MANSELBSTSEIN (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

Das MANSELBSTSEIN ist eines der wichtigsten Kennzeichen einer gelungenen Einheit von Leib und Seele und gehört mit zu den tiefsten Sehnsüchten eines jeden Menschen, es ist nicht zuletzt auch unbedingte Voraussetzung für die Erfahrung wirklicher Liebe. Wir alle möchten doch endlich so sein, wie wir wirklich sind und nicht, wie wir von unserer Umgebung her (siehe Kultur und bei GEWISSEN die Ausführungen zum Über-Ich) immer sein müssen oder sollen! Und wir wollen auch so von anderen angenommen werden, ohne dass sie sich über uns lustig machen oder sich mokieren oder dass wir auch nur Angst haben, dass so etwas geschehen könnte.

Wir wollen endlich einmal jede Maske eines Anders-als-wir-wirklich-sind abstreifen.

"Warum verkleiden sich denn die Leute an Karneval", fragte ich einmal in einer der beiden bei uns offiziellen Schulstunden an Weiberfastnacht. Und ein Mädchen antwortete: "Damit wir endlich einmal so sein können, wie wir wirklich sind!" Heißt das also, dass wir normalerweise nicht wir wirklich sind?

Und bei dem Anders-als-wir-wirklich-sind spielt immer auch die Sexualität eine hervorragende Rolle, denn es gehört nun einmal zum Menschen, dass er dank seines über-ich-gesteuerten Gewissens gerade hier immer anders ist, als was er ist, und sich selbst und anderen etwas vormacht. Wir haben uns damit abgefunden und meinen, dass das eben Religion und Kultur ist. Leider funktioniert diese Selbstkontrolle und Verdrängung nun nicht immer und nicht bei allen. Wir kennen die verheerenden Folgen.

Wenn der Mensch tatsächlich in seinem Innern immer ein wildes Tier wäre, dass nur durch Dompteurkunst zivilisiert werden kann, dann wäre er doch ein arge Fehlkonstruktion der Natur.

Und er ist mit Sicherheit keine Fehlkonstruktion der Natur, denn die Natur (oder Gott) erschafft keine grundsätzlichen Fehlkonstruktionen! Wenn wir Menschen mit unserem Manselbstsein nicht richtig hinkommen, dann kann es nur daran liegen, dass wir selbst etwas falsch machen!

Wenn die wirkliche Moral zum Wesen des Menschen gehört, dann gehört die Scheinmoral eben nicht dazu!

Und eine Erziehung zu dieser Scheinmoral muss also scheitern aus zweierlei Gründen:

1. Sie ist dem Menschen nicht gemäß, wenn´s drauf an kommt, hält sie kein Mensch aus, zumindest kein gesunder und junger.

2. Es fehlt die Fähigkeit zum Umgang mit anderen Menschen in wirklicher Moral.

Und heraus kommen die bekannten Verhältnisse mit den üblichen menschlichen Widrigkeiten.

Das Fatale ist, dass zu dem Manselbstsein an und für sich überhaupt nicht das hemmungslose Sichausleben in jeglicher Hinsicht oder die entsprechenden Verdrängungen gehören, sondern dass das alles nur Indiz für eine Fehlentwicklung ist!

Eine Lösung ist eine entsprechende Erziehung zu wirklicher Emanzipation und Freiheit und damit weg von den sinn- und nutzlosen Ängsten und hin zu rationaler Furcht.

Auf diese Weise findet der Mensch genügend Spielraum, dort er selbst zu sein, wo es angebracht ist und sich eben dort zusammen zu nehmen, wo es nun einmal notwendig ist.

Damit wird auch schon der Sexualität des Kindes Rechnung getragen, ohne dass Kinder in Richtungen gedrängt werden, die ihnen nicht gemäß sind und die sie auch gar nicht wollen. Und bei der späteren Partnersuche können die jungen Menschen mit den Praktiken aktiver Enthaltsamkeit erproben (sie kennen dabei auch Sollbruchstellen!), in der Nähe welchen Menschens das ihnen gemäße Manselbstsein gegeben oder wenigstens zu erwarten ist, das dann schon gewisse Grenzerfahrungen bereitet und weitere erahnen läßt (siehe auch Tantrismus). Und wenn schließlich da die Utopie gelingt, daß wir einen geeigneten Partner zu finden, dessen Sehnsucht nach Manselbstsein sich mit der eigenen ergänzt, dann kann es zu den lebenslangen Grenzerfahrungen kommen, die alles übertreffen und wirkliches Manselbstsein bieten und für die allein es sich schon zu leben lohnt. Damit diese Utopie für jeden Menschen irgendwann einmal Wirklichkeit wird, dass wir dabei nicht vom ungewissen Zufall abhängig sind, ist Anliegen wirklichen christlichen Glaubens. Allerdings müssen wir uns schon dazu den Spielregeln dieses Glaubens (also den Zehn Geboten) unterwerfen, denn sie wollen uns schließlich von denjenigen Ängsten und Zwängen freihalten, die jegliches Manselbstsein schließlich doch wieder zunichte machen. Zu einer schönen Umsetzung der Idee vom Manselbstsein siehe die Freude von Mädchen an einem Nacktradeltag.

Eine Folge eines nicht gefundenen persönlichen Manselbstseins ist eine geheime oder auch offene Suche nach einer Identität in einer Gemeinschaft mit anderen Menschen.

Dies kann zu einem ganz starken Zugehörigkeitsgefühl zu einer bestimmten kleinen oder großen Gruppe führen, also zu einer Kultur (Volk, Nation, Religion) oder auch zu einer Berufsgemeinschaft, einer gesellschaftlichen Klasse, einer Leidensgemeinschaft oder gar einer Verbrechensorganisation. Gleichzeitig kann es damit zur Intoleranz gegenüber anderen Gemeinschaften kommen, denen man vielleicht sogar anlastet, daß man das ureigenste Manselbstsein nicht gefunden hat. Es bleibt zu überlegen, inwieweit daher etablierte Gemeinschaften, also auch Religionen, gar kein Interesse an einer wirklichen Selbstwerdung der Menschen haben - würden sich bei deren Gelingen nicht die Bindungen der Menschen an diese Gemeinschaften lockern? (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama)