An ein Jenseits und eine Belohnung oder Bestrafung glauben Sie nicht?
Jesus redete von “später”, das kann alles Mögliche sein. Und er redet auch davon, daß er mit seinen Getreuen dort vom Weinstock trinken werde, das weist ja eigentlich auf eine diesseitige Lebenssituation hin. Es ist vermutlich so, daß sich recht bald nach den Tode Jesu ein typischer Volksglauben im Hinblick auf ein Weiterleben nach dem Tode auch auf die Botschaft Jesu übertrug und daß schließlich durch die intellektuelle Aufbereitung des Apostels Paulus der Auferstehungsglaube und Jenseitsglaube daraus wurde, der heute noch als charakteristisch und unverzichtbar für das Christentum angesehen wird. Dabei ist das Wort „Apostel“ im Zusammenhang mit Paulus mit Vorsicht zu genießen, denn Paulus war keinesfalls einer der Apostel Jesu sondern jemand, der Jesus gar nicht persönlich kannte und der erste einmal sogar zu derjenigen jüdischen Gesellschaftsschicht gehörte, mit denen Jesus gar nicht klar kam, nämlich zu den Pharisäern. Und er hat sogar die ersten Jesusanhänger verfolgt. Also, es ist doch sehr naheliegend, dass dieser Paulus zwar nicht beabsichtigt, aber doch zwangsläufig aus der Botschaft Jesu etwas ganz anderes gemacht hat, als was Jesus gemeint und gewollt hatte. Er hat in diesen Jesus einfach das hineininterpretiert, „wovon er schon immer träumte“. Und da ist dann erst eine Religion daraus geworden.
Ohne Jenseitsglauben – nimmt man da den Menschen denn nicht jede Hoffnung? Dazu ein Vergleich: Wenn mich etwa ein Mensch, der sich auf der Flucht befindet, fragt, wie er ins rettende Ausland kommt, werde ich ihm dann empfehlen, am Bahnhof auf den Zug zu warten – obwohl ich mir einigermaßen sicher bin, daß da nie mehr ein Zug kommt? Ist es nicht vielmehr meine Pflicht, alles zu tun, damit er begreift, daß es gar keinen Zug mehr für ihn gibt? Denn erst, wenn er das begriffen hat – wird er sich anderweitig umschauen und bemühen - und sich zu Fuß oder per Fahrrad durchschlagen - und er hat wenigstens eine Chance, gerettet zu werden. So sehe ich das auch mit dem Jenseits. Erst wenn wir wirklich begriffen haben, daß da “nichts ist”, dann werden wir versuchen, hier und jetzt etwas zu machen. Natürlich ist das nicht leicht, besonders nicht für die, die den größten Teil ihres Lebens auf ein Leben nach dem Tod hin gelebt haben, wo solcher Glaube sozusagen zum Sinn ihres Lebens geworden ist. Doch erfahrungsgemäß sind auch solche Menschen offen für Alternativen. Hauptsache, wir wachen aus der Erstarrung unseres Glaubens auf. Ich bezweifle übrigens, ob das, was wir um der Belohnung willen im Hinblick auf ein Leben nach dem Tod tun, wirklich gut und wertvoll ist, und ob ein solcher Glaube die Menschen wirklich besser macht. Im Übrigen dürfte Gott - falls es ihn überhaupt gibt - uns nicht danach richten, an was wir geglaubt haben, sondern was wir getan haben. (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama) |