FANNY HILL (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)


FANNY HILL ist der Name einer Edelprostituierten und gleichzeitig Titel eines erotischen Briefromans von John Cleland, der zuerst 1749 in London erschien. Die Geschichte spielt in England: Ein verwaistes bildhübsches Mädchen hält es bei ihren Verwandten auf dem Land nicht mehr aus und beschließt im Alter von fünfzehn Jahren, sich in London als Dienstmädchen zu verdingen. Dabei gerät sie in ein Edelbordell, das sie allerdings nicht als solches erkennt. Einen alten und hässlichen Freier schlägt sie aus und verliebt sich in einen gutaussehenden jungen Mann "aus wohlhabendem Haus", mit dem sie dann durchbrennt und die körperliche Liebe aus vollen Zügen genießt. Doch die beiden verbindet mehr, es ist so etwas wie die echte Liebe. Doch der Vater dieses Jungen sieht nur das "sittenlose Treiben" seines Sohns, das ihm nicht recht ist. Und so schickt er ihn auf eine Geschäfts- oder Studienreise ins Ausland. Fanny Hill hat Glück im Unglück und landet in einem noch edleren Freudenhaus, wo die Bordellmutter sich allerdings sehr gut und mit hohem Anspruch um "ihre Mädchen" kümmert, damit sie nicht ganz verloren gehen und sozusagen wieder "auf die Beine kommen". Ihre Einstellung ist etwa die: "Sie hatte wirklich nie ihre Kunden überfordert und stets deren Geschmack sorgfältig studiert; sie hat nie von ihren Zöglingen Unmögliches verlangt, noch nahm sie ihnen etwas von ihrem - wie sie sagte - harten Verdienst. Sie war eine strikte Feindin der Verführung wirklicher Unschuld und gründete ihren Erwerb nur auf unglückliche Mädchen, die, schon einmal verloren, desto würdiger des Mitleids sind. Unter diesen suchte sie sich allerdings diejenigen aus, die ihren Absichten am besten entsprachen, und sie rettete sie, indem sie sie zu sich nahm, vor der Gefahr des öffentlichen Untergangs, Elends und Verderbens." Jedenfalls findet Fanny Hill schließlich nach mancherlei Abenteuern eine älteren Herrn, dem sie eine gute Mätresse ist und der ihr nach seinem Tod ein für ein ehrenwertes Leben ausreichendes Vermögen hinterlässt. Beim Verlassen Londons trifft sie wie durch ein Wunder auf ihren ersten Freund und das Ganze kommt zu einem Happy End und sie wird eine gute Ehefrau und Mutter.

"Die erste deutsche Übersetzung erfolgte 1906, zahlreiche weitere Ausgaben folgten, die jedoch alle indiziert und als unzüchtig beschlagnahmt wurden. Die Indizierung wurde noch 1968 von einem Münchener Gericht bestätigt. Erst am 23. Juli 1969 entschied der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, »dass Fanny Hill zwar ein Werk der erotischen Literatur, aber keine unzüchtige Schrift sei«. Seitdem darf das Werk in Deutschland frei verkauft werden und erlebt nahezu jedes Jahr eine Neuauflage, inzwischen auch als Hörbuch." (Zitat aus Wikipedia).

Aus der Sicht von basisreligion ist das Werk ganz und gar nicht unzüchtig und jugendgefährdend. Ich finde es sogar gerade für junge Menschen hervorragend zur Lektüre geeignet - natürlich muss man mit ihnen darüber reden. Denn es ist sehr offensichtlich, dass Fanny Hill durchaus nicht einen idealen Einstieg in die Liebe und schließlich nur Glück hatte, es hätte auch anders ausgehen können. Und ganz offensichtlich fand sie selbst ihre diversen Abenteuer auch als völlig überflüssig. Als Ergänzung würde ich jungen Menschen und gerade Mädchen unbedingt das Stichwort "weibliche Sexualität" empfehlen.

Ob die Moral des Romans allerdings nicht nur ein Vorwand ist, um ihn gerade in der damaligen Zeit veröffentlichen und verbreiten zu können? Natürlich kann es das sein, doch trifft das nicht auf unsere ganze heutige sexuelle Aufklärung auch zu - und oft noch viel mehr? Jedenfalls wird auf die Moralisiererei auch in dem Roman - am Ende - eingegangen: "Sie lachen vielleicht über diesen moralischen Schluss, den die Macht der Wahrheit mir abzwingt - ein Resultat vieler Erfahrungen, meiner und anderer. Sie finden am Ende die Moral deplaziert und nicht stilvoll, glauben womöglich, sie sei nichts als der Kunstgriff eines Frauenzimmers, die mit einigen dem Altar der Tugend entwendeten Schleierfetzen die Zeichen ihrer Verkommenheit verhüllen will - so wie einer, der meint, maskiert zu sein, wenn er statt der Schuhe Pantoffeln anzieht, oder wie ein Pamphletist, der sein schlimmes Libell <Anm.: "Büchlein", "Elaborat"> damit schützen will, dass er es mit dem Gebet für den König beschließt. Aber ich weiß, Sie haben eine bessere Meinung von meiner Aufrichtigkeit, und so will ich Ihnen nur dieses vorstellen: Lassen Sie die Wahrheit etwas wagen, das Laster in seinem blendendsten Lichte zu zeigen - und Sie werden sehen, wie unecht und niedrig seine Freuden gegen die der Keuschheit sind, die wohl die Sinnlichkeit nicht würzt, aber selber eine Würze von höchsten Geschmacke ist. Die Rosen auf dem Pfad des Lasters werden faul, die auf dem Pfade der Tugend sind unvergänglich."

Und ich meine doch, die Briefschreiberin hat hier sehr Recht - oder eben der Verfasser des kleinen zeitlosen Romans.