JESUSIDEOLOGIE (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

JESUSIDEOLOGIE. Inzwischen hat es sich inbesondere wohl unter den meisten Theologen der beiden großen Kirchen  herumgesprochen, dass das Neue Testament der Bibel nicht den wirklichen Jesus wiedergibt, der einmal gelebt und gewirkt hat. Ich gebe hier eimal die Unterschiede von dem wieder, wofür sich der echte Jesus ganz offensichtlich engagiert und was dieser "Hizukömmling" Paulus draus gemacht bzw. was er sich "aus den Fingern gesogen" hat:

Paulusideologie – Jesusideologie (der Begriff „Ideo­lo­gie“ wird hier neutral im Sinn von „Ideenlehre“ gebraucht)

A. Paulusideologie: Das Problem „sexueller Missbrauch“ wird INDIREKT ange­gan­gen

1. Gott hat uns moralische Gebote gegeben, doch der Mensch ist nun einmal von Natur aus schwach und zur Sünde veranlagt. Er braucht also eine Erlösung, da­mit er nach seinem Tod nicht der ewigen Verdammnis in der Hölle aus­geliefert ist. Durch seinen Opfertod am Kreuz hat Jesus uns nun diese Erlösung sozu­sagen erkauft und damit Gott gnädig gestimmt.

2. Diese Erlösung verpflichtet uns zum moralischen Handeln hier und jetzt, auch in der Sexualität. Daher gibt es in der Paulusideologie die Sün­den im Zusammenhang mit der Sexualität und entsprechende Verbote.

3. Doch erfahrungsgemäß verstoßen die Menschen – wie gesagt – im­mer wieder gegen die göttlichen Gebote. Dieses Gegen-die-Ge­bo­te-Versto­ßen ist in der „Paulusideologie“ allerdings von vorn­herein einkalku­liert, denn es dürfte doch auch dem Paulus bekannt gewe­sen sein, dass Ver­bote mit den damit verbundenen irrationalen, also sinnlosen Ängsten (s. Hinweis 132) gerade in Fragen der Sexualmoral noch nie etwas wirk­lich ge­holfen ha­ben. Und so gehört das Ge­gen-die-Verbo­te-Verstoßen nun einmal zum Kon­zept, also gibt sich auch von vornherein niemand echte Mühe, nach geeig­ne­ten Wegen zu su­chen, auf dass die Gebo­te wirklich befolgt werden können.

4. Immerhin können sich diejenigen, die an Gott und an die Erlösung auf ein besseres Leben nach dem Tod hin durch Jesus glauben, der Barm­her­zigkeit und der Vergebung Gottes si­cher sein, die uns Jesus durch sein Kreuzesopfer verdient hat. Die Vermitt­lung der Vergebung mit der Aussicht auf eine bessere Welt nach dem Tod (an die man glauben kann aber auch nicht) ist jedenfalls ein patentes Geschäfts­modell in der Paulusideologie 125.

Bei der Paulusideologie geht es in erster Linie um eine Gemeinschaft 123 (oder auch - kras­ser - um eine Vereinszugehörigkeit), in der das alles geglaubt wird, und in der um Wunder gebetet wird, damit gerade in der Moral alles besser wird.

B. Jesusideologie: Das Problem „sexueller Missbrauch“ wird DIREKT angegan­gen!

Das Anliegen Jesu ist keine typische Jenseitsreligion, sondern die ursprüngli­che jüdi­sche Lebens­ein­stel­lung für das Hier und Jetzt. Jesus ging davon aus, dass jeder Mensch von Natur aus gutwillig und also auch hochmoralisch 115 ist. Doch wird diese moralische Einstel­lung üblicherweise bewusst oder fahr­lässig zer­stört, zu seiner Zeit vor allem durch Er­pres­sung (heute eher durch Manipulation 119, so dass gerade Mädchen sich einbilden, das freiwillig zu machen) hin zu einer Schein­moral oder auch Ersatz­moral (s. Hinweis 127) statt zu ei­ner vernünftigen ech­ten Moral. Das Ziel Jesu war hier nun ein erfülltes Mensch­sein, und das ge­lingt am bes­ten, wenn die Hindernisse für eine echte Moral in der Bezie­hung der Ge­schlech­ter besei­tigt sind. Für uns heute hieße das, die jun­gen Men­schen nicht mehr mit Zwängen und Ängsten und falschen Wegweisern zu ma­nipulie­ren, son­dern ih­nen eine sachgerechte Information über echte und fal­sche Mo­ral mit der für diese falsche Moral typi­schen Leib­feindlichkeit und über die Vor­teile der ech­ten Moral ohne Leibfeind­lichkeit zu geben. Auf diese Wei­se kann diese dann so attraktiv werden, dass sie sogar sehr gern gelebt wird und dass es sozu­sa­gen zu einer ausgesprochenen Freude an den Geboten kommt.

Wir können vielleicht sagen, dass es in der Pauluslehre um eine Therapie geht, dass die Menschen mit dem Missbrauch der Sexualität leben können, während dem Geist Jesu die Prophylaxe entspräche, dass das Leben ohne solche Sünden so spannend und attraktiv ist, dass sie gar nicht erst geschehen. Ob die Men­schen dabei an Gott glauben oder nicht, ob sie die richtige Reli­gion haben oder nicht oder ob sie auch gar keine haben, ist nicht so wichtig. Hauptsache ist, die Freude am Menschsein 109 ohne Sünde in einem konkreten Leben ist da, denn die ist im Sinne Jesu und überhaupt SEIN Ziel – und für alle Menschen!

Den "Offenen Brief eines alten Religonslehrers an junge Mädchen über die weibliche Sexualität und die Bibel" (Mai 2012) gibt es auch online auf Deutsch, auf Englisch und auf Niederländisch!