Dieses Stichwort ist übernommen aus der Seite Unsere-Kirche-2030 vom 15. April 2024 Paulus der MythenschmiedHyam Maccoby. Der Mythenschmied: Paulus und die Erfindung des Christentums. Reihe: Unerwünschte Bücher zur Kirchengeschichte.Ahrimann-Verlag, 2013, 253 Seiten, 19,80 € Während Ratzinger fleißig am Christus-Mythos weiterstrickte und die mythengläubige und -willige Masse solche mythenschmiedende Bücher massenhaft kaufte, erschien in dieser der historischen Wahrheit durchaus widrigen Situation in Deutschland ein Buch, das mit rationalsten Argumenten den üblichen Jesus-Mythos des Christentums ad absurdum führt. So kann man es verstehen. Hier eine Rezension von Prof. Dr. Hubertus Mynarek… Hyam Maccoby legt eine verblüffende Betrachtung vor. Maccobys Hauptthese, durch einen gewaltigen Apparat an philologischer, exegetisch-analytischer und historisch-kritischer Methodik und Gelehrsamkeit gestützt, besteht in dem in dieser Radikalität noch nie behaupteten absoluten und exklusiven Gegensatz von Jesus und Paulus. Ersterer war ein frommer Pharisäer (nicht im Sinne der negativ-verächtlichen Attribute, die den Pharisäern im Neuen Testament verabreicht werden), dem es nie in den Sinn gekommen wäre, eine neue Religion zu gründen. Wohl aber habe er sich als Messias des jüdischen Volkes gefühlt, der die jüdische Monarchie restaurieren, die römische Besatzung vertreiben, einen unabhängigen jüdischen Staat errichten und ein Zeitalter des Friedens, der Gerechtigkeit und des Wohlstands herstellen werde, das sogenannte ‚Reich Gottes‘. Das aber nicht mit militärischen Mitteln, sondern im Glauben an ein Wunder Gottes, das die Macht Roms brechen werde. Als dieses Wunder ausblieb, war seine Mission gescheitert. Weder sah er sich als Gottes Sohn, der nach diesem Scheitern wieder zu Gott Vater im Himmel zurückkehrt, noch seinen Tod als Sühneopfer für die Sünden der Menschheit und zu deren Errettung aus ewiger Verdammnis. Und nun kommt Paulus ins Spiel. Wahrscheinlich braucht jeder Mythos, jede Hervorbringung einer Kultgestalt ein Minimum an Faktizität, an tatsächlicher Basisgeschichte. Der genial listige und schlaue Paulus machte also aus dieser keineswegs extraordinären Gestalt Jesu mit Hilfe gnostischer, mysterienreligiöser und ein paar selektiv alttestamentlicher Elemente die ins pompös Metaphysisch-Kosmische erhöhte und erhobene Gestalt eines Erlösers und Heillands, eines Gottes und Gott ebenbürtigen Sohnes. Es war, so Maccoby, ›ein geniales Gebräu und Gewirk aus hellenistischen Bestandteilen, das oberflächlich mit jüdischen Schriften und Überlieferungen verlötet wurde, die es mit einer Art Historizität und einer Aura von Gültigkeit versehen sollten.‹ Der Mann, der dies bewerkstelligte, war nie ein pharisäischer Rabbi gewesen, obwohl er dies seinen Anhängern weismachte, ›sondern ein Abenteurer ohne irgendwie hervortretenden Hintergrund. Er verband sich zunächst mit den Sadduzäern, und zwar als dem hohen Priester unterstellter Polizeiagent, bevor er sich zum Glauben an Jesus bekannte.‹ Jene Bildung und jenen Kenntnisstand, die man im Allgemeinen mit den Pharisäern verband, hatte er nicht oder sehr unvollkommen. Seine Biografie habe er verzerrt und verfälscht, um seine missionarischen Aktivitäten besser durchsetzen zu können. Paulus also, wie Maccoby akribisch nachweist, ›kein in jüdischer Gelehrsamkeit und Tradition verwurzelter Pharisäer, vielmehr ein hellenistischer Abenteurer, dessen Bekanntschaft mit dem Judentum vergleichsweise spät und seicht war.‹ Das gesamte Christentum, das wir kennen bzw. an das die Christen glauben, ist durch und durch, von A bis Z ein Werk des Paulus. Die nazarenische Religion, also die Religion der unmittelbaren Jünger und Nachfolger Jesu in Jerusalem, des Petrus, des Jakobus etc., war lediglich und blieb eine Variante der jüdischen Religion, angereichert allein mit dem Glauben an die Auferstehung Jesu und damit, dass Jesus für sie immer noch der versprochene Messias war. Alles Andere aber ist das Werk des Paulus. Er schuf eine ganz neue Religion mit dem für das Christentum bis heute so zentralen Mythos vom Versöhnungstod des auf die Erde herabgestiegenen göttlichen Wesens, von der Notwendigkeit des Glaubens an diesen Opfertod und der mystischen Teilhabe am Tod der Gottheit als einzigem Weg zur Errettung des Menschengeschlechts aus der Verdammnis. Jesus selbst, so Maccoby, habe ›nie eine ähnliche Vorstellung besessen; er wäre über die ihm von Paulus zugeschriebene Rolle als eine leidende Gottheit verblüfft und schockiert gewesen.‹ Er hätte sie für ›heidnisch und götzendienerisch‹ gehalten, für eine ›Verletzung des ersten der Zehn Gebote‹. Es muss als großes Verdienst des Ahriman Verlags angesehen werden, ein solches radikal die Anfänge des Christentums entmythologisierendes Werk herausgebracht, es in unsere heutige mythengeile, mehr dem Ratzionalismus als dem Rationalismus huldigende Aktualität hineingestellt zu haben, so dass nur noch die relativ wenig Denkenden unserer Zeit als Leser erwartet werden können. Die englische Originalausgabe der hier besprochenen Übersetzung erschien ja bereits 1986 in New York, ohne dass sie im deutschen Sprachraum auf Widerhall gestoßen wäre. Allerdings hat der Ahriman Verlag auch schon früher Maccobys Buch ›Jesus und der jüdische Freiheitskampf‹ herausgegeben, die bisher nüchternste Rekonstruktion des historischen Jesus aus den Quellen. Natürlich kann nicht alles, was Maccoby vorbringt, komplett neu sein. Seit den Anfängen der europäischen Aufklärung und der historisch-kritischen Bibelforschung des 18. und 19. Jahrhunderts geistert ja die These vom Gegensatz zwischen Jesus und Paulus durch die Literatur. Aber es gibt im gesamten Raum der christlichen Bibelforschung und Theologie, egal welcher konfessionellen Richtung diese sich verpflichtet fühlen mag, bis heute keinen Exegeten oder Theologen, der es wagen würde, einen so radikalen Schnitt zwischen Jesus und Paulus durchzuführen. Jesus total und ausschließlich dem Judentum, Paulus total dem Christentum als dessen alleinigen Gründer zuzuschlagen, und das mit derart detaillierten und stichhaltigen Belegen und Argumenten. Im Moment geht wohl Lüdemann, der aus der Göttinger evangelisch-theologischen Fakultät ausquartierte Theologe noch am weitesten, indem er Paulus wohl ›als Organisator und Formelgeber des Christentums gelten lässt und insofern, aber nur insofern, als dessen praktischen Gründer, der er natürlich auch war, aber nicht, was viel bedeutender ist, als dessen substantiellen Erfinder‹, als welchen ihn allein Maccoby decouvriert. Der Rezensent muss gestehen, dass auch er in seinem Buch ›Jesus und die Frauen‹ zwar die gesamten Jesus-Mythologien heutiger Theologen von Rahner über Franz Alt, Küng, Drewermann usw. auf das viel geringfügigere Maß des historischen Jesus reduzierte, jedoch den Gegensatz von Jesus und Paulus nicht so einleuchtend radikal gesehen hat, wie das Maccoby in seinem hier besprochenen Buch plausibel macht. Dieser angesehene Talmud-Philologe und ehemalige Professor für Judaistik an der Universität Leeds hat sich meines Erachtens den klarsten und unabhängigsten Blick auf die hier zur Debatte stehende Problematik bewahrt. Maccobys Buch ist ein Muster an historisch-kritischer Präzisionsarbeit. Aber selbstverständlich muss bei ihm auch Manches in der Schwebe bleiben, als Hypothese gewertet werden, was nicht verwundern kann, wenn man die spärliche, fragmentarische Quellenlage berücksichtigt. Aber Maccobys Darstellung ist die plausibelste, begründetste, argumentativ überzeugendste, zugleich in besonderem Maße dazu angetan, die dunklen und zwiespältigen Anfänge des Christentums wirklich zu erhellen und logisch verstehbar zu machen. Keine wirklich wissenschaftlich relevant sein wollende Untersuchung der hier debattierten Problematik wird an einer Auseinandersetzung mit Maccobys Buch vorbeikommen können. QUELLEN Prof. Dr. Hubertus Mynarek in ‚Aufklärung und Kritik‘, 2/2007 Siehe auch sein neuestes Jesus-Buch und das kritisch zu ihm Stellung nehmende Buch Mynareks unter dem Titel ›Papst-Entzauberung. Das wahre Gesicht des Joseph Ratzinger und die exakte Widerlegung seiner Thesen‹, Norderstedt 2007, Verlag Books on Demand. F. E. Hoevels in seinem Vorwort zu dem hier besprochenen Werk, S. XI. H. Mynarek, Jesus und die Frauen, 1. Auflage im Eichborn Verlag 1995, 2. Auflage im Verlag Die Blaue Eule 1999.
Antworten auf „Paulus der Mythenschmied“Literatur, die mich
auch noch – außer dem Buch von Maccoby – auf die
Theorie mit dem „Machwerk der Mafia“ gebracht
hat - siehe unter Quellen. Zu
der Paulusgeschichte gehört jedenfalls unbedingt
die Vorgeschichte über Jesus und WARUM Paulus
diesen Jesus, der aller Wahrscheinlichkeit eine
realistische Person war, und der auch gekreuzigt
wurde, so verfälscht hat? Und hier muss ich
Maccoby heftig widersprechen: Die These, dass der
wirkliche Jesus einen unabhängigen jüdischen
Staat ohne Römer usw. wollte, und deswegen
aneckte, ist allenfalls dem Neuen Testament zu
verdanken, so wie wir es kennen, doch viel passt
auch da nicht. In Wirklichkeit waren diesem Jesus
die Unabhängigkeit Israels und die Römer
höchstwahrscheinlich eher egal, ihm ging es
vielmehr um die Überwindung eines geradezu
kriminellen innerjüdischen Missstands, also um
etwas völlig anderes! Ich denke, die
Sache ist ganz einfach: Jesus hatte sich für so
etwas Revolutionäres engagiert, dass er nicht nur
per Schau-Justizmord beseitigt werden musste (ja,
Schaumord, auf dass niemand es wagt, mit dem
Engagement Jesu weiter zu machen, und Justizmord,
weil auch noch staatliche Stellen mitgemacht haben),
sondern dessen Erinnerung unter allen Umständen
auch für die Nachwelt verhindert werden musste. Und die
Kreise, die also die Biografie über Jesus vefasst
haben (das Neue Testament kann ja als Biografie Jesu
gesehen werden), waren dieselben, die Jesus auch
umgebracht hatten! Denn als diese Justizmordkreise
erkannten, dass mit dem Tod Jesu sein Engagement
nicht zu Ende war, weil er bei seinen öffentlichen
Reden zu viele Zuhörer hatte, die auch noch
inzwischen in die ganze Welt verstreut waren
(Jerusalemwallfahrer!) und anfingen, diese Ideen
auch noch in aller Welt in die Praxis umzusetzen,
ging es einfach nicht, die auch alle umzubringen,
man konnte sie ja auch nicht ausmachen, weil sie
sich kaum oder nie auf Jesus beriefen usw. Also wurde
dieser Paulus in die frühe Gemeinde eingeschleust,
um die von innen heraus umzukrempeln, und das ging
am besten, wenn die Ideen Jesu so verdreht wurden,
dass sie im Großen und Ganzen zu einer normalen
Religion wurden, wie sie damals üblich war. Daher
also diese im Grunde sehr abstrusen Mythen wie in
den bekannten Göttergeschichten! Und die
Bekehrung auf dem Weg nach Damaskus ist natürlich
auch eine Erfindung – da gab es ja auch keine
neutralen Zeugen und man kann so etwas auch sehr
schön erfinden – und wenn man das nur lange genug
immer wieder mit großer Überzeugung erzählt, dann
wird es auch für viele glaubhaft – bis heute… Das
Neue Testament also ein Machwerk einer „Mafia“? Ja, das ist
doch mal eine wirklich plausible Sicht! Bedenken wir
andere Schriften der Antike: Da ist doch immer klar
abgrenzbar, welche historische Personen die verfasst
haben (außer vielleicht bei den Texten von Homer),
doch beim NT nichts dergleichen – alles ist vage.
Das passt doch total, dass diese Schriften von
Gegnern des wirklichen Jesus geschrieben und
irgendwie mit allen möglichen und unmöglichen Tricks
in die frühen Gemeinden eingeschleust wurden, um
die wahre Urheberschaft zu vertuschen. Aber was war
denn bei Jesus so revolutionär, dass es vertuscht
werden musste? Also auf alle
Fälle nicht das, was im NT steht – oder? Ein Prof.
von mir, ein Jesuit (Rupert Lay), meinte einmal,
dass die einzige Episode im Johannesevangelium, die
wirklich wahr ist, die von der verhinderten
Steinigung der Sünderin in Kap. 8 ist. So viel ich
mich erinnere, war sein Argument: Theologen haben
herausgefunden, dass diese Begebenheit nachträglich
in das Evangelium eingefügt wurde, sie passt auch
von der Thematik her gar nicht so recht in das ganze
Johannesevangelium. Diese Nachträglichkeit wird nun
oft als Argument angesehen, dass die Begebenheit
nicht stimmig ist. Doch es ist gerade andersherum!
Denn das Johannesevangelium dürfte Anfang des 2.
Jahrhunderts entstanden sein – und hatte noch
weniger mit dem wirklichen Jesus zu tun als die
synoptischen Evangelien (Markus, Matthäus, Lukas).
Es wurde nun irgendwie in die christlichen
Gemeinden eingeschleust und stieß natürlich auf
Skepis, ob der Jesus, der da geschildert wird, nun
wirklich der wirkliche Jesus war, ob dieses
Evangelium also „wahr“ ist. Und woran konnte das
damals ein normaler Gläubiger nun erkennen? Ganz
einfach: Dass Begebenheiten in dem Text sind, die
man schon von woanders her als gesichert kannte. Und
das dürfte eben diese Sünderingeschichte sein. Dass
ein Mann, eben dieser Jesus, eine Frau, die beim Sex
mit einem Mann, der nicht der ihre war, auf frischer
Tat erwischt wurde und gesteinigt werden sollte,
„raushaut“, so etwas wird weiter erzählt, auch über
Generationen hinweg. Das war mal etwas Besonderes,
so etwas hatte bis dahin noch fast niemand versucht
und erst recht nicht geschafft. Und auch, dass die
Kreise, die dieser Mann an der Steinigung gehindert
hatte, diesen Mann bei Gelegenheit umbrachten. Daher war es sinnvoll für die
Verfasser des Johannesevangeliums, die
Sünderingeschichte nachträglich in das Evangelium
einzuflechten, selbst auf die Gefahr hin, dass
aus ihr eigentlich zu erkennen ist, was der
wirkliche Jesus wollte. Doch wurde die Gefahr von
den Gegnern Jesu vermutlich gering eingeschätzt. Normale und
besonders fromme Leute kommen einfach nicht auf
den genannten Hintergrund dieser Geschichte, vor
allem, wenn sie von der Frage nach der Gesinnung
der beteiligten Männer auch noch geschickt
abgelenkt werden. Der Bezug zur Kreuzigung
wurde natürlich weggelassen, falls der
überhaupt miterzählt wurde. Jedenfalls
ist diese Geschichte wahrer als das ganze sonstige
Johannesevangelium. Ich bin nun durch
Kontakte mit Bekannten, die sich mit Leuten aus der
Halbwelt (Zuhälter!) mehr unterhalten hatten, darauf
aufmerksam gemacht worden, dass diese Begebenheit
die Geschichte einer verhinderten Bestrafung einer
unbotmäßigen Prostituierten ist – die umgebracht
werden sollte, auch zur Warnung für alle anderen
Frauen, dass sie nicht ähnlich unbotmäßig sein
sollten. Und Jesus, der ja mit Prostituierten
befreundet war, hatte sich mit denen natürlich auch
unterhalten, wie sie zu ihrem Job gekommen waren
(sehr oft mit dem Zweizeugenverfahren der Zuhälter,
die natürlich nach außen hin ehrenwerte Mitglieder
der Gesellschaft waren: „Entweder du hat Sex mit uns
– was den Einstieg in die Prostitution bedeutete –
oder wir zeigen dich an, dass wir dich ertappt
hätten, wie du Sex mit einem anderen Mann als dem
deinigen hattest, dann wirst du hingerichtet…“),
also per perfider Erpressung. Und das hatte
er dann in öffentlichen Reden breit getreten und die
Hinternänner der Unmoral zu seiner Zeit
angeprangert und vielleicht sogar bei den Namen
genannt – und auch, wie die Priester dabei wegsahen
und nichts unternahmen und also an dem ganzen
Desaster beteiligt waren. Und das muss so Usus in
der ganzen damaligen gottesstaatlichen jüdischen
Gesellschaft gewesen sein, es war also eine durch
und durch „zusammengevögelte Gesellschaft“ (um es
einmal mit den Worten des Arbeiterschriftstellers
Max von der Grün in seiner Kurzgeschichte „Frisöse“
deutlich und krass auszudrücken). Und Schuld war
eben vor allem auch die damalige jüdische
Priesterschaft, die direkt oder indirekt mitmachte… Wir wissen,
wie es diesem Jesus ergangen ist – die Mafia war
stärker als er, schließlich hatte die auch die
richtige Unterstützung von höchster Stelle! Und
warum diese Mafia bis heute unser Denken nicht nur
beeinflusst, sondern sogar richtig beherrscht! Doch
das kann man ändern! Mehr dazu auf meiner Website www.michael-preuschoff.de. Für eine Kurzfassung siehe https://basisreli.lima-city.de/einf-deu.pdf.
Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass
ich mich nicht nur auf das Buch von Hyam Maccoby
beziehe, sondern auch auf die Bücher von Christian
Lindtner, Karl-Heinz Deschner. Und das Buch von Petra
Reski lieferte dazu den Schlüssel, wie wahrscheinlich
alles zusammen hängt. Näheres dazu unter Quellen!
Anmerkung zur Auseinandersetzung mit Dr. Hoevels: Ich
habe das Stichwort "Quellen" erst nach seinen
Anmerkungen geschrieben, Dr. Hoevels hatte das,
was ich in dem Stichwort "Quellen" geschrieben habe, wie
man über Jesus etwas herausbekommen kann, obwohl das
Neue Testament ein offensichtlicher Betrug ist, bei
seinen Anmerkungen also nicht gekannt. Und ob Jesus tatsächlich gegen die Römer kämpfen wollte, ist belanglos, es dürften sich für so eine Unterstellung jedenfalls immer genügend Belege finden lassen, wenn man nur lange genug sucht und welche finden will. Immerhin hatte Petrus ja angeblich ein Schwert bei sich, wenn das kein deutliches Indiz ist, dass Jesus mit seinen Männern gegen die Römer kämpfen wollte (!!!) – ansonsten war Jesus aber offensichtlich ohne irgendwelche militärischen Kenntnisse und ohne irgendwelche "militärischen Mittel". Auf alle Fälle können Gegner Jesu mit der Unterstellung einer Revolte sehr gut von innerreligiösen jüdischen Angelegenheiten ablenken, und sie brauchen die also gar nicht zu erwähnen. Und zudem ging es ja auch gar nicht um „innerreligiöse Angelegenheiten“, es ging um einen höchst kriminellen Missstand, den die Gegner Jesu bei einer Anzeige wegen einer geplanten Revolte natürlich nicht sagen konnten und wollten. Und die über 70 Beziehungen zum Alten Testament? Die müssen ja auch geschickt in eine konstruierte Biografie eingebaut werden, das kann doch gewiss nicht jeder, da braucht es schon Fachleute, etwa um sich nicht in Widersprüche zu verwickeln – ich verweise auch hier auf die Argumentation Lindtners. Ich bleibe jedenfalls dabei, dass die "Normalmenschen" damals im Griff einer Mafia waren, gegen die sich Jesus wortgewaltig engagiert hatte – und deswegen von dieser Mafia in Komplizenschaft mit der Priesterschicht aus dem Weg geräumt wurde. (Wie brutal-unmenschlich Priester sein können, erfahren wir ja heute aus dem Iran.) Ich verstehe Herrn
Dr. Hoevels hier nicht, dass er so kompromisslos eine
solche Deutung der Geschichte Jesu ablehnt, immerhin ist
die doch sehr plausibel, ich meine auch, sogar weitaus
plausibler als die Version von der beabsichtigten
Revolte Jesu gegen die Römer. Und wie schön, dass er bei
der Ablehnung der Interpretation der
Sünderingeschichte auf derselben Wellenlänge wie die
etablierten Kirchen sein dürfte, die die Interpretation
mit dem Engagement Jesus gegen eine frauenfeindliche
oder zumindest frauenverachtende Mafia auch nicht mögen,
allerdings das – nach meiner Erfahrung – lieber nicht
offen sagen, um nicht selbst die eigene
Frauenfeindlichkeit und Frauenverachtung oder zumindest
Gleichgültigkeit gegenüber Mädchen und Frauen so
deutlich zu offenbaren. Wie schön, dass Herr Dr. Hoevels
hier den Kirchen zu Hilfe kommt, die Kirchen würden sich
freuen, wenn sie davon erfahren. Herr Dr. Hoevels sollte
einen hohen päpstlichen Orden bekommen! Und zum Schluss
muss ich Herrn Dr. Hoevels jedes Gefühl für
Wissenschaftlichkeit absprechen! Denn ein guter
Wissenschaftler weiß, dass alles auch immer ganz
anders sein kann und dass jemand, der zu anderen
Schlüssen kommt als man selbst, durchaus richtig
liegen kann – zumal wenn alles sehr unsicher
ist, was man selbst sagt, und sehr plausibel ist, was
der andere sagt ... (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama) Computer-Übersetzung des Buchs HONESTY AND FUN WITH THE MORALITY ins Englische unter ! |
Die von keiner philologischen oder althistorischen Sachkenntnis getrübten Phantasien des Herrn Preuschoff verdienen eine knappe Richtigstellung.
Wollen wir irgendetwas Reales über Jesus wissen, z.B. ob er jemals lebte, eines natürlichen oder gewaltsamen Todes starb oder welche Ansichten er hatte, so stehen uns nur zwei Quellen zur Verfügung: das NT in Gestalt der Paulusbriefe und der (synoptischen) Evangelien sowie der historisch-gesellschaftliche Hintergrund, auf dem er tätig gewesen sein muß. Über letzteren sind wir ganz gut im Bilde, da zu seiner Zeit schon lange eine anspruchsvolle griechisch-römische Tradition der Geschichtsschreibung existierte, die – ein Glücksfall – speziell seine Zeit und Gegend in Gestalt der erhaltenen Werke des Flavius Josephus recht ausführlich behandelte, während die Evangelien eine ganze Reihe sowohl von inneren Unstimmigkeiten wie auch Widersprüchen zu eben jenem gesicherten Hintergrund enthalten (Maccoby-Leser wissen mehr).
Von Paulus erfahren wir über Jesus fast nur, daß er gekreuzigt wurde – d.h. auf die typisch römische Weise hingerichtet wurde, die exklusiv für widersetzliche Sklaven und antiimperialistische Aufständische vorgesehen war -, jedoch nichts über seine „Lehre“, Herkunft oder eventuelle Wundertaten. Nur das „Abendmahl“ teilt uns Paulus mit (die Evangelien übernehmen den Bericht zunächst fast wörtlich, schmücken ihn aber mit der Paulus noch ganz unbekannten Judaslegende aus – Paulus läßt z.B. kurz nach dem Tode Jesu die ZWÖLF Jünger zusammentreten, was alleine schon seine zeitliche Priorität beweist), läßt sich aber auffälligerweise die Kenntnis des Vorgangs nur per Vision zukommen, obwohl er sie sehr leicht von Augenzeugen hätte erhalten können, mit denen er öfters zusammengetroffen war, allerdings in nicht sehr freundlicher Weise. Ebenso fällt auf, daß Paulus z.B. das berühmte „Liebet eure Feinde“ aus einem spätbiblischen Text und dazu noch vollständig zitiert, wo es doch hätte naheliegen müssen, seine verstümmelte und dadurch grell überspitzte Form, in der es später (in der „Bergpredigt“ Jesus in den Mund gelegt wird, direkt auf diesen zurückzuführen, wenn Jesus diesen Grundsatz denn nun tatsächlich explizit vertreten hätte.
Woher will Preuschoff eigentlich wissen, daß Jesus die Unabhängigkeit des jüdischen Staates vom Imperium „höchstwahrscheinlich eher egal“ gewesen sein soll, wie er sehr kühn bis geradezu frech, auf jeden Fall aber beleglos behauptet? In diesem Fall wäre Jesus weder gekreuzigt worden – in innerreligiöse Angelegenheiten mischten sich die römischen Besatzer strikt nicht ein -, hätte sich vor allem aber niemals als Messias bezeichnet noch wäre er jemals als solcher bezeichnet worden. Denn auch der ungebildetste Jude der Zeit wußte genau, daß damit der in der (natürlich hebräischen) Bibel versprochene Befreier der Juden aus nationaler Unterdrückung gemeint war, weshalb in eben jener Bibel sogar Kyros – mit Recht! – einmal als „Messias“ bezeichnet worden ist. Die römische Niederlage im Teutoburger Wald hatte dem jüdischen Messianismus, von dem vorher längere Zeit wenig praktisches zu bemerken gewesen war, erheblichen Auftrieb gegeben; seither war Judäa chronisch der unruhigste Teil des Imperiums, wovon z.B. Pontius Pilatus ein Lied singen konnte.
Ganz absurd ist die Behauptung, für die etwa 70 Bibelbezüge der Evangelien (nicht „des NT“, darin sind noch weitaus mehr) habe man „Fachleute“, gar „Geld“ gebraucht. Diese Bezüge und noch viel mehr Biblisches waren jedem Mitglied der Pharisäerbewegung geläufig, denn in dieser Hinsicht war sie der frühprotestantischen, insbesondere calvinistischen Bewegung sehr ähnlich, und Jesus gehörte ihr zweifelsfrei an. Aber selbst in die Alltagssprache unserer analphabetischen mittelalterlichen Bauern sind über 70 Bibel- bzw. NT-Bezüge eingegangen, vom „langen Laban“ bis zum „Scherflein der Witwe“ beispielsweise.
Völlige Ignoranz verrät auch die Idee, die verhinderte Steinigung der „Ehebrecherin“ sei besonders jesustypisch gewesen, gar die einzige authentische Evangelienstelle. Schon die spätjüdische, aber vorchristliche Legende von Daniel und Susanna, eine Legende, die sozusagen die männliche „Me-Too“-Parallele der Zeit dadurch bekämpfen wollte, daß Verleumder die gleiche Strafe erhalten, die sie ihrem Opfer (evtl. auch beabsichtigtem Erpressungsopfer) zudachten, macht uns auf das Gegenteil aufmerksam. Und schon ein oberflächlicher Blick in den Talmud zeigt, daß es den Pharisäern (und ihren Jabne-Nachfolgern) darum ging, typisch biblische Inhumanitäten, insbesondere aber besagte Steinigungen, durch extreme Beweislasthürden bis hin zur Unmöglichkeit zu erschweren. Daß sie damit Erfolg hatten, demonstriert z.B., daß Mohammed den Juden das Unterlassen dieser Steinigungen streng vorwarf. (Es ist egal, ob er das wirklich einmal tat, aber diese frühislamische Behauptung zeigt, daß sie sie auch außerhalb des römischen Machtbereiches eben unterließen und damit frühislamisches Mißfallen auslösten.)
Das muß genügen; wie unseriös kann ein Mensch doch sein, wenn es um Religionsgeschichte geht!
Und hier eine Antwort von M.P vom 7.11.2024: