‑ekklesiologisch unzureichendes Verständnis von Dogma hat. Das Stichwort „Dogmatik" (W) wird u.a. mit den folgenden Ausführungen gekennzeichnet: „vernunftwidrig" und „was... ohne viel Nachdenken geglaubt werden muß". Die systematische theologische Reflexionsleistung des Dogmas als verbindlicher Sprachregelung des Glaubens und insofern als eine durchaus rationale Vermittlung und Orientierung des Glaubens wird nicht bloß unterschätzt, sondern letztlich in Abrede gestellt. 

6. Damit wird aber das ekklesiologische Problem virulent. P. übt nicht eine immer auch notwendige und legitime Kirchenkritik, sondern verabschiedet sich erkenntnistheologisch und spirituell als Interpret des Glaubens aus dem Traditionszusammenhang der Kirche. Bereits der Buchtitel „Glaube ohne Aberglaube" (G) setzt hier einen emotionalen Akzent und gibt eine entsprechende Richtung vor. In aller Deutlichkeit spricht P. dies dann in B aus: „Wie andere zu diesem Problem stehen, und das kann auch die Kirche sein, ist nicht mein Problem". Hermeneutisch wie kirchlich ist eben dieser Rahmen aber entscheidend und unabdingbar.

7. Hier wirkt sich ein theologisch unzureichend ausgearbeiteter Begriff von Tradition aus (vgl. B), der dem christlichen Traditionsverständnis nicht entspricht. 

8. Nur vor diesem Hintergrund ist zu verstehen, dass zentrale Glaubensaussagen der katholischen Kirche (und nicht nur der katholischen!) undifferenziert verworfen werden. Ein entsprechendes Zitat zur Offenbarungstheologie wurde bereits angeführt. Zum „Heiligen Geist" bemerkt W: „Wir haben hier wie auch sonst in der Dogmatik die Verdrängung eines menschlichen Problems vor uns." Diese Aussage ist erneut:

a)      lediglich behauptend,

b)      mit einem hohen Wahrheitsanspruch versehen und

c)      in unmittelbarem Widerspruch zum trinitarischen Glaubensbekenntnis formuliert. 

9. Dieses Problem wird vielleicht am deutlichsten im Kernbereich der Christologie. Der Verfasser weiß einerseits zumindest ex negativo, was dem „wirklichen Anliegen Jesu" widerspricht (J 8). Entsprechend ist ihm auch bekannt, dass „Jesus mit Sicherheit nicht so (war ‑ G.M.H.), wie von ihm in den Evangelien berichtet wird" (J. 6). Diese Aussage wird nun nicht mit den Mitteln der historisch‑kritischen Exegese detailliert begründet, sondern erneut pauschalisierend eingesetzt. Letztlich führt dies zu einer lediglich im weitesten Sinne symbolischen Hermeneutik der Bibel, die dann die folgende Behauptung verantwortet: „Bei den Wundergeschichten bis hin zu den Geschichten von der Jungfrauengeburt und Auferstehung handelt es sich also vermutlich um „PR‑Schachzüge"..., die Jesus im Stil der damaligen Zeit bedeutend machen sollten." (J 6) 

10. Neben diesen wesentlichen Problemfeldern ergeben sich immer wieder Ungenauigkeiten in verschiedenen theologischen Sachbereichen. Das betrifft nicht zuletzt die Stellungnahmen zur Sexualität, deren Rolle z.T. überbetont wird oder auch obskure Züge bekommt (vgl. exemplarisch V 81 mit der „Rekonstruktion" von Mt 18,8 f. über den Penis‑Bezug). 

Fazit: 

P´s Aussagen entsprechen in wesentlichen Fragen nicht dem Glauben der Kirche. Sie sind fachwissenschaftlich undifferenziert und z.T. unqualifiziert und entsprechen von daher auch nicht dem wissenschaftlichen Anforderungsprofil des RU, wie es von den Richtlinien als Grundvoraussetzung des Unterrichts eingefordert wird. Zudem erscheint der assertorische Stil ‑ ganz entgegen den eigentlichen Absichten von P. ‑ als (religions)pädagogisch überaus bedenklich. 

(Anmerkung: Dieses Gutachten wurde mit Omnipage eingescannt.)

 

2. Gegendarstellung zum Theologischen Gutachten von Herrn Priv.-Doz. Dr. G. M. H. vom 2001-03-22

Ich erlaube mir zunächst eine kritische rein äußerliche Anmerkung zum Gutachten von Herrn Priv.-Doz. Dr. G. M. H.: Das Gutachten wurde mir erst unmittelbar vor dem Gespräch überreicht. Wäre es nicht sinnvoller gewesen, mir das Gutachten einige Tage vorher zukommen zu lassen, damit ich mich hätte vorbereiten können und so eine vernünftige Basis für ein fruchtbares Gespräch da gewesen wäre? Wie die Sache ablief, fühlte ich mich reichlich überrumpelt. In vergleichbaren Situationen halte ich es jedenfalls für ein Zeichen einer selbstverständlichen Fairneß, daß meine jeweiligen Gesprächspartner meine Argumente vorher kennen, denn nur dann kann es zu durchdachten Argumenten kommen, die uns auch weiter bringen. Und es geht ja nicht um wenig: Es geht um die Kirche und um die Menschen. Und die sollten uns eine besondere Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung schon wert sein.  

Das Gutachten selbst bezieht sich  in seiner sehr negativen Beurteilung meiner Arbeiten weitgehend auf Passagen, die ganz bewußt sehr provozierend gehalten wurden, ganz einfach, um Aufmerksamkeit und Auseinandersetzung zu erzeugen. Ich habe eindeutig geäußert, daß meine Arbeit erst einmal eine Arbeitshypothese ist und daß ich alle die um Mitarbeit bitte, die etwas Besseres wissen. Ich bin und bleibe immer der Auffassung, daß eine bessere Erkenntnis unseren Glauben nur fördern kann und daß es in meiner Arbeit um eine bessere Erkenntnis geht.

Das Problem ist allerdings: Aus meiner langjährigen Erfahrung als Pädagoge und aus vielen Gesprächen mit Menschen unterschiedlichen Bildungsstandes und unterschiedlicher Herkunft weiß ich, daß vieles, was in unserer Religion gelehrt wird, so falsch ankommt, daß es nun wirklich nicht mehr stimmt. Wir wissen längst, daß Information immer ein Frage von „Sender und Empfänger“ ist, und letzten Endes kommt es nicht darauf an, was gesagt wird, sondern was verstanden wird. Was hilft es uns, wenn wir in unserer Religion etwas formal richtig darstellen, wenn sich unsere Darstellung jedoch mit dem, was sich in den Köpfen der „Empfänger“ befindet, so vermengt, daß schließlich Unsinn herauskommt?

Wir alle kennen die völlig überflüssigen und dennoch nervtötenden und weitgehend fruchtlosen Diskussionen, ob Adam und Eva die ersten Menschen waren und ob ihre Kinder dann Inzucht miteinander treiben usw. Noch heute dient bisweilen diese Thematik Schülern (und nicht nur denen!) als Vorwand, unseren christlichen Glauben überhaupt als Hinterwäldlerei abzutun.

Aus dieser Erfahrung (des falsch Ankommens) heraus nehme ich zu dem alten durchaus katholischen Grundsatz der „Güterabwägung“ Zuflucht, nämlich von zwei Übeln das Geringere vorzuziehen. Und im Falle meines für Glauben und Kirche engagierten Religionsunterrichts kann das nur heißen, daß ich versuche, ihn so zu gestalten, daß in den Köpfen der jungen Menschen Alternativen gesehen werden, die wenigstens schon einmal eine richtigere Richtung weisen.

Zum einzelnen:

In dem Gutachten wird mir hier besonders meine angebliche Ablehnung des Offenbarungs- und Auferstehungsglaubens angelastet.

1. Offenbarungsglauben

Wie ich in meinen Reiseberichten geschildert habe, habe ich weltweit nicht nur verfallende sondern auch noch in Betrieb befindliche Tempel für alle mögliche Götter besucht. Bisweilen kam es auch mit den jeweiligen Gläubigen und manchmal sogar mit den Priestern zum Gespräch. Und alle beriefen sich auf irgendwelchen Offenbarungen ihrer Götter und konnten damit dann alles Mögliche und Unmögliche erklären und rechtfertigen. Ein Kontern mit Offenbarungen in unserer Religion schien mir da sinnlos und lächerlich, können wir Christen uns nicht viel besser auf Vernunftgründe berufen? Soviel ich mich erinnere, ist die Begründung etwa der Moral von der Vernunft oder auch von der spontanen Nächstenliebe (im Sinne von Barmherzigkeit usw.) her ja gerade das Besondere des christlichen und erst recht katholischen Ansatzes. Aus den alttestamentlichen Vorlesungen ist mir auch in Erinnerung, daß es zumindest einigen Propheten ausdrücklich nicht um Gotteserkenntnis sondern um Barmherzigkeit und Gerechtigkeit ging.

Und die Schwierigkeiten einer Erklärung von Offenbarungen gibt es nicht nur gegenüber Gläubigen anderer Religionen, sondern auch etwa gegenüber unseren jungen Leuten. Der Gedanke, etwas zuerst mit Offenbarungen zu erklären und an zweiter Stelle mit Vernunft, scheint nur gut zu sein, denn pädagogisch ist das ein denkbar schlechter Weg. Wenn nämlich etwas wegen eines unzureichenden Ansatzes erst einmal in Zweifel gezogen wird, gibt es in der Praxis kaum noch Chancen, diese Zweifel aus dem Weg zu räumen. Die pädagogisch bessere Methode ist zumindest heutzutage in jedem Fall, von vornherein Vernunftsargumente derart einsichtig darzustellen, daß schon fast ein innerer Zwang gegeben ist, sie anzuerkennen. Gerade in ethischen Dingen funktioniert das natürlich nur, wenn es gelingt, die Emotionen der Angesprochenen zu aktivieren. Und eigentlich erst, wenn schließlich auch eine positive Erfahrung mit diesem vernunftmäßigen Ansatz in der Wirklichkeit eingetreten ist – oder wenn sich die Angesprochenen zumindest eine positive Erfahrung ausmalen können, hat die Berufung auf eine Offenbarung überhaupt eine positive Chance und nicht noch einen Gegeneffekt.

Diese pädagogische Erfahrung muß ich nun wohl im Laufe der Jahre so verinnerlicht haben, daß ich in meinen Äußerungen Offenbarung in unserer christlichen Religion ablehne – doch Sie können mir glauben, daß ich in meinem Innersten ganz gewiß göttlichen Offenbarungen in unserem christlichen Glauben vertraue. Und so soll es ja wohl auch sein, Offenbarung soll eine innere Kraft sein.

2. Ähnlich ist es mit dem Problem der Auferstehung. Ich habe dieses Problem nicht nur im Stichwort „Auferstehung“ dargestellt, sondern auch in „Leben nach dem Tod“ usw.

Einerseits sind die biblischen Zeugnisse für eine Auferstehung nun gewiß nicht so eindeutig und unwidersprochen, als daß nicht auch andere Interpretationen möglich und auch heute durchaus akzeptiert sind. Und andererseits haben sich ganz offensichtlich christliche Auferstehungshoffnungen derart mit dem nichtchristlichen Volksglauben vermengt, daß da schließlich Vorstellungen herausgekommen sind, die nun wirklich nichts mehr mit den typisch christlichen Hoffnungen auf eine bessere Welt zu tun haben. Ich denke hier nicht nur an meinen Besuch in einem Geisterland (so einer Art Disneyland) in der Nähe von Shanghai mit in China üblichen Hölle- und Himmeldarstellungen (s. mein Shanghai-Reisebericht mit einigen Bildern). Derartigen Volksglauben gibt es wohl überall auf der Welt, und so haben wir auch bei uns dasselbe Phänomen (eine hellstrahlende Lichtwelt ist noch das Geringste, vorherrschend sind doch Schlaraffenlandvorstellungen mit Faulheit, Fresserei usw. oder auch bei den Moslems die Vorstellungen von den Flüssen voller Wein mit den schönen Mädchen an den Ufern. Oder wir kennen auch die Geschichten vom „Münchner im Himmel“, die Witze über Jenseitserlebnisse besonders in Himmel und Hölle...).

Und wenn ich nun gegen Auferstehungsglauben bin, dann genau aus denselben Gründen wie bei der Offenbarung. Dem Anliegen der Bibel kommt gewiß das näher, was ich in den entsprechenden Stichworten geschrieben habe, als das, was heute in den Köpfen der meisten Menschen darüber herumspukt. Mit dem „Schwerter zu Pflugscharen“ der Bibel (oder meinetwegen auch „Pflugscharen zu Schwertern“) hat der Volksglauben, der unseren christlichen Glauben unterwandert hat, jedenfalls nicht das Geringste zu tun! Der macht im Gegenteil noch unseren Glauben gerade für viele heutige Menschen förmlich ungenießbar! Und ich finde auch, wir sollten über Gott nicht verfügen, indem wir ihm vorschreiben, was er zu tun hat, sondern es ihm demütig überlassen, was es nun mit der Auferstehung auf sich hat oder nicht. Gott ist so groß – und es ist durchaus bester biblischer Glaube, daß er uns gewiß nicht danach beurteilen wird, was wir geglaubt, sondern was wir getan haben (s.o.). Das allen dürfte der Maßstab unseres Gottesglaubens sein.

Statt des problematischen „Schwerter zu Pflugscharen“ bietet sich gewiß die Botschaft Jesu vom Werden der Liebe und vom Vermeiden des Zerbrechens der Liebe eher an. Und hier ist mein Ansatz, der gewiß von vielen jungen Leuten anerkannt wird. Das angebliche Problem, daß ein Wegfall der Erwartung einer leiblichen Auferstehung im Sinne eines Volksglaubens zu Nihilismus und zu Hoffnungslosigkeit führt, existiert einfach nicht.

3. Dieselbe Problematik im Zusammenhang mit „Heiligem Geist“, mit „Trinität“ und mit „Dogma“.

4. Kerygma

Offen gesagt, die Interpretation des Begriffs „Kerygma“, wie sie mir in dem Gespräch am 22.3.2001 dargelegt wurde, verstehe ich nicht. Meines Erachtens wurde von Dr. H. hier die Grundaussage, daß „Kerygma“ eben nichts oder zumindest nicht viel mit der historischen Wirklichkeit Jesu zu tun hat, wegdiskutiert.

5. Woher die Gewissheit für „meine Information“?

Mit dem Gottesbild ist das so eine Sache. Welches ist das richtige? Jesus gibt uns da einen Hinweis in seiner Bergpredigt: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“. Bei allen Ungewissheiten, was nun wirkliche Jesusworte sind oder nicht, dürfte es sich gerade hier um wirkliche Jesusworte handeln. Wenn Jesus etwas wirklich gesagt hat, dann war es doch das, daß Maßstab und Richtschnur unserer Glaubensaktivitäten in jedem Fall andere Menschen sein können und müssen. Das ist doch nicht meine Meinung, das ist doch der Glauben der Kirche? Die Tragweite des Ansatzes, wie ich ihn dargestellt habe, habe ich in meinen Arbeiten – ich hoffe doch – genügend dokumentiert, es geht keinesfalls „nur“ um läppische  Prostituiertenprobleme, es geht um die Partnerschaftsproblematik von Mann und Frau und damit um die Liebe ganz allgemein. Und wenn diese Fragen gelöst wären, dann gäbe es auch keine Prostituiertenprobleme mehr und umgekehrt. Wo wir nun anfangen, ist letztlich eine Frage, die nur die Praxis entscheiden kann.

Als einen meiner typischen Informanten habe ich einen „einfachen“ Bauern aus meinem Dorf genannt. Und ich meine, daß ich mich hier genau an jemanden aus derjenigen Menschengruppe gehalten habe, die nicht nur Jesus nahe standen, sondern zu der auch Jesus selbst gehörte. Wir Theologen müssen uns doch im Klaren sein, daß wir nun wirklich nicht zu denen gehören, die Jesus zu seiner Zeit für kompetent hielt, wenn es um die Probleme der Menschen ging (s.o.), um es einmal milde auszudrücken. Warum sollte das heute anders sein? Vermutlich können uns auch heute noch die sogenannten „einfachen Menschen“ die besseren Tips geben, wie auf alle Fälle hin und wieder die Botschaft Jesu verstanden werden muß. Das heißt nicht, daß diese „normalen“ Menschen alles besser wüssten, doch ist eine Teamarbeit unerlässlich: Ich habe in unserem Gespräch versucht darzulegen, warum ein „normaler“ Mensch „aus der Welt“ gewisse Bibelstellen nun einmal zuverlässiger interpretieren kann. Das alles ist doch theologisches Allgemeinwissen, wenn ich das so in den Vordergrund rücke, dann ist das keine Privatoffenbarung, sondern ein gewisser Ärger, daß in unserer Kirche laufend gegen dieses theologische Allgemeinwissen verstoßen wird. (Anmerkung später: Siehe Insiderwissen!)

Im übrigen war ich in unserem Gespräch doch sehr befremdet, daß ich mit dem Ansatz, daß es sich bei Johannes 8 ganz offensichtlich um eine Halbwelt- und Zuhälterproblematik handelt, von vornherein auf Ablehnung stieß. Immerhin ist dieser Ansatz doch naheliegend und gut begründet (Vergleich mit der Susannageschichte, Situation der Frau im alten Israel z. Zt. Jesu lt. Leipoldt/Grundmann, Hinweis auf die Sündhaftigkeit aller Männer, die die Frau steinigen wollen, unsere heutige Kenntnis, daß Jesus mit Prostituierten befreundet war, was heißt, daß er sich mit ihnen also auch unterhalten haben wird, Hinweis auf heutige Länder mit vergleichbarer sozialer Struktur, Hinweis auf das schöne doppeldeutige Bild von Giorgione, Bemerkung von Pater Lay in einer seiner Vorlesungen, daß die Geschichte von Jesus und der Sünderin offenbar keine Vergebungsgeschichte ist – und nicht zuletzt die ziemliche Tabuisierung dieser Thematik im NT, was allein schon verdächtig ist, obwohl durchaus von Prostituierten die Rede ist), daß er eigentlich wissenschaftliches Interesse und Anerkennung verdient hätte. Und wenn nun stattdessen ganz spontan nur Kritik und Ablehnung kommt, dann lässt das doch nicht auf Wissenschaftlichkeit und Sachlichkeit, sondern auf eine Grundeinstellung schließen, deren Hintergrund eigentlich nur „Abwehr aus dem Bauch heraus“ sein kann? Ich frage mich, wer hier lediglich Behauptungen aufstellt und als unmittelbar sicher ausweist. Die Tradition ist nicht immer ein guter Ratgeber, ich habe auch schon in anderem Zusammenhang den Kommentar gehört, daß „Tradition“ „Verrat“ ist, wenn sich eine Sache überlebt hat und man nicht mehr weiter weiß, beruft man sich eben auf die Tradition. Ich bemühe mich wirklich um sachliche Auseinandersetzung. Ich bitte um Nachsicht, wenn ich aus der Erfahrung in diesem doch für den historischen Jesus sehr wichtigen Punkt vielleicht manchmal etwas undifferenziert weiter schließe.

Ich habe das Problem im Stichwort „Leichen im Keller“ in meinem Internet-Wörterbuch angesprochen, allerdings weiß ich hier nicht weiter, wenn ich bedenke, mit welcher Selbstsicherheit bei unserem Gespräch ansonsten eine Trennungslinie zwischen kirchlich-gläubigen Theologen und mir als kirchlich-ungläubigem Religionslehrer gezogen wurde.

6. Pädagogische Relevanz

Priv-Doz. Dr. H. kritisiert meine Sexualpädagogik. Ich muß hier doch darauf hinweisen, daß diese vom Gesamtzusammenhang sich völlig in das katholischerseits geforderte antignostische und antidualistische Konzept von „Gebrauch und Missbrauch“ einordnet: Es gibt nichts, was falsch am Menschen ist, sondern das Problem ist „Gebrauch und Missbrauch“! Und auch in den, was ich als Missbrauch bezeichne, stehe ich doch nun wirklich treu zu unserer Kirche! Für mich ist Missbrauch nicht nur so gerade alles das, was nicht den Moralgrundsätzen der Monogamie entspricht, sondern mir geht es auch um Strategien, damit diese Grundsätze wieder befolgt werden können. Ein in unserer Zeit der „Jugendpromiskuität“ und „sukzessiven Polygamie“ schwieriges und von vielen als unmöglich gehaltenes Unterfangen. (Damit möchte ich niemanden wegen seiner Lebenserfahrungen kritisieren, ich rede auch nicht von Schuld. Wie sollen wir denn zu besseren Erfahrungen kommen, wenn die pädagogischen und theologischen Konzepte nicht stimmen? Ich habe <bei einem in meiner Erinnerung konservativen Theologen> einmal gelesen, daß Monogamie und Monotheismus zusammengehören, daß also Kennzeichen wirklichen christlichen Gottesglaubens die Monogamie ist. Wir meinen nun vielleicht heute, daß die Monogamie sozusagen von alleine käme, wenn wir nur richtig christlich-monotheistisch glaubten. Was aber, wenn das mit „Ursache und Wirkung“ hier jedoch umgekehrt ist, wenn die wirkliche Monogamie Voraussetzung für wahren Monotheismus ist? Ich gehe jedenfalls davon aus, daß der Zusammenhang in dieser Weise besteht: Wenn wir wieder wirklich monogam wären, dann können wir mit unserem christlichen Gottesglauben soviel gar nicht falsch machen, selbst wenn wir das eine oder andere Dogma „etwas anders“ sehen sollten, wenn wir dagegen nicht wirklich monogam sind, dann wird unser Glaube sehr schnell zur reinen Farce.

Das hieße dann allerdings auch, daß wir in unseren Konzepten der echten Monogamie Vorrang einräumen müssen – und hier ist jeder gefragt, zumal nur die Monogamie „gilt“, die auch aus innerem Bedürfnis gelebt wird, deren Hintergrund also das „Ich“ und nicht das „Über-Ich“ oder sonst ein Zwang ist! Und das ist mein Glaube und meine Zuversicht, daß wir viel mehr schaffen könnten, wenn wir uns wieder mehr um die Nachfolge Jesu kümmerten, nicht zuletzt dachte auch er ganz offensichtlich bei seiner Einstellung zur Frau monotheistisch, also monogam.) Ich bin immer offen für bessere Lösungen, wobei „besser“ für mich meint, daß sie auch in die Praxis umzusetzen sind und funktionieren, also bewirken, was da als Anspruch steht. Wie genau ich da beobachte und auch kritisch zu mir selbst bin, habe ich etwa in dem Bereicht von der Caritas-Fahrt mit Kindern in den Bayrischen Wald und nach Österreich dargestellt („Bayern 1969/70“). Wenn ich in meinem Konzept vielleicht zu wenig die positiven Aspekte der Liebe darstelle, dann das nur deswegen, weil gerade die jungen Leute erst einmal ohnehin an diese Liebe glauben und lediglich Informationen brauchen, den Weg zu dieser Liebe nicht zu verlieren. Ich habe über eine entsprechenden „Test“ unter „Männerbild der Website“ geschrieben. Das Schwierige ist allerdings, diese Informationen den jungen Leuten auch so glaubwürdig darzustellen, daß sie wirksam sind. Ich sehe ein, daß ich hier (noch) nicht perfekt bin – doch weiß es jemand wirklich besser?

Außerdem: Wem schade ich denn mit meinem Konzept? Den Gutwilligen, die nach den Regeln unseres Glaubens leben wollen, doch wohl nicht? Wo ist also das Problem meines Unterrichts?

7. Dogmatische Gewissheit?

Ich habe bereits dargelegt, daß unsere (jungen) Menschen mit einem dialektischen Ansatz nichts anfangen können. Dafür sind ihnen die theologischen Probleme zu unwichtig. Ihr Kommentar ist dann allenfalls: „Mal sagen Sie so und mal so, bei Ihnen weiß man nie, woran man ist!“. Daher habe ich mich entschieden, nur die erfahrungsgemäß plausibelsten Interpretationen (s.o.) weiterzugeben. Und diese Interpretationen müssen nun einmal überzeugend dargestellt werden, um nicht wieder den Eindruck der Beliebigkeit zu machen, was ist daran dann dogmatisch?

8. Fehler eingestehen

Ob es sinnvoll ist, wenn wir als Kirche immer nur Fehler eingestehen, die Jahrhunderte Jahre her sind und über die im Grunde die Geschichte hinweggerollt ist, wage ich zu bezweifeln. Ob es nicht sinnvoller ist, die heutigen Fehler zu erkennen, einzugestehen und aus dem Weg zu räumen, damit die Kirche wieder mit der Botschaft Jesu in den Herzen der Menschen an Boden gewinnt. Ob die Ursache, daß „wir“ nicht mehr so recht die Menschen ansprechen, nicht eher eine schlechte Theologie und Philosophie ist, als ein Verschulden der Menschen? Das Ansinnen, daß „wir“ schon richtig liegen, daß wir uns also nicht zu ändern brauchen, wird schon von Jesus kritisiert, wenn er vom Arbeiten am Sabbat spricht: „Der Sabbat ist für den Menschen da – und nicht der Mensch für den Sabbat.“ Und ich meine schon, daß wir hier „Sabbat“ und „Glaube“ in Beziehung setzen können.

Im übrigen hat es noch nie geschadet, Fehler einzugestehen, bevor sie für jedermann offensichtlich sind. Auf einer Abschiedsparty erzählte mir einmal ein Schüler, daß er meinen Kommentar „Das kann man doch ändern!“ gut fand, als er mir einmal vorhielt, daß etwas unmöglich sei, „weil es einfach nicht ginge“.

9. Was bisher nicht behandelt wurde

Zu Punkt 6: Im Zusammenhang mit dem Buchtitel „Glaube ohne Aberglauben“ wird auf den Satz hingewiesen „Wie andere zu diesem Problem stehen....“, der in einem völlig anderen Zusammenhang gesagt wurde, es ging darum, warum nicht alle zu denselben Ergebnissen kommen. Wir haben Pater Lay einmal vorgeworfen, daß er gesagt hätte, „er glaubt nicht“. Er hatte wohl tatsächlich gesagt, er glaube nicht, „daß morgen schönes Wetter ist....“ So kann man Zusammenhänge natürlich nicht konstruieren.

Zu Punkt 7: Gute Tradition in unserer Kirche ist es doch wohl auch, darunter zu leiden und sich Gedanken zu machen, warum die Botschaft Jesu so wenig Resonanz findet und nach neuen Wegen zu suchen, um wieder Wege in die Herzen der Menschen zu finden? Es scheint jedoch so, daß viele Theologen darunter nun wirklich nicht leiden.

Zu Punkt 8: Über die Obskurität wäre ich mir nicht so sicher. Wir müssen immer bedenken, daß die Botschaft Jesu ein Skandal war und auch heute noch sein sollte. Wie müsste eine Stelle wie Mt 18,8f denn gelesen werden, damit sie ein Skandal ist? Meine Lesart hat jedenfalls offensichtlich „gewirkt“, ist das nicht schon fast ein Beweis? In der herkömmlichen Lesart ist sie jedenfalls gewiss kein Skandal...

10. Gegendarstellungen

Es ist immer leicht, etwas zu kritisieren. Das Konzept basisreligion ist in einem engagierten Studium, langjähriger pädagogischer Tätigkeit, vielen Gesprächen, vielen Reisen, die bisweilen durchaus als Zeitreisen angesehen werden können, entstanden. Natürlich gibt es bei einer derart umfassenden immer wieder Darstellungen und Überlegungen, die auch von mir nicht als endgültig angesehen werden können. Eines der Probleme jeder Arbeit ist die Widerspruchsfreiheit – einerseits bin ich überzeugt, daß eine Widerspruchsfreiheit zwischen christlichem Glauben und profaner Wissenschaft durchaus möglich ist, andererseits ist es natürlich auch mein Ziel, daß innerhalb meiner Arbeit die Freiheit von Widersprüchen besteht.

Und wenn ich nun kritisiert werde, sollte da nicht auch bedacht werden, daß es doch Pflicht der Kirche wäre, über die Themen, die ich hier behandelt habe, ebenfalls adäquate Informationen zu bieten, die nicht nur einem (relativ) kleinen Kreis von eher Kirchgläubigen oder wissenschaftlich Interessierten zugänglich sind, sondern etwa im Internet allen „Suchenden“? Es gibt heute im Internet doch die Möglichkeit der kostenlosen Information.

Vorerst erkläre ich mich gerne bereit, in meine Texte Gegendarstellungen oder Richtigstellungen nach Wunsch einzubauen, ich bitte allerdings, daß alles, was ich „einbauen“ soll, entsprechend gekennzeichnet ist, so daß der Leser zwischen meinem Text und dem „offiziellen“ unterscheiden kann.

Und wo wir schon beim Internet sind: Kann ich das Gutachten und diese Gegendarstellung an geeigneter Stelle in meiner Website zitieren, etwa unter einer Rubrik „Stellungnahme der Kirche“?

2001-04-05  M. P.

Im weiteren Verfahren wurde auf meine Entgegnungen überhaupt nicht eingegangen, und als ich schließlich die Bescheinigung des Missioentzugs vom Bischof bekam, lag als Begründung eine Kopie des obigen Gutachtens bei. Die haben sich also gar nicht einmal die Mühe gemacht, auf meine Einwände einzugehen.

Und als ich noch einmal mit dem Bischof persönlich reden wollte, bekam ich von seinem Sekretär (?) einen kurzen Brief "der Herr Bischof ist für Sie nicht zu sprechen"... Da weiß man, was man (jetzt im Jahr 2010) von dem Bedauern halten soll zu den Vorkommnissen des sexuellen Missbrauchs durch Priester: Alles Krokodilstränen, an einer anderen Sexualmoral haben die überhaupt kein Interesse....

(Wörterbuch von basisreligion und basisdrama)