Paris im Mai 89

 

Kurz entschlossen, ein langes Wochenende in Nordfrankreich. Der Anlaß war der Besuch einer befreundeten Frauenzeitschriftredakteurin aus Leipzig. Wir wollten doch einmal ausprobieren, wie so eine Fahrt nach Frankreich mit an der Grenze auszustellendem Ersatzreisepaß klappt, denn da gab es ja noch die deutsche Teilung (und alles klappte bestens). Und dann wollte ich auch einmal meine neue Gasanlage testen (davon kam ich nach ein paar Jahren wieder ab – ich wohne zur Zeit zu weit von der holländischen Grenze entfernt als dass es sich lohnte, da immer hinzufahren, um zu tanken.

Freitagnachmittag kurz vor 3 Uhr Abfahrt, ohne Staus und andere Probleme durch Belgien nach Frankreich. Da ich in Paris erst ein Zimmer ab Samstag bekommen hatte (Telefon), mußten wir die erste Nacht woanders verbringen. Und da so wunderbares Wetter war, also zum Kanal, also in kurz vor dem Atlantik. Schließlich wollten wir ja auch einmal sehen, wie das mit Ebbe und Flut ist... Bei der Durchfahrt durch Amiens hatten wir noch Glück - um 8 Uhr hatte die Kathedrale noch offen, eindrucksvoll die Fassade. Dann schnell weiter, denn wir wollten ja die Küste noch im Hellen erleben. Wir hatten Le Treport angepeilt und waren überrascht von einer Stadt am Fuß von ca 100 m hohen Kreidefelsen. In der Trichtermündung lagen die kleinen Schiffe auf dem Trockenen: Ebbe. Unterhalb der Felsen Gang am wilden Strand, Kiesgeröll und schließlich Imbiß mit einem halben Liter Wein. An dem Fluß (im Trichter) Übernachtung in einem kleinen Hotel, die sogar meine Visacard akzeptierten.

Morgens dann mit Auto auf die Felsen und weiter in Richtung Paris. In Eu kurz hinter der Küste gotische Kollegiatskirche mit Krypta mit den Gräbern der Fürsten von Artois. Weiter nach Beauvais mit dem Torso der Kathedrale, die die größte der Welt werden sollte. Schiffhöhe 48 m, zum Vergleich der Kölner Dom 42 m, der leider eingestürzte Dachreiter war 153 m hoch, die Kölner Domtürme 156 m.  Nicht viele Besucher, aber zwei Sopranistinnen übten, wundervoll. Kurz vor Paris dann noch die Kathedrale von Saint Denis, leider kostete der Chor saftigen Eintritt, den wir uns schenkten, damit dann auch die Rosetten verpaßten. Aber nur für einen Blick...schließlich gab es da noch andere Rosetten!

In Paris wieder mein kleines Hotel bei Arts et Metiers in einem Zimmer, in dem ich schon einmal logierte. Erstes Ziel: Place de la Republique, wo ich wußte, daß da ein Fertiggerichtrestaurant (Selbstbedienung) mit französischem Essen war. Erste Enttäuschung: es war nicht mehr da, stattdessen alles solche amerikanischen Hamburger Restaurants! (Meine Schüler hatten schließlich ein solches auch vorgezogen...). In einer kleinen Passage fanden wir ein türkisches Restaurant und aßen so einen Hackbraten.

Dann Bummel in Richtung Notre Dame. Zuerst Centre Pompidou, auf das wir mit den Rolltreppen, die in großen Glasröhren außen hochführen, hinauffuhren. Erster Blick über ganz Paris. Vor allem unten war viel los. In der Nähe das Einkaufszentrum auf dem Gelände der ehemaligen Gemüsehallen, die man vielleicht heute nicht mehr abreißen würde. Mehrere Etagen unter der Erde. Über die Seine zu Notre Dame. Dort schlief ich im Anblick der Südrosette ein wenig, wobei mir einfiel, daß ich ja mein Radio im Auto gelassen hatte (das macht in Paris niemand wegen der Diebstahlgefahr). Vor der Messe also zurück zum Auto und Radio ausgebaut und ins Hotelzimmer gebracht! Und wieder in Notre Dame kam ich gerade am Ende der Predigt - die hätte ich ja sowieso nicht verstanden! - Dann weiter ins Quartier Latin (Universitätsviertel) zum Jardin de Luxembourg - Ruhepause auf Eisenstühlen. Doch bald Trillerpfeifen von allen Seiten: der Park wurde geschlossen und die Besucher von Polizisten vertrieben, doch alles sehr geruhsam. Beim ersten Trillerpfiff war's wie bei uns im Lehrerzimmer beim Klingeln nach der Pause: Zunächst tat sich gar nichts, dann aber (wie wenn der Chef persönlich kommt). An der großen klassizistischen Kirche St. Sulpice vorbei zu einer Metrostation, und dann erst einmal ins Hotel. Dort Abendessen mit Tripes (Kaldaunen), die ich am Mittag in einem Kaufhaus gekauft hatte. Und schließlich mit dem Auto auf den Mont Martre.

Die Hinfahrt ging ja noch, aber die Runterfahrt... Die Kirche machte leider gerade zu (23 05 Uhr), wir hatten einen kurzen Blick - und brauchten für die Fahrt zum Hotel 75 min. obwohl die Strecke in 10 min zu schaffen wäre... Glücklicherweise kam ich mit meinen intuitiven Schleichwegen zurecht. Dabei fuhren wir auch an der erleuchteten Oper vorbei.

Sonntag dann gleich erste einmal zum Louvre, noch war kaum eine Schlange zur Empfangshallenpyramide im Hof. Innen dann zu den Knüllern: Venus von Milo, Nike von Samothrake, ägyptische Schreiber, Sklaven von Michelangelo und Mona Lisa...und was dazwischen noch zu sehen ist. Beim Verlassen taten uns die langen Schlangen leid, doch schließlich ist ja sonntags freier Eintritt. Über den Place de Vendome zur Kirche La Madelaine, die einem griechischen Tempel nachgebildet ist, wir hörten noch ein Sanctus und ein Agnus Dei von Mozart (klang aber nicht danach). Über den Place de Concorde und die Champs Elysees zum Arc de Triomphe, wo gerade eine Parade war und wohin deshalb keine Zivilisten durften, also nach einer Ehrenrunde gleich zum Eiffelturm. Dort Eindruck von unten und weiter zum Invalidendom, Grab Napoleons und Kirche mit den erbeuteten Fahnen, unter den letzten natürlich auch einige mit Hakenkreuz, z.B. die der Stadtkommandanten von Marseille und Straßburg.

Und damit raus aus Paris! Diesmal wollte ich über Luxemburg fahren. Bis Reims (auch dort Kathedralenbesuch) Autobahn, dann Landstraße, die immer kurviger wurde, schließlich in Luxemburg (wunderbare Landschaft) nur noch Kurven und von Dorf zu Dorf. Um 22 Uhr deutsche Grenze, um 24 Uhr Blatzheim.

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