21. Der (angeblich) so paradiesische Zustand der Naturvölker

 

Martina:  Ich habe aber einmal gehört, daß es in der Südsee auf nicht wenigen Inseln Völker geben soll, bei denen alle nackt herumlaufen oder zumindest herumliefen. Dort soll es auch absolut üblich sein, daß die Jungen und Mädchen ganz unbefangen Sex miteinander treiben, wie sie lustig sind. Das soll sich auch sehr positiv für die Psyche der Leute dort auswirken, alles Harmonie und eitel Sonnenschein. 

Beatrix: Hoppla. Das sind schon wieder so eine angebliche wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Mottenkiste von Leuten, die immer und überall nach Begründungen suchen, warum die sexuelle Freizügigkeit unserer Natur gemäß ist und daher auch bei uns sein müßte.

Martina: Stimmen die Erkenntnisse aus der Südsee etwa nicht?

Beatrix: Jedenfalls nicht so, wie du sie da gehört hast. Die Engländerin Sarah Dening hat in ihrem Buch “The Mythology of Sex” (London, 1996,  S. 44f) etwas genauer hingesehen. Und da ist wohl einiges anders. Zwar ist es etwa auf den Samoainseln, einer Inselgruppe in der Südsee, tatsächlich ein Statussymbol für die Jungen, wenn sie so viele Abenteuer mit Mädchen haben wie möglich, und es gibt auch genügend Mädchen, die da mitmachen. Doch die Mädchen werden dabei wenigstens zunächst einmal immer ausgetrickst, wenn nicht gar vergewaltigt - so wie das auch auf der ganzen Welt geschieht. Eine echte Freiwilligkeit der Mädchen ist wohl nie oder nur höchst selten mit im Spiel. Ist in Wirklichkeit also alles anders, als was uns die Forscher erzählen - man muß nur näher hinsehen (siehe Anthropologie)! Also, ich glaube von diesen Forschungen zuerst einmal gaaaar nichts...

Martina: Und mit welchen Mädchen treiben es dann dort die Jungen?

Beatrix: Vor allen mit denen der unteren Schichten, die sich irgendwie überreden lassen oder zu denen sie sich nächtens in die Hütte schleichen und die sie dann im Schlaf überrumpeln und schlichtweg vergewaltigen. Das wird dann “sleep crawling” genannt, also etwa “schlafen-erschleichen”.

Martina: Oh Gott, ideal scheint dort für die Mädchen die Liebe ja nicht zu beginnen.

Beatrix: Es kommt noch schlimmer: Den Jungen sind nähere Beziehungen zu den Mädchen dabei völlig unwichtig. Wenn sie zärtliche Worte gebrauchen, dann nicht aus Ehrerbietung für die Gefühle der Mädchen, sondern das ist bloß ein üblicher Trick, die Mädchen vom Weinen und Schreien abzuhalten, die dadurch ja ihre Familien aufwecken würden. Die Jungen prahlen schließlich auch damit, wenn sie mit möglichst vielen Mädchen Sex hatten. Und besonders geben diejenigen mit ihren Abenteuern an, denen es gelang, Jungfrauen zu entjungfern. Als das Höchste gilt, wenn ein Junge mit einer Häuptlingstochter durchbrennt, daher werden diese Mädchen sozusagen rund um die Uhr bewacht.

Martina: Da kann man sich ja vorstellen, daß es da dann wohl so eine Art Wettrennen - oder besser “Wettschleichen” - um die weniger bewachten jungfräulichen Mädchen der unteren Schichten gibt.

Beatrix: Die fangen daher eben meist schon sehr früh mit dem Sex an, vermutlich längst bevor sie zehn Jahre alt sind.

Martina: Unternehmen da eigentlich die Eltern zumindest der Mädchen nichts dagegen?

Beatrix: Erstens ist das wohl sehr schwierig, denn normale Leute können ja wohl ihre Kinder nicht dauernd bewachen, zweitens wissen die Eltern ja auch gar nicht, wie sie mit ihren Kindern “vorher” darüber reden sollen, nicht nur dort gibt es da keine Traditionen des Miteinanderredens, und dann haben die dort so einen Götterglauben, nach dem das alles zumindest von daher einen Sinn hat. Und daher denken die Leute gar nicht mehr nach und fügen sich.

Martina: Damit wäre das dort nicht die einzige Gegend in der Welt, in der Eltern sich hier so gleichgültig verhalten.

Beatrix: Und weil auch die Mädchen irgendwann Gefallen am Sex finden, entsteht schließlich bei manchen unserer westlichen Besucher und sogar Forscher der Eindruck, daß “die dort” halt eben “so” sind.

Martina: Das erzählt man dann auch uns, dabei ist das nur die halbe Wahrheit.  Schon interessant, daß das eine Frau herausbekommen hat, die Männer vor ihr haben immer nur das gesehen, was sie sehen wollten.

Beatrix: Nicht nur die Männer, auch Frauen übersehen die Wirklichkeit da nur zu gern. Denn es gibt auch bei denen eindeutige Interessen. Denk nur an viele Frauen, die zwar gegen die Männer sind, doch deswegen noch lange nicht den jungen Mädchen erklären, wie man richtig mit ihnen umgeht.

Martina: Die würden vielleicht sagen, daß schuld an allem die Nacktheit ist.

Beatrix: Wirkungsvoller wäre doch, wenn schon einmal die Mädchen wenigstens informiert wären, um was es sich dreht.

Martina: Dann würden die ganz sicher so laut schreien, daß den Jungen die Lust verginge.

Beatrix: Und es gibt tatsächlich Naturvölker, wo das zu klappen scheint oder zumindest zu klappen schien: eine hochstehende Moral trotz oder gerade wegen der Nacktheit. So soll es bei den Ureinwohnern Australiens, die ja auch bis vor nicht langer Zeit nackt herumliefen, absolut üblich gewesen sein, daß Mädchen jungfräulich in die Ehe gingen. Wie das heute ist, weiß ich nicht, die Ureinwohner werden sich wohl dem angepaßt haben, was sonst so üblich ist. Jedenfalls ist es schön, wie sich ein Junge dort früher verhalten hatte, der ein Mädchen verehrte und um es warb. Der schlief dann nämlich brav und enthaltsam vor dessen Hütte.

Martina: Vielleicht hatte das dann denselben Effekt, wie wenn Leute nackt in einem großen Bett sind - ohne etwas miteinander zu “machen”. Aber wie könnten wir das auf heute übertragen, damit das auch die Eltern heutiger Mädchen akzeptieren?

Beatrix: Ob das mit den australischen Ureinwohnern nicht eine Idee bietet? Sieh einmal: Das Vor-der-Hütte-Schlafen hat doch den Effekt, daß alle es sehen können - oder wenigstens sehen könnten, wenn sie auch nur irgendwann nachschauten - daß die beiden auch wirklich “nichts” miteinander haben. Was wäre also, wenn heute in unseren kühleren Ländern etwa der Junge auf einer Matte neben dem Bett des Mädchens schläft - und dabei die Zimmertür offen ist? Wenn es ihm wirklich um das Mädchen ginge, machte er doch auch das. So könnte das Mädchen eine konkrete Vorstellung gewinnen, was mit dem Jungen los ist, und die Eltern könnten mitbekommen, was die beiden machen oder eben nicht machen, wenn sie wollten.

Martina: Zumindest wäre da immer das Gefühl dabei, beobachtet zu sein. Darüber könnten man mit seinen Eltern vielleicht reden.

Beatrix: Die Eltern würden dann ja auch die Freunde kennenlernen und, weil irgendwann ja klar ist, wie ihr zusammen seid, auch eher die Zustimmung zu einer größeren Sache geben. Und dabei könnte ein Junge schon eher zeigen, was er wirklich zu bieten hat und wie er mit seinen Möglichkeiten umgeht. Denk nur daran, wie vielen etwa ihr Geld durch die Hände rinnt, indem sie bei den Mädchen Eindruck schinden wollen, doch im Endeffekt haben Mädchen da gar nichts davon. Denen wäre vielleicht an einer gemeinsamen irren Reise viel mehr gelegen.

Übrigens: Auch viele Jungen suchen Mädchen, die nicht auf vordergründige Eindruckschinderei aus sind, sondern die mit ihnen etwas Vernünftiges unternehmen möchten - auch und gerade ohne alle körperlichen Intimitäten.

 

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