Seite 14 / Freitag, 27. Februar 1998, Nr. 49
Polizisten heben Menschenhändlerbande aus
Größter Einsatz seit Jahren In Nordrhein-Westfalen / Vierzehn Festnahmen
DÜSSELDORF, 26. Februar (dpa) Mit dem seit Jahren größten Polizeieinsatz in
Nordrhein-Westfalen ist dem Treiben eines Menschenhändlerringes ein Ende gesetzt
worden. Mehrere Hundertschaften Polizei und Sondereinsatzkommandos stürmten am
Mittwoch abend mehr als zwanzig Bordelle, Wohnungen, Asylbewerberheime und eine
Spielhalle im südlichen Sauerland und nahmen vierzehn Bandenmitglieder fest.
Dies teilten das Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft Hagen am
Donnerstag in Düsseldorf mit.
Sechs Männer sind flüchtig. Die deutschen, albanischen, türkischen und
italienischen Verdächtigen sollen seit Jahren junge Frauen aus Osteuropa mit
falschen Versprechungen in den Westen gelockt und mit Gewalt zur Prostitution
gezwungen haben.
Außerdem wurde ein 37 Jahre alter Polizist aus Lüdenscheid festgenommen, der
Polizei-Aktionen an die als gewalttätig geltende Bande verraten haben soll.
Gegen zwei weitere Beamte einer zivilen Einsatzgruppe wird ermittelt. Alle drei
sollen sich mit dem Verrat „kostenlosen Beischlaf" erkauft haben. Das
Landeskriminalamt hatte die verdeckten Ermittlungen im Juni 1997 aufgenommen,
nachdem sich bei einer Razzia ein Opfer der Polizei offenbart hatte. Mit Hilfe
der Aussagen von sechs weiteren Frauen waren die Fahnder dem Ring auf die Spur
gekommen.
Bei der Razzia wurden in Meinerzhagen, Plettenberg, Werdohl, Lüdenscheid,
Iserlohn und anderen Städten des Märkischen Kreises 24 gefangengehaltene Frauen
gefunden. Einige hätten monatelang in engen Räumen bei heruntergelassenen Rolladen ausharren müssen, ohne an die frische Luft
zu gelangen, sagte
Staatsanwältin Lohmann. Die im Durchschnitt zwanzig Jahre alten Frauen, die
innerhalb der Bande für 3000 Mark verkauft wurden, seien auch geschlagen und
vergewaltigt worden.
Mit der Aktion habe die Polizei "Entschlossenheit gezeigt, den modernen
Sklavenhandel zu verfolgen", hieß es. Im Jahr 1996 seien in Nordrhein-Westfalen
400 Frauen befreit worden, die zuvor gewaltsam festgehalten und zur Prostitution
gezwungen worden waren, sagte Kriminaloberrat Spröde. Schätzungen über die
tatsächliche Zahl gingen aber in die Zehntausende. „Für Nordrhein-Westfalen
würde ich keine Zahl schätzen, die weniger als fünf Stellen hat", sagte Spröde.
(Wörterbuch von
basisreligion und basisdrama)
|