REFERAT (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

REFERAT. Schüler berichteten mir, daß sie mit viel Engagement ein Referat vorbereitet und gehalten hätten, sie hätten auch eine gute Note bekommen, doch die Mitschüler hätte das alles offensichtlich kaum interessiert.

Ja, wie macht man ein Referat, das auch andere interessiert? Und nicht zuletzt kann ja ein Lehrer eine schlechte Note geben (siehe die Problematik über Abiturwissen), wenn ein Referat ganz offensichtlich bei den Mitschülern "ankam"!

Den kürzesten Tipp bekam ich bei einer Offiziersausbildung beim Bund: Wenn man etwas ansprechend gestalten will, muß zuerst einmal ein "Knüller" her, also mit irgendetwas anfangen, was Aufmerksamkeit erregt, was eine Provokation ist usw.

Natürlich muß das passen und darf nicht nach Krampf aussehen. Doch es gibt viele Möglichkeiten... Unter Umständen ein Witz, eine interessante Geschichte, ein Bild, ein Film, einen Bericht von einer offensichtlichen Ungerechtigkeit oder Unverschämtheit..  Wichtig ist eine gute Problemdarstellung und möglichst müssen dabei dann schon die Fragen von alleine auftauchen, die man ansprechen und beantworten will. Positiv ist vor allem, wenn irgendwelche Emotionen entstehen. Eben wie die Bildzeitung!

Und Du, lieber Referent, mußt Dir natürlich jetzt Gedanken machen, was der Knüller einer Sache ist! Frage Dich doch einmal, warum interessiert Dich das alles - oder auch nicht? Welches grundsätzliche Problem verbirgt sich hinter einer vielleicht eher vordergründigen Aufgabe? Oder warum hält das der Lehrer, der Dir die Aufgabe gegeben hat, für so wichtig?

Bei der Bearbeitung solltest Du Dir vielleicht auch bewußt machen: Hier liegt eine Chance für Dich, endlich einmal den Mund aufmachen zu dürfen! In Prüfungen mußt Du immer mehr oder weniger nachkauen, was der Lehrer Euch vorher beigebracht hat, doch jetzt bist Du dran, jetzt kannst Du sogar versuchen, ihm etwas beizubringen! Sinnvoll ist, wenn Du etwa den Hintergrund von etwas beleuchtest (oder auch die Kehrseite hervor holst) und daran den wirklichen Sinn oder die wirklichen Verhältnisse, die immer verschwiegen werden, schilderst... Natürlich brauchst Du dazu gute Argumente, gutes Material, gute Zitate....

Der Geheimtipp ist "eins dreißig"!

Beim Fernsehen wollen die herausbekommen haben, daß man etwas für den Fernsehzuschauer Neues und Ungewohntes so "verpacken" muß, daß das in einer Minute und dreißig Sekunden gesagt ist und rüberkommen kann. Länger hat der Normalmensch keine Zeit und keine Lust, sich mit etwas auseinanderzusetzen.

Allerdings heißt das natürlich nicht, daß man alles in einer Minute und dreißig Sekunden gesagt haben muß, doch das Problem muß in dieser Zeit so interessant angeschnitten sein, daß auch eine längere Aufarbeitung interessiert. Und man darf dabei auch nicht falsche Erwartungen wecken, dann fühlt sich nämlich der Zuhörer oder Zuschauer verkackeiert und verliert auch die Lust...

Hier einige Beispiele (natürlich denke ich als Religionslehrer erst einmal an etwas, was zumindest irgendwie mit Religion zu tun hat):

-     Wenn es um das Kastenwesen in Indien geht, kann man z.B. die Geschichte bringen (auch die entsprechenden Passagen vorlesen), wie der Großgrundbesitzer die Frau eines Kastenniedrigeren vernaschen will und durch seine Knechte denen die Fenster und Türen einschlagen läßt, um die zu erpressen. Da kann man schon vieles aufrollen... Man kann natürlich auch mit dem indischen Manager anfangen, der will, dass ihm sein deutscher Geschäftspartner die Autotür zumacht.

-     Beim Buddhismus kann man durchaus mit der Geschichte vom Embryozustand anfangen und die sogar vorlesen. Allerdings muß man das vorher mit dem Lehrer besprechen, weil dieser Weg etwas länger dauert. Die Geschichte dient sowohl als Illustrierung eines auch bei uns üblichen Themas (können die Frauen überhaupt treu sein?) als auch der Überlegung, was Menschen (und nicht nur Männer!) eigentlich für Schrott in ihren Köpfen haben. Gut ist immer, wenn man fair ist und den Schrott nicht nur bei anderen Völkern und Kulturen sieht und sich auch an der eigenen Nase packt nach dem Motto: Ist das bei uns alles so ideal, oder wie machen wir das?

-     Wenn es um die Beschneidung der Mädchen geht, wird man zwangsläufig darauf kommen, dass man sich in den Ländern, in denen das praktiziert wird, gar nicht vorstellen kann, dass Frauen moralisch sein können. Na ja, da gibt es wohl genug Gesprächsstoff, ob die dort nicht am Ende doch Recht haben… (basisreligion meint natürlich, sie haben nicht Recht, die Frauen sind sehr wohl moralisch, doch daran haben leider manche eben gar kein Interesse...)  Als Einstieg eigent sich der Buchauszug in dem Stichwort.

-     Der Hintergrund der Adam-und-Eva-Geschichte lässt sich durchaus mit dem Bild beim Stichwort Kamasutra einleiten: Was ist das eigentlich für ein Frauenbild, gegen das diese Geschichte geschrieben ist?

Es ist nicht rein zufällig, wenn ich Beispiele bevorzuge, die etwas mit Sexualität zu tun haben. Denn gerade hier wird vieles immer noch tabuisiert und es erregt schon Aufmerksamkeit, wenn man gegen Tabus angeht, da steckt oft eine Art Provokation dahinter, die gut ankommt. Allerdings unter allen Umständen: Das Beispiel muß passen und es muß eine wirkliche Unrechtssituation aufgegriffen werden! Bedenken wir bei alldem: Der Zuhörer möchte durchaus etwas lernen, doch nur etwas, was er - aus welchen Gründen auch immer - für sinnvoll hält (etwa weil ihm etwas längst als spanisch vorkam und er schon immer nach einer Lösung suchte) - er möchte vielleicht aufgeklärt aber nicht belehrt werden...

Nicht zuletzt habe ich ja auch versucht, das alles bei der Gestaltung dieser Website zu beherzigen, schließlich will ich ja Surfer ansprechen und halten, die absolut freiwillig kommen!

Andere „Geschichten“, mit denen ich gut angekommen bin und die gut als Einstieg dienen können, sind:

-     für das Thema Antisemitismus die Geschichte vom Judenauto (siehe unter Rassismus und Großstadtsagen) und auch den unter Nationalsozialismus zitierten Auszug aus „Mein Kampf“

-     wenn die Bibel als langweilig angesehen wird und für einen Einstieg in das Konzept basisreligion: die Erzählung von der Verführung der schönen Susanna durch die beiden Alten

-     wie im Namen von Religionen Menschen ausgebeutet, tyrannisiert und sogar ermordet werden: der Bericht Mark Twains von der Thag-Sekte (aber nur in Auszügen, ich habe noch keine Erfahrung mit dem Vorlesen, ich habe immer nur davon erzählt)

-     zur Ehemoral den Auszug aus Thomas Morus´ „Utopia“, hier im Stichwort Mittelalter

-     zum Hexenwahn den Auszug aus Friedrich von Spees „Cautio Criminalis“

Gerade Texte mit sexueller Thematik kann man eigentlich nur vorlesen – und unbedingt deutlich darauf hinweisen, dass es sich um Originaltexte handelt!

Oder gibt es ein Thema für ein Referat, das eigentlich auch in diese Website gehört, doch noch nicht enthalten ist?

Ja, was kann man da machen? Vielleicht einen Tipp an basisreligion geben, etwas zu dem Thema zu sagen, oder das eigene Referat selbst ins Internet stellen und um einen Link darauf nachfragen (unter KONTAKT)?

(Wörterbuch von basisreligion und basisdrama)