VERSUCHSKANINCHEN (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)


VERSUCHSKANINCHEN. „Mit Menschen macht man keine Experimente, und was du in dieser Website willst, das sind genau solche Experimente – und die sind nun einmal nicht erlaubt und daher geht das alles nun einmal nicht!“ Ganz so direkt wird es zwar in diesem Zusammenhang nicht gesagt, doch ich habe das in einem anderen Zusammenhang schon zu hören bekommen.

Medizinische Experimente mit Menschen sind tatsächlich ein Problem, doch wir vergleichen hier Äpfel mit Birnen.

Vor allem wenn wir an Menschen neue chemische Substanzen ausprobieren, vor allem wenn es darum geht, um zu sehen, was passiert, ohne dass eine medizinische Notwendigkeit vorliegt, dann ist das gewiss problematisch und unethisch. Wir denken hier vor allem an die pseudowissenschaftlichen Versuche in den KZ´s mit Zwillingskindern und anderen Menschen.

Doch wenn man kranken und offensichtlich in ungesunden Verhältnissen und sich ungesund ernährenden Menschen empfiehlt, sich anders zu verhalten und anders zu ernähren, dann bringt man ja auch etwas Neues, dann macht man ja auch Experimente, und die sind wohl doch nicht nur nicht verboten, sondern schlicht und einfach das Normale? Denken wir an die Wasserfeindlichkeit in den ersten Jahrhunderten der Neuzeit („Wasser verdünnt ja angeblich die Körpersäfte und schädigt damit den Organismus!“), an den Bewegungsmangel vieler Menschen („Sport ist Mord“), an die ungesunde Ernährung vieler Menschen („Fleisch ist das beste Gemüse“), an die Rechtfertigung so mancher täglicher Drogen („wenn ich nicht rauche, dann nehme ich zu“) usw. Früher meinte man ja auch, dass Säuglinge sich nicht bewegen dürften, sondern fest eingeschnürt werden müssten, oder dass es nichts ausmacht, wenn sich Ärzte, die an Leichen herumsezieren, vor ihrer Arbeit bei der Geburtshilfe nicht genügend die Hände zu waschen brauchten (siehe etwa http://de.wikipedia.org/wiki/Ignaz_Semmelweis).

Und wenn jetzt ein Arzt empfiehlt, sich anders zu verhalten, also keine Angst vor frischem Wasser zu haben, vernünftig Sport zu treiben, sich ausgewogen zu ernähren,  nicht zu rauchen – oder eben dass sich die entsprechenden Ärzte die Hände waschen, plädiert der denn da auch für „Experimente mit Menschen“?

 

Und Experimente im pädagogischen Bereich sind nun wirklich das Normale und absolut notwendig!

Machen nicht alle Eltern, die mit ihren Kindern etwas anderes versuchen, als das, was ihre eigenen Eltern mit ihnen einmal gemacht hatten und was sie im Nachhinein nicht gut fanden, nicht auch „Experimente“? Und sind solche Experimente nicht immer wieder unbedingt notwendig?

Müssten nicht wir (oder die Eltern in andere Kulturen) nicht auf nun wirklich offensichtlich unsinnigen und sogar kriminellen pädagogischen Gepflogenheiten beharren, wenn keine Experimente sein dürften?

Denken wir doch einmal:

-     die Prügelstrafe musste einfach doch irgendwann einmal abgeschafft werden

-     natürlich gibt es sogar für die Sklaverei von Menschen Begründungen, doch erst recht sie muss einfach einmal aufhören

-     die Beschneidung der Frauen kann doch nicht ewig so weiter gehen

-     die Freiheit des Menschen ist doch einfach eine Notwendigkeit – also weg von arrangierten Ehen und vorgeschriebener Berufswahl

Doch mit einer einfachen Abschaffung von allen solchen Einengungen der Menschen ist es gewiss nicht getan, denn dann hätten wir ja die Situation eines Wettrennens zwischen körperlich gesunden und körperlich behinderten Menschen, und in einem Rennen zwischen Menschen mit zwei gesunden Beinen und Einbeinigen gewinnen die Gesunden nun einmal immer! Das heißt, bei einer einfachen Befreiung wären die bisher unterdrückten und bevormundeten Menschen immer benachteiligt (und damit hätten die bisherigen Unterdrücker ein Argument, dass der „dumme und primitive Pöbel“ einfach nicht zu wirklicher Emanzipation fähig ist…).

Wir können also Menschen einfach nicht dumm und sonst wie belassen, denn dann verlieren sie immer gegen die cleveren und rücksichtslosen. Und hier sind natürlich „Experimente“ nötig, wenn es darum geht, bisherige nachteilige Traditionen, die mit der Unmündigkeit und Abhängigkeit von Menschen zusammen hängen, zu überwinden!  Und diese „Experimente“ sind nicht nur erlaubt, sie sind einfach notwendig!

 

Es kann also nicht schlecht sein, wenn wir Konzepte entwickeln, um Dummheit und sinnlose Ängste zu überwinden.

Und zu diesen Benachteiligungen von Menschen gehören nun einmal:

-     die Lügen, die gerade jungen Menschen innerhalb der Religionen von Jugend an beigebracht werden und mit denen ihnen doch nur ein über-ich-gesteuertes Gewissen  anerzogen wird, das letztendlich von jedem Böswilligen leicht manipuliert werden kann

-     die Ängste, mit denen man glaubt, Menschen vom Bösen fernzuhalten und „gut“ zu machen – auch hier kommt es doch nur zu einem über-ich-gesteuerten Gewissen mit den bekannten Risiken

Und wenn solche Veränderungen hin zu einem besseren Realitätsbewusstsein und zu rationaler Furcht „Experimente mit Menschen“ sind, dann sind sie vollkommen in Ordnung und jeder, der gegen solche „Experimente“ ist, ist im Grunde direkt böswillig!

Natürlich müssen diese Änderungen angemessen und pädagogisch sinnvoll geschehen. Und man sollte nur über das „Wie“ diskutieren – und nicht über das „Das“.

(Wörterbuch von basisreligion)