EUTHANASIE, von gr. "eu-thanatos" - "schöner Tod", wird vor allem wegen des Mißbrauchs dieses Worts für die Ermordung alter und kranker Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus heute eher durch "Sterbehilfe" ersetzt. Ihre Anwendung ist umstritten, vor allem die Kirchen wehren sich vehement dagegen. Doch oft gibt es tatsächlich derart Schwerkranke, daß jegliche Verlängerung ihres Lebens im Grunde nur eine Verlängerung ihres Leidens ist - und daher die reinste Quälerei für sie bedeutet. Und schließlich dürfte die Medizin ja keine Einbahnstraße sein: Es kann irgendwie nicht richtig sein, wenn wir immer nur das Leben verlängern, jedoch nie verkürzen (dürfen), wenn sich diese Verlängerung als Fehlgriff erweist, weil der Mensch ja doch nur leidet. Auch hier wieder so ein Dilemma! Doch was sollen wir machen: Wenn wir die in Frage kommenden Schwerkranken "töten", selbst auf ihren Wunsch, verstoßen wir gegen die Menschlichkeit, nämlich zu töten und damit gegen das Leben zu sein, und laufen also Gefahr, sogar zu regelrechten Mördern zu werden. Doch wenn wir gegen die "Euthanasie" sind, dann laufen wir auch Gefahr, unmenschlich zu sein, diesmal allerdings, weil wir Menschen sinnlos quälen. Und vor allem: Wer soll die Todesspritze geben? In welchen Ruf kommen - zumindest mit der Zeit - Ärzte, die nicht nur Menschen nicht helfen, gesund zu werden, sondern sie sogar im Gegenteil töten, selbst wenn dies noch so gut gemeint ist? Darf man "so etwas" überhaupt Ärzten antun, zumal sie auch unter dem Eid des Hippokrates stehen? Und eine akzeptable Lösungen ist schier unmöglich. Eine Lösung könnte sich aus dem Tod eines Bekannten von mir ergeben, von dem ich selbst erfahren habe: Um seine Frau etwas vom schrecklichen Tod ihres Mannes (Krebs) abzulenken, besuchte ich sie öfter, wenn ich in der Gegend war, zeigte die Dias von meinen Reisen und unterhielt mich mit ihr über alles Mögliche. Doch irgendwann unterbrach sie mich, das sei doch alles nichts gegen das, wenn man jemanden umgebracht hätte... Da begriff ich sofort und erfuhr woanders den genaueren Sachverhalt: Ihr Mann litt derart unsägliche Schmerzen, und es bestand keine Aussicht auf Besserung, daß beide den Arzt fragten, was zu tun sei, damit der Mann endlich sterben könne. Das Ergebnis war, daß der Arzt ablehnte, selbst die Todesmedizin zu geben, jedoch der Ehefrau den Tipp gab, wie sie es machen könnte, weil ihr Mann sich selbst nicht mehr helfen konnte. Und sie machte es dann auch... Ich finde, daß dieses Verfahren - wenn überhaupt - den Weg zu einer allgemeinen Lösung weisen könnte: Im Notfall soll sich derjenige für einen verantwortlich sehen, mit dem man das ganze Leben in gegenseitiger Verantwortung und Liebe stand. Vielleicht ist die Vorstellung, wem man im Notfall für das eigene Leben die Verantwortung gibt, auch ein Ansporn, genauer hinzuschauen, wem man sich für die Liebe überhaupt anvertraut? Und wer keinen Ehepartner hat, sollte sich schon um einen Menschen kümmern, der dafür in Frage kommt - so wie man sich um jemanden seines Vertrauens sorgt, der sich um die Blumen in der Wohnung kümmert, wenn man mal selbst in Ferien ist. Und wer solchen Menschen nicht hat, der muß erforderlichenfalls sein Leiden eben bis zum Schluß durchstehen... Zur Diskussion zu
dem Thema und auch zu dem Thema Selbstmord siehe auch den
Beitrag "Der Umkehrchrist - Der Schweizer Ludwig A.
Minelli vermittelt Gift an Todkranke, die sterben
wollen. In Deutschland sind seine Methoden verboten.
Ein Hausbesuch" von Antje Joel in der WELT vom 13.
Oktober 2005. Minelli ist der Generalsekretär des
Schweizer Sterbehilfevereins Dignitas. Vollständige Url
des Artikels:
http://www.welt.de/data/2005/10/13/788109.html
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