KAIN UND ABEL (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

Der Hintergrund der Erzählung von KAIN UND ABEL ist die Verdrängung der Nomaden durch die sesshaften Völker und damit die Zerstörung deren hehrer Landleben-Moral durch die pervertierte Moral der Städter und der Siedler auf den Ackerflächen - zumindest aus der Sicht der Nomaden. Und "Kain" ist ein Synonym für kultiviertes Land mit Ackerbau, systematischer Bewässerung und festen Siedlungen bis hin zu großen Städten, während "Abel" für Nomadentum und karges Wüstenleben mit Schaf- und Ziegenhaltung steht. (Anmerkung: Es kann sich natürlich auch um eine Wunschvorstellung der Nomaden handeln, die es einfach gerne so sähen, dass sie selbst die natürlichen und voll moralischen Menschen seien und die Städter und Siedler die verdorbenen. Ja, ob die Nomaden wirklich so moralisch sind? Schließlich beschneiden ja sie schon seit Tausenden von Jahren ihre Töchter.... Ich weise zu dem Problem, andere als die Schuldigen zu sehen für das, was man selbst tut, auf das Stichwort Nationalsozialismus hin, den Juden hatte man ja so ziemlich genau dasselbe in die Schuhe geschoben...)

Eine Wörtlichnahme dieser Erzählung von den angeblichen Kindern von Adam und Eva aus dem Buch Genesis des Alten Testaments der Bibel kommt im Grunde gar nicht in Frage, denn wie sollten sie sich fortgepflanzt haben – wenn nicht mit Inzucht, vorausgesetzt Adam und Eva hätten auch noch Töchter gehabt? Anderseits zog ja nach der Bibel der Ackerbauer Kain nach dem Mord an seinem Vieh züchtenden Bruder Abel in ein fremdes Land und nahm sich eine Frau – also gab es doch noch andere Menschen?

Hier also: Hintergrund und Entstehung oder die Deutung / Bedeutung / Interpretation oder die Historizität / Geschichtlichkeit der Kain und Abel Geschichte oder Erzählung, die Namen von Kain und Abel, der Mythos / die Mythen von Kain und Abel, die Sprache von Kain und Abel historisch? Gab es sie wirklich? Kain und Abel im kirchlichen / katholischen / evangelischen / schulischen Religionsunterricht.

Wie es zum Verständnis der Erzählung von Adam und Eva notwendig ist, den zeitgenössischen Hintergrund zu kennen (siehe Hermeneutik und religionsgeschichtlicher Ansatz), so auch für diese Geschichte.

Die Situation zur Zeit der Entstehung der Erzählung vor etwa 4000 Jahren war etwa die: Die sesshaften Völker vor allem im Zweistromland (“Mesopotamien”) mit ihrem systematischen Ackerbau mit künstlicher Bewässerung konnten leicht größere Bevölkerungen ernähren und waren dabei auch weniger auf “natürlichen” menschlichen Umgang miteinander angewiesen. In solchen anonymen Gesellschaften wird dieser eher unbefangene “normale” Umgang miteinander ja eher durch Gesetze ersetzt, die natürlich gerade die persönlichsten menschlichen Beziehungen nie vollständig abdecken können. Demgegenüber herrschen in der Wüste, dem traditionellen Gebiet der Viehzüchter, andere Gesetze: Dort ist man wirklich auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen und dabei gelten also noch die ursprünglichen “moralischen” Umgangsregeln. Und das gilt besonders für die typische Überlebenskleinstgruppe, die Familie. Mann und Frau mussten hier wirklich Partner sein, das Überleben des einen hing vom anderen ab. Wenn etwa der Mann in die Stadt ging, um Vieh zu verkaufen und “Stadterzeugnisse” einzukaufen, dann war die Frau allein und musste notfalls ihren Mann stehen, sie musste die Kinder und das Vieh vor wilden Tieren schützen und vielleicht auch bisweilen vor menschlichen Räubern... Hier war gegenseitiger Verlass einfach notwendig und damit auch wirkliche Moral. Und davor konnte der Wüsten-Mann eben nicht eine von den Frauen aus der Stadt brauchen, die vielleicht schön und “locker” waren (im Zweistromland war ja auch kultische Prostitution üblich), aber sonst nicht viel taugten, er brauchte eine wirkliche Gefährtin.

In den Augen der Verfasser der Bibel war nun das Verhalten der Wüstenbewohner natürlich und gottgefällig, das der “Zivilisationsmenschen” dagegen dekadent und eben nicht-gottgefällig.

Und so nimmt denn der Gott der Wüstenbewohner – es ist also auch “ihre Geschichte” – das Opfer des Vieh züchtenden Abels an, das des Acker bauenden Kains nicht. Dennoch verdrängt der wirtschaftlich stärkere Ackerbau (der Name Kain bedeutet auch "Besitz" oder "Schmied" s. Namenserklärungen) die immer nach Überleben ringende Viehzucht der Wüstenbewohner. Und das ist dann die Geschichte, wie der „Ackerbauer“ Kain seinen „nomadischen“ Bruder Abel (dieser Name bedeutet "Hauch" oder "Nichtigkeit") totschlägt.

Es ist übrigens auch in anderer Weise immer dasselbe Lied in den ersten Geschichten der Bibel: Die bösen anderen gegen die eigenen Guten... Siehe auch die Erzählungen von Adam und Eva, vom Turmbau zu Babel und von der Sintflut.

Anmerkung des Verfassers: Auch hier gibt es gewiss andere Interpretationen. Doch ich habe hier die wiedergegeben, die ich am plausibelsten fand! Und da passt vor allem irgendeine tiefenpsychologische Deutung (siehe Tiefenpsychologie) überhaupt nicht!

(Wörterbuch von basisreligion und basisdrama)