FAUST - GRETCHEN <head> <meta http-equiv="Content-Language" content="de"> <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=windows-1252"> <title>FAUST (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)</title>


FAUST - GRETCHEN (zu der Tragödie von Johann Wolfgang v. Goethe)

Üblicherweise nehmen wir diese Tragödie immer mit Ehrfurcht zur Hand, wer wagt schon, gerade bei einem so bedeutenden Werk irgendetwas kritisch zu sehen?

Wie mir eine Schülerin aus ihrem Deutschunterricht berichtet, wird das Gretchen heute als "starke Frau" dargestellt, weil sie sich am Schluss weigert zu leben und lieber dem Gericht übergeben werden will. Doch kann man das wirklich so sehen? Schauen wir uns diese Tragödie doch einmal aus der Sicht an, was hier mit einer jungen Frau geschieht:

Alles eine hochgeistige Geschichte. Da ist also ein alternder Gelehrter, der auf sein Gelehrtenleben zurückblickt und erkennen muss, dass alles nun doch nicht "das Richtige" war, der also von seiner ganzen Gelehrsamkeit irgendwie unbefriedigt ist: "Habe nun, ach! Philosophie, Juristerei und Medizin und leider auch Theologie durchaus studiert, mit heißem Bemühn. Da steh´ ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor..." Alles ist irgendwie doch nur Leere, und da kommt er auf die Idee nach etwas offensichtlich für ihn ganz Besonderem: Er will einmal Sex mit einem jungen Mädchen, genauer mit einer Jungfrau, haben. Also fängt er so etwas an, indem er den besonderen Eindruck ausnutzt, den er als gebildeter Mann auf ein junges Mädchen macht. Und was dann so alles mit diesem Mädchen passiert ist, ist nun wirklich eine Tragödie! Zuerst wurde es kulturbedingt (also wie wir das ja sehr oft auch heute noch so kennen) dumm und naiv gelassen, von der Mutter sowieso (was Müttern ihren Töchtern im Hinblick auf Männer sagen, kann man sowieso fast immer vergessen), doch auch dem Gesetzesgeber ist sein Schicksal gleichgültig (wie sagt Mephisto, also der "böse Schatten" des Faust, als der noch ein wenig Gewissensbisse verspürt, ob er mit diesem jungfräulichen Mädchen Sex haben könnte: "Ist über vierzehn Jahr´ doch alt". Es gibt also von den damaligen Gesetzen her keine rechtlichen Probleme, mit dem Mädchen Sex zu haben), der Kirche sowieso ( "Die eben für nichts zur Beichte ging", das Mächen hatte also überhaupt keine Vorstellung von wirklichen Problemen - und die betreffenden Beichtväter mussten das doch merken und hätten sie aufklären und ihr ein Konzept vermitteln müssen, um vernünftig zu leben, doch nichts von alledem), dann hat diese Ahnungslosigkeit dieser pädophile Faust ausgenutzt, weil er mal den Sex mit einem unschuldigen Mädchen kosten wollte, also rein, um eine besondere Erfahrung zu machen, dann hat sie ihr Bruder verachtet, der wusste allerdings überhaupt nicht, um was es sich drehte, vorher hatte er sich ja auch nie für seine Schwester verantwortlich gefühlt und also auch nie mit ihr vernünftig geredet, so wie man von Bruder zu Schwester redet oder zumindest reden sollte, dann waren da diese unverständigen Richter, die sie zum Tode verurteilten, weil sie ihr Kind umgebracht hatte... Das Gretchen war doch hier nun wirklich die voll "Verarschte"! Nein, als Frau hätte ich in dieser völlig kaputten Machogesellschaft auch nicht mehr weiter leben wollen... Ob man aber deswegen gleich auch eine "starke Frau" sein muss?

Es soll hier nicht mehr weiter auf diese Tragödie eingegangen werden.

Nur eben, wenn schon einmal ein Mädchen so wie dieses Gretchen so eine Katastrophe in ihrer Jugend erlebt hat, dann sieht eine starke Frau wohl anders aus. Dürrenmatt schildert uns etwa eine solche starke Frau in seiner "Komödie der Hochkonjunktur" "Der Besuch der alten Dame", die auch heute noch oft in Theatern gegeben wird.

Und wie sich die Geschichte zwischen einem alterndem Gelehrten und einem jungfräulichen Mädchen hätte auch anders entwickeln können, schildert der kolumbianische Nobelpreisträger Gabriel Gardía Márquez in seinem Roman "Erinnerung an meine traurigehn Huren".

Ob dieser Kommentar eine Kritik auch an Goethe ist?

Mitnichten! Gleichgültig, ob an dieser Geschichte etwas autobiografisch ist oder nicht, eventuell sogar eine Art Aufarbeitung, Goethe hat jedenfalls erkannt, dass dieses ganze Gelehrtenwissen letzten Endes doch nur leer und hohl ist, dass das Besondere der Mensch. Und dazu hat er das Schicksal eines jungen Mädchens in den Mittelpunkt seines bedeutenden Werkes gestellt nach dem Motto: "Was machen wir hier eigentlich, wenn wir mit einem solchen Menschenkind so großzügig und so oberflächlich umgehen und es nur unter dem Aspekt des Lustgewinns für den Augenblick sehen?" Dabei hat er dann alles konsequent bis zu Ende gedacht - und auch er, der gewiss kein großes Kirchenlicht war, wusste sich schließlich keine andere Lösung, als diesen geschundenen Menschen dem Erbarmen Gottes anzuvertrauen.

Und wir heute?

Eigentlich hätte es doch immer Menschen geben können, die sich sinnvoll um junge Menschen kümmern können, dass ihnen nicht dasselbe Schicksal widerfährt wie diesem Mädchen. Doch niemand kümmert sich, niemand sieht sich zuständig - und wir meinen heute, das Problem zu lösen, indem wir den jungen Mädchen Kondome zum Verhüten geben... Als ob das Problem einer Schwangerschaft alles wäre! Ja, was sind das nur für Menschen, die hier nicht weiter denken? Wen meint Faust mit all den Laffen, Doktoren, Magistern, Schreibern und Pfaffen?