NOSTRADAMUS. Zu den Schwierigkeiten der Mehrdeutigkeit der Wahrsagerei kommen bei ihm noch die Probleme der Übersetzung der in einem alten Französisch geschriebenen Texte und der Wahl der jeweiligen Wortkombinationen. Denn in der französischen Sprache lassen sich - anders als in unserer deutschen - die Worte mancher Texte völlig neu bilden, wenn man einmal die Wortzwischenräume wegläßt und dann neue in den sich nun ergebenden Buchstabenaneinanderreihungen neu verteilt. So ist jeder der Verse des Nostradamustextes in mindestens zwei Versionen lesbar und erhält dabei jeweils einen völlig anderen Sinn. Daher sind die Auslegungen schließlich sehr stark geprägt von der Sicht des jeweiligen Auslegers - und der steht wieder unter dem Einfluß seiner jeweiligen zeitbedingten Atmosphäre. So interpretiert der Nostradamusentschlüssler Manfred Dimple ("Die Prophezeiungen des Nostradamus zur Jahrtausendwende", Goldmann 12202) im Jahr 1993 die Erbsünde in Übereinstimmung mit den zu dieser Zeit üblichen Denkschemata als einen Gendefekt (S. 245). Aller Wahrscheinlichkeit ist sie jedoch in Wirklichkeit eine Auseinandersetzung der Verfasser der Bibel mit der zu ihrer Zeit gegebenen fehlenden Harmonie von Mann und Frau (siehe Fruchtbarkeitskulte und Tempelprostitution). Doch das ist dem Interpreten nicht bekannt, also liest er das auch nicht aus dem Nostradamustext heraus. Wenn der Nostradamusentschlüssler nun ganz offensichtlich bei einer Textstelle irrt, in der wir uns auskennen, wie wird es dort sein, wo wir uns nicht auskennen? Einen sehr interessanten Beitrag zum Thema Nostradamus "Nostradamus und ich" hat die Meinungsforscherin Elisabeth Noelle-Neumann geschrieben - der Artikel ist erschienen am 24. April 2003. Elisabeth Noelle-Neumann studierte 1940 erstmals die berühmten Vorhersagen - und war erschüttert. Sie las vom "Krieg mit den Arabern" und wusste nicht, was es bedeuten sollte. Bis jetzt. Vollständige Url des Artikels: http://www.welt.de/data/2003/04/24/77964.htmlVon einem Besucher wurde ich auf die etwas undurchsichtige Seite "Die Nostradamus-Propaganda der Nazis, 1939 - 1942" von Ulrich Maichle (Name aus dem Quelltext): :http://www.nostradamus-online.de/Noelle-Neumann.pdf aufmerksam gemacht. Die Texte von und über Elisabeth Noelle-Neumann werden als Märchenstunden bezeichnet - doch es fehlt ein sachlicher und auch kurzer Kommentar, warum das Märchenstunden sind. Und auch nach einer Ergänzung wird mir immer noch nicht klar, warum Noelle-Neumanns Ausführungen Märchenstunden sein sollen. So wird in einer Arbeit, die sich auf einen Seminarvortrag von Christian Domnitz (http://amor.cms.hu-berlin.de/~h0444vhn/noeneut.pdf) beruft, als Kritikpunkt gesehen, dass sie dem NS-Regime zumindest zunächst nahe stand. Das allerdings ist ist kein wissenschaftliches Argument, es kann jemand sehr wohl Nazi oder Kommunist oder sonst was sein und trotzdem etwas wissenschaftlich Richtiges sagen oder herausfinden - natürlich ist das "wissenschaftlich" hier bei "Prophezeiungen" mit Vorsicht zu genießen. Immerhin hatte Elisabeth Noelle-Neumann nicht erst gegen Ende der Hitlerzeit aus den Nostradamustexten durchaus ihr Ende vorausgelesen. Ob Sie vielleicht dabei sogar ihren persönlichen Instinkt gegen das NS-System in die Nostradamustexte hineininterpretiert hat und ihn sozusagen wissenschaftlich kaschiert hat? Sie scheint ja auch sonst manches sehr richtig zu sehen, ich denke etwa an das Problem "Schweigespirale". Ob Nostradamus die Aufmerksamkeit, die sein 500. Geburtstag findet, vorhergesehen hat, lässt sich nicht sagen, doch musste er kein Prophet sein, um zu wissen, dass er davon nichts mitbekommen würde. Geboren am 14. Dezember 1503 (dem 23. Dezember nach gregorianischer Zeitrechnung) starb Michel de Nostredame am 2. Juli 1566 und hinterließ eine Vielzahl "Prophéties" - rätselhafte Verse, aus denen seine Anhänger noch heute Prophezeiungen aller weltbewegenden Ereignisse herauslesen. Einen Beitrag zu seinem Geburtstag finden Sie unter der URL: http://www.welt.de/data/2003/12/13/209971.html: Sag' uns die
Zukunft, Meister! Ohne Propheten geht es nicht: Zum 500.
Geburtstag von Nostradamus - von Ulrich Baron |