LETHARGIE (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

LETHARGIE ist der Zustand hochgradiger Teilnahmslosigkeit, bei der auch alle Ansätze einer Veränderung abgeblockt werden. Und nach und nach ergreift diese Teilnahmslosigkeit alle anderen Bereiche als die, wo sie begonnen hat. Wir kennen das Problem aus der Wirtschaftskrise Ende der 20er Jahre: Viele Industriezweige lagen brach, weil manche Fabriken keinen Absatz hatten, daher erhielten deren Arbeiter keinen Lohn und wurden entlassen, deswegen konnten sie nichts kaufen, wodurch andere Fabriken nichts mehr herstellen konnten, was neue Entlassungen von Arbeitern zur Folge hatte usw., ein Teufelskreislauf.

Einen durchaus vergleichbaren Zustand haben wir heute gerade in den wichtigsten persönlichen Fragen, so etwa bei dem Problem junger Menschen, später einmal eine gute und dauerhafte Ehe zu führen. Das sei Schicksal, sagen die jungen Menschen, da könne man sowieso nichts machen.

Lethargie gibt es auch, wenn es um das ausgesprochene Böse geht: Da man vermeintlich etwa bei Triebverbrechen wie bei Vergewaltigung ohnehin nichts machen kann, lohnt es sich auch gar nicht, jungen Menschen Strategien beizubringen, um sich erfolgreich dagegen zu wehren.

Und um die Verbrechen zu bekämpfen, wird schließlich der Ruf nach Todesstrafe laut. Bedacht wird dabei gar nicht, daß die letztlich doch nicht die vorhandenen Probleme löst und schließlich nur erneute Gewalttätigkeit ist.

Von der Lethargie profitieren wenigstens zunächst einmal durchaus auch die Religionen, denn so können sie am besten ihre Versprechen auf ein Lebennach dem Tod oder auf Wiedergeburt “an den Mann – oder an die Frau – bringen”, zumindest nach dem Tod soll es besser werden.

Allerdings wird die Lethargie irgendwann auch die Religionen treffen, denn die Menschen fragen sich natürlich, ob deren Vertröstungen stimmen - und schon bei ein wenig Aufklärung laufen sie in Scharen davon.

Modell einer Belebung der Wirtschaft nach John Maynard Keynes (1883-1946)

Der wohl bedeutendste Wirtschaftswissenschaftler des 20. Jahrhunderts hat das berühmte "Flaschenmodell" entworfen, wie der Staat in einer solchen Situation der Lethargie die Wirtschaft wieder "ans Laufen kriegen" und dabei selbst gesunden kann: Und zwar könnte der Staat Arbeiter beschäftigen, die ein Loch graben, darin Flaschen verbuddeln und das Loch wieder zuschütten - und dafür mit gedrucktem Geld bezahlt werden. Wichtig ist gar nicht einmal, daß die Arbeiter eine nützliche Arbeit tun, sondern daß sie einfach dabei Schweiß vergießen, daß das Geld einfach nicht so ohne weiteres zu bekommen ist, daß also Vertrauen in dieses Geld entsteht. Und weil Vertrauen in dieses Geld besteht, wird man den Arbeitern auch etwas für ihr Geld verkaufen. Das reizt dann die Besitzer aller möglichen Fabriken, wieder etwas produzieren zu lassen, sie stellen also wieder Arbeiter ein, die sie bezahlen, und diese Arbeiter können jetzt ihrerseits etwas kaufen - und so kommt der Wirtschaftskreislauf wieder in Gang. Und der Staat kann wieder Steuern kassieren und kann das gedruckte und eigentlich wertlose Geld sozusagen wieder aus dem Verkehr ziehen und durch gutes Geld ersetzen. (Es war fast schon eine Tragik, daß genau dieses Modell zu Beginn der Diktatur Adolf Hitlers sehr gut funktioniert hatte dank seines hervorragenden Wirtschaftsministers Hjalmar Schacht <1877-1970>, der mit dem "gedruckten Geld" <es funktionierte allerdings ein wenig anders> natürlich nicht sinnlos Flaschen verbuddeln ließ, sondern die Autobahnen und die Rüstung finanzierte, wodurch Hitler so nebenbei auch die wirtschaftliche Basis erhielt für seinen späteren Krieg. <Doch noch vor dem Krieg geriet Schacht mit Hitler und Göring in Konflikt und trat von seinem Amt zurück.> Heute wird das Keynes´sche Modell nur abgeschwächt verwendet, das Messer ist irgendwie stumpf geworden, etwa wegen der Globalisierung.)

Doch das Problem der Lethargie ist auch das unseres Glaubens und der Moral!

Auch ein recht verstandener diesseitiger christlicher Glaube birgt genügend Chancen einer Änderung. Mit genaueren Tater-Opfer-Analysen können wir etwa Wege erkennen und in die Wirklichkeit umsetzen, schließlich die möglichen Opfer so stark zu machen, daß es vor allem erst einmal keine Opfer mehr gibt, die später zu Tätern werden können. Im Grunde ist es gleichgültig, wo der Teufelskreislauf Täter-Opfer-Täter unterbrochen wird, Hauptsache es geschieht etwas. Und es ist doch Bedarf da - siehe etwa das Gespräch 40 zwischen einem 12jährigen Mädchen und dem Webmaster. Machen wir uns bewußt, daß der Egoismus des Menschen mitnichten in erster Linie auf Negatives ausgerichtet ist, das Gute muß nur attraktiv genug dargestellt werden und vor allem spannend sein!

Und zum Glauben: Wir wissen, daß wir etwas falsch machen, wir haben erforscht, daß der Jesus, den wir verkündigen, nicht der richtige ist (siehe Kerygma), wir jammern über die schwindenden Wertvorstellungen heute, wir kennen von der Plausibilität erfolgversprechende Ansätze, uns laufen die Menschen weg - und wir ändern uns trotzdem nicht. Wenn das nicht Lethargie ist! Dabei gibt es gerade in solchen Situationen der Lethargie große Chancen einer Änderung! Nach der Chaostheorie reichen mitunter kleinste "Luftbewegungen", wie sie der Flügelschlag eines Schmetterlings erzeugen kann, schließlich einen Sturm zu entfachen und irgendwann eine radikale Änderung zu bewirken: Das ist die Chance der Mutigen und Fleißigen, und selbst wenn sie zumindest zunächst einmal noch so unbedeutend scheinen! Nur typische Besserwisser haben natürlich immer Bedenken und sehen nie die Chancen, die sich bieten! (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama)