RELIGIONSKRIEGE (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

RELIGIONSKRIEGE ODER GLAUBENSKRIEGE. Ist es wirklich wahr, daß religiöse Gründe immer nur ein Vorwand für einen Krieg und selbst für einen Religionskrieg sind, daß es in Wirklichkeit jedoch immer um handfeste materielle Interessen geht wie weitgehend bei den Kreuzzügen oder gar um soziale Mißstände? Denken wir an den Konflikt in Nordirland. Angeblich ist das dort nur nach außen ein "Krieg" zwischen Katholiken und Protestanten, doch stehen hinter dem in Wirklichkeit die Unterschiede zwischen reich (die Protestanten) und arm (die Katholiken) oder Unterdrücker (früher mal die Protestanten) und Unterdrückten (die Katholiken). Oder denken wir an den Vorderen Orient, auf der einen Seite die wohlhabenden Bürger von Israel, auf der anderen Seite die weitgehend armen Palästinenser, die sich über ihre Religion ein moralisches Recht ableiten, ihre ungeliebten Unterdrücker zu bekämpfen. 

Diese These vom Aufstand der Armen und Unterdrückten gegen die Reichen und Unterdrücker im Namen und unter dem Deckmäntelchen der Religion ist allerdings zumindest ergänzungsbedürftig: Wenn Menschen einen wirklichen Sinn des Lebens verpaßt haben, sind sie gewiß durchaus bereit, sich einen neuen zu suchen. Und so können etwa Vaterland und Religion etwas werden, wofür es sich sogar lohnt zu sterben und sogar als Selbstmordattentäter - immerhin bieten die üblichen Religionen ja auch noch die Aussicht, gerade durch den Tod im Namen der Religion sich sozusagen die perfekten Eintrittskarten fürs Paradies (natürlich nach dem Tod!) zu erwerben. Und da kann es sogar geschehen, daß auf beiden Seiten Menschen aus denselben Gründen kämpfen und sich gegenseitig umbringen, daß sich beide Seiten auf einen Gott berufen, der sie aus demselben Elend erlösen soll, sie nennen Gott nur eben bisweilen anders.

Wenn Christen in einen Religionskrieg verwickelt sind, dürfte das ein Indiz sein, daß sie ihre Religion gar nicht richtig leben!

Doch es gibt natürlich auch Gründe für einen Krieg im Namen eines unzweifelhaft wirklichen Sinns des Lebens, etwa wenn es darum geht, Mord, Elend und Krankheit oder Vergewaltigung und die damit verbundenen körperlichen und seelischen Schäden abzuwehren. Doch kann man selbst denen, die allem Anschein auf einer solchen "gerechten Seite" stehen, nicht letztlich vorwerfen, daß ihr "edler Sinn des Lebens" in ihrer Religion vielleicht doch nicht so gut erkennbar war - denn wenn dieser offenkundig gewesen wäre, hätten sich dann die bösen Angreifer nicht viel lieber motivieren und anstecken lassen, auch so zu leben? Und das würde auch bedeuten, daß wir Christen am wirklichen christlichen Glauben (siehe christlicher Glaube) (doch sehr) vermutlich immer noch vorbeigegangen sind...