17. Selbsterzeugte Superdroge Antistreßhormon

 

Beatrix: Ich habe mir einmal überlegt, warum das so irre war, was ich damals mit dem Freund da getrieben oder besser eben nicht getrieben habe. Irgendwie war das ja schon verrückt, wie kaltblütig wir dabei geblieben sind. Immerhin war das Bett wenigstens so breit, daß es nur eher “Zufallsberührungen", jedoch keine “Zwangsberührung" gab. Ein anderes Mal hatte mein Freund wohl eine so wahnsinnige Spannung, daß er mich so richtig bis zur Erschöpfung durchmassiert und sogar richtig durchknetet hatte – auch das war für mich ganz toll.

Martina: Ich habe einmal gehört, daß das gegenseitige Lausen bei den Affen weniger wegen des Ungeziefers geschieht, sondern mehr aus sozialen Gründen. Die zeigen sich damit ihre Zuneigung und wohl mehr noch ihr Vertrauen. Vielleicht entspricht das, was du da sagst, dem?

Beatrix: Das könnte sehr gut sein, schließlich sind wir mit den Affen ja verwandtschaftlich nicht so weit auseinander. Was bei den Affen einen Wert hat, warum sollte etwas Vergleichbares nicht auch bei uns Menschen einen Wert haben? Und ich glaube auch, daß das alles kein Problem wäre, wichtig ist nur, daß bei uns dabei nicht die “eigentlichen" speziellen weiblichen oder männlichen Teile berührt werden und man sich dadurch gegenseitig wehrlos im Hinblick auf den Geschlechtsverkehr macht. Erstaunlicherweise geht das auch recht problemlos in der Praxis und es scheint von der Natur her gar keinen besonderen Trieb zu geben, “dort" hinzulangen. Wo wir schon einmal bei den Tieren sind: Du hast doch sicher einmal einen Hund gekrault, den faßt man dabei doch auch nicht “überall" an. Und natürlich darf es bei dieser ganzen Gefälligkeit auch zu keiner Befriedigung kommen, daher hat auch jegliches Berühren “von Vorderseite zu Vorderseite" tabu zu sein. Denn dann kommt ja wieder genau das ins Spiel, was alles durcheinander bringt. Der Trick dabei ist ja gerade, daß da Menschen zusammen sind, die eigentlich gar nicht richtig zusammen gehören, doch die sich als zuverlässig eingestuft haben und die das nur aus “Spaß an der Freude" machen.

Es ist ja auch normal, daß man irgendwann dann auch so einschläft - vor Erschöpfung. Und irgendwie konnten wir schon am nächsten Morgen darüber lachen - und es war selbstverständlich, daß wir genau das und nicht mehr bei nächster Gelegenheit wiederholt haben.

Martina: Komisch, das muß doch ein unwahrscheinlicher Streß für euch beide gewesen sein.

Beatrix: Na klar. Aber das war ja vermutlich gerade der Kick! Vom ersten Ministerpräsidenten Indiens, Ghandi, wird so etwas berichtet. Die Mädchen sollen sich förmlich nach dem gerissen haben, obwohl der schon alt war.

Der Grund für diese Anziehungskraft ist vermutlich der: In einer stressigen Situation versucht unser Körper automatisch, sich selbst zu helfen. Und dafür bildet er Anti-Streß-Hormone. Und diese Anti-Streß-Hormone, auch Endorphine genannt, sind im chemischen Aufbau wie Drogen und haben auch eine ähnliche Wirkung. Wir können also sagen, daß in einer bewußt gesuchten Streßsituation der Mensch sich sozusagen selbst unter Drogen setzt. Und die eigenerzeugten Drogen sind immer noch die unerreicht besten, alles andere ist letztlich doch nur toter chemischer Ersatz, der Geld kostet, dich von Geschäftemachern abhängig macht und Kopfschmerzen bereitet!

Martina: Du meinst, dann wären die ganzen Drogen überflüssig?

Beatrix: Und ob - vermutlich bis hin zu den Zigaretten! Warum sollte uns nicht die Natur die Chance gegeben haben, daß wir die für uns passenden Substanzen, und zwar genau die richtigen, die uns so richtig “high" machen, selbst in unserem Körper produzieren? Wir stehen heute doch so auf Natur, komisch, daß das nun auch wieder niemand so genau wissen will.

Martina: Und wenn das Zusammensein nicht so aufregend ist, ich kann mir nicht vorstellen, daß junge Mädchen mit so einem alten Ministerpräsidenten noch Spaß haben?

Beatrix: Dann ist es eben die Harmonie mit einem klugen Menschen - auch von daher kommt es ja zur Bildung von Hormonen.

Martina: Ist das mit den Hormonen, die da bei Streß produziert werden, nicht dasselbe, wie bei der Mutter, deren Kind unter ein Auto gekommen ist und die dann sozusagen übermenschliche Kräfte entwickelt und das Auto sogar hochheben kann, um das Kind hervorzuholen?

Beatrix: Vermutlich, doch da gibt es ein passenderes Beispiel: Mir haben einmal zwei junge Leute geschildert, wie sie in den südamerikanischen Anden Hochgebirgstouren in Höhen so ab 5000 m machen. Sie berichteten mir etwa, daß sie am liebsten keine Träger dabei hätten, sondern alleine gingen und zwar auch für mehrere Tage. Da nun ich schon bei 4000 m Höhe auch ohne Gepäck Atemprobleme habe, habe ich verwundert gefragt, wie sie das denn schafften, denn sie müßten ja wohl über 20 kg jeder tragen. Ja, erfuhr ich, bei “seinem" Gepäck sei das Anfangsgewicht 30 kg und bei “ihrem" 25 kg. Und dann wurde mir Näheres geschildert, zum Beispiel könnten Menschen ganz allgemein ab 5500 m Höhe nachts überhaupt nicht mehr richtig schlafen, sie würden in ihren Biwakschachteln nur noch so dem Morgen entgegendämmern und der Körper würde sich gar nicht mehr richtig erholen. So eine Hochgebirgstour ist also eine einzige Schinderei und also auch ein richtiger Streß - und das in den Ferien. Und was machen meine Gesprächspartner wohl in den nächsten Ferien?

Martina: Vermutlich dasselbe. Da dreht sich das wohl auch um ein Anti-Streß-Hormon und dessen Wirkungen.

Beatrix: Ja, wie bei der bewußten und konsequenten Enthaltsamkeit. So viele grundsätzliche unterschiedliche chemische Reaktionen gibt es wahrscheinlich im menschlichen Organismus gar nicht. Auf alle Fälle spürst du deine Sexualität viel bewußter und intensiver, als wenn du gerade nur so eine Liebesaffäre abwickelst oder konsumierst. Das dauert doch allenfalls eine halbe Stunde und wird möglicherweise auch noch von einem schlechten Gewissen beeinträchtigt, weil du dich doch nicht so recht von deiner überkommenen Erziehung frei machen kannst. Doch so ein Anti-Streß-Erlebnis dauert bis zum Einschlafen vor Erschöpfung eben vielleicht vier oder fünf Stunden - das ist doch klar, daß dabei dann viel mehr Hormone gebildet werden und wirken können und daß so etwas auf die Dauer unvergleichlich faszinierender ist!

Martina: Aber ist Streß nicht schädlich für die Gesundheit ganz allgemein?

Beatrix: Nach neuesten Forschungen ist derjenige Streß, der von Erlebnissen oder Ereignissen herrührt, die seelische Dauerprobleme bringen, tatsächlich schädlich. Doch der Streß, der Spaß macht und gesucht ist und keine Probleme hinterläßt, weil er unmittelbar nach der stressigen Situation wieder zu Ende ist, der ist sogar notwendig für unser seelisches Wohl und sogar äußerst positiv für unsere Gesundheit. 

Martina: Und du meinst, das trifft alles auf die Erfahrungen mit dem Anti-Streß-Hormon zu?

Beatrix: Natürlich, eine übliche “Erfahrung" mit all ihren negativen Nebenwirkungen ist das ja nicht, die Jungfernhaut ist auch nicht annähernd berührt worden - und Pille oder Kondome braucht man auch nicht, weil man davon gar nicht schwanger werden kann, eine Aids-Gefahr gibt es dabei nun wirklich nicht und man braucht sich auch nicht den Kopf zu zerbrechen, was man dem “nächsten" erzählt, mit dem einen vielleicht wirkliche Liebe verbindet und den man als Partner fürs ganze Leben haben möchte.

Martina: Mit den Hormonen das wäre ja eine phantastische Idee.

Beatrix: Denk einmal daran: Vermutlich sind wir Menschen auf die Produktion irgendwelcher Hormone in diesem Bereich sogar angewiesen, wir brauchen sie wie die Tulpenzwiebeln den Kälteschock zum Gedeihen und Erblühen der späteren Pflanze. Bei uns Menschen bilden die sich automatisch, wenn wir uns entsprechend verhalten.

Wir haben dabei dann die Chance der Wahl: Entweder diejenigen Hormone, die bei bewußter Enthaltsamkeit gebildet werden, oder diejenigen, die mit der Befriedigung zusammenhängen. Und wenn du die “Enthaltsamkeitshormone" in dir nicht zuläßt und es daher auch gar nicht zu einem Effekt der Immunisierung damit bei dir kommen kann, dann werden sich bei deiner Kontaktfreudigkeit mit allen möglichen Leuten automatisch irgendwann ganz plötzlich und unerwartet die anderen ins Spiel drängen. Laß es dir gesagt sein, die kommen mit derselben Sicherheit wie der nächste Sommer kommt und nur zu oft scheint Folter gar nichts dagegen. Es hat einmal einer gesagt, daß wir den Versuchungen nicht widerstehen, weil wir so stark sind, sondern weil die Versuchungen so schwach sind.

Martina: Du meinst also, modern ausgedrückt, daß ein “Abschalten" der Hormone nicht geht, aber ein “Umprogrammieren"?

Beatrix: Das ist sehr schön ausgedrückt! Und ich garantiere dir, daß - wenn dieses Umprogrammieren dir nicht gelungen ist - du es dann nämlich nicht schaffst, deinen Hormonen noch zu widerstehen oder sie zumindest bewußt zu kontrollieren. Sage dann aber bloß nicht, daß “Erfahrungen" sein müßten - denn du hast ja gar nicht diejenigen Chancen wahrgenommen, die zu rechter Zeit durchaus da waren. Frag doch einmal alle diejenigen, die von solchen angeblich notwendigen Erfahrungen reden, wie und ob sie sich überhaupt vorbereitet  hatten.

Martina: Vielleicht bin ich zu alledem tatsächlich zu schissig.

Beatrix: Und genau diese Schissigkeit zu überwinden, das bringt zusätzliche Spannung, das ist das Salz in der Suppe, was man letztlich auch im Leben braucht. Die meisten Mädchen fangen ihre enttäuschenden Abenteuer nämlich nicht an, weil sie geil danach sind, sondern aus Hormonmangel - oder zu deutsch: weil es ihnen zu langweilig ist und weil die Langeweile schlimmer zu ertragen ist als die Vorstellung reinzufallen. Du kennst doch das Sprichwort vom Esel, der aufs Eis tanzen geht, weil ihm zu wohl ist, der also ein lebensgefährliches Risiko eingeht. Das wissen auch die Casanovas, die sowieso die besseren Psychologen sind, und die haben dich damit dann voll in der Hand.

Und wenn du da nicht mitmachen willst, mußt du unbedingt etwas anderes Spannendes kennen und machen - und zwar genau auf dem Gebiet, um das es sich dreht. Denn nur, wenn du auch tatsächlich etwas gemacht hast, hast du ja den absoluten Vorteil, daß du ja weißt, wie phantastisch das ist, daß du dich dabei wie zu Hause fühlst, daß du selbst absolut cool dabei bleiben kannst - und du weißt auch, wer hier die Probleme hat. Oder bist du etwa selbst so langweilig, daß du immer und zu allem Animateure brauchst?

Martina: Ich überlege immer noch, ob man sich das so einfach zutrauen kann, woran kann man das vorher wissen, ob man das schafft...

Beatrix: Dafür muß man sich eben schon beizeiten vorbereiten und dafür sorgen, daß du nicht von deiner Sexualität eines Tages überrumpelt werden kannst.

Martina: Viele sagen, daß die Selbstbefriedigung da eine gute Methode ist, sich selbst und dabei vor allem den eigenen Körper kennenzulernen.

Beatrix: Das ist nun wirklich kompletter Unsinn! Ich vermute, das sagen nur die, die einen allgemeinen menschlichen Grund dafür suchen, damit sie nicht alleine dastehen. Weißt du, was man da lernt? Geil auf Sex zu werden und ihn stumpfsinnig und ohne Beziehung zu einem anderen zu konsumieren, das ist alles. So fängt's nämlich an, sich selbst auf Befriedigung hin zu programmieren. Und weil Befriedigung für sich allein im Endeffekt doch nicht das Wahre ist, sucht man sich dann jemanden, mit dem man das gegenseitig macht, und auch dann bleibt es beim geistlosen Konsum. Zum Erlebnis des Anti-Streß-Hormons und einem schönen Gefährtesein kommst du jedenfalls damit nie, da drängt sich dann doch immer wieder die Sehnsucht nach Befriedigung ins Spiel...

Martina: Also soll man eher verklemmt sein?

Beatrix: Daß der vernünftige Mittelweg immer so schwer ist! Dabei ist der hier doch ganz einfach und natürlich: Du müßtest schlicht und einfach schon längst vorher lockerer und unbefangener werden im Hinblick auf die Nähe anderer und auf die Nacktheit und dabei jegliche Verbindung mit Befriedigung aus deinem Denken verbannen. Damit machst du doch auch gar nicht einmal etwas Besonderes - oder glaubst du, daß die Menschen in den warmen Ländern, die bei den Naturvölkern nackt herumlaufen, deswegen pausenlos Sex im Kopf haben?

Martina: Das hieße dann ja auch, daß junge Menschen gut und gerne mit dem Intimsein warten könnten, bis sie denjenigen Partner haben, mit dem sie auch eine Familie haben wollen, also bis zur Ehe? Und daß alles bis dahin nicht nur nicht langweilig zu sein braucht, sondern gerade besonders rasant?

Beatrix: Da kannst du einmal sehen, wieviel mehr man aus sich herausholen kann, wenn man über alles so richtig nachdenkt und sich ein vernünftiges Konzept macht.

Martina: Und Verhütungsmittel brauchte man in dem Konzept auch nicht.

Beatrix: Damit wird die Industrie leben müssen.

 

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