TRADITION. "Nichts gegen Tradition, doch man darf nicht daran ersticken", heißt es in Köln. Und gerade das gilt unter allen Umständen für jede Religion und demnach vor allem auch für unseren christlichen Glauben. Alles wird immer heiliger, und Heiliges darf man natürlich nicht verändern, egal wie die Menschen fortlaufen und wie sinnwidrig alles wird. Es finden sich auch immer neue Gründe, selbst das Absurdeste zu rechtfertigen, was dann bisweilen in einer ausgefeilten Dogmatik geschieht. Am Ende ist die einzige Begründung: "Es war schon immer so" - Tradition ist dann eben zum Verrat an der ursprünglichen Idee geworden. Jesus kommentiert diesen Verfall, daß das Salz seine Kraft verloren hat. Interesse an solcher Tradition ohne Nachzudenken, man kann sie auch Dienst nach Vorschrift nennen, haben natürlich die Establishments, auch und gerade die kirchlichen, denn sie profitieren ja in jeder Hinsicht von der Dekadenz, nicht zuletzt ist sie eine vorteilhafte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und noch mehr eine Methode, bedeutend zu werden. Wie hohl das bisweilen ist, siehe unter Hochstapler. Und da die Establishments bestimmen, was etwa in der Pädagogik gelehrt wird, erfahren die jungen Menschen natürlich auch nur das und rutschen so wieder in die Fußstapfen ihrer Lehrer. Und die Begründungen für die Traditionen kommen ihnen problemlos über die Lippen. Ein Beispiel für eine ganz schreckliche Tradition sind die letzten Hexenverbrennungen gegen Ende des 18. Jahrhunderts: Man wußte schon längst, daß der ganze Hexenwahn Unsinn ist, es gab keine Begründungen mehr für die Verbrennungen - außer dass es schon immer so war. Und was schon immer so war, kann doch nicht falsch sein! (Und es kann eben doch falsch sein!) Natürlich gibt es auch sinnvolle Traditionen, schließlich haben Traditionen auch den Vorteil, daß man nicht immer über alles neu nachdenken muß, man muß ja auch nicht immer wieder bei Adam und Eva anfangen! Doch eben aufgepaßt: Wenn etwas unverständlich wird (ein Kriterium ist, wenn Kinder das nicht ohne Weiteres verstehen, was also zu einem sacrificium intellectus geworden ist), dann soll uns etwas "untergejubelt" werden, und dann ist es Zeit, über mögliche Fehler und also auch über Änderungen nachzudenken! Wie es in unserem christlichen Glauben zu den ältesten Traditionen kam, die
heute zumeist sogar als absoluter Bestandteil des Glaubens gelten, siehe vor
allem unter Kerygma und
Synkretismus. Einen sinnvolleren Umgang mit der Vergangenheit kann man vielleicht mit dem Wort konservativ bezeichnen. (Wörterbuch von basisreligion) |