18. Attraktiver mit Textilien? Kleidung als Ausdruck von Besitzdenken.

 

Martina: Allerdings ist da doch noch etwas: Ich finde, Mädchen und Frauen sind doch viel interessanter für die Männer, wenn sie gerade nicht alles zeigen.

Beatrix: Du redest wie eine Nutte, die ja auch mit ihren äußerlichen Reizen auf die Männer wirken will. Ich habe immer gedacht, daß du emanzipiert bist und mit deinem Geist auf die Männer wirken willst. Wenn du aber diese Bedeckungen brauchst, um interessant zu sein, dann bedeutet das doch auch, daß für dich vor allem hier die Quelle der sexuellen Anziehung liegt. Also werden auf dich auch die scharf werden, die das Problem der sexuellen Anziehung genau so platt sehen wie du. Das ist dann die sicherste Methode auf einen zu stoßen, bei dem man reinfällt. Wenn du das jedoch nicht willst, dann musst du dich erst einmal selbst ändern – und eben unbefangen nackt sein können etwa an einem Strand, wo das üblich ist....

Martina: Nein, nein, ich kann das doch nicht, irgendwie wehrt sich alles in mir gegen das, was du da sagst.

Beatrix: Da kannst du mal sehen, wie bei das dir bereits alles festsitzt, was dir da von den Machogesellschaften eingeredet worden ist. Die raffinierteste Manipulation ist immer noch die, die uns so in Fleisch und Blut übergegangen ist, daß wir uns mit Händen und Füßen wehren, wenn uns jemand davon frei machen will. Wenn da ganze Völker “so” rumlaufen – oder wenigstens rumliefen - und also keine Probleme mit dem Nacktsein hatten, dann kann das ja wohl bei uns nicht daran liegen, daß da die Natur dagegen steht, sondern daß wir da wirklich bescheuert gemacht worden sind.

Martina: Eigentlich hast du ja recht, wenn du sagst, daß gerade für uns Frauen und Mädchen die Sexualscham ziemlich überflüssig ist. Wie kommt das überhaupt, daß wir uns trotzdem nicht davon frei machen können?

Beatrix: Das ist vermutlich eine uralte männliche Machtstrategie. Wir kennen da so ein Phänomen bei den alten Griechen, also bei einer typischen Männergesellschaft.  Dort gab es etwa 500 vor Christus Standbilder von jungen Frauen, den “Koren”, und von jungen Männern, den “Kuroi”. Merkwürdig ist dabei, daß die männlichen Figuren immer nackt, während die weiblichen Figuren immer bekleidet sind und zwar auch so richtig in langen Kleidern voller Falten. Das wird heute so gedeutet, daß die Kleidung an sich auch ein Kennzeichen sein kann, das auf ein Besitzverhältnis hinweist. Und in der griechischen Männergesellschaft konnte man sich immer nur vorstellen, daß Männer frei und selbstbestimmend sein können, während man Frauen das von vornherein absprach. Sie konnten immer nur “Besitz” von jemandem sein - und hatten daher anderen gegenüber “eingepackt” zu sein. Also bringt man gerade den jungen Frauen, also uns Mädchen, nicht eine wirkliche Moral aus Menschenkenntnis und vernünftigen Spielregeln bei, sondern die entsprechenden irrationalen Ängste, damit das Besitzverhältnis funktioniert. Die These, daß Frauen vom Gesichtspunkt des Besitzverhältnisses gesehen werden, wird dadurch untermauert, daß Göttinnen natürlich die Ausnahme dabei waren, denn sie wurden durchaus auch nackt dargestellt.

Martina: Heißt das, daß bei uns heute auch die Männer nicht so recht emanzipiert sind, weil auch sie immer irgendwie Kleidung brauchen?

Beatrix: Das wäre dann ein Herrschaftsverhältnis Alt gegen Jung.

Martina: Das ist zwar tröstlich für uns, aber keine Lösung für die Dauer.

Beatrix: Es gibt ja immer einen Unterschied zwischen rein äußerlicher Emanzipation und wirklicher Emanzipation. Es bezweifeln ja nicht wenige, ob die wirkliche Emanzipation auch bei Männern heute wirklich gelungen ist. Daß von dreißig Menschen neunundzwanzig nur immer “reagieren”, betrifft ja nicht nur die Frauen...

 

Weiter zu: 19. Die “Liebe” braucht man nicht zu lernen, wenn´s drauf ankommt, kann man sie!           

(Website basisreligion mit basislexikon, basisdrama, basisgesprächen, basisreisen)