Der HINDUISMUS, die Religion der meisten Inder seit etwa viertausend Jahren, ist neben dem Shintoismus der Japaner die bedeutendste Vielgötterei in unserer heutigen Zeit mit all den typischen Strukturen und Kulten, die mit einem solchen Glauben verbunden sind. Die hinduistische Gottesvorstellung von drei höchsten Göttern Brahma, Vishnu und Shiva, nach manchen Anschauungen auch von einem Gott in verschiedenen Wesenheiten, ist vergleichbar der christlichen Vorstellung von der Dreifaltigkeit. (Da die hinduistische Idee von der Dreifaltigkeit früher existierte und da sie dem Anliegen von der Nachfolge Jesu grundsätzlich fremd ist, sind wir Christen folglich diejenigen, die sie übernommen haben. Wenn also bei basisreligion die Konstruktion von der Dreifaltigkeit kritisch gesehen wird, so bitte ich, das durchaus auch vom Hintergrund anderer und götzendienerischer Religionen her zu sehen.)
Hinduistische Götterwelt
Brahma ist der Urgrund, der Hauptgott, Vishnu hat uns durch seinen Kampf mit dem Bösen erlöst und lebt in seinen Wiedergeburten weiter (die bedeutendste ist Krishna) und Shiva ist der Gott des Geistes und des Zerstörens und Neuschaffens, der im Himalaja sitzt und Marihuana raucht und ab und zu einmal ins Tiefland kommt und sich unter die Menschen mischt und mit Jungfrauen Schabernack treibt und sie befruchtet... Die Frau von Shiva ist Parvati, die Schöne, allerdings kann sie auch schlecht gelaunt sein und dann heißt sie Kali und man muß ihr Tier- oder früher sogar Menschenopfer darbringen (bis die Engländer die Menschenopfer verboten). Der Sohn von Shiva und Parvati ist Ganesh, der wie ein Elefant aussieht. Shiva war nämlich sehr jähzornig und hatte seinem Sohn den Kopf abgeschlagen. Doch dann hatte er Angst vor seiner Frau und es reute ihn und er schlug vom nächsten Lebewesen, was entlang kam, den Kopf ab und setzte den seinem Sohn auf, denn schließlich war er ja als Gott allmächtig. Also hat der Sohn von Shiva und Parvati eben einen Elefantenkopf, Ganesh ist übrigens ein sehr beliebter Gott, in jedem Tempel dargestellt, auch öfter (siehe etwa http://www.dharmonline.com/wallpapers/ganesh.jpg). Ansonsten wird Shiva auch unter seinem "Instrument des Zerstörens und Neuschaffens" dargestellt, also unter dem Phallus (Penis), man nennt den dann Lingam, und der steckt in einem großen stilisierten weiblichen Genital und die nennt man dann Yoni. Manchmal steht das Gebilde da so wie bei uns ein Altar, bisweilen auch in einem Becken, damit die Leute Wasser drüber gießen können, damit alles immer feucht ist, das Wasser soll nachher Heilwirkung haben, noch mehr wie unser Weihwasser.... Im Internet gibt es viele Bilder, ich verweise etwa auf die schöne französische URL http://lalitavistara.free.fr/Hinduism/LingaYoni.htm, ein eindrucksvolles "Gebilde" findet sich auch unter http://www.btinternet.com/~andy.brouwer/ph14.jpg. Und da ist immer noch Hanuman, der Affengott (siehe http://www.babaji.org.uk/images/hanuman.jpg). Als nämlich Vishnu gegen das Böse kämpfte, halfen ihm die Affen - und nach dem Sieg wurde zum Dank der Anführer der Affen auch zum Gott geadelt.... Und sogar zu einem beliebten so wie Ganesh.
Glaubensleben der
Hindus Uns Nichthindus fällt besonders das Kastenwesen auf (ganz grob: Priester, Beamte, Bauern plus die vielen „Kastenlosen“ oder „Unberührbaren“, die Nationalsozialisten wollten ihr System ähnlich gliedern in „Lehrstand“, „Wehrstand“, „Nährstand“ plus die vielen Angehörigen der zu unterwerfenden Völker). Dadurch ist praktisch die ganze Bevölkerung der Priesterkaste untergeordnet, was bisweilen auch heute noch regelrechte Ausbeutung bedeutet, wir haben also eine typische Priesterreligion vor uns. Den Menschen der untergeordneten Kasten bleibt als wichtigste Hoffnung, nach ihrem Tod durch die Wiedergeburt in eine höhere Kaste aufrücken zu können, deswegen achten sie peinlich genau auf ihre Kastenpflichten und unternehmen ausgedehnte Wallfahrten. Die hier wie in allen Vielgöttereien üblichen Menschenopfer gab es noch bis ins vergangene Jahrhundert, bis sie von den Engländern unterbunden wurden, siehe Thag-Sekte. Kultische Prostitution (Tempelprostitution) gibt es noch heute trotz weitgehenden gesetzlichen Verbots: Etwa 5000 - 10000 Mädchen werden jährlich der Göttin Yellama dargebracht: Nach einer entsprechenden Weihe in der Kindheit und gegen eine Spende für den Priester vollzieht zumeist der Großgrundbesitzer den heiligen Geschlechtsverkehr, sobald die Mädchen in die Pubertät kommen. Irgendwann landen die Mädchen dann in den Straßenbordellen der Großstädte. Bekannt sind auch die Praktiken der Witwenverbrennungen und der Mitgiftmorde. Uns Europäern in der Ferne fallen besonders die heiligen Kühe auf, die überall in Indien auf den Straßen herumlaufen, sie stören jedoch niemanden und nehmen auch niemandem etwas weg, vermutlich haben wir hier viel problematischere heilige Kühe!
In
Europa befindet sich ein wunderschöner Hindu-Tempel in
London-Neasden (manche meinen, es ist das bedeutendste
Gebäude
Londons aus dem 20. Jahrhundert) und einen
eindrucksvollen Tempel haben
wir auch in Deutschland, nämlich in Hamm-Uentrop (in
Nordrhein-Westfalen). Hier finden sich auch überall
Abflüsse für das Wasser, wenn die Götter
gewaschen werden. Doch der in Neasden ist einmalig! In
Neasden konnte
ich beobachten, wie den Gottheiten um die Mittagszeit
auch Essen
hingestellt wird, dafür gibt es eigens eine Küche.
Man kann allerdings nicht sehen, wie die Götter essen,
den die
sind alle in kleinen Nischen und da werden die
Vorhänge zur
Mittagessenszeit vorgezogen. Im Buch Daniel gibt es
auch eine Passage,
wie die Götter angeblich essen - in Wirklichkeit essen
das die
Priester mit ihren Familien. Wer das Essen in Neasden
letztlich
ißt, weiß ich nicht.
Ein Kulturvergleich zwischen unsere Antike und dem heutigen Indien dürfte legitim sein: Die kultische Prostitution, die es in unserer Antike gab, dürfte denselben Hintergrund haben wie die, die es auch heute immer noch in Indien gibt.
Wenn hier der indische Vielgötterglaube mit dem Vielgötterglauben, wie er bei uns im Abendland vor der Hinwendung zum Christentum existierte, in Beziehung gesetzt wird, so ist dies durchaus zulässig: Im Prince-of-Wales-Museum in Bombay in Indien werden ähnliche Skulpturen mit der Szene der kultischen Bestäubung von Dattelpalmen aus dem Zweistromland (dem heutigen Irak) wie in unseren entsprechenden Museen in Berlin, London und Paris gezeigt (siehe Kulturvergleich). Wie bei uns sehen also auch in Indien die Wissenschaftler, die sich mit der geschichtlichen Vergangenheit beschäftigen, die Herkunft der Kulturen in demselben Gebiet - damit gäbe es dann auch eine Beziehung zwischen unseren Kulturen, selbst wenn diese heute nicht gerade offensichtlich erscheint. Siehe
auch die italienische URL
http://www.misterisvelati.it/Capitolo8/capitolo8.htm#paestum,
in Paestum bei Neapel hat man auch einen Lingam und
eine Yoni aus
römischer Zeit ausgegraben.
Ansatzpunkte für die klassische Religionskritik gibt es noch viel mehr als in unserer christlichen Religion!
Interessant ist hier die Überlegung, dass das System den Unberührbaren von den höheren Kasten aufgezwungen worden ist, um bei den armen Harijans nicht den geringsten Selbstrespekt aufkommen zu lassen, um sie auf ewig zu unterdrücken. Das wäre eine plausible Variante der marx´schen Religionskritik, daß Großbauern und Priester nämlich eine Form von Symbiose entwickelt hätten, die für sexuelle Freuden der Reichen sorgt und gleichzeitig das revolutionäre Potential der Tagelöhner „mit dem Skalpell religiösen Glaubens amputiert“.
Obwohl jüdischer
Glaube und christlicher
Glaube vom Ursprung her als radikale
Gegenentwürfe zu einem Religionskonzept wie das des
Hinduismus
gedacht sind (die Adam-und-Eva-Erzählung
ist eine Geschichte gegen die kultische
Prostitution), dürfen wir nicht hochmütig
werden: Auch wir hier sind mehr oder weniger immer
wieder in eine
Alltagspraxis wie in Indien hineingerutscht. Es sei
hier nicht nur auf
die „Bräuche“ vieler Fürsten
früher und mancher Großbauern bis in unsere Tage
hingewiesen, die sich immer wieder an den Töchtern
armer Leute
vergriffen haben (siehe Recht
der ersten Nacht), sondern vor allem
auf den
Unwillen unserer pädagogischen Instanzen bis in die
Kirchen
hinein, gerade auch junge Mädchen geistig so fit zu
machen,
dass sie nicht zumindest in prostitutionsähnliche
Lebensabschnitte mit den entsprechenden leidvollen und
lebensqualitätschädigenden Beziehungskisten
hineinschlittern. Die ursprüngliche
jüdische Religion muss als Gegenentwurf zu Religionen
wie dem Hinduismus gesehen werden, siehe unter Jüdischer Jesus.
Eine
gute Zusammenfassung der Hindureligion - natürlich aus
einer
etwas anderen Sicht als bei basisreligion -
finden
Sie auch in der WELT vom 18. Mai 2005 (vollständige
Url. des Artikels: http://www.welt.de/data/2005/05/18/719552.html)
"Götter für alle Fälle":
"Der Hinduismus ist die älteste Religion der Welt und
ein
Sammelbecken unzähliger spiritueller Gruppen" von
Sophie
Mühlmann. Wenn dabei auf die Toleranz
zu
anderen
Religionen hingewiesen wird, so wird leider nicht
gesagt, daß
diese Toleranz ganz einfach daran liegt, daß in den
Augen der
Hindus die Gottheiten in anderen Religionen eben
genauso wie die die
Gottheiten in der eigenen Religion gesehen werden:
Alle Götter
gehören letztlich zu dem großen
Götteruniversum der Hindus. Es ist klar, daß andere
Religionen sich hier nicht so vereinnahmen lassen
wollen und eben nicht
diese Toleranz haben, und schließlich geht es in
wirklichem
Monotheismus ja auch um etwas völlig anderes als
in
einer typischen polytheistischen Religion. |