JUDENSEIFE. Am Dreikönigstag 2006 kam der Prediger in der Jesuiten- oder Universitätskirche Wien (als Musik gab es in der triumphalen Barockkirche die Krönungsmesse von Mozart) darauf zu sprechen, dass sich die Weisen aus dem Morgenland bei ihrer Suche nach dem Jesuskind nicht abwimmeln ließen, sie hörten nicht auf, weiter zu fragen, bis sie wussten, was sie wissen wollten. Und dabei kam er auf ein Thema aus unserer Vergangenheit zu sprechen, bei dem Menschen einfach nicht weiterfragten. Er erzählte von einer Tante, die ihm berichtet hatte, dass es um 1940 herum eine grünliche Seife gab, eine so genannte Judenseife, von der eine Lehrerin sagte, dass sie aus Knochen von Juden hergestellt werde. Zwar sei die Lehrerin eines Tages verschwunden gewesen, doch man hinterfragte damals sozusagen nichts in dieser Richtung, und wenn, dann ließ man sich abwimmeln. Hätte man aber etwas mehr nachgefragt, hätte man vermutlich schon einiges erfahren (selbst wenn das mit der Seife aus den Judenknochen nicht stimmte, aber es gab ja auch sonst Indizien, dass mit den Juden etwas geschah, was nicht in Ordnung war) - und man hätte Stellung beziehen müssen. Ja, wie steht man dazu, was da passiert, macht man mit oder engagiert man sich dagegen. Aber man verdrängte einfach, die einfachste und bequemste Methode, ein Problem abzuhaken. (Der Prediger kam auf die Alternative "verehren oder umbringen", oft gibt es nur diese beiden Möglichkeiten - und damit war er wieder beim Anlass des Dreikönigsfestes: Die drei Weisen verehrten, König Herodes brachte um - nehmen wir diesmal die Bibel so, wie sie erzählt wird...) Auch die Sexualität ist für uns so eine Art Judenseife. Wir wundern uns heute, wie die Anthropologin Margaret Mead bei ihren Forschungen zum Sexualverhalten der Südseeinsulaner so blind oder gar blauäugig sein konnte. Sie sah dort nur den ungezwungenen Umgang von Kind an, eine aggressions- und repressionsfreie Idylle, auch in den Dingen der Sexualität - und irgendeine weitere Wirklichkeit, die dann gar nicht so gut aussah, sah sie einfach nicht. Heute wissen wir, dass die Idylle dort gar nicht so toll ist, dort gibt es eine außerordentlich hohe Selbstmordrate, eine besonders ausgeprägte Aggressivität, häufige Vergewaltigungen, grausame Bestrafungen, steigende Kriminalität. Der samoanische Sexualcodex ist äußerst restriktiv, Ehebruch endet nicht selten im Krankenhaus oder Gefängnis, Ehefrauen strangulieren die Geliebten ihrer Männer usw. - siehe auch Anthropologie und insbesondere den Beitrag des Erfurter Ethnologen Wolf Wagner http://www.fh-erfurt.de/so/wagner/1eufsitz03trobriander.html . Und wenn ich mir die Beobachtungen zum Umgang mit der Sexualität bei uns heute - und auch der von früher Jugend an - ansehe, dann scheint da nur reiner Sonnenschein zu sein! Irgendwelche negativen Aspekte sind alle nur Miesmacherei einiger Ewiggestriger. Dabei gibt es doch einige Indizien, dass einiges doch gar nicht so wunderbar ist:
Nein, die jungen Leute werden merkwürdigerweise nicht stutzig, obwohl da einiges offensichtlich ist – es ist eben wie beim Thema Judenseife. Sie wollen nicht nur einfach nicht näher hinsehen, denn das könnte ja Konsequenzen bedeuten, sondern sie werden oft sogar noch ausgesprochen grantig, wenn man sie auf die Problematik aufmerksam macht. Nicht zuletzt geht es hier ja auch noch um Vermeidung von eigenem Schaden und nicht wie bei der Judenseife um den Schaden anderer. Aber die Sache mit dem Sex vor der Ehe ist eben inzwischen zu einem Mythos geworden, zu einem Dogma, zu einer Art Sinn des Lebens - und wer läßt sich schon gern seinen Sinn des Lebens wegnehmen, und wenn alles das noch so hohl ist und die Grundlagen längst widerlegt sind? Dabei könnte es ja durchaus eine unverklemmte und attraktive Partnerschaftsmoral ohne Heuchelei und ohne Langeweile geben! Und über die wird dann auch nirgendwo mehr negativ geredet - wenigstens nicht von vernünftigen Leuten! Es sieht so aus, als ob die Ursache des Problems Judenseife ganz allgemein die Tabuisierung und eine ausgesprochene Gehirnwäsche ist, die wir in unserem Kulturkreis seit frühester Kindheit erleben. Dabei könnten Menschen, die von Kindheit an (siehe Kairos) angemessen und realitätsgerecht erzogen würden, ihre Sachen durchaus bewusst und erfolgreich in ihre Hände nehmen. (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama) Computer-Übersetzung des Buchs HONESTY AND FUN WITH THE MORALITY ins Englische unter ! |