PROSTITUTION ZUR ZEIT JESU (Basislexikon - kritisch-kompetent-konstruktiv)

PROSTITUTION ZUR ZEIT JESU. Obwohl an mehreren Stellen des Neuen Testaments davon die Rede ist, dass Prostituierte zu den Freundinnen Jesu zählten, ist dieses Thema weitestgehend tabuisiert. Im Lexikon zur Bibel von Fritz Rienecker und Gerhard Maier (1994/2000) wird unter dem Stichwort Hure usw. zwar erwähnt, dass Prostitution in Israel nicht unbekannt war und es wird auf die kultische Prostitution verwiesen, die es auch in Israel im Zusammenhang mit kanaanitischen Fruchtbarkeitskulten gab, doch damit hat es sich (die Kanaaniter waren ein Volk, das damals auch in Palästina lebte, jedoch zur Zeit Jesu nicht in Erscheinung trat, der Hinweis auf die kultische Prostitution dürfte also als Ablenkung gelten).
Und es gab damals doch eigentlich nur arrangierte Ehen, und wo es die gibt, da gibt es erst recht Prostitution!

 

Dabei drängt sich doch die Frage auf, wieso es damals in diesem Gottesstaat Israel Prostitution überhaupt geben konnte, die doch eigentlich streng verboten war und auf der sogar die Todesstrafe (durch Steinigung) stand? Denn Prostitution war nun einmal Ehebruch

 

Gehen wir dazu einmal in heutige Gottesstaaten, in denen die Prostitution ja eigentlich auch verboten ist, und sehen uns an, wie das dort mit der Prostitution läuft, vermutlich sind wir damit sehr gut der Wirklichkeit in Israel vor 2000 Jahren auf der Spur!

Wie lief das also etwa in Afghanistan zu Zeiten der Taliban? Wie wurde man dort Prostituierte? Wie funktioniert das überhaupt in solchen restriktiven Ländern üblicherweise mit dem Schutz der Prostituierten vor der eigentlich obligatorischen Todesstrafe? Und wie viele Prostituierte gibt es dort wohl?

Gemeinhin denken wir an untreue Ehefrauen, die eben "überdurchschnittlich sexuell veranlagt" sind und daher verstoßen werden und die sich als Prostituierte verdingen, um auch noch Mittel für ihren Lebensunterhalt zu erhalten. Abgesehen von den Vorurteilen, ob es solche "überdurchschnittlichen" Frauen überhaupt gibt, mag es gewiß Frauen geben, die damit ihren Lebensunterhalt bestreiten (müssen) und auch Mädchen, die nach einer unglücklichen Liebe keinen anderen Weg wissen und sich schließlich immer mehr in der Prostitution verstricken. Im Zusammenhang mit Afghanistan erfuhren wir jedenfalls auch aus den Medien von Frauen, deren Männer im Gefängnis gelandet oder gar umgekommen waren und die keinen anderen Weg fanden, um sich und ihre Kinder zu ernähren als über die Prostitution.

Aus der Türkei weiß ich, daß auch Findelkinder, die in Heimen aufwachsen, bisweilen direkt an Bordellbetreiber vermittelt werden, wenn sie nur alt genug sind, weil man dort davon ausgeht, daß sie ja aus "unmoralischen" Beziehungen stammen und daher selbst "unmoralisch veranlagt" und daher am besten in der Ordnung eines Bordells aufgehoben sind... Ja, schauen Sie doch einmal in das Stichwort Bordell, ich habe da beschrieben, wie es in typischen türkischen Bordellen bzw. in den entsprechenden "Prostituiertenghettos" aussieht, die ja in einem islamischen Land eigentlich gar nicht sein dürften...

Und wenn wir hören, dass sich Osama bin Laden und andere Führer der islamischen Revolution ganze Harems von Mädchen hielten, was ja auch eine Art Prostitution war, so wird eines immer mehr gewiß: Die Moral ist immer die Moral der Mächtigen und so ist eben auch das, was die Mächtigen im Islam machen, Moral! Und wenn es die Prostitution ist! Natürlich muß man bei alldem moralisch aussehen, also redet man den Frauen etwas von Schleier und Kopftuch ein und ahndet Verstöße gegen diese Anweisungen, wenn man die Macht hat...

 

Auch Erpressung spielt eine große Rolle.

 

Nicht zuletzt weiß jeder, dass bei der Prostitution etwas nicht in Ordnung ist, man sieht eben weg. Und von dem Wegsehen auf einem derart schwerwiegendem Gebiet bis hin zur direkten Beteiligung ist es nur ein kleiner Schritt: Das kriminelle Potential ist nun einmal da!

Und vor diesem Hintergrund hat vor allem ein schönes Mädchen aus der ohnehin schon benachteiligten Bevölkerungsschicht sozusagen keine Chance, wenn nur die entsprechenden äußeren Umstände gegeben sind. Wir wissen von den Praktiken an der Ostfront im Ersten Weltkrieg: Wenn damals die einheimischen Frauen mit mehreren Soldaten – aus welchen Gründen auch immer – Geschlechtsverkehr hatten, dann wurden sie bestraft und mussten nach den entsprechenden Militärgesetzen ins offizielle Soldatenbordell. Und wenn nun ein Landser ein Auge auf ein Mädchen geworfen hatte und dieses ihn jedoch abwies, dann kam es durchaus vor, dass dieser das Gesetz nutzte, das Mädchen als Hure anzuzeigen, und dann musste es ins Bordell – und der Soldat bekam, was er wollte... Warum soll das nun im Gottesstaat Israel anders gewesen sein, wo es diesen Militärgesetzen vergleichbare Gesetze gab, auch hier konnte man ja ein Mädchen anzeigen, es mußten sich eben nur zwei Männer einig sein? Warum sollten Männer mit ohnehin krimineller Gesinnung sich nur an einer Frau wie der schönen Susanna aus reichem Hause vergreifen und nicht erst recht an den Töchtern der Armen? Und so hatte wohl auch eine schöne Arme keine Chance. Zu alledem kam noch, dass sie wegen der üblichen Tabus nur vage wusste, um was es ging und bisweilen unvorsichtig war.

Eine Methode, wie Prostitution im weiteren Verlauf in Gottesstaaten funktioniert, ist auch die "iranische Methode", also per Heiratsschein und Scheidung, siehe unter Zuhälter. Auf alle Fälle ist die Organisation von Zuhältern unbedingt erforderlich.

 

Zuhälter sind gleichzeitig Organisatoren als auch Puffer zur Staatsgewalt (und wenn die Religion das Sagen hat, wie in einem Gottesstaat, dann eben auch zur "Religionsgewalt").

 

Dem ganzen schaurigen Geschäft mit der Unmoral kommt die Minderachtung der Frau natürlich sehr entgegen. Einerseits werden sie – und insbesondere die jungen Mädchen – für dumm gehalten, angeblich werden sie durch das Wissen um sexuelle Dinge und vor allem, wie die Männer mit ihnen umgehen, nur verwirrt und in ihrer Sittsamkeit verletzt und erst rech "scharf" gemacht, anderseits macht man sie durch die Pflicht zur "Verhüllung" tatsächlich nur umso „schärfer“. Man informiert sie ganz bewusst nicht (siehe Tabu) und bringt ihnen nur die Tröstungen des Glaubens für die Verarbeitung der Erfahrungen "hinterher" bei und verspricht ihnen ein Leben nach dem Tod, wenn sie ihre Sünden bereuen, zu denen sie eigentlich gar nichts konnten, weil sie es ja gar nicht nicht besser wussten. Und dabei kassiert man noch von ihnen – die totale Verarschung!

Besonders schlimm ist das alles in den Ländern, die angeblich so moralisch - in Wirklichkeit eher heuchlerisch-moralisch - sind, denn in diesen Ländern sind die Männer oft einfach nur notgeil und der Bedarf an Prostituierten ist sogar erheblich höher als in "normalen" Ländern. Während man bei uns etwa mit einer Prostituierte auf tausend Einwohner (so das "Wörterbuch des Christentums", Düsseldorf 1988, Stichwort "Prostitution") bis zu einer Prostituierte auf 150 Einwohner rechnet (das ist die Zahl, die für West-Deutschland vor der Wende genannt wurde), gibt es in Thailand, einem eher restriktiven Land, etwa 2 Millionen Prostituierte auf 30 Millionen Einwohner, wovon "nur" 180.000 für die Touristen da sind - der größte Teil ist also für die eigene Bevölkerung! Das heißt, es kommen dort (ohne Berücksichtigung der Touristensituation) etwa eine Prostituierte auf 16 Einwohner - und diese Zahl dürfte auch zumindest in etwa auf die Türkei zutreffen, einem anderen "verklemmten Land", wo ich bei zahlreichen Reisen einiges mitbekam von den Händlern und deutsch sprechenden Gastarbeitern, mit denen ich zu tun hatte. Und was wir heute von Thailand und der Türkei kennen, dürfte auch die Situation in Palästina zur Zeit Jesu gewesen sein, die Prostitution gehörte also gewiß dort vor 2000 Jahren ganz anders als heute bei uns sozusagen zum Alltag. Es ist auch nahe liegend, daß Mädchen an die römische Besatzungsmacht vermittelt wurden (die römischen Soldaten durften ja während ihrer Dienstzeit nicht heiraten), doch dafür gibt es keine Belege.

 

Es ist doch immer dasselbe!

 

Und dieser Häuserbauer von Nazareth Jesus muß das alles damals mitbekommen und durchschaut haben, wieviel Wegschauen, Böswilligkeit und sogar Kriminalität sehr oft mit im Spiel war, siehe Jesus und die Sünderin. Natürlich war er ein Mann – und ein wirklicher – und hat reingeschlagen in die ganze Heuchelei und den damit verbundenen Sittenverfall zu seiner Zeit. Es ging ihm um eine Erlösung von der Verruchtheit derer, die das Sagen hatten und entweder durch ihr Schweigen oder durch ihre Interesselosigkeit mit Schuld an den ganzen Schweinereien hatten. Und da die Betroffenen vor allem Arme waren, hören wir noch heute immer, daß er eben die Armen erlöst hat und ihnen das Reich Gottes bringen wollte. Daß es sich um Ehre und Liebe in einem ganz wesentlichen Lebensbereich handelte, wovon vor allem auch die Armen betroffen waren und wo ihnen relativ leicht hätte geholfen werden können, erfahren wir nicht, wenn das von der "Erlösung der Armen" formelhaft heruntergeleiert wird... Doch etwas anderes als hier angesprochen kann es ja wohl nicht gewesen sein, denn um materiellen Reichtum drehte es sich eindeutig nicht, wovon Jesus redete und worum er sich kümmerte!

Doch wer das ganze heikle Beziehungsgeflecht bei alledem stört, entweder wenn er das Geschäft auf eigene Faust machen will (wie manche besonders schöne und begehrte Prostituierte (vermutlich drehte es sich bei der Sünderin, die gesteinigt werden sollte, genau darum) oder auch wenn einer glaubt, da aufräumen zu müssen (wie etwa Jesus), dann wird die- oder eben derjenige gnadenlos ausgemerzt (siehe auch hierzu die Zitate aus dem Beitrag der WELT vom 1.3.2004 bei Jesus und die Sünderin). Eine Änderung durch den Gesetzgeber passiert sowieso nicht, weil entweder diese Leute der Staatsgewalt regelrecht zu doof sind oder weil sie andererseits selbst zu sehr verstrickt in dem ganzen sind. (In Thailand sollte einmal ein entsprechendes Gesetz - im Jahr 2003 - eingebracht werden, doch es stellte sich heraus, daß von etwa 250 Abgeordneten um die 230 in Bangkok mit einer "Freundin" zusammen lebten, während die Frau zuhause saß - vielleicht finde ich noch einmal den Zeitungsausschnitt!)

Dass man aus dem Anliegen Jesu nach seinem Tod recht bald eine Religion machte, wie wir sie auch bei den Vielgöttereien kennen und bei der um alle diese Themen herumgeschlichen wurde wie bei der Katze und dem heißen Brei, wobei im Hier und Jetzt alles beim alten blieb, ist schon fast zwangsläufig, denn wer von denen, die das Sagen haben, hat schon Interesse an einer Änderung?

 

Anmerkungen

Leider fand ich kein näheres Material, das genau die Situation der Prostitution vor 2000 Jahren in Palästina behandelt. Ich habe also aus vergleichbaren Verhältnissen heute "geschlossen". Und im Wesentlichen dürfte ich mich dabei gewiß nicht vertan haben, denn so viele Möglichkeiten gibt es ja nicht und alles etwa in der Bibel deutet ja auch darauf hin, daß es - zumindest im Großen und Ganzen - auch tatsächlich so war. Doch wenn jemand eine genauere Forschung kennt, in der diese Thematik behandelt wird und in der auch das besondere Insiderwissen zur Sprache kommt, dann bitte ich um Mitteilung, damit ich diese berücksichtigen kann! (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama)