Die Vorteile des Berufs des Religionslehrers an einer Berufsschule
Wenn mich Leute nach meinem Beruf
fragen und ich antworte Religionslehrer an einer Berufsschule, dann höre ich
oft: "Dann haben Sie´s aber schwer..." Und wenn das dann andere Lehrer oder gar
Geistliche sind, dann ärgere ich mich doch sehr. Denn das sind doch die Leute,
die oft unsere jungen Leute "vorher" haben und ihnen etwas beibringen, was dann
nicht hält und eben anderen, die nach ihnen kommen, das Leben schwer macht. Doch
darüber darf man nicht reden...
Sehen wir lieber einmal die Vorteile!
1. In
dieser Branche sind die
jungen Leute, die wir vor uns haben, absolut ehrlich. Sie kriegen sowieso gute
Noten, wenn sie nur halbwegs mitmachen und nicht stören, also sind sie offen.
Der Vorteil ist, daß man als Lehrer somit ein gutes Feedback hat.
2. Und
wie offen die jungen
Leute manchmal sind! Ich erinnere mich an S, ein hübsches, sympathisches und
aufgeschlossenes Mädchen in einer reinen Mädchenklasse, die die
Beziehungskiste (ein blödes Wort, doch es war eben eine) mit ihrem Freund
erzählte. Mir ging das bei diesem Mädchen sehr nahe (wer hat sich da nicht alles
versündigt durch
Manipulation und Untätigkeit) und ich wußte eigentlich nur den einen
realistischen Rat, dass sie zu ihren Eltern zurückkehren sollte. Den anderen,
mal mit meiner Tochter und mir auf eine Reise mitzukommen, damit sie einmal
etwas Alternatives erlebte, schlug ich mir aus dem Kopf, dafür würden wir
einfach zu anders sein! Und da gab es auch noch andere Begegnungen, die mir
manchmal sehr nahe gingen und wo ich nicht weiter wusste.
3. Doch
auch das Gegenteil an
Problemen gab es: A., ein nettes, sympathisches marokkanisches Mädchen, die
durch ihre unschuldige Aufgeschlossenheit den Unterricht so richtig förderte -
und die schließlich noch wissen wollte, ob meine Ideen auch im
Islam gingen... Das alles motiviert natürlich einen Lehrer: Überall sind
Chancen, wo etwas gemacht werden kann und muß! Auf alle Fälle sind gerade diese
Begegnungen mit attraktiven jungen Damen so eine Art Pfeffer…
4. Es
kommt auch einmal vor,
daß ein Schüler bzw. eine Schülerin zumindest so halbwegs in die Praxis umsetzt,
was man so erzählt. Etwas atemberaubend ist da C., die mit ihrem Mann eine
Zeitschrift in der
Frauenkampf-Szene organisiert. Na ja, würde Jesus sagen, wer nicht gegen
mich ist, ist für mich! (Immerhin kam ich bei dieser Bekanntschaft auf
offensichtlich dieselben Ideen wie seinerzeit
Gandhi.)
5. Dann
kommen natürlich die Ferien hinzu, in denen man über den Tellerrand schauen
kann! Ich hoffe, ich habe meine Möglichkeiten gut genutzt. Meine Reiseberichte
geben Zeugnis davon.
6. Das
Gehalt stimmt ja auch
einigermaßen - man kann nicht klagen!
7. Und
ich hatte die Zeit und
hoffentlich auch die Fähigkeit, alles aufzuarbeiten, indem ich es zu einem
Konzept verarbeitete, welche wunderbare Chance ist in diesem Zusammenhang das
Internet!
8. Nicht
zuletzt bin ich auch
dankbar so vielen, die mir immer wieder in bisweilen doch nicht so üblicher
Weise geholfen haben: Meinen Eltern für die ersten schönen Reisen, manchem
meiner Lehrer (ach ja, im Grunde waren ja alle positiv, selbst wenn man das
damals nicht so sah), den Vorgesetzten und Kameraden bei der Bundeswehr (gerade
diese Begegnungen halfen, manches zu erkennen und zu verstehen), die Professoren
beim Studium (was hat man da alles mitbekommen!), die Kollegen in der Schule
(mein Gott, wie muß ich manchen auf die Nerven gehen, trotzdem halfen sie
mir...), die Freunde (besonders einer, der alles mit dem Computer weiß, was ich
nicht weiß…)
9. Und
jetzt darf ich noch
nicht einmal unterrichten und habe noch mehr Zeit für mein Engagement!
10. Und
es gibt dafür jetzt
auch noch das Internet, in dem man auch sein Publikum findet, oft noch
interessierteres als in der Schule - wenn das nicht ein Gottesbeweis ist…!
11. Ach
ja, und dann habe ich
doch noch eine liebe Adoptivtochter, sozusagen eine Konkretisierung meines
Projekts - und es klappt doch!
Gegenüber allen diesen Vorzügen kann
man die Probleme letztlich vernachlässigen!
Das alles mußte ich doch auch einmal
los werden... |