KINDERTAUFE (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

KINDERTAUFE. Wenn meine Schüler bisweilen gegen die Kindertaufe protestieren, daß es wohl doch unzulässig sei, unmündige Kinder, die sich nicht wehren könnten, auf eine bestimmte Religion festzulegen, dann picke ich mir etwa ein besonders engagiertes Mädchen heraus und frage es, was es lieber gehabt hätte, als unmündiges Kind "beschnitten" zu werden (um auf diese Weise moralisch zu leben) oder eben mit Wasser übergossen zu werden mit ein paar religiösen Segenssprüchen (damit die Moral auf diese Weise zustande kommt).

Die Taufe zunächst einmal durchaus als Gegenritus zur Beschneidung der Mädchen.

Ich bekomme dann immer die Antwort, daß es die Taufe doch vorziehen würde. "Na sehen Sie", beruhige ich das Mädchen dann, "so - und nur so - müssen Sie die Taufe sehen: als Gegenritus gutwilliger Eltern, die sich einer neuen Religion anschließen, gegen die Beschneidung der Mädchen - und die Jungens brauchen die Taufe natürlich auch, schließlich muß die Moral ja zur Sache beider Geschlechter werden. Vermutlich war also die Taufe von Anfang an eher eine Kindertaufe!" Dieses Argument macht die jungen Menschen tatsächlich "zufriedener" mit ihrem Schicksal, ohne ihren Willen getauft zu sein... (Zum Problem, daß christliche Mädchen in Ägypten und im Sudan außer der Taufe auch noch beschnitten werden, siehe unter doppelt gemoppelt!)

Doch bei uns werden ja keine Mädchen beschnitten, wo soll also der Sinn für uns sein? Ist also heute bei uns alles veraltet?  

Mitnichten! 

Die Taufe als erster Schritt im Leben eines Menschen in einem ethisch-rationalen Konzept unseres christlichen Glaubens.

Da gibt es diese Geschichte von dem überzeugten atheistischen Redakteur bei der bedeutenden marxistischen englischen Zeitung. Als sich dort eine seiner Kolleginnen damit brüstete, daß sie von Kondomen und Pille nichts hielte, daß sie vielmehr "zur Lösung des Problems" halbjährlich eine Ausschabung machen ließe, war unser Redakteur doch etwas geschockt. Noch mehr ging ihm nahe, als er bei einer Demonstration eine andere Kollegin wegen ihres Engagements so bewunderte, daß er sie sich sogar als eigene Partnerin vorstellen konnte, doch dann sah er, wie sie mit einem Kollegen abzog, jedoch nur zu einem "Abendvergnügen" oder eben zu einer Affäre. - Irgendwann fand er dann irgendwo eine Frau und heiratete. Als er mit dieser eine Tochter bekam, konvertierte er zur katholischen Kirche. Warum - und warum gerade zu der? Ganz einfach: Er suchte sich mit seiner Frau die seiner Meinung nach in der Moral strengste Kirche. Denn beide mochten sich nicht vorstellen, wie ihre Tochter später einmal mit solchen geilen und im Grunde gleichgültigen und verantwortungslosen Männern "rummachte", wie sie sie kannten, und wollten  - angewidert vom Verhalten der erwähnten Kollegin -  irgendwie Vorsorge treffen, damit ihre Tochter ein Lebenskonzept mitbekäme, damit sie später nicht auch solche "wilden Auffassungen" bekäme. 

Dieser Grund, katholisch beziehungsweise Christ zu werden, ist vermutlich genau der der Konvertiten in der Urkirche. Und hier ist demnach auch der Ursprung der Kindertaufe zu suchen (unter Taufe wurde darauf hingewiesen!): Junge Menschen sollen - ganz unabhängig von der Einstellung und der Lebenspraxis der Eltern -, es in ihrem eigenen Leben einmal anderes zu machen und dazu das geistige Rüstzeug erhalten, von Sünde frei zu bleiben, was nichts damit zu tun hat, daß sie später einmal nicht die Sexualität genießen sollen, es geht eben um den Rahmen von Gebrauch und Mißbrauch!

Etwas besonders Wirksames im Hinblick auf die wirkliche Freiheit und Emanzipation von jungen Leuten und gerade von Mädchen kann eine Macho-Gesellschaft natürlich nicht ertragen, daher Umfunktionierung! Und wie das bei Religionen so üblich ist: ins Magische!

Leider muß ich immer wieder feststellen, daß in unser Kirche - und auch in den übrigen christlichen Kirchen - das alles heute anders gesehen wird (siehe Sittenverfall und Dekadenz), das Salz hat seine Kraft verloren...

An uns liegt es, die Taufe wieder in ihrem ursprünglichen Anliegen einzusetzen und in ihr eine Aufforderung zu sehen, vor allem die getauften Kinder mit allen denjenigen Informationen so rechtzeitig zu versorgen, damit sie ihre Einheit von Leib und Seele auch wirklich anstreben können (siehe Kairos, Paten). Ja, die Informationen sind sowieso das wichtigste bei allem, und wenn die gegeben sind, kann notfalls vielleicht auf die Taufe überhaupt verzichtet werden. Jedenfalls wäre die Information nicht zuletzt die Aufgabe einer Kirche, die sich am Anliegen Jesu ausrichtet!

(Wörterbuch von basisreligion und basisdrama)