MODELLDENKEN (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)


MODELLDENKEN IN DER (SEXUAL-)MORAL

Da ich feststellen musste, dass manche meiner Leser mit dem Denken in dieser Website überhaupt nicht klar kommen, denke ich mir, dass das daran liegt, dass diese irgendwie völlig anders als ich denken - und gerade im Zusammenhang mit der Art und Weise, wie ich das Thema anpacke.  Das ist beileibe kein abwertendes Werturteil über andere, das ist einfach normal, dass jeder anders denkt, und es ist doch die Aufgabe dessen, der etwas sagen will, sich verständlich zu machen.

Und da mir das inbesondere mit einem Bekannten so gegangen ist, der in einer alternativen Kirche ist, die sich sehr für die Sexualmoral junger Menschen engagiert, und der jedoch ganz offensichtlich die Präsentation über die verschiedenen Moralmodelle überhaupt nicht verstanden hatte (deutliches Indiz für mich war, dass er immer Sexualität und Nacktheit in ein und denselben Topf warf), habe ich ihm einmal eine Mail zum Modelldenken geschrieben. Die gebe ich also hier wieder!

Lieber Joachim!

Ich habe mir also überlegt, was wäre, wenn ich nach einem passenden Modell suche, wenn ich also "unser Thema" mit etwas aus der Medizin vergleiche. Also dass der "voreheliche Verkehr" so etwas wie eine Krankheit, vielleicht auch eine ansteckende Krankheit, ist. Damit will ich jetzt nicht über das Thema reden, ob er tatsächlich eine Krankheit ist, sondern es geht nur um ein anderes Bild, ein anderes Modell! Bei dem Vergleich mit der Krankheit stimmt alleredings schon einmal, dass er eben "nicht Gesundheit" ist, darüber sind wir (Anm.: Ich meine hier den Bekannten und mich!) uns ja auch einig. Ja, dass Du meintest, mir das erklären zu müssen, wie nachteilig der voreheliche Verkehr ist, und wie schön es ist, wenn die jungen Menschen erst nach der Ehe damit anfangen, das hat mich doch sehr verwirrt, denn das ist doch uns beiden eigentlich völlig klar! Und das hieße ja, dass Du denkst, dass mir das nicht klar ist...

Dir und mir geht es also darum, wie man nun den vorehelichen Verkehr der jungen Menschen verhindert. Und wie Du Dir das vorstellst und welche Wege Du einschlägst, davon hast Du ja nun genug Kostproben gebeben, doch ich gehe also - entsprechend dem Vergleich mit einer Krankheit - so vor (weil ich gesehen habe, dass es alle die anderen Methoden eben doch nicht bringen, davon lassen sich die jungen Menschen nun einmal doch nicht so recht so überzeugen, dass sie das auch in der Praxis durchhalten):

Zunächst einmal habe ich nun beobachtet, wer diese Krankheit bekommt, unter welchen Umständen, mit wem er zusammen war, welches so seine Gewohnheiten sind - und was die Leute über die Krankheit im Kopf hatten, bevor sie die bekamen, und wie sie sich also dagegen schützten. Und wie die Eltern ihre Kinder schützten, damit diese sie nicht bekamen.

Ja so machen das doch alle Mediziner, die effektiv eine Krankheit bekämpfen wollen. Ich lese das immer wieder im Wissenschaftsteil der WELT, und die Erforscher von Krankheiten machen das genauso.

Und da habe ich also festgestellt, dass die allgemeine Auffassung ist, dass man diese Krankheit ganz sicher durch die Berührung mit kaltem Wasser bekommt (um hier mal einen konkreten Grund zu nennen, damit ich im Bild bleibe - im Übrigen glaubt man so etwas in China tatsächlich, dass etwa das Händewaschen im kalten Wasser für Frauen in der Menstruation schädlich ist) und dass man gerade die jungen Menschen vor dem kalten Wasser warnen muss, ja sie sollen damit noch nicht einmal in Berührung kommen. Na gut, dann schaue ich mir mal an, inwieweit alle die, die die Krankheit bekommen haben, nun mit kaltem Wasser in Berührung kamen. Und ich stellte schon beim ersten Eindruck fest, dass da ganz offensichtlich gar kein rechter Zusammenhang zu sein scheint. Denn es kriegen auch viele Leute die Krankheit, die nie etwas mit kaltem Wasser zu tun hatten, und andererseits kriegen Leute, die ständig mit kaltem Wasser zu tun haben, die Krankheit dennoch nicht. Und ganz im Gegenteil, viele von denen strotzen sogar vor Gesundheit. Natürlich, viele Kinder planschen schon mal im Wasser, vor allem wenn sie unbeobachtet sind, doch soll es das sein? Man kann natürlich alles so sehen, doch dann wäre anderes viel plausibler... 

Wie sind also die wirklichen Zusammenhänge? Was treiben die Gesunden, was die Kranken sonst noch so? Essen sie regelmäßg Äpfel? Gehen sie in die Sauna? Treiben sie Sport? Trinken sie Kaffee, trinken sie Alkohol? Glauben sie an Gott? An den katholischen? An den Teufel? An die Dreifaltigkeit? Woran also kann es liegen, dass die einen gesund und die anderen krank sind?

Und so weiter, ich nehme an, Du weißt schon, auf was ich hinaus will und was ich festgestellt habe!

Jedenfalls müsen wir hier einmal unbedingt sachlich sein und uns vor irgendeiner Krankheitsbekämpfung fragen, was wir eigentlich wollen! Wollen wir wirklich die Krankheit bekämpfen oder wollen wir, dass sich die Menschen nicht mehr in kaltem Wasser waschen?

Denn wenn wir die Ursachen der Krankheit nun nicht richtig analysieren und immer eine Ursache sehen, die es gar nicht ist und diese angebliche Ursache bekämpfen, dann verhindern wir diese Krankheit am Ende nicht nur nicht, sondern wir leisten ihr sogar noch Vorschub! Es ist also schon wichtig, dass wir hier sehr genau und rational und kritisch vorgehen und die Nerven behalten! Und vor allem nach dem Motto aller Wissenschaft: "Es kann auch ganz anders sein, als wir bisher dachten und auch, was wir uns so zurecht gelegt haben..".

Hier hilft also nur absolute Sachlichkeit! Und sich nicht verwirren lassen, was alle sagen. Es kann ja auch sein, dass "diese alle" gar kein Interesse an der Beseitigung der Krankheit haben, weil sie an der Pflege der Kranken viel mehr verdienen?

Und wie kann man das herausbekommen, wo irgendwelche Bekämpfer der Krankheit wirklich stehen, ob sie Freund oder Feind sind, ob sie also wirkliche Bekämpfer sind oder nur so tun? Kann man das nicht daran erkennen, wie sachlich sie sind, ob es ihnen also nur um das kalte Wasser geht oder wirklich um die Krankheit? Deutliches Zeichen dafür ist, dass sie nicht auf das kalte Wasser programmiert sind, sondern dass sie hier wirklich sachlich drüber nachdenken und andere Möglichkeiten zumindest schon einmal in Erwägung ziehen können.

Wie wichtig das jetzt bei "unserem Thema" ist, um wieder zu dem Zusammenhang von Nacktheit und Sex zurückzukommen, können wir vielleicht besser erkennen, wenn wir uns die Verhältnisse in einem anderen Land und in einer anderen Kultur ansehen. Ich denke hier an den Iran. Dort gibt es nämlich einen völlig prüden Gottesstaat, in dem aus Gründen der Moral alles Mögliche und Unmögliche, was die Menschen nun einmal erfreut, weil angeblich moralgefährdend verboten ist und es gibt eine Sittenpolizei, die argwöhnisch darüber wacht, das diese Verbote auch strikt befolgt werden. Und - wir wissen es - Frauen drüften nur voll verschleiert auf die Straße und auch sonst in die Öffentlichkeit. Und was kommt dabei heraus, wie sieht also die Praxis aus? Ist der Iran wirklich das moralische Land geworden, das sich die Priesterkaste "da oben" vorstellt? Mitnichten! Nichts hat sich in Fragen der Moral verbessert! Prostitution gibt es noch genauso wir vorher (und vielleicht sogar noch mehr), nur läuft die jetzt unter den Spielregeln der islamischen "Ehe auf Zeit", die ja vorgesehen ist. Also heiraten die beiden eben kurz und lassen sich hinterher wieder scheiden. Und sonst? Eine Studentin sagte einmal einem westlichen Journalisten: "Wir dürfen hier gar nichts, alles hat man uns verboten. Doch eines können sie uns nicht verbieten, und das ist das Ficken. Also tun wir das! Und wir feiern hier wohl auch die wüstesten Parties auf der ganzen Welt - natürlich hinter verschlossenen Türen!" 

Was ich also sagen will: Sex und Nacktheit sind zwei verschiedene Stiefel! Und bevor wir anfangen, die jungen Menschen zur christlichen Ehemoral zu bekehren, müssen wir uns erst einmal klar werden, was wir eigentlich wollen analog zu dem Modell mit der
Krankheit und dem kalten Wasser! Stimmt der Zusammenhang von Nacktheit und Sex überhaupt? Denn wenn der nicht stimmt - und es sieht alles danach aus, dass er nun einmal nicht stimmt - der wird, wenn er die Nacktheit oder auch nur die Offenheit verbietet oder den Menschen sonstwie verleidet, damit bisweilen nur erreichen, dass es keine Ventile mehr gibt und dass die Menschen also genau das machen, was eigentlich nicht sein sollte! Ja und dass sie natürlich nach außen hin so tun, dass sie sich an die Regeln halten, dass sie also heucheln...

Sieh, und aus diesem Denken heraus habe ich eben die Präsentation gemacht! Und ich habe nun einmal festgestellt, dass zwar alle (nein, nicht alle!!!) meinen, dass die Nacktheit die Ursache ist, doch bei näherem Hinsehen stimmt das einfach so nicht! Und im Gegenteil, so wie der Spaß am Herumplanschen im kalten Wasser - je nachdem - ausdrücklich einen gesundheitsfördernden Effekt haben kann, so auch der Spaß an der Nacktheit! Natürlich, ein richtiger Umgang gehört nun einmal dazu, denn wenn man es nciht richtig macht, dann kann das kalte Wasser auch tödlich sein. Und man muss ja auch schwimmen lernen! Und die, die den jungen Menschen Angst vor dem kalten Wasser machen, die sorgen doch nur dafür, dass sie bei Gelegenheit sich nicht helfen können, einen Herzinfarkt erleiden oder auch noch ertrinken. Denn das Wasser kommt nun einmal irgendwann auf sie zu...

Ja so ungefähr! Ob Du mich jetzt verstehst, wie ich denke? Ja genauso gehe ich vor - ich versuche einfach völlig undogmatisch und sachorientiert zu sein!

Und ich habe ja auch schon extrem gute Erfahrungen damit...

Also versuche ich, das weiter zu geben - indem ich Schwimmlehrer werde (also das Gegenteil mache von dem, was die meisten Menschen denken) und junge Menschen zum Schwimmen motivieren möchte, genauer "zum Spaß am Schwimmen"! Und ihnen natürlich auch erkläre, wie schön es ist, gesund und fit zu sein, und wie sie sich vorsehen können, damit sie nciht von denen, die genau daran kein Interesse haben, untergetaucht werden usw. Aus diesem Engagement und aus dem Mailwechsel mit einem Mädchen (17) heraus ist etwa das Buch entstanden "Spaß und Selbstbewusstsein mit der Moral der Kirchen - nur: Spaß und Selbstbewusstsein junger Menschen im Zusammenhang mit der Sexualmoral wollen die Kirchen schon gar nicht!" Siehe HIER!

Und Jesus? Ich meine, der wollte auch nur so ein Schwimmlehrer sein! Doch er wurde einerseits (auch) nicht verstanden, andererseits wurde er verstanden - und aus dem Verkehr gezogen... Siehe dazu das Stichwort Kriminologischer Ansatz!

Ich schicke diese Mail auch mal an Manfred. Ja, ich meine schon, er geht von dem gleichen Denkmodell wie ich aus - und auch seine Frau... Daher verstehen wir uns auch so gut.

Und jetzt schau noch mal bitte in die Präsentation - unter dem Aspekt dieser Mail.... Ich hoffe, Du siehst das dann auch anders.

Ich habe übrigens den Eindruck, dass die meisten, denen ich sie zugeschickt habe, diese Präsentation so wie ich sehen. Es scheint mir also gelungen, hier die Sprache der meisten Menschen zu sprechen... Es kann natürlich auch sein, dass das nur die sind, die ich sowieso kenne, die es also trotz allem mit mir ausgehalten haben. Und dass die meisten so wie Du denken. Na, diese Möglichkeit muss ich auch im Kopf haben. Für die also dieses Stichwort!

Die Praxis dazu:
Den "Offenen Brief eines alten Religonslehrers an junge Mädchen über die weibliche Sexualität und die Bibel" (Mai 2012) gibt es auch online auf Deutsch, auf Englisch und auf Niederländisch!