31.  Vergewaltigung und Vaterbeziehung

 

Beatrix: Voraussetzung für den coolen und richtigen Umgang mit den anderen Männern ist natürlich eine normale Familie. Und wenn das aus irgendwelchen Gründen nicht geht, dann muß man sich nun einmal eben am Strand oder in der Sauna cool machen, wo die Nacktheit üblich ist. Ein wenig kann man die Nacktheit beim „normalen" Schlafen schließlich ja auch schon einmal alleine „üben". Was glaubst du, wie viele Menschen Angst vor der eigenen Nacktheit haben!

Die wichtigsten andersgeschlechtlichen Menschen, von denen wir vor allem etwas lernen können, sind jedoch immer noch entweder Vater oder Mutter.

Martina: Aber von denen kann man doch nichts in den Dingen der praktischen Liebe lernen? Das darf man doch auch gar nicht!

Beatrix: Natürlich, alles was mit Befriedigung zu tun hat, geht nicht. Doch es hat ja nicht alles beim nahen Kontakt von Menschen etwas mit Befriedigung zu tun! Sieh dir doch einmal die Tiere an, wie die miteinander umgehen. Da balgen sich doch sehr oft die jungen mit den alten, und dann kuscheln sie sich wieder aneinander - und alles ohne die geringste Angst voreinander und ohne trennende Textilien dabei. Und normalerweise passiert zwischen denen auch sexuell gar nichts, selbst wenn die älter und geschlechtsreif sind.

Martina: Es kommt aber auch bei den Tieren Inzucht vor.

Beatrix: Ziemlich zuverlässig funktioniert bei den meisten Lebewesen das Inzesttabu, das heißt, die Natur hat es so eingerichtet, daß nahe Verwandte sozusagen automatisch sexuell gar nichts miteinander zu tun haben wollen, selbst wenn sie noch so nahe beisammen sind.

Martina: Du hast ja vorhin gesagt, daß der Grund dafür sein könnte, daß Sex mit Artgenossen, die seit jeher um einen herum sind, einfach zu langweilig ist.

Beatrix: Nur in unnatürlichen Situationen passiert so etwas, wenn es keine anderen Artgenossen außer den verwandten „langweiligen" gibt und auch noch nicht einmal die Möglichkeit besteht, solche zu finden. Die typische Situation bei Tieren ist da die Gefangenschaft, etwa wenn du deine Zwergkaninchen im Käfig hältst, wo diese Tiere gar nicht nach ihrer Natur leben können.

Martina: Und das ist dann bei uns Menschen auch so, dort kann es zur Inzucht oder eben „Inzest“ also nur dann kommen, wenn wir nicht nach unserer Natur leben können?

Beatrix: Ist das nicht der Normalfall heute? Das Aneinanderkuscheln und auch das Herumbalgen innerhalb der Familien ist doch weitgehend verpönt und verloren gegangen und erst recht, daß man dabei unbefangen nackt sein kann. Dadurch kann es einerseits erst recht zu Inzesthandlungen kommen, weil sich das sogenannte Inzesttabu gar nicht aufbauen konnte. Andererseits fehlt den jungen Menschen ein Maßstab, was sie zumindest von einem Partner außer den bekannten Befriedigungshandlungen alles noch erwarten könnten.

Dazu ein Erlebnis: Irgendwann auf einer Wanderung hatte ich mal mit einem Jungen ganz unbefangen herumgealbert. Dabei kam es dann dazu, daß ich bei dem auf die Schultern geklettert bin. Und obwohl ich ja sonst sehr mutig und selbstbewußt bin, habe ich da nun wirklich ganz merkwürdig ängstlich gesessen, ich konnte mich überhaupt nicht mit meinen Beinen an dem festpressen, um da sicher zu sitzen. Und der Junge hat meine Unsicherheit ja sehr schnell gemerkt und mich dann etwas verwirrt gefragt, ob ich denn nie bei meinem Vater einmal so auf den Schultern gesessen hätte - nein, meinte ich dann, nie... Gut, ich habe da wenigstens vor meinen sexuellen Erlebnissen mal mit so einer Harmlosigkeit angefangen – doch wie viele kennen so etwas nie und fangen statt dessen gleich immer „alles“ an, und dann auch nicht nur mit einem einzigen Freund? Die Vorsicht der Väter, mit ihren Töchtern nicht so spontan zu sein, bewahrt also vor gar nichts....

Martina: Du meinst also, solch ein Herumgealbere müßte sein, wenn es um solches Bewahren geht.

Beatrix: Ja, schaden würde es sicher nichts. Das macht doch auch Spaß - und die Natur hat das mit dem Spaß doch auch deswegen so eingerichtet, damit wir es tun. Vermutlich hat sie auch nichts dagegen, wenn Eltern und Kinder hin und wieder im Bett näher zusammen sind - natürlich nicht in der Weise wie Paare, sondern einfach cooler. Vielleicht so, indem ein Mädchen sich auf den Rücken des Vaters schmiegt, wenn's Spaß macht, meinetwegen auch Haut an Haut.

Martina: Natürlich, das wäre schon schön. Doch meine Tante hat mich gewarnt, mich so offen zu meinem Vater zu verhalten, ich soll noch nicht einmal „so" vor ihm herumlaufen, die meinte wohl, daß ich ihn dann reizen würde und daß der dann „so etwas" mit Gewalt mit mir machen könnte und ich mich gar nicht dagegen wehren könnte, weil der doch viel stärker sei als ich.

Beatrix: Was Tanten nicht so alles erzählen! Bei denen ist es sehr oft so, daß das Gegenteil von „gut gemeint" „gut getan" ist. Frag deine Tante doch einmal, wie sie zu ihrer Meinung gekommen ist und was sie so drängt, dich da zu warnen. Warnt sie, weil sie den Überblick hat, oder weil sie eigene Probleme hat? Ist sie selbst glücklich und zufrieden mit ihrem eigenen Leben oder haßt sie es sogar regelrecht? Hat sie vielleicht genau das selbst erlebt, wovor sie dich jetzt warnt, und hat sie daher selbst die Nase voll und wittert somit in allem, was irgendwie mit Sexualität zu tun hat, gleich eine Gefahr? Hat sie von ihrem eigenen Erlebnis her eine solche Panik, daß sie selbst nur Angst oder vielleicht auch da nur eine Mischung aus Getriebensein und Angst kennt und daher auch dir Angst macht und damit letztlich nur erreicht, daß dir irgendwann dasselbe passiert wie ihr?

Martina: Aber kann da nicht doch etwas dran sein?

Beatrix: Im allgemeinen ist das völliger Unsinn. Ein gesunder Vater kann schon vom Seelischen her mit seiner Tochter gar keinen Sex haben, da weigert sich alles in ihm, selbst wenn er noch so einsam ist, weil ihm seine Frau weggelaufen oder gestorben ist.

Martina: Aber manchmal gibt es das ja doch?

Beatrix: Um das beurteilen zu können, müßte deine Tante zumindest versuchen, sich so konkret und objektiv wie möglich zu informieren und euch zusammen beobachten und zwar genau in Situationen, die sie da anspricht. Soll sie doch einmal dabei sein, wenn du mit deinem Vater - etwa in den Ferien am Strand - nackt seid. Oder soll sie mit euch in eine Sauna gehen. Dann kann sie ja sehen, ob ihr unkompliziert und normal miteinander umgeht oder ob an ihren Vermutungen etwas dran ist oder wenigstens sein könnte. Wenn dein Vater ein reines Gewissen hat, wird der einen solchen „Test" nur zu gerne akzeptieren.

Martina: Dann müßte sie aber auch da mitmachen. Wenn sie das nun nicht will?

Beatrix: Genau das könnte wie auch sonst bei Leuten, die sich diesem Test mit allerlei Bla-bla-Herumrederei verweigern, der Beweis sein, daß da eine eigene Kaputtheit existiert, die sie dann allerdings nicht bei sich selbst sehen, sondern anderen unterstellen. Die meisten Leute schließen doch immer nur von sich auf andere - und je weniger sie bereit sind, über etwas zu reden, um so mehr.

Martina: Die haben also Projektionen?

Beatrix: Ja, so wie bei einem Filmprojektor, daß die Bilder nur scheinbar auf der Leinwand sind, in Wirklichkeit jedoch in seinem Innern und nur auf irgend etwas oder auf irgend jemanden projiziert werden.

Jedenfalls soll deine Tante dann gefälligst ihren Mund halten. Denn es wird schließlich wohl so sein, daß sie ein wunderbares Vater-Tochter-Verhältnis kaputt macht und an dich nur ihre eigene Kaputtheit überträgt. Wir alle sind übrigens nicht frei von irgendwelchen Projektionen...

Martina: Und wenn mein Vater nicht will, wenn ich so offen zu ihm bin, weil er vielleicht Angst hat?

Beatrix: Vermutlich haben wir da nur keine Tradition mehr. Stell dir einmal vor, „so ein Vater" hätte in seiner Jugend Spaß an den Anti-Streß-Hormon-Erlebnissen gehabt. Für den wäre das jetzt überhaupt kein Problem - und wie gut könnte der diese Idee weitergeben!

Martina: Ob da aber immer die eigene Frau einverstanden ist?

Beatrix: Warum sollte die nicht auch dabei mitmachen? In einer auch nur einigermaßen funktionierenden Familie gibt es doch sehr schnell ein Gespür dafür, ob hier alles in Ordnung ist oder ob da ein Kranker etwas Kaputtes mit seiner Tochter oder auch mit seinem Sohn anstellen will.

Martina: Und wenn jemand keinen solchen Vater hat, mit dem er das so machen kann?

Beatrix: Dann muß er sich wohl erst einmal einen anderen Menschen suchen, mit dem er einen ähnlich harmlos-harmonischen Kontakt haben kann wie mit einem Vater.

Martina: Das ist aber dann noch gefährlicher! Da kann man doch erst recht vergewaltigt werden.

Beatrix: Du erinnerst dich doch an die italienischen Mädchen, von denen wir gesprochen haben. Das größte Problem dabei ist also wohl nicht die Situation, sondern einfach, cool zu bleiben. Und das kann man doch lernen einzuüben.

Martina: Und am besten lernt man ja etwas, wenn man auch noch seinen Spaß daran hat. Doch was ist, wenn man überfallen wird?

Beatrix: Wenn man sich halbwegs in acht nimmt, kommt so etwas doch ganz selten vor. Du mußt immer daran denken, daß fast alle Opfer von Vergewaltigungen ihre Vergewaltiger längst kennen. Und nicht nur in solchen Fällen sondern auch sonst machen die meisten Vergewaltiger das erfahrungsgemäß ja eher auf die dummdreiste Tour. Die wollen, daß wir Mädchen und Frauen da irgendwie mitmachen oder daß wir uns zumindest nicht eindeutig ablehnend verhalten, damit sie hinterher sagen können, daß wir das ja selbst auch so gewollt hätten oder daß sie das wenigstens so verstanden hätten. So richtig Gewalt anwenden - das tun nur die wenigsten. Und erst recht denken die nicht ans Umbringen, denn die wissen, daß dann die Polizei wirklich gründlich recherchiert und auch meistens dabei erfolgreich ist. Und vor einem richtig großen Prozeß und dem Gefängnis haben sie alle doch Angst, und das ist dann ja sicher.

Martina: Du meinst also, daß die auch Angst haben?

Beatrix: Na klar, und nicht nur Angst, sogar ein Rest von Moral ist wohl immer noch in allen Menschen. Daher lohnt es sich eigentlich immer noch, sich zu wehren. Jedenfalls würde ich das mit allen Mitteln tun, denn so eine Vergewaltigung darf auf keinen Fall passieren, weil man die sein ganzes Leben nicht mehr vergißt.

Und die Chancen eines Mädchens oder einer Frau stehen gar nicht schlecht, daß selbst in den aussichtslosesten Fällen ein Vergewaltiger noch rechtzeitig von ihr abläßt. Lies doch einmal diese Zeitungsmeldung vom 19.9.1995 (DIE WELT):

Die passenden Worte stoppten Vergewaltiger

SAD London – Auch Sexualverbrecher können menschlich reagieren. Diese Erfahrung ha jetzt eine Reisegruppe europäischer Studenten in Südafrika gemacht. Zwei Studentinnen waren in der abgelegenen Transkei in der östlichen Kap-Provinz vergewaltigt worden. Aber eine 24jährige Medizinstudentin aus England verdankt es ihrer Klugheit und guten psychologischen Grundkenntnissen, daß sie unbehelligt blieb.

Der Sexualverbrecher, der sie vergewaltigen wollten, hatte sie schon hinter Büsche gezerrt, als die Medizinstudentin zwei Schlüsselsätze sagte: „Stellen Sie sich einmal vor, ich wäre ihre Schwester.“ Und als schon dieser Satz eine Wirkung erzielte, fügte die Studentin noch hinzu: „Was glauben Sie wohl, was Ihre Mutter dazu sagen und wie sie sich schämen würde?“ Der potentielle Sexualverbrecher, Mitglied einer ganzen Bande, wurde daraufhin sogar zum Beschützer seines Opfers. Allerdings mußte er den anderen Tätern vortäuschen, daß seine eigene Vergewaltigungstat noch bevorstand.

Die Studentengruppe hatte sich zufällig vor den Victoria-Wasserfällen in Simbabwe kennengelernt. Zusammen mit dem Jurastudenten Dino Druda (21) von der Universität Newcastle beschlossen die 24jährige Medizinstudentin und zwei weitere Kommilitoninnen, gemeinsam ein Auto zu mieten und damit von Durban nach Kapstadt zu fahren. In der Transkei (Bantuland) verfuhr sich die unerfahrene Studentengruppe und wurde im Dunkeln plötzlich von einer Gangsterbande verfolgt. Die Straßenräuber gaben Schüsse ab und schlugen dann mit den Gewehrkolben die Fenster des Autos ihrer Opfer ein. Student Dino Druda wurde im Kofferraum eingesperrt. Dann begann die sexuelle Belästigung der Frauen.

Während sich die beiden anderen Studentinnen nicht gegen die Männer der achtköpfigen Bande wehren konnten, geriet die Tat gegen die Medizinstudentin zu einem „Lehrfall“ für die Abwehr von Sexualverbrechen. Der potentielle Einzeltäter versprach seinem Opfer hinter Büschen schließlich sogar: „Ich tue es nur, wenn du mich liebst.“ Die absurde männliche Tätervorstellung, daß ein Vergewaltigungsopfer so reagieren könnte, wehre die Studentin mit dem Satz ab: „Dazu brauche ich aber mehr als fünf Minuten nach dem Kennenlernen.“

Das Verbrechen der farbigen Bande dauerte fast vier Stunden. Die Täter entkamen mit Schmuck und Kameras im Gesamtwert von 15000 Mark. Erst im Morgengrauen wagte die Studenten, Hilfe im nächsten Dorf zu suchen. Inzwischen hat die Polizei von Südafrika eine Belohnung von 50 000 Mark für die Ergreifung der Täter ausgesetzt.

Patricia Goss, die Direktorin der südafrikanischen Nationalparks, hat die Studentengruppe in Durban untergebracht. Die Gruppe wird auf Staatskosten nach London zurückgeflogen. Die 24jährige Medizinstudentin, die sich durch Klugheit rettete, kann nun in einem Psychologieseminar über die Täterpsyche von Sexualverbrechern berichten.

Martina: Und was ist, wenn das ganze Gerede nichts mehr hilft oder wenn es gar keine Zeit dazu gibt? Da wird doch oft empfohlen, gar nichts zu tun, weil man dadurch nur alles noch schlimmer macht.

Beatrix: Neuere Untersuchungen sagen da etwas ganz anderes, vielleicht haben diese merkwürdigen Empfehlungen sich ja auch bei den Männern herumgesprochen und manche werden da um so mutiger, weil sie wissen, daß sie wenig oder keinen Widerstand befürchten müssen.

Martina: Aber wie soll man sich wehren? Wir Mädchen und auch die meisten Frauen sind doch viel zu schwach.

Beatrix: Zunächst einmal: Wohl nicht umsonst hat es die Natur so eingerichtet, daß sich die weiblichen Genitalien zwischen den stärksten menschlichen Muskeln befinden. Irgendwie gehört im allgemeinen also schon die Zustimmung der Frau dazu, die natürlich manipuliert werden kann.

Und dann begehen viele Frauen in einer solch schlimmen Situation grobe Fehler: So schreien oder schlagen sie etwa wild um sich. Aber genau das hilft meist sehr wenig, ja bisweilen machen Mädchen und Frauen die Männer damit erst recht wild.

Martina: Und was soll man wirklich tun?

Beatrix: Besser ist, wenn du gezielt schlägst und versuchst, den Typen „ganz zufällig und aus Versehen" - an seinen Geschlechtsteilen zu treffen. Dann hört der nämlich sämtliche Engel auf einmal singen und läßt sofort von dir ab. Oder du besinnst dich auf die unterschiedliche Reaktionsweise von Männern und Frauen. Wir Mädchen und Frauen scheinen da immer von uns selbst auf die Männer zu schließen - doch das ist hier gerade an entscheidender Stelle völlig falsch. Erst einmal ist es bei beiden wohl ähnlich: Wenn wir an unseren Geschlechtsteilen zärtlich und zielgerichtet angefaßt werden, dann kann da sehr schnell jeder Widerstand erlöschen, egal was da noch alles mit uns angestellt wird, wir haben dann einfach den Drang nach „mehr". Bei uns Frauen kann das nun zu einer Vergewaltigung ausgenutzt werden, bei Männern dazu, sie - vermutlich wie es die italienischen Mädchen vorhin machten - mit den Händen zu befriedigen. Und das ist nun anders bei Männern: Wenn die ihre Befriedigung hatten, dann sind die erst einmal „geschafft" und wollen nicht mehr weiter - und du kannst abhauen.

Du kannst natürlich auch eine Mischung aus beidem machen und so tun, als ob du zärtlich sein und den Typen da mit den Händen befriedigen willst und daher seine Eichel sanft suchen und umfassen und dann jedoch die Hände da mutig und kräftig hineinkrallen und das „Körperteil" meinetwegen auch umknicken, je nachdem, was gerade geht. Hier muß für die Männer einzig und allein berechenbar sein, daß wir nicht berechenbar sind. Das geht relativ leicht, du mußt nur so tun, als ob die Geilheit dich auch erwischt hat. Genau die blöden Typen werden dann richtig blind. Und dann kannst du vielleicht ja auch hineinbeißen...

Martina: Das ist ja alles ekelhaft.

Beatrix: Was soll's? Reine Gewohnheitssache, sich so etwas vorzustellen. Außerdem: Was ist nun besser, wenn du dir „hinterher" deine Hände wäscht und den Mund ausspülst oder dein Leben lang mit so einem Erlebnis in deinem Kopf herumlaufen mußt, weil wirklich etwas passiert ist.

Martina: Das kommt aber doch nur dabei heraus, wenn Mädchen und Frauen sich so aufreizend anziehen und verhalten, wie du das gut findest.

Beatrix: Vermutlich ist das nämlich ein völliger Irrtum! Genau das wurde vor nicht langer Zeit „wissenschaftlich" untersucht! Und da wurde festgestellt, daß beispielsweise diejenigen Frauen und Mädchen, die sich kess anziehen, sogar weniger vergewaltigt werden als diejenigen, die sich ganz brav anziehen.

Martina: Vielleicht brauchen die allerdings gar nicht vergewaltigt zu werden, weil die auch so schon wollen.

Beatrix: Das hast du gesagt, ich glaube auch nicht, daß du da recht hast. Doch klar ist sicher, daß es gar nichts bringt, wenn wir zu zimperlich und zu sensibel und in unseren Moralvorstellungen überspannt und nicht realistisch sind. Im Endeffekt haben wir damit nur sinnlose Ängste und fallen damit erst recht überall herein.

Martina: Doch warum sollen immer wir Mädchen und Frauen uns ändern? Müßte man nicht bei den Männern anfangen, die müssen sich doch anders verhalten.

Beatrix: Du meinst wie in dem alten Witz von Tünnes und Schäl, in dem der Schäl den Tünnes mahnt, nicht zu nahe an der Kaimauer zu gehen, weil da noch kein Geländer dran ist, und der Schäl antwortet: „Dann laß' se doch e Geländer dranmaache...".

Martina: ha, ha, ha.

Beatrix: Das mit dem Ändern ist hier fast schon ein mathematisches Problem: Nehmen wir einmal an, daß in erster Linie an die Männer appelliert wird, damit die sich ändern. Wenn das nun gut gemacht wird, ändern sich vielleicht auch die meisten. Doch man muß ja immer damit rechnen, daß sich ein paar von ihnen nicht ändern - und die machen jetzt doch wieder so nach und nach alle oder zumindest viele Mädchen an, bei denen das ja auch noch geht, weil man die ja nicht ändern und daher denen auch nicht beibringen wollte, woran sie die Idioten erkennen und wie sie sich vernünftig verhalten können - und so bleibt alles beim alten.

Martina: Da hast du auch wieder recht.

Beatrix: Dagegen wäre es bei den Mädchen nicht so schlimm, wenn sich da nicht alle ändern. Wenn da einige die alte Reinfallerei gut finden, sollen sie doch.

Martina: Denn das bleibt ja eher deren Problem und betrifft jetzt weniger die Gemeinschaft.

Beatrix: Und überhaupt, was heißt hier ändern? Da gibt es noch einen Witz, dem vom Unterschied zwischen einem Diplomaten und einer Dame. Darf ich erzählen?

Martina: Fang schon an.

Beatrix: Also, da ist eigentlich kein Unterschied, außer: Wenn ein Diplomat „ja" sagt, meint er „vielleicht" und wenn er „vielleicht" sagt, meint er „nein", und wenn er „nein" sagt, dann ist er kein Diplomat. - Wenn eine Dame „nein" sagt, meint sie „vielleicht", wenn sie „vielleicht" sagt, meint sie „ja", und wenn sie „ja" sagt, ist sie keine Dame.

Martina: Ich weiß nicht, wo ich da lachen soll.

Beatrix: Das soll auch gar nicht zum Lachen sein. Doch es gibt ja wohl Männer, die meinen, daß man jede Frau herumkriegen könnte, man muß eben nur wissen wie.

Martina: Das habe ich auch schon gehört, eigentlich schrecklich, wenn das wahr wäre. Läßt sich dagegen gar nichts machen?

Beatrix: Es geht eben doch um eine Änderung! Bei den Informationen bist du nun einmal leider immer auf andere angewiesen, doch was du selbst dazu tun kannst, ist es, cool zu werden. Stell dir vor, du hättest mit dem Anti-Streß-Hormon so intensiv deine Erfahrungen, daß du von den entsprechenden Situationen regelrecht träumtest, zumal wenn du einen interessanten Typen kennenlernst. Dann wäre da keine Verdrängerei, die ja gleichzeitig immer eine gefährliche Sehnsucht darstellt, sondern du wüßtest wirklich, was du willst.

Martina: Und man will ja sogar etwas, wozu man auch stehen kann, ganz anders als die Dame da in dem Witz. Und daher kann man dann auch bewußt und zielgerichtet suchen.

Beatrix: Dazu noch ein Trick, wie du feststellen kannst, inwieweit du überhaupt selbst cool sein kannst. Versteck einmal eine Tafel Schokolade oder irgend etwas anderes Nichtverderbliches, was du magst, in deinem Schrank zu Hause, so daß nur du davon weißt. Und jetzt teste mal, wie lange du es aushältst, davon nicht zu essen. Du brauchst dich vor keinem zu schämen und vor keinem zu rechtfertigen, wenn du das nicht lange schaffst, doch du weißt jetzt etwas über dich selbst.

Martina: Ich sehe es ja ein, wenn man so etwas wie Anti-Streß-Hormon-Erlebnisse als Ziel hat, da siebt man dann recht schnell die Idioten aus, denen es lediglich um Abenteuer und Affären geht, weil die darauf schon gar keinen Bock haben. Die sehen ja in allen Frauen und Mädchen eher Prostituierte, bei denen so etwas nun einmal nicht auf dem Programm steht.

Beatrix: Doch die vernünftigen Männer werden damit sozusagen belohnt. Was glaubst du, was das für eine Wirkung hat, wenn die Jungen und Männer merken, daß sie mit ihrer Oberflächlichkeit nicht mehr ankommen, weil die Mädchen sich nicht mehr der üblichen Scheinmoral unterordnen und sich für halbe Sachen nicht mehr hergeben und da sogar noch zielstrebig vorgehen. Die müssen sich einfach ändern, sonst stehen sie allein da. Hast du nicht einmal überlegt, daß die vernünftigen und verläßlichen Jungen, die sich als liebevolle Partner eignen, ja auch irgendwoher kommen müssen?

Martina: Ich sehe das ja auch alles ein und fände es gut, wenn die Jungen so offen sind und ich sehe sie ja auch gerne an, auch und gerade von oben bis unten, aber ich kann mich einfach nicht auch so offen verhalten... ich weiß nicht, woran das liegt...

Beatrix: Ob das mit der Spannerei nicht nur ein Problem männlicherseits ist, sondern auch weiblicherseits? Wir Mädchen und Frauen meinen ja immer, das ginge uns nichts an, da wären nur immer wir die Objekte. Doch so ist es in Wirklichkeit ja auch nicht.

Martina: Ach ja, schöne nackte Männer wären ja auch sicher schön anzuschauen.

Beatrix: Eben. Da hilft nur eins: Was man selbst gerne hat, daß es andere tun, müßten wir doch eigentlich auch selbst tun. Andernfalls wäre das doch diesmal wirklich ein Grund, sich zu schämen - oder etwa nicht? Natürlich muß man eben genügend Vorsorge treffen, daß es auch dabei bleibt. Doch dann müßten wir eben unsere dämlichen - das kommt sogar von „Dame“ -  Dornröschenhecken überwinden. Und wenn wir das selbst nicht schaffen, dann helfen uns eben dabei andere - und das sind dann leider nur ganz selten die Traumprinzen, sondern im allgemeinen immer nur die, die wir eigentlich gar nicht wollten.

 

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