FUSSBALL - was macht eigentlich die Faszination aus? Haben wir hier etwa ein Spiel vor uns, was unserer menschlichen Natur entspricht, von der wir sonst so viel verdrängen müssen? Gibt es hier etwas von dem Manselbstsein, das uns sonst so fehlt? "Nirgends tritt die Notwendigkeit des freien Individuums, das sich in einem Feld von Möglichkeiten bewegt, so klar zutage wie im Bereich der Spiele. Der spezielle Zauber der künstlich konstruierten Spiele liegt eben gerade darin, daß der Mensch auch unter schlechten und freiheitsfeindlichen gesellschaftlichen Bedingungen hier eine Ersatzwelt findet, die ihm die Möglichkeit gibt, seine Freiheit zu betätigen, eine Möglichkeit, die er auf andren Ebenen seiner geistigen und körperlichen Aktivität nicht besitzt. Wenn wir also davon sprachen, daß die künstlichen Spiele Abstraktionen aus wirklichen Spielen sind und für die Bewältigung wirklicher Spiele den Vorteil bringen, die Spielfähigkeit des Menschen zu verbessern, so ist damit nur die eine Seite erfaßt. Es geht nicht nur um diesen Nutzen des Spiels, sondern auch noch um einen anderen: Strategische Spiele haben im Gegensatz zu reinen Würfelspielen oder Glücksspielen und zu streng determinierten Spielen, die keine Auswahlmöglichkeiten offen lassen, den Vorzug, daß sie ein Betätigungsfeld menschlicher Freiheit sind. Das ist ihr Zauber, ihre Grenze - und ihre Gefahr." So schreibt der marxistische Philosoph Georg Klaus in seinem Buch "Spieltheorie in philosophischer Sicht" (Berlin, 1968, S. 56) und denkt dabei - rein äußerlich - natürlich an die "schlechten und freiheitsfeindlichen gesellschaftlichen Bedingungen" in der "kapitalistischen Welt". Doch ich weiß aus persönlichen Informationen, daß Klaus dabei keinesfalls <nur> an die kapitalistische Welt dachte - im Grunde sind die "schlechten und freiheitsfeindlichen gesellschaftlichen Bedingungen" das Problem eines jeden von uns! Wo denn sind wir wirklich frei, wo entscheidet Fähigkeit, Pfiffigkeit, Glück, kämpferischer Einsatz denn tatsächlich? Vieles ist doch immer durch Beziehungen ("Vitamin B"), durch irgendwelche Dokumente, die man bisweilen eher zufällig hat, durch Volks- und Gesellschaftsschichtzugehörigkeit festgelegt, vieles Falsche und Dumme muß man oft einfach akzeptieren, weil man ja noch befördert oder bei der nächsten Gehaltserhöhung nicht ausgelassen werden möchte! Klar, daß da unsere Veranlagung auf Kreativität, Kampf und Rausch dabei nicht auf ihre Kosten kommt. Oder denken wir an die Privatsphäre: Haben wir unsere Beziehungen wirklich frei und mit vollem Bewußtsein eingefädelt? Hatten wir das, was jetzt daraus geworden ist, wirklich einmal so vorgestellt? Sind wir nicht irgendwie gar überrumpelt worden? Und der Ärger mit den Kindern, das fehlende Geld, die Abgespanntheit nach einem langen Arbeitstag... Da kommen wir bei einem Fußballspiel wenigstens hin und wieder voll auf unsere Kosten! Hier zählen noch Können und Fleiß, noch Pfiffigkeit und Strategie! Und das alles sind genau die Fähigkeiten, die von Natur aus in uns stecken, weil wir ja von der Natur auf dem Kampf mit ihr zum Überleben geschaffen sind, jedoch wir das alles in unserer mickrigen Gesellschaft nicht mehr so recht einsetzen können. Hier hat jeder, der wirklich gut ist, auch mal eine Chance, hier kann sogar Kleinkleckersdorf gegen Bayern München gewissen! Und daß wir nicht selbst spielen, hat den Vorteil, daß wir uns dabei noch nicht einmal unsere Schuhe schmutzig machen müssen... Immerhin hat das Fußballspiel, das ja auch als Kampf gesehen werden kann, wenigstens den Vorteil gegenüber einem wirklichen, einem militärischen Kampf, daß es eben doch ein Spiel ist und nicht mit scharfen Waffen gekämpft wird. Was wäre, wenn wir unsere Veranlagung zum Kämpfen für die Situationen des normalen Lebens einsetzen würden, wo nun wirklich keine gesellschaftlichen oder sonstigen Zwänge bestehen und das schon einmal ohne jeden Schaden ginge, also im Bereich der persönlichsten zwischenmenschlichen Beziehungen, was wäre, wenn etwa Gretchen fit gewesen wäre, gegen Faust Strategien zu entwickeln und anzuwenden (siehe Spieltheorie)? Ob dann auch unser ganzes Leben nicht einen ganz anderen Pfefferminzgeschmack bekäme und wir auch ganz andere Grenzerfahrungen erleben könnten? Konzept von basisreligion ist nun, daß wir fit für diese wirklichen Kampfsituationen des Lebens werden und gewinnen! (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama) |