LEVITIKUS (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

LEVITIKUS (der lateinische Name für das Dritte Buch des Mose) ist das Buch der Bibel, in dem - so kann man es gewiß auch sehen - aus dem ursprünglichen rein menschlichen und in gewisser Weise auch atheistischen Anliegen (siehe Atheismus) der Befreiung von unmenschlichen Priesterreligionen (Anliegen des Buchs Genesis) und der Befreiung von der Sklaverei (Anliegen des Buchs Exodus) nun seinerseits eine neue Religion mit allen entsprechenden und typischen Kultvorschriften wird. Und damit wird auch die ganze Moral nicht mehr auf einem ich-gesteuerten Gewissen sondern auf einem über-ich-gesteuerten Gewissen aufgebaut. Wenn also die Vorschriften zur Sexualität in den Zehn Geboten noch unter dem Gesichtspunkt unter Liebe und Partnerschaft und dabei natürlich auch unter der Gleichwertigkeit der Menschen, daß also auch und gerade Frauen Partnerinnen der Männer und nicht Objekte sind, gesehen werden können, so haben mit diesem alten Anliegen diese Vorschriften hier nichts mehr zu tun: Es geht nur noch in einer ausgefeilten Kasuistik darum, was angeblich Gott wohlgefällig ist und was nicht, siehe auch unter Koscher. Und gleichzeitig wird, um das alles durchzusetzen, zu demselben Instrumentarium von Unterdrückung  und Ausmerzung (siehe Macht) gegriffen, gegen das man einmal vorgegangen war. Man kann dieses Buch - wie auch die beiden folgenden Bücher Numeri und Deuteronomium - als Basis der jüdischen Religion sehen, weil hier das typisch Jüdische in diese Religion gekommen ist, wodurch auch das Judentum bis heute seine Identität bewahrt hat, man kann es aber auch als Beginn der Dekadenz sehen und als Abfall von den an und für sich so revolutionären Ansätzen der ersten beiden Bücher Mose, wodurch diese Ansätze ihre befreiende Kraft für die übrige Menschheit eingebüßt haben. Im übrigen stammt dieses Buch noch viel weniger als die beiden ersten Bücher der Bibel von Moses selbst, es wurde ihm sozusagen aus werbepsychologischen Gründen in den Mund gelegt.

Typisch für diesen Verfall mögen die Vorschriften gegen die Kinderopfer sein...

Während es in der poetischen Geschichte vom verhinderten Sohnesopfer Abrahams um eine Abkehr von der Unmenschlichkeit der Menschenopfern geht und die Liebe zwischen Vater und Sohn im Vordergrund steht, interessiert gerade das im Buch Levitikus überhaupt nicht mehr und es geht nur noch darum, daß "so etwas" nicht gottwohlgefällig ist und Leute, die das machen, also ausgemerzt werden müssen (hier 20, 1ff):

"Der Herr sprach zu Mose: Sag zu den Israeliten: Jeder Mann unter den Israeliten oder unter den Fremden  in Israel, der eines seiner Kinder dem Moloch gibt, wird mit dem Tod bestraft. Die Bürger des Landes sollen ihn steinigen. Ich richte mein Angesicht gegen einen solchen und merze ihn aus seinem Volk aus, weil er eines seiner Kinder dem Moloch gegeben, dadurch mein Heiligtum verunreinigt und meinen heiligen Namen entweiht hat. Falls die Bürger des Landes ihre Augen diesem Mann gegenüber verschließen, wenn er eines seiner Kinder dem Moloch gibt, und ihn nicht töten, so richte ich mein Angesicht gegen ihn und seine Sippe und merze ihn aus der Mitte ihres Volk aus, ihn und alle, die sich mit ihm dem Molochdienst hingeben." (Anmerkung: Moloch ist nach mancher Meinung ein heidnischer Gott, der Kinderopfer braucht, und nach anderer Meinung ein Opferbegriff mit allerdings demselben Zweck.)

Daher also der weit verbreitete Eindruck von einem grausamen und herrschsüchtigen Gott im Alten Testament! Doch dieser Gott ist eben schon ein Gott des Verfalls! Der wirkliche Gott des Alten Testaments ist vielmehr der befreiende Gott der ersten beiden Bücher des Moses, also Genesis und Exodus!

...und die Vorschriften zur Sexualität gehen erst recht völlig am Anliegen der Bücher Genesis und Exodus vorbei!

In ausgefeiltester Kasuistik wird bis ins kleinste Detail geregelt, was man darf und was man nicht darf mit der ausschließlichen Begründung, weil es Gott wohlgefällig oder eben nicht wohlgefällig ist. Die Angst vor dem Blut, auch vor dem Blut der Menstruation, kann man vielleicht noch aus dem damaligen Aberglauben heraus erklären, doch absurd wird es, wenn man der Frau des Stammesgenossen nicht beiwohnen darf, weil das etwa eine Sünde gegen Partnerschaft und Liebe wäre, sondern weil das unrein macht (18, 20). Das ist etwa dasselbe wie bei der Einstellung zur Zeit der Nationalsozialisten, daß ein "Arier" eine jüdische Frau oder ein jüdisches Mädchen nicht vergewaltigen darf, weil das ein Verbrechen gegen die Partnerschaft und gegen die Liebe ist (wir merken schon, wie auch wir heute in unserer Sittenverfalls-Gesellschaft Schwierigkeiten haben, eine passende Begründung zu finden), sondern weil es eine Rassenschande ist; so wenig wie man mit einem Tier Sex haben darf, darf man das auch nicht mit einer Jüdin oder mit einem Juden... Und ganz allgemein geht es beim Thema Enthaltsamkeit nicht mehr um Ehre und Vertrauen und Verantwortung unter uns Menschen und gerade im Verhalten zwischen Männern und Frauen, sondern nur noch um Ängste vor Gott. Geradezu absurd wird es, wenn nicht mehr der handfeste Inzest das Problem zwischen nahen Verwandten ist, sondern nur noch, ob man "die Scham entblößt beziehungsweise sieht", etwa bei seiner Tochter (18, 6-18). Als ob die damals nicht auch gewußt hätten, daß man mit der Sex auch im Dunkeln haben kann. Doch verboten ist ja nur FKK mit der wie mit der ganzen Familie, der Sex jedoch ganz offensichtlich jedoch nicht... (Diese Gegenüberstellung mag lächerlich klingen, doch es ist wirklich so!)

Leider haben sich nun gerade diese - und andere - Vorschriften aus der Verfallszeit bis heute erhalten und machen den jüdischen Glauben vor allem aus - und nicht die ursprünglichen Anliegen von der Emanzipation und Freiheit eines jeden Menschen, also auch des Ausländers, der Frau, des Kindes...! Siehe hierzu auch basistheologie! (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama)