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DER RELI-LEHRER UND DIE JUNGFRAU

Frühchristliches Konzept der hohen Liebe - für unsere heutige Zeit aktualisiert

A. Gespräch über eine vernünftige und auch christliche Methode der Partnerwahl, über einen Sex mit menschlichem Antlitz und über einen intelligenten und moralischen Anfang damit.

Das Gespräch gab es auf dem Pilgerweg des heiligen Jakobus in Spanien mit einer jungen Pilgerin, die noch nie Sex hatte, also mit einer Jungfrau. Der Titel könnte auch sein: „Erlebt zuerst einmal das Paradies und seine Spielregeln und alles andere wird euch dazu gegeben werden!“


Wie sehr die persönlichsten Träume und Entscheidungen junger Menschen eine politische Dimension haben, hat der spanische Philosoph Ortega y Gasset (1883 - 1955) auf den Punkt gebracht: So ist das Leben: überraschend und voll von nie gewähnten Wegen. Wer hätte geglaubt, dass etwas so unfassbares Flüchtiges wie die Luftgebilde, die junge Mädchen in keuschen Kammern sinnen, den Jahrhunderten tiefere Spuren eingraben als der Stahl des Kriegsgottes. Von den rührenden Geweben heimlicher Mädchenphantasien hängt großenteils die Wirklichkeit des kommenden Jahrhunderts ab!“ („Über die Liebe“, Stuttgart 1954, S. 24)

Wenn wir etwas in unserer Gesellschaft zum Positiven verändern wollen, sollten wir dann nicht einmal bei dem ansetzen, was „junge Mädchen in keuschen Kammern sinnen“? Natürlich müssen die Jungen davon wissen, damit sie sich einrichten können. Daher ist das vorliegende Konzept geeignet für alle junge Menschen!


Dieser Punkt könnte auch heißen: „Ein Vater redet mit seiner Tochter Klartext“, es ist also eine eher männliche Pädagogik. Wo ist nun der Unterschied zu einer weiblichen Pädagogik? Ganz einfach: Frauen neigen dazu zu sagen: „Alle Männer sind so!“ Während Männer eher sagen: „Es gibt solche und solche Männer – es kommt darauf an, wie Ihr an die Männer ran geht, damit sie erstens vernünftig sind, und zweitens, damit Ihr den für euch Richtigen findet!“

Kurz zu mir: Ich bin Diplomtheologe und war vor meiner Pensionierung Berufsschulreligionslehrer. Ich war noch nie verheiratet, habe jedoch eine vietnamesische Gasttochter, die ich 1997 in Saigon zufällig getroffen habe, als sie 14 war. Wir haben zwei Jahre miteinander korrespondiert, wobei ich dem Mädchen mein Konzept erklärt habe und dass es alles mit seinen Eltern besprechen sollte. Mit 16 kam die junge Vietnamesin dann nach Deutschland und ist seitdem wie meine Tochter. Heute arbeitet sie im Support für technische Software (also wenn in einer Fabrik die Maschinen stell stehen, weil die Software nicht funktioniert) in einem Siemens-Unternehmen und ist verheiratet mit einer kleinen Tochter.


Nymphe von Carl Sptzweg

Nymphe von Carl Spitzweg


ANMERKUNG:  DAS GESPRÄCH WURDE GRÜNDLICH ÜBERARBEITET. LEIDERWILL MIR DIE KORREKTUR DER WEBSITE NICHT GELINGEN.

Junge Pilgerin: Also ich werde, bevor ich heirate, erst einmal mit möglichen Partnern zusammenleben, um festzustellen, wer für mich der Richtige ist. Familie, Ehe, Liebe und Treue sind für mich hohe Werte, daher muss frau doch vorher wissen, wie der Mann ist, mit dem sie auf immer zusammenleben und dem sie auch treu sein will und kann. Ich möchte doch nicht auf einen Mann hereinfallen, der für mich nicht der passende ist..

Autor: Du fängst also deswegen mit irgendeinem Jungen oder Mann auch mit dem Sex an, um das herauszubekommen?

Das ist jetzt etwas krass ausgedrückt, doch irgendwie stimmt das schon. Denn das gehört nun einmal zur Emanzipation einer modernen jungen Frau. Ich habe doch heute die Möglichkeit, mich frei zu entscheiden! Und irgendwann muss auch frau doch mal anfangen, damit sie den Anfang hinter sich hat.

Ist dir eigentlich klar, wie das von männlicher Seite aussieht, was du da vorhast?

Muss ich mir darüber Gedanken machen? Die Männer müssen das heute bei einer emanzipierten Frau akzeptieren, dass sie nicht blind in eine Ehe hinein stolpern will.

Von dir aus mag das ja plausibel sein. Doch bei den Männern entsteht so der Eindruck, dass die Mädels gar nicht heiraten wollen, dass sie nur Sex einfach so haben wollen. Und weil das irgendwie alle Mädchen wollen, dass also alle Mädchen und Frauen im Prinzip Schlampen oder sogar Huren sind. Daher kann oder muss man sie auch so behandeln.

Das klingt aber hart. Deswegen ist frau aber doch nicht gleich eine Schlampe oder gar Hure, bloß weil sie mal Sex ohne Trauschein macht.

Ich gebe hier nur wieder, was so geredet wird. Ja, versetze dich doch mal in einen Mann, dem du damit kommst, dich zu entjungfern. Und von dem Mann willst du auch nicht mehr, also auch keine Heirat. Sogar deine Jungfernschaft ist dir egal, die doch eigentlich etwas sehr Wertvolles ist.Der muss ja so denken – und das müssen auf alle Fälle auch die anderen Männer, die das doch mitbekommen. So etwas bleibt ja nicht geheim. Hast du eine Ahnung, wie krass Männer bisweilen denken und reden!

Doch der Unterschied zur Hure ist, dass so eine Geld dafür nimmt.

Na toll! Oh, du bist ja noch dümmer als diese Frauen, du willst das sogar einfach so umsonst machen. Ich hoffe ja, das ist nicht deine wahre Meinung.

Aber im Endeffekt liegt das Problem doch sowieso an den Männern, die immer nur „das Eine“ im Kopf haben.

Oh, wenn ich die Fälle durchgehe, die ich über das erste Mal so mitbekommen habe, dann waren es in neun von zehn Fällen eindeutig die Mädels, die ihre Jungfernschaft loswerden wollten. Und hast nicht auch du gerade noch gesagt, dass du die bist, die auch so etwas vor hat? Und Entjungferung bedeutet nun einmal Sex, und hier soll es erst mal gar nicht um Heirat gehen.

Aber das machen doch heute alle Mädchen so.

Aha, Indiz für Emanzipation ist also, wenn etwas alle machen.

Wenn etwas alle machen, deswegen muss es ja nicht gleich verkehrt sein

Aber 25 % aller Frauen ärgern sich hinterher sehr, dass ihr erster Sexpartner der Falsche war. Offensichtlich war es für viele doch verkehrt.

Aber wenn es in der jeweiligen Situation doch richtig war?

Siehst du, und genau dadurch seid es Ihr Mädchen, die die Steine einer zumindest sehr fragwürdigen Moral ins Rollen bringen. Ihr Mädchen seid es doch, die mit dem unverbindlichen Sex anfangen, die die Jungen und Männer erst auf den Geschmack bringen, dass man nicht gleich zu heiraten braucht, wenn man nur mal Sex haben will. Die Männer machen doch nur mit, was Ihr Mädchen anfangt. Es zahlt sich für die Männer doch gar nicht aus, idealistisch nach einer hohen Liebe mit einem einzigen Mädchen beziehungsweise mit einer einzigen Frau zu streben, denn die wollen ja ganz offensichtlich gar nicht die hohe Liebe mit dem einzigen und richtigen Mann.

So habe ich das noch nie gesehen.

Die anständigen Jungen, die Ideale vom Wert der Frau haben und die sich auch bewusst sind, was sie einem Mädchen antun mit einer Entjungferung, selbst wenn das Mädchen es will, die machen da sowieso nicht mit. Ich kenne jedenfalls mehrere, denen Mädchen ihre Entjungferung angeboten hatten und die aber nicht mitmachten. Also kommt das, was du da vorhast, einer Belohnung für diejenigen Jungen und Männer gleich, die sich sowieso nicht um Liebe und Treue scheren, sondern die einfach nur Sex machen – wie mit einer Hure. Ja, und die zunächst Anständigen müssen irgendwann dann doch dabei mitmachen, also auch in den Coitus-Zirkus einsteigen, denen bleibt ja gar nichts anderes übrig.

Puh, das ist ja krass, doch eigentlich logisch.

Und es geht noch weiter mit den Belohnungen! Sieh mal, alle Lebewesen sind darauf angelegt, dass sie das, was ihnen gefällt, immer wieder machen oder zumindest versuchen, und dass sie das, was nicht gefällt, eben nicht mehr machen. Und was du da vorhast, das fördert doch die letztlich die Denk- und Lebensweise von Menschen, die man eigentlich gar nicht will nach der Devise „Prägung durch Belohnung“.

Und wie bitte soll man denn die Vernünftigen „belohnen“?

Eben mit dem Gegenteil!

Also mit „keinem Sex“ und das heißt mit Enthaltsamkeit? Das läuft doch wieder darauf hinaus, dass man schließlich blind in Beziehungen schlittert, die keineswegs ideal sind.

Ich sehe das überhaupt nicht so. Sieh mal, da ist etwas, was du dir in deiner verklemmten Moral gar nicht vorstellen kannst, so sehr wurde das auch dir seit jeher ausgetrieben: Nämlich die Freude an der Nacktheit. Die bedeutet ja auch: Hier kann ich sein, wie ich bin, hier kann ich natürlich sein, hier fühle ich mich pudelwohl, hier muss ich mich nicht verstecken, hier kann ich Mensch sein! Und weil gerade nackte Mädchen ja viel schöner aussehen als mehr oder weniger angezogene, erfreust du damit Männer, die sich zusammen nehmen können, und die auch ihre Freude an der Würde und Ehre von Frauen und Mädchen haben und nicht wollen, dass sie Schlampen oder Huren sind. Du kannst also mit der Nacktheit genau diejenigen Männer und Jungen belohnen, die gutwillig sind.

Doch geilt man mit der Nacktheit nicht auch die typischen Spanner auf?

Wenn sie dir doch nichts tun, was soll´s? Und wenn du immer nur so etwas im Hinterkopf hast, dann ändert sich doch nie etwas. Natürlich musst du im Einzelfall, wenn du mit jemanden in näheren Kontakt kommen willst, nachhaken, wes Geistes Kind der ist. Ihr müsst also so richtig gut miteinander reden. Und es gehört auch schon eine Gewöhnung dazu.

Also wäre hier eine erzieherische Aufgabe der Mädchen?

Ja klar, und eine sehr wirkungsvolle, die auch zeigt, wer von euch wirklich emanzipiert ist! Denn der wirklich Emanzipierte findet sich nicht damit ab, wenn etwas nicht gut ist, sondern der will etwas zum Positiven ändern.

Aber hat die Nacktheit nicht etwas mit Porno zu tun?

Es gibt nun mal Dinge, die doppelwertig oder – mit einem Fremdwort – ambivalent sind, die können etwas ganz Positives sein, aber auch etwas völlig Negatives. Ein Beispiel hierfür ist das Feuer. Wie schön sind brennende Kerzen oder ein knisterndes Kaminfeuer. Doch wie schrecklich ist eine Bombennacht mit brennenden Häusern! Ein anderes Beispiel ist der Geschlechtsverkehr. Der kann der Inbegriff höchster Liebe sein, aber auch von Gleichgültigkeit bis hin zu tiefster Verachtung, je nachdem mit welchem Hintergrund er geschieht. So eben auch mit der Nacktheit, die kann Zeichen von wunderbarem und völlig unschuldigem und natürlichen Menschsein, ja sogar vom Paradies, aber auch von Porno sein. Bisweilen reicht es schon, wenn man die ins rechte Licht setzt.

Aber das ist doch gegen die Intimsphäre! Beim Sex kann man entscheiden, wer einen sieht, doch bei der Nacktheit irgendwo kann man das nicht. Daher kommt das mit der Scham doch automatisch.

Irgendwo klingt das Argument doch nicht sonderlich intelligent: Diejenigen, die sich zusammennehmen können und die euch am Ende sogar noch beschützen, die dürfen euch noch nicht einmal sehen. Doch einen von denen, die euch wie Schlampen behandeln, den findet Ihr in Ordnung. Dabei würdet Ihr doch auch gerne nackte Männer angucken – oder etwa nicht? Oder macht Ihr Mädchen das mit der Scham nur, weil Ihr letztlich doch zutiefst moralische Wesen seid und also einen Drang nach Moral euch steckt – und niemand Euch eine vernünftige Moral oder eben ein stimmiges Moralmodell nahe gebracht hat? Wenn Ihr also nun schon nicht die wirkliche Moral habt, Sex mit dem Einzigen zu haben, dann muss eben eine andere Moral her. Und wenn es eine ist, dass es wenigstes so aussehen soll, als hättet Ihr eine. So kommt es also zu dieser verkrampften Einstellung zur Intimsphäre.

Dass die Achtung der Intimsphäre im Endeffekt darauf hinausläuft, dass frau mit dem Verkehr sozusagen die Falschen, dagegen mit der Nacktheit die Guten belohnt oder zumindest belohnen kann, zumindest wenn sie's richtig anstellt, daran habe ich noch nie gedacht.

Und damit sind es im weitesten Sinn die Mädchen und Frauen, die die Ursache dafür sind, dass Männer entweder gleichgültig und gefühllos oder respektvoll und im besten Sinne edel gegenüber Mädchen und Frauen sind.

Und warum sagt das denn sonst niemand so?

Hast du mal was von der Mafia gehört?

Das sind doch diese Kriminellen in Süditalien, die mit raffinierten Tricks riesige ungesetzliche Geschäfte machen. So erpressen sie etwa sogenanntes Schutzgeld von Unternehmen. Und wenn die Besitzer das nicht bezahlen oder gar zur Polizei gehen, dann zerstört man etwas in deren Unternehmen oder bringt die Besitzer sogar um – um auch die anderen zu warnen. Mit dem Geld, das sie damit verdienen, gründen sie etwa selbst Unternehmen und unterwandern schließlich die ganze Gesellschaft, bis sie es sind, die irgendwie die Macht haben.

So ungefähr. Und das funktioniert alles nur, weil die anständigen Leute oder die, die sich für anständig halten, mitmachen – oft allerdings völlig ahnungslos. Und genauso ist das hier bei unserem Thema.

Ich sehe keinen Zusammenhang.

Sieh mal: Statt euch Mädchen beizubringen, wie Ihr auf wirklich aufgeklärte und emanzipierte Weise leben und schließlich passende Partner finden könnt, erzählt man euch was von der Scham oder von der Achtung vor der Intimsphäre. Und so werdet ihr schließlich nur verklemmt und leibfeindlich. Doch das Zur-Schlampe- oder gar Zur-Hure-Werden fängt nun einmal ganz anders an, das hast du ja jetzt mitbekommen. Ihr werdet sozusagen von unserer ganzen Erziehung her genau denjenigen Männern in die Arme gelenkt, für die ihr Schlampen und Huren seid. Sozusagen die perfekte Zusammenarbeit zwischen denen, die sich von ihrem Selbstverständnis her für moralisch halten, und denen, die mit einer wirklichen Moral nichts am Hut haben. Wir haben hier so eine Art stillschweigendes Komplott vor uns nach der Masche: „Wir tun euch nichts und Ihr tut uns nichts“.

Das mag ja so stimmen, doch das tun die Guten doch wohl nicht absichtlich.

Aber sie haben ihre Vorteile davon, etwa indem sie die Vergebung Gottes und ein besseres Leben nach dem Tod versprechen können. Und das ist ein so einträgliches Geschäft und dann auch noch ein Machtinstrument, dass sie gar nicht auf die Idee kommen, nach einem Konzept zu suchen, mit dem gerade auch junge Leute Spaß an der Moral haben. Eine Ausnahme war hier vermutlich der wirkliche Jesus, der von seinem Umgang mit dem einfachen Volk und dabei auch mit Prostituierten wusste, wie schlimm es um die Liebe in seiner Zeit bestellt war und der hier durch seine aufklärerischen Reden, aus denen dann fromme Predigten gemacht wurden, etwas ändern wollte. Daher musste er auch sterben, eben „für die Liebe, gegen die Sünde, gegen die Heuchler“. Doch das ist ein weiteres Thema. (Mehr dazu in den Anmerkungen.)

Der wirkliche Jesus soll sich also um dieses Thema gekümmert haben?

Es ging ihm ja um die Liebe. Und so ist das hier jedenfalls eher plausibel als diese ganzen Göttergeschichten, die es in anderen Religionen gab und die ihm dann auch angedichtet wurden. Und in unsere Religion kam so auch eine Leibfeindlichkeit hinein, die es ursprünglich gar nicht gab. Die ersten Christen, und das waren durchaus auch junge Leute in genau deinem Alter – und das waren richtige Christen – wurden splitternackt getauft, ja beiderlei Geschlechts. Den frühen Christen war offensichtlich schon klar, dass die Kleidung als Grundlage einer Sexualmoral völlig untauglich ist. Das Wasser der Taufe war hier das Symbol des Geistes. Damit ist dann auch ein vernünftiges Denken über das Thema Sexualität gemeint, so wie wir es hier versuchen. Und das bedeutete eine Hochschätzung der Ehe, und also vor der Ehe durchaus auch Freude an der Nacktheit, jedoch auf keinen Fall Eindringen.

Aber es heißt doch auch, dass derjenige, der auch ohne Ehe dieses Eindringen nicht will, leibfeindlich ist?

Da gibt es wohl unterschiedliche Ansichten von Leibfeindlichkeit. Ist nicht gerade für eine Jungfrau der Sex ein besonderes Zeichen von Leibfeindlichkeit? Die kann offensichtlich mit ihrem Körper ohne Sex nichts anfangen, hat keinen Spaß an ihm und an ihrer Jungfernschaft, meint, den Körper verstecken zu müssen, verachtet ihn irgendwie. Also weg mit der Jungfernschaft wie mit einem dreckigen Lappen! Was wäre ohne solche leibfeindliche Einstellung zum Körper nicht alles möglich? Und das meine ich, wenn ich von einer Überwindung der Leibfeindlichkeit rede, dass die die Vorbedingung für eine echte Moral ist.

Na, ich glaub´s ja jetzt auch, dass die Moral möglich ist. Doch wie soll man denn mit der herausbekommen, wer zu einem wirklich passt?

Genau das ist ja auch dein gutes Recht. Und die Natur ist hier auch nicht verklemmt und einfallslos.

Und wie denn bitte?

Frag dich doch mal selbst, was du mit dem Geschlechtsverkehr auf Probe denn heraus bekommen willst. Um was geht es dir eigentlich geht, wenn du so darauf aus bist, mit einem Jungen mit dem Sex anzufangen?

Na ja, ob wir nicht nur von der Partnerschaft, sondern auch sexuell zusammenpassen. Man hört ja oft, dass das Sexuelle bei Paaren hier gar nicht richtig klappt.

Ja, dabei ist doch Sache, dass das Eindringen mit jedem klappt, im Prinzip passt jeder Penis in jede Scheide. Daher läuft das auch mit der Prostitution. Wenn hier etwas bei dem einen klappt und bei dem anderen nicht, dann ist das doch der Orgasmus. Und so wie du vorgehen willst, erreichst du mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in puncto Orgasmus doch genau das Gegenteil, also erst recht keinen.

Wieso das denn?

Sieh mal, der Orgasmus ist eine hochsensible Sache. Vor allem ist der abhängig von seelischer Harmonie, also ob du dich sicher bei einem Mann fühlst, ob du dich geborgen fühlst, ob du dich von ihm verstanden fühlst, ob du dich bei ihm so richtig fallen lassen kannst. Und meinst du wirklich, das würde mit einem Partner klappen, den du dir gerade mal für deine Entjungferung aussuchst?

Na ja, dann eben bei dem nicht, doch bei einem neuen Partner doch sicher. Man kann ja auch nur durch Erfahrungen lernen.

Wenn das keine Milchmädchenrechnung ist. Denn wenn bei so einer wichtigen Sache wie dem ersten Geschlechtsverkehr in dir Ängste entstanden sind, dann stehen dir die beim Versuch, dich beim nächsten fallen zu lassen, im Wege, weil du einfach krampfhaft nur daran denkst, ob das alles jetzt besser wird. Vom freien Fallenlassen, der Vorbedingung für einen schönen Orgasmus, wieder keine Spur.

Aber das machen doch alle so, und was alle machen, kann doch nicht falsch sein.

Und wenn es doch falsch ist? Sieh mal, Zweidrittel aller Frauen in Deutschland haben nie einen Orgasmus, obwohl mit Sicherheit alle Frauen das Zeug dazu hätten.

Du meinst also, dass das daran liegt, weil sie als Mädchen mit der Sexualität falsch angefangen haben?

Genau.

Und was ist nun deine Idee?

Sieh mal: Du willst doch herausbekommen, ob du einen Orgasmus hast oder nicht. Denn der klappt nun einmal wirklich nicht zwischen allen Menschen, hier muss es schon besondere Beziehungen geben. Und hier hat uns Menschen die schlaue Natur die tolle Möglichkeit schlechthin gegeben: Die Nervenzellen, die für den Orgasmus verantwortlich sind, liegen alle an der Oberfläche der weiblichen Geschlechtsteile. Das bedeutet, dass an Orgasmus mit Eindringen nichts klappt, was auch ohne Eindringen nicht klappt. Gerade ein Mädchen braucht also zum Testen des Orgasmus überhaupt kein Eindringen!

Und was ergibt sich daraus?

Ganz einfach: Das größte Organ des Menschen ist seine Haut – und die ist voller Nervenzellen. Wie wäre also erst einmal „nur“ ein schöner Hautkontakt, so von oben bis unten, ohne jede hemmenden Textilien? Ja, dazu gehört Vertrauen und Überwindung der Leibfeindlichkeit – und eine wirkliche Moral.

Aber auch dabei kann man sich doch nicht richtig fallen lassen, weil frau immer Angst haben muss, dass es doch um Sex kommt.

Na siehst du, dazu gehört eben auch eine gehörige Portion Intelligenz, du musst schon vernünftig reden und hören können, um herauszubekommen, was einer wirklich will und ob es auch dabei bleibt. Jawohl, hierzu gehört auch Intelligenz. Dagegen gehört die zum Sex wirklich nicht, den schafft auch die doofste Blondine.

Aber das alles ist im Grunde doch dasselbe wie Geschlechtsverkehr oder wie das Eindringen, wie du sagst.

Keineswegs! Sieh mal, schon von der Position her ist hier alles ganz anders. Damit das Eindringen klappt, muss sie die Beine öffnen und er hält sie zusammen. Dagegen umarmen sich hier die beiden nicht nur mit den Armen, sondern auch und gerade mit den Beinen. Eben so richtig schöner größtmöglicher Hautkontakt! Dabei sind dann auch die Geschlechtsteile in Positionen, wo ohne ausdrückliche Zustimmung der Frau überhaupt nichts an Eindringen passieren kann. Nicht zuletzt hat ja das die Natur auch so eingerichtet, dass sich das weibliche Geschlechtsteil zwischen den stärksten Muskeln der Frau befindet. Und um da hineinzukommen, gehört also auch der ausdrückliche Wille der Frau dazu.

Ich habe immer gedacht, da gibt es so eine Art Zwangsverhalten, entweder frau ist erschreckt vor den männlichen Geschlechtsteilen und bekommt einen Schock fürs Leben oder frau will den Penis gleich bei sich in ihrer Vagina haben.

Nichts davon stimmt. Höchstens wenn einem Kind vorher sinnlos Angst gemacht wird. Da kannst du mal sehen, welchen Unfug frau zumindest zunächst so alles im Kopf hat. Und den hat sie ja eben nicht von alleine, der wurde ihr beigebracht – von Leuten, die wohl die entsprechenden schlechten Erfahrungen haben, weil sie es selbst falsch angefangen hatten, und jetzt pauschal alles mies machen, was irgendwie mit Sexualität zusammen hängt.

Verständlich ist das ja, wenn Leute mit schlechten Erfahrungen andere warnen wollen. Doch so sorgen sie mit ihrer Ablehnung von allem nur dafür, dass es immer so weiter geht. Langsam sehe ich auch Zusammenhänge.

Und da ist noch etwas: Angenommen, du hattest Geschlechtsverkehr mit einem – und der war nichts. Du hast also mit dem Schluss gemacht. Wie lange musst du beim nächsten warten, um nicht als Schlampe zu gelten, die mit jedem schnell in die Kiste steigt? Einen Monat, zwei Monate, drei Monate? Und was ist, wenn alles in Dir nach Wiederholung drängt – oder wenn du erst mal die Schnauze voll hast und am liebsten gar nichts in der Richtung willst? Dagegen bist du doch mit dem bloßen Hautkontakt fein raus: Sobald klar bei einem ist, dass da nichts an Sex läuft, kannst du jederzeit mit dem in die Kiste springen – und wenn es nicht schön war, dann steht nichts dagegen, es mit einem anderen neu zu versuchen. Und ein solches Verfahren kann sich auch herumsprechen, damit wird ja nur bekannt, wie clever und cool du bist.

Wenn ich´s recht bedenke, könnte da also gerade auch eine Jungfrau mal so richtig nach Herzenslust verführerisch sein, wenn ihr danach ist und wenn´s passt, um mal zu sehen, was einer so körperlich und geistig drauf hat, ohne gleich als Schlampe zu gelten?

Das ist es ja – und auch ohne Pille und Kondome und dennoch ohne Schwangerschaftsrisiko. Sozusagen voll im Einklang mit der Natur! Ja reden wir heute nicht so viel vom „Zurück zur Natur“, also alles so natürlich oder „bio“ wie möglich? Doch hier ist auf einmal alles anders, hier soll die Natur mit Pillen und Kondomen ausgetrickst werden. Als ob sich die Natur nicht etwas dabei gedacht hat, wenn sie das Eindringen mit der Möglichkeit der Fruchtbarkeit gekoppelt hat. Eine Schwangerschaft passiert ja nicht jedes Mal, sondern vielleicht bei einem von dreißig Verkehren. Doch immerhin kann sie passieren. Das heißt doch, dass der Verkehr dorthin gehört, wo eine Schwangerschaft möglich sein kann und durchaus auch erwünscht ist, also in die Ehe.

Und woran erkennt man nun den Richtigen zum Heiraten?

Nicht zuletzt: In solchen Hautkontaktnächten liegt auch eine große Chance gegenüber „One-night-stands“! Bei „One-night-stands“ ist ja immer die Gefahr da, als Schlampe oder sogar eine Hure zu gelten, vor allem, wenn bekannt wird, dass du für so etwas offen bist. Eher selten ergeben sich daraus echte Partnerschaften, denn welcher Mann will schon eine Schlampe heiraten. Doch bei erfüllten Hautkontaktnächten, die ja etwas von Paradieserfahrungen an sich haben können, kann es durchaus beide durchzucken, dass der jeweils andere genau der Richtige fürs Leben ist. Und es gibt diesen Vorbehalt der Hure nicht.

Aber kann man sich denn so schnell zur Heirat entscheiden?
Hierzu eine Zeitungsmeldung aus „Die Welt“ vom 8.10.1993:


Die Blitzheirat sichert die Ehe

Forscher der Brigham-Young-Universität in Kalifornien haben herausgefunden, dass Paare, die schon vor ihrer Ehe zusammenleben, ein um 50% höheres Risiko tragen, geschieden zu werden. Die Forscher werteten Daten aus 50 Jahren aus.


Und weil ja beide oft recht spontan zusammen gekommen sind, jedoch mit großer Achtung voreinander und mit paradiesischen Spielregeln, dürfte es so sein, dass auf diese Weise Partnerschaften entstehen, die „auf herkömmliche Weise“ nie entstehen würden – und die aber halten.

Was heißt hier „paradiesische Spielregeln“?

Der Sinn der Erzählung von Adam und Eva in der Bibel ist nicht zu erklären, wie die ersten Menschen entstanden, nur irgendwelche Sektenleute glauben so etwas immer noch. Diese Erzählung ist vielmehr eine psychologisch geschickte moralische Geschichte gegen die Fruchtbarkeitsreligionen oder auch Sexkulte in der Zeit der Entstehung dieser Geschichte. Da hatte man die Geschichte, wie der Urmensch von einer Tempelprostituierten im Dienste eines Schlangengottes zum Sex verführt wird und er so das Paradies verliert, aufgegriffen und daraus eine Geschichte gegen diese Fruchtbarkeitsreligionen gemacht: Im Sinne eines neuen Gottes, der nun wirklich der richtige ist, ist nicht mehr der Geschlechtsverkehr mit Prostituierten, was für welche auch immer, sondern nur der Verkehr mit einer Frau in Liebe und Partnerschaft, eben mit einer wirklichen Gefährtin in wirklicher Ehe. Doch der Ungehorsam gegen diesen Gott war eben immer noch da, also machten die Leute „Schlangenkultgottesdienst“, wie man den Sex ausserhalb der Ehe damals sah. Und so ist das bis heute geblieben, wenn die Bezeichnung auch eine andere ist.

Paradiesische Spielregeln meint nun Freude am Paradies, also an der unschuldigen Nacktheit, an der eigenen Schönheit und an der Schönheit des jeweils anderen und dabei gute Gespräche, eben so richtig schönes Sichkennenlernen – und durchaus auch das Erlebnis des Hautkontaktorgasmus. Kurzum: Ohne Ehe wohl Spaß nur an Nacktheit und Hautkontakt.

Doch wenn´s so schön ist, will frau dann nicht doch das Eindringen?

Das ist es ja, gerade frau vermisst nichts und will daher auch gar nicht mehr, denn der Knüller, also der Orgasmus, ist ja da. Und beide haben Zeit zu überlegen, ob sie auch sonst wirklich zueinander passen.

Ein toller Weg, dass man nicht die Katze im Sack zu kaufen braucht.

Und noch höchst moralisch obendrein.

Doch noch etwas zur Nacktheit: Wenn die doch so etwas Harmloses und Paradiesisches ist, warum wird die dann vor allem gegenüber uns jungen Menschen so schlecht gemacht, als ob die das Schlimmste sei, jedenfalls viel unmoralischer als Sex zwischen Unverheirateten?

Ganz einfach: Die einen wollen damit zeigen, wie moralisch sie sind, wenn sie selbst doch nicht so unschuldig sind, wie sie tun, und daher mit der Nacktheit nicht klar kommen. Und die anderen verfahren nach der Masche „Haltet den Dieb“, indem sie auf jemanden zeigen, der eigentlich gar nichts Schlimmes tut, während sie selbst viel Schlimmeres tun.

Ach so ist das. So kommen also die wirklichen Casanovas dann an ihre Abenteuer. Eine raffinierte Manipulation.

Doch es gibt auch Gutwillige, die hier mitmachen, einfach weil sie Angst haben, den Mund aufzumachen und die verdrehte Moral richtig zu stellen.

Doch etwas anderes: Man hört ja auch, dass die Entjungferung weh tut, und dass es daher sinnvoll ist, wenn die erst in der Hochzeitsnacht, sondern schon längst vorher und auch mit einem anderen passiert, damit die Ehe von so einem unschönen Erlebnis frei ist?

Das ist hier alles Psychologie: Wenn du in einem richtigen Hautkontaktorgasmusrausch bist, dann ist das so wie bei dem Rauscherlebnis bei einer tollen Musik in einer tollen Disko – dann kann die sogar schmerzhaft in den Ohren sein, der Schmerz ist hier die ultimative Steigerung des Musikrauschs. Doch wenn die Entjungferung ohne ein entsprechendes Rauscherlebnis passiert, dann kann sie tatsächlich eine fürchterliche Enttäuschung sein.

Dann hatten also die, die die Entjungferung als schmerzhaft empfunden haben, sozusagen Sex mit dem Falschen?

Oder zum falschen Zeitpunkt. Auf diese Weise ist die Entjungferung so in Verruf geraten, dass sie als frustrierendes Erlebnis für eine Frau gesehen wird.

Ich habe auch gehört, dass 50 % aller Mädchen sowieso von Geburt an gar kein Jungfernhäutchen haben.

Ich weiß nicht, wer diese Statistik gemacht hat, es ist auch gar nicht wichtig. Doch ich weiß, es gibt „Spezialisten“, die sehen einem Mädchen an seiner Ausstrahlung an, ob es Jungfrau ist, egal mit oder ohne Jungfernhäutchen.

Und das wird einem alles nicht gesagt, vor allem auch, dass der Sex so eine folgenschwere Angelegenheit ist …

Nicht umsonst gilt ja der Sex außerhalb der Ehe in vielen Religionen, auch in unser christlichen, als Sünde, ja sogar als schwere Sünde. Doch diese Grundregel wird so nachlässig und stümperhaft oder auch gar nicht vertreten, so dass es danach aussieht, als ob es in Wirklichkeit gar nicht erwünscht ist, dass sich die Menschen danach verhalten.

Wie ich sehe, sind wir Mädchen an allem schuld, weil wir es sind, die als erste den Sex haben wollen.

So einfach ist es nicht. Denn wer sind denn die, die den jungen Menschen statt einer echten Moral mit vernünftigen Grundregeln die Scheinmoral der Scham beibringen? Dafür verantwortlich sind letztlich doch Männer. Die Schuldigen sind also wohl eher Männer. Ich sag´s ja: Mafia. Aber auch die Männer haben ja ihre Denkweise irgendwoher bekommen. Um bei der Schuldsuche nicht schließlich bei Adam und Eva zu landen, meine ich, dass es sinnlos ist, in der Vergangenheit nach den Schuldigen zu wühlen. Sinnvoller wäre wohl zu sagen: Wer es besser weiß und dennoch nichts tut, der lädt Schuld auf sich. Und das können wir alle sein, ich, indem ich den Mund halte und du, wenn du etwa diese fragwürdige Partnersuche mehr oder weniger gedankenlos mitmachst.

Wenn ich so genauer nachdenke, dann ist dieser Superhautkontakt, von dem du redest, und gar nicht das Eingedrungenwerden eigentlich genau das, was ich will, wenn ich erst einmal mit einem Freund zur Probe zusammen leben will. Jetzt ist mir das so richtig bewusst geworden. Nur das sagt eben niemand sonst so, daher traut man sich auch gar nicht erst, das zu wollen.

Na siehst du – und so treffen eigentlich diese bösen Schmuddelwörter, die ich ich am Anfang ins Gespräch brachte, auf dich überhaupt nicht zu. In Wirklichkeit willst du das Vernünftigere und Gute natürlich auch selbst. Es sind dazu eben einige Informationen nötig. So hat sich der Camino (so der Pilgerweg des heiligen Jakobus auf Spanisch) doch auch von daher schon für dich gelohnt.

Ja klar, auf was man nicht alles kommt, wenn man ein wenig nachdenkt.

Genau dieses Nachdenken der Mädchen ist aber nicht erwünscht, denn wenn die Mädchen hier nur ein wenig genauer nachdächten, dann da würden sie sich wohl zumeist anders entscheiden.

Eigentlich wäre das doch die Aufgabe von Pädagogen, gerade bei diesem Thema den jungen Leuten beim Nachdenken zu helfen?

Das Problem ist, dass es bei uns hier eine regelrechte Hexenjägerhysterie gibt, auch wegen der ist etwa jedes Nachdenken über eine Motivierung junger Menschen zur Nacktheit völlig blockiert. Hier wird gleich immer Pädophilie gewittert. Dabei sollte gerade die Nacktheit doch auch ein theologisches Problem in unserer christlichen Religion sein im Zusammenhang mit der Lehre von der Erlösung von der Erbsünde.

Also ist das mit der Emanzipation der Frauen und Mädchen heute doch nicht so weit her?

Ja, was ist wohl eher emanzipiert, wenn frau vor etwas, was gerade für eine Frau durchaus Probleme bringen kann und worüber sich hinterher auch viele Frauen ärgern, dass sie´s getan haben, keine Angst hat und es schließlich auch macht, dagegen etwas völlig Harmloses, was eigentlich cool und spannend ist und Spaß macht und Selbstbewusstsein bringt, wozu aber Intelligenz und Menschenkenntnis gehören, keinesfalls tun möchte und auch nicht tut?

Ich glaub´s ja langsam, dass eine wirkliche Emanzipation der Mädchen gar nicht wirklich gewollt ist.

Ja, und es ist nicht nur Angst und Ahnungslosigkeit, warum so manche Erwachsene, auch einflussreiche, gar kein Interesse daran haben, dass Frauen egal welchen Alters wirklich emanzipiert-intelligent-moralisch sind. Denn dann hätten Männer ja gar keine Chancen mehr, Mätressen – ein vornehmerer Ausdruck für Huren – zu bekommen. Und Frauen, die meinen, dass Sexabenteuer auch ihnen zustehen, wären blamiert und entlarvt, dass es mit ihrer angeblichen Emanzipation gar nicht so weit her war.

Doch es gibt auch viele, die wollen an frühere Fehler einfach nicht mehr erinnert werden, und schon gar nicht so genau. Daher auch die Hemmungen, über das alles zu reden. Eigentlich müsste man das ja akzeptieren und den Mund halten. Doch dann ändert sich ja nie etwas und der Teufelskreis geht immer weiter. Wir sind hier also in einer zutiefst blöden Situation. Was soll man da machen?

Ja, reden, auch wenn es manchen weh oder sogar sehr weh tut, wenn sie an etwas erinnert werden, was sie eigentlich lieber vergessen möchten. Damit sich endlich mal etwas ändert.

So denke ich auch.

Doch wenn ich mir die Paarbeziehungen so ansehe, dann sehen die meisten doch sehr harmonisch aus, jedenfalls machen sie nicht den Eindruck, dass es irgendwelche Probleme bei ihnen gäbe.

Na ja, glücklicherweise kommen auch die meisten Menschen mit dem, so wie sie leben, klar. Doch brauchen sie nicht fast alle ihre Verklemmtheitsfetzen, selbst dort, wo es gar nicht nötig wäre?

Du meinst, dass Badehosen und Bikinis ein Zeichen sind, dass etwas nicht stimmt?

Genau. Letztlich leben wir mit diesen wechselnden Intimbeziehungen doch nicht im Einklang mit unserer menschlichen Sexualität – und brauchen die berühmten Feigenblätter.

Kinder, die nie solche Beziehungen hatten, leben also noch im Einklang?

Vielleicht ist ja genau das gemeint, wenn Jesus sagt, dass wir wie die Kinder werden müssten? Allerdings herrscht hier auch an das, was alle machen, ein Anpassungszwang.

Du bist ja wirklich knallhart. Ich habe allerdings noch ein Problem mit dem Ideal der Nacktheit: Wenn frau so offen ist, dann wird frau doch leicht vergewaltigt.

Ganz bist du noch nicht frei von dem üblichen Schrott im Kopf. Hast du noch nie vom FKK gehört oder von gemischten Saunas? Da laufen auch die schönsten Frauen und Mädchen splitternackt herum – und niemand tut ihnen etwas. Das mit der Vorstellung, dass Nacktheit automatisch zu Vergewaltigung führt, ist doch sinnlose Angstmache. Im Übrigen ist so manche Kleidung doch viel aufreizender, und die Vorstellung vom Ausziehen macht alles erst recht spannend. Dagegen hat die praktizierte Nacktheit eher schon eine entkrampfende und entwaffnende Wirkung.

Na ja, die auf dem FKK sind die Nacktheit doch gewöhnt.

Und warum fangen wir nicht auch mit der Gewöhnung an?

Doch wenn ich damit anfangen würde, mich auszuziehen, dann würden doch alle über mich lachen.

Nein, nein, das brauchst du auch gar nicht und so einfach funktioniert das auch gar nicht. Schließlich würdest du ja auch total missverstanden werden, gerade auch von den Jungen und Männern. Allerdings hat mich einmal ein 11jähriges Mädchen etwa über die Ängste ihrer Kameradinnen vor der Nacktheit aufgeklärt. Das Mädchen meinte, dass alle die Nacktheit nach außen hin heftigst als eklig und unmoralisch ablehnen würden, doch in Wirklichkeit brennen sie alle darauf. Kann es also nicht so sein, dass gerade ältere Mädchen auch so sind, dass sie auch gerne die verklemmte Moral über den Haufen werfen und eine vernünftige haben möchten, doch sie wissen nur nicht wie? Die sind doch auch nicht anders als du und die kleinen Mädchen.

Das kann schon sein, dass hier alle etwas anderes sagen, als was sie in ihrem Inneren am liebsten anders hätten.

Na siehst du. Eine gute Idee muss immer mit einer Veränderung in den Köpfen anfangen. Daher muss man zuerst mal darüber diskutieren, und zum Diskutieren gibt es doch immer Möglichkeiten, mit den Eltern, mit den Freundinnen, im Religionsunterricht, mit den Jungen. Schließlich müssen gerade die sich doch gewöhnen, damit sie nicht gleich immer erregt werden, wenn sie mal ein nacktes Mädchen sehen.

Ja, das alles könnte ich.

Siehst du, und alles andere ergibt sich dann schon eher von alleine.

Ich bin mir da noch nicht so sicher.

Ich mir aber schon! Sieh mal, je fester die Moral gerade von Mädchen ist, desto weniger müssen sie nach außen zeigen, wie moralisch sie sind. Desto lockerer können sie also sein.

Du meinst, dass eine neue Einstellung zur Nacktheit bei gleichzeitig wirklich emanzipiertem Denken eine Verhaltensänderung ganz allgemein nach sich ziehen würde?

Genau, und zwar eine sehr positive! Das würde vieles ändern. Und so ganz nebenbei dürfte das auch die Modeschöpfer und die Modeindustrie interessieren. Dann sind auch für Frauen und Mädchen, die moralisch im besten Sinn sein wollen, bei der Ausschnittgröße und bei der Durchsichtigkeit von Blusen keine Grenzen mehr gesetzt. Oder: Wenn es mal Dir und Deinen Freundinnen bei einer schönen Fete danach ist, dann könnt Ihr nicht nur auf den Tischen tanzen, sondern sogar einen flotten Strip hinlegen. Oder für Frauen beim Militär: Solche Frauen können jetzt dieselben Duschräume wie die Männer benutzen. Ja, wie wollen Soldaten mit einem äußeren Gegner fertig werden, wenn sie nicht mal mit sich selbst fertig werden? Und alle finden das nur toll und nicht im geringsten verwerflich. Eben so richtig emanzipiert und erlöst mit Leib und Seele!

Erlösung, das klingt irgendwie christlich?

Ist es ja auch! Dieser Jesus soll ja auch mal einen tollen Tipp für die Liebe gegeben haben: „Erlebt doch zuerst mal das Paradies und seine Spielregeln und alles andere wird euch dazu gegeben werden.“ Das ist doch immerhin ein vernünftigerer Tipp zur Partnerfindung als diese doch sehr sehr fragwürdige „Geschlechtsverkehrsuchmethode“.

Na ja, wenn ich mir das alles so vorstelle, lustig und toll und irgendwie auch traumhaft wäre das mit dieser christlichen Methode schon!

Und keinesfalls leibfeindlich und langweilig! Kennzeichen einer vernünftigen Moral ist eben auch, dass man sie mit Lebensfreude leben kann. Denn nur dann ist sie auch wirklich menschlich. Wie wäre es, wenn du schon mal Freundinnen motivierst, dass Ihr alle in eine gemischte Sauna geht? Mal euch so richtig von dieser verklemmten und dennoch nicht funktionierenden Spießermoral befreien und so richtig Mensch sein? Vielleicht habt Ihr ja so einen Spaß daran, dass Ihr fürs nächste Mal auch Jungen dabei haben wollt – und also mal vernünftig mit denen redet??? Das wäre doch schon mal ein Anfang!

Ich will´s versuchen, eine irre gute Idee!

Und wenn ihr es wirklich wollt, ist es kein Märchen! Ich jedenfalls werde schon einmal unser Gespräch aufschreiben, damit du es hast zum Weitergeben und ich auch. Dann können sich junge Leute auch im „stillen Kämmerlein“ damit beschäftigen. Ich bin mir sicher, es kommt dann zu Diskussionen!

Und wenn ihr es wirklich wollt, ist es kein Märchen!


Anmerkungen zu diesem Punkt

Auch wieder auf dem Santiagopilgerweg kam ich mit einer anderen jungen Pilgerin, einer Studentin (21 J), ins Gespräch, die mir erzählte, dass sie nach dem bisherigen Verfahren „tiefe Liebeserlebnisse“ gehabt hätte und daher auch nichts bereue. Ja, das ist der Vorteil dieses Wegs, jeder Pilger kann mit anderen Pilgern reden, aus welchen Ländern auch immer, und auch über alles und per „Du“ – also nicht nur der typische „Smalltalk“. Ich fange da schon mal damit an, dass ich erzähle, dass ich Religionslehrer war und ob wir nicht mal über religiöse Fragen reden sollten, etwa über den „wirklichen Jesus“, zumal wir uns ja auf einem religiösen Weg befänden. Ich bin hier immer auf offene Ohren gestoßen und habe also von den Problemen mit den traditionellen Glaubensinhalten wie Jungfrauengeburt, Sohn Gottes, Auferstehung und Himmelfahrt und von den Forschungen zum wirklichen oder historischen Jesus berichtet. Hierbei komme ich auf die Erzählung von der Sünderin, die auf frischer Tat ertappt wurde und daher gesteinigt werden sollte, zu sprechen. Diese Geschichte scheint wohl zu stimmen. Ja, was war das für eine Gesellschaft damals, in der Männer alle dasselbe getan hatten wie diese Frau, und die dennoch „so eine Frau“ verurteilten. Es ging damals also offensichtlich gar nicht um eine Moral der Liebe. Hier sollte wohl eine Frau bestraft werden, die den Männern bei ihrem sexuellen Triebausleben „außerhalb von Ehe und Partnerschaft“ nicht gefügig genug war, vor allem auch damit die anderen Frauen gewarnt wurden. Und Jesus hatte das also durchschaut und diese Frau sozusagen rausgehauen. Von daher komme ich dann auf unser Heute zu sprechen und wie hier auch einiges im Argen liegt. So werden Mädchen ja nie vernünftig informiert, wie sie gute Partnerschaften anfangen können, sondern es wird von vornherein davon ausgegangen, dass sie zu einer moralischen Suche gar nicht fähig sind und sie werden nur informiert, wie sie das mit der Pille und mit Kondomen machen sollen, damit sie bei ihren „Erfahrungen“ nicht auch noch schwanger werden.

So kam es dann auch zu dem Gespräch mit der Studentin. Allerdings bringe ich die deutlicheren Argumente, wie etwa das, ob ihre Partner auch so wie sie über die „tiefen Liebeserlebnisse“ dachten oder ob sie für die doch nur ein aparter Zeitvertreib oder eine Triebbefriedigung war, nur hier in diesem Heft. Oder ob der erste gar auf der Rückseite seines Badezimmerspiegels einen Strich auf einer Strichliste gemacht hatte, dass er wieder mal eine Jungfrau geknackt hat. Denn ich wollte dieser netten Studentin nicht weh tun und das Herz schwer machen, indem ich ihr krass darlegte, was vermutlich die Wirklichkeit war. Ja, mir geht es doch darum, dass junge unerfahrene Menschen und da insbesondere Mädchen, denen ich nicht das Herz schwer mache, weil eben „noch nichts war“, sinnvoller und nun wirklich emanzipierter handeln. Also ist für diese deutlicheren Argumente hier der bessere Ort. Und ich habe dazu auch die Erfahrung, dass es zwar Frauen gibt, die offensichtlich ärgerlich auf mich sind, weil ich ihnen ihre ganze schöne moderne Emanzipation in Zweifel stelle, doch ich kenne auch Frauen, die mir bei meinem Engagement alles Gute wünschen. So etwa eine junge Frau in einem Bierlokal in einer Stadt in der Ostslowakei, die mir auch gleich erzählte, dass sie selbst mit 19 ihre virginity verloren hätte. Mein Zimmervermieter hatte sie mir vorgestellt, weil sie sich als angehende Psychologin für mein Thema interessieren könnte. Auch erinnere ich mich an eine andere junge Frau, die mir erzählt hatte, wie superklug und hochnäsig und gleichzeitig verklemmt und leibfeindlich sie in ihrer Jugend war und dennoch alles besser wusste. Ja, sie war völlig unzugänglich für ein vernünftiges Moralmodell gewesen und wie sie dann deswegen leider auch ihre Jungfernschaft an einen Mann verschwendet hatte, der gar nicht zu ihr passte. Gerade von ihr aus sollte ich bei meinem Engagement sehr deutlich werden, damit junge Menschen künftig solche Blockierungen gar nicht erst haben oder zumindest rechtzeitig überwinden.

ABSCHLUSS MIT EINEM FRÜHCHRISTLICHEN SEGEN

Ich bin nun nicht so eingebildet, dass ich meine, dass ich allein den Stein der Weisen gefunden hätte, wenn ich davon ausgehe, dass die Scham keinen wirklichen moralischen Nährwert hat, sondern dass es auf den Geist ankommt. Irgendwo auf der Welt muss es doch auch so etwas geben oder gegeben haben! Vielleicht bei irgendwelchen Naturvölkern? Doch die sind mir (bisher) nicht zugänglich, zumindest nicht deren geistige Einstellung zur (Sexual-)Moral. Doch es gab einmal in unseren europäischen Kulturen so etwas, nämlich in der frühen christlichen Kirche. Hier gab es offensichtlich die Verbindung von (Sexual-)Moral und Geist und Nacktheit.

Konkret: Es geht hier um den Ritus der Taufe, der damals noch mit einer Salbung verbunden war. Diese Salbung oder Ölung hatte sich wohl sehr bald in einer „confirmatio“ (deutsch „Firmung“ oder „Konfirmation“), also „Bestätigung“ verselbständigt, vermutlich weil man nach der Kindertaufe noch „etwas“ für die älteren jungen Menschen brauchte.

Diesen „confirmatio“-Ritus habe ich nun versucht, in unsere heutige Zeit zu übertragen.

In einer Feier könnte also der „Leiter der Feier“ folgendes Gebet über die jungen Menschen sprechen, die nach der Idee „Zuerst einmal das Paradies erleben“ leben möchten:

Heiliger Geist komme über Euch und die Kraft des Allerhöchsten bewahre Euch vor Fehlern in Euren menschlichen Beziehungen!

Höchster ewiger Gott! Der Du diesen Deinen Kindern die Wiedergeburt aus dem Wasser und aus heiligem Geist gewährt hast, Dich bitten wir:

Gieße auf sie Deinen siebenfältigen Geist aus:

  • Den Geist der Weisheit und des Verstandes. Dass Ihr also das Gute vom Schlechten, das Vernünftige vom Dummen, das wirklich Moralische vom Scheinmoralischen, das Problematische vom Unproblematischen unterscheiden könnt.

  • Den Geist der richtigen Entscheidung und des Durchhaltevermögens. Dass Ihr also die für Euch die passenden Entscheidungen trefft, das Problematische nicht zu tun und das Unproblematische zu tun, und diese auch durchhaltet.

  • Den Geist der Erkenntnis und der Demut. Dass Ihr also erkennt, welche Ideen und Ideologien gut und nützlich sind und Ihr also nicht falschen Ideen und Ideologien hinterher lauft. Und dass Ihr Euch immer bewusst seid, dass Ihr nicht alles wisst und Ihr also auch nicht den kompletten Überblick habt und dass Ihr schon von daher immer offen für sinnvolles Neues seid.

  • Den Geist der Furcht Gottes. Dass bei allem die Gebote Gottes oder eben auch die Spielregeln des Paradieses unter allen Umständen für euch Gültigkeit haben.

Und jetzt für jeden „Gesegneten“ einzeln:

Ich bezeichne Dich mit dem Zeichen des Kreuzes, also dem Zeichen desjenigen, der sich bis zu und mit seinem Tod für die Verwirklichung der Liebe eingesetzt hat und dem Du Dich hiermit verpflichtet sehen solltest.

Anmerkungen dazu: In meiner Diplomarbeit habe ich zum Sinn des Firmsakraments recherchiert. Das hier frei übersetzte Gebet um die sieben Geistesgaben war nach dem Kirchenvater Justin (um 100-165) in der frühen Kirche üblich. Es handelt sich also um frühchristliches Gedankengut, das von allen heutigen Konfessionen anerkannt werden dürfte. Aus dem Zusammenhang (Justin dial. 87,5 <Mg PG 6 683/684 A>) geht hervor, dass es damals nicht um ein Glaubensbekenntnis (so etwas gab es ja auch noch gar nicht!) und um die Treue zu einem Glauben, sondern um eine ethische Einstellung und um eine kreative und intelligente Treue zu dieser Einstellung ging. Auch ist von einem Gelöbnis des Firmlings dabei nicht die Rede. Die Arbeit wurde mit „gut“ benotet Damit kann ich davon ausgehen, dass das Ergebnis meiner Recherchen akzeptiert ist.

Wenn wir nun bedenken, dass ein Gebet um Geistesgaben vor allem junge Menschen betrifft, die ja in ihrem persönlichen Leben vor nicht gerade einfachen ethischen Entscheidungen stehen, und dass andererseits ganz offensichtlich die Scham nun einmal nicht als Grundlage der Sexualmoral galt, dann dürfte das Gebet damals in derselben Weise eingesetzt worden sein wie es hier eingesetzt wird. Denn „diese zwischenmenschlichen Probleme“ gab und gibt es doch zu allen Zeiten – und gerade auch im alten Rom. Ich kann also sagen, dass das vorliegende Konzept ein frühchristliches Konzept ist – und daher sich gewiss zuverlässiger auf den wirklichen Jesus bezieht als alles das, was heute praktiziert wird – gerade auch mit jungen Menschen.

In der frühen Kirche gab es dazu eine Ganzkörpersalbung (also des nackten <!> Körpers) mit geweihtem Öl. Das Öl wurde hier von seiner heilenden Kraft her gesehen, das auch für die Dinge der Seele und des Geistes wirksam ist. Wir denken hier nun heute etwas anders, obwohl eine Ganzkörpersalbung durch einen sorgenden Vater (natürlich in Verbindung mit einem sinnvollen Konzept, also mit „heiligem Geist“ und mit den entsprechenden Segenswünschen) auch seinen Charme hätte.

Auf alle Fälle lässt sich der Ritus einer Taufe mit ethischem Hintergrund sehr gut in unsere heutige Zeit übersetzen! Ich habe etwa meine (Pflege-)Tochter bei einem Ferienaufenthalt am Meer auf die Arme genommen, untergetaucht und dann so gut es ging im hohen Bogen ins Wasser geworfen. Dabei gehe ich davon aus, dass sie die Paradieserlebnisse, die sie mit mir hatte, erst recht einmal mit einem Freund erleben möchte, den sie liebt. Das habe ich ihr auch gesagt: „Wenn du mal einen Freund hast, dann sieh zu, dass er auch erst einmal das mit dir macht, dass ihr also miteinander reden könnt und dass Ihr Spaß an Paradieserlebnissen habt. Und wenn das klappt, dann wirst du sehen, dass sich alles andere von alleine ergibt. Auch wirst du dabei schon merken, ob ihr zusammen passt oder nicht.“ Es war damals richtig paradiesisch, denn wir waren dabei – rein zufällig – umringt von kleinen Mädchen und Jungen, und wir alle waren „netto“, ja, die Kinder wie kleine Engelchen. Denn angefangen hatte alles damit, dass ich meiner Tochter Schwimmen beizubringen versuchte, was die Kinder mitbekamen und also herbeikamen und uns gute Tipps gaben. Ja (ich weiß, ich wiederhole mich), die Nacktheit ist dabei die Bedingung, ohne die es nicht geht, um zu verdeutlichen, dass nicht irgendwelche Kleidungsstücke die Basis der Moral sind, sondern der Geist, also die Einstellung.

Natürlich lässt sich aus diesem Ritus noch mehr machen, doch das möchte ich den jungen Menschen und ihren Eltern überlassen.


Kommentar zum Heft „Der Reli-Lehrer und die Jungfrau“ und Brief- bzw. Mailwechsel mit einem Priester und einer Mutter zu „dem Thema“.
Für mich sind beide kritischen Stimmen wichtige Dokumente, wie viele Menschen denken, daher versuche ich, so gut wie möglich zu antworten.

Doch zuerst einmal zu der „Interviewpartnerin“ auf dem Camino: Sie war Abiturientin und im Begriff, Mathematik zu studieren. Auch war ihre Mutter mit von der Partie, bei den Gesprächen jedoch nicht dabei, allerdings hatte sie erst mal ihre Tochter in ihrer Einstellung mir gegenüber bestärkt Die junge Frau ist also gewiss gutwillig und war auch offen für Gedanken aus dem Glauben. Doch zumindest hatte sie vor, sich in der praktischen Umsetzung dem Mainstream anzupassen. Ja, sehr viele junge Leute haben heute doch eine solche oder eine ähnliche Einstellung in ihren Köpfen – wenn nicht gar so ziemlich alle. Sie wissen es einfach nicht besser, weil ihnen das alles auch niemand sagt. Und so driften sie schließlich auf die Seite der Glaubensgegner oder zumindest der nicht wirklich nach dem Glauben Lebenden. Ob man da mit einem frühchristlichen Konzept nichts machen kann, das doch sehr gut in unsere heutige Zeit passt? Ich bin hier jedenfalls sehr optimistisch!

Anmerkung hierzu: Die frühen jungen Christen hatten gewiss nur einen Bruchteil an religiöser Unterweisung wie unsere heutigen jungen Christen, doch sie waren so sehr Christen, dass sie sogar dafür starben. Wir kennen die Umstände: „Jungfrau und Martyrin“. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass sie „aus Liebe zu Jesus“ starben und ansonsten naiv, dumm und unwissend waren, wie uns das so in typischer frommer Verklemmtheit üblicherweise erzählt wird. Ich könnte mir viel mehr denken, dass sie in der damaligen dekadenten römischen Gesellschaft von den Ideen Jesu von einer wunderschönen durchaus irdischen Liebe so sehr motiviert waren, dass sie lieber sterben wollten als diese Liebe zu verpassen. Na ja, sterben muss ja heute wohl keiner mehr, wenn er diese Ideen Jesu im Kopf hätte. Was hindert uns also, für diese Ideen Werbung zu machen? Und ich habe hier sogar eine positive Erfahrung als Berufsschulreligionslehrer, wenn ich schon mal von den Schülern zu hören bekam: „Ihre Ideen sind ja nicht schlecht. Doch bei uns ist es schon zu spät: Sie müssen an die Grundschulen gehen!“ (Allerdings:Die für die Grundschulen Zuständigen würden mir wohl kaum eine Chance geben, weil die einfach andere Vorstellungen haben. Da braucht´s erst einen Druck von außen, von den Eltern, von den Medien...)

Ganz allgemein ist zur Situation der frühen Christen zu sagen: Ein Professor von mir (Rupert Lay) meinte einmal, dass die Christen der frühen Kirche nicht verfolgt wurden, weil sie einen anderen Glauben hatten. Denn das hätte den Römern nichts ausgemacht, in dieser Hinsicht waren sie großzügig, nicht zuletzt passten in ihren Glauben ja sowieso alle möglichen Götter. Nein, die Christen hatten nach ihrer Auffassung überhaupt keinen Gott, waren also Atheisten, weil sie keinen üblichen religiösen Kult trieben. Und das, was sie dagegen "trieben", war staatsgefährdend – ja, auch ich meine wie Ortega y Gasset, dass das, was junge Mädchen in den Köpfen haben, die Geschichte stärker beeinflusst als „der Stahl des Kriegsgottes“. Daher musste diese Einstellung junger Menschen damals notfalls mit Gewalt unterbunden werden. Ich habe einmal bei beim Aufschlagen eines der Bücher mit den Texten der Kirchenväter, die bei einem befreundeten Pfarrer eher zur Dekoration im Bücherschrank standen, gelesen, wie das ging. Ganz zufällig habe ich da also die Geschichte von einem christlichen Mädchen gefunden, die vor dem Richter stand und dem Glauben abschwören sollte, um ihr Leben zu retten. Dazu wurde die junge Frau vor die Wahl gestellt, entweder in der Arena zu sterben oder zu beweisen, dass sie keine Christin war, indem sie sich prostituierte. Sie wollte lieber leben und entschied sich fürs Zweite (und hatte wenigstens zunächst einmal Glück), doch das ist dann eine andere Geschichte.

Ob ich´s also jetzt getroffen habe, was damals los war? Jedenfalls würde die andere Einstellung zur Moral ja zumindest auf Dauer oder sogar recht bald auch eine Verhaltensänderung ganz allgemein bewirken, da bin ich mir sicher. Wir Christen könnten diese Änderung „ab“, die Moslems und viele andere nicht... Mal sehen! Auch hierzu eine eigene Erfahrung aus meiner Zeit als Berufsschulreligionslehrer: Ich hatte also in einer Mädchenklasse erzählt, wie wichtig das Erlebnis des Orgasmus auch für Frauen sei, und dass frau ihn auch ohne Eingedrungenwerden erleben könnte (siehe Seite 10). Eine moslemische Schülerin fragte mich daraufhin, ob das auch mit dem Islam ginge. Sie hatte also durchaus erkannt, dass solches Erleben mit der Religion zusammen hängt. Ich bezweifle allerdings, „ob das mit dem Islam geht“.

Und zur Bischofssynode in Rom: Es geht ja etwa auch um die Wiederverheiratung von Geschiedenen. Ich finde, dass die Problemstellung schon problematisch ist. Denn was ist ein „Geschiedener“? Zur Zeit Jesu galt der Geschlechtsverkehr zwischen zwei Menschen als Indiz für eine Ehe. Daher galten Prostituierte als Ehebrecherinnen, weil sie immer wieder neue Ehen anfingen und diese dann durch eine „neue Heirat“ mit einem anderen Mann brachen. So hatte also auch Jesus Ehe verstanden. Wenn wir uns also heute um eine christliche Ehemoral kümmern, dann müssen wir das bedenken! Also ist das von mir vorgestellte Konzept auch in dieser Hinsicht ein originär christliches Konzept, auch hier gehören Ehe und Geschlechtsverkehr ja zusammen, wenn es diese typischen „Ehen auf Probe“ nicht geben darf. Das, was diese Bischofssynodalen vertreten, wenn sie von der Wiederverheiratung Geschiedener reden, beruht dagegen auf römischem (also heidnischem) Eheverständnis: Da ist gleichgültig, wer mit wem Sex hat, sondern es kommt darauf an, wer mit wem zum Zensor geht, um sich als Ehepaar eintragen zu lassen. Ob das dann wirklich Gott zusammen gefügt hat?

Ich meine dagegen, dass man bei dem von mir vorgestellten Verfahren eher erkennen kann, ob hier Gott etwas zusammen gefügt hat - was dann der Mensch nicht trennen soll (und möglicherweise auch gar nicht will!).

Oktober 2015 Michael Preuschoff


Und hier die kritischen Rückmeldungen und meine Antworten (die Rückmeldung des Priesters ist allerdings auf eine frühere „Drucksache“ von mir)

Zunächst die Rückmeldung des sehr vom Glauben erfüllten Priesters:

Danke, Herr P...!

Den traditionellen Glauben weitestgehend verlassen? Schade! Jesus geht anders vor (AT – NT). „Selig, die reinen Herzens sind...“

Hat es diesen Jesu, den wir predigen, überhaupt gegeben? Er ist größer als unsere Predigt. Unserer Erbschuld läßt paradiesische Nacktheit nicht zu. Bitte weihen Sie sich täglich Maria.

Segnend in (hier kommt eine Abkürzung oder ein Zeichen, die bzw. das ich nicht verstehe, vielleicht „M“ in „C“, also „Maria in Christus“?)

Ihr Pfr. W. P 8.7.15

Und meine Antwort:

Lieber Herr Pfarrer W. P.,

mir geht Ihre Karte mit Ihren kritischen Worten, mit Ihrer Alternative und mit Ihrem Segenswunsch natürlich nicht aus dem Kopf, zudem sind Sie auch einer der wenigen, die antworten. Auf alle Fälle freue ich mich über Ihre Antwort und ich danke Ihnen sehr.

Wie ich sehe, kommen Sie eher auf eine Lösung aus dem Dualismus: Alles, was mit der Sexualität (und besonders mit der außerhalb der Ehe) zusammen hängt, macht unrein – und ist daher per se abzulehnen.

Das kann es aber doch nicht sein, weil wir damit in einer Sackgasse der Handlungsunfähigkeit, also in einem Fatalismus (oder in einer Lethargie), gelandet sind – und so die Gegner von Religion und Moral auf dem Siegeszug sind!

Um aus dieser Sackgasse herauszukommen, habe ich mich zunächst einmal an den Praktiken der frühesten Kirche orientiert (bevor sie vom Dualismus der Gnosis verfremdet wurde): Nacktheit ist also nicht per se schlecht und kann auch als Überwindung des Fluchs der Erbsünde gesehen werden! Doch schon vorher (als ich beim „Bund“ war) war mir aufgefallen, wie meine Kameraden hässlich über Mädchen redeten und worüber sie ihre Witze machten und was sie aber auch akzeptierten oder sogar gut fanden. Ich empfand diese Einstellung der Kameraden nun plausibel, irgend wie sah ich Parallelen zu unserer christlichen Sexualmoral, was Sünde ist, und vor allem gesteht sie Frauen und Mädchen auch einen möglichen positiven Handlungsspielraum zu. Warum sollte ich mich also nicht von den von Sündenvorstellungen in den Kinderbeichtspiegeln aus meiner Kinderzeit oder eben aus der dualistischen Verfremdung befreien und mich nach dem Motto „vox populi – vox dei“ an der Einstellung meiner Kameraden orientieren, was gut und was schlecht ist? Ja, irgendwie machten sich meine Kameraden doch nur über die Scheinmoral der Mädchen und Frauen lustig, die nach außen hin so unnahbar-schamhaft-moralisch tun, aber in Wirklichkeit nach Meinung mancher noch gieriger als Männer sind, wenn man sie nur richtig „anbaggert“? Dagegen würde eine wirklich echte Moral immer für gut befunden und sogar unterstützt werden, das war jedenfalls mein Eindruck.

Bestärkt haben mich auch Gespräche mit Mädchen, die mir ihre früheren „Entscheidungen des Einstiegs“ beklagten. Einmal hatte ich bei einem solchen Gespräch auch angedeutet, ob es denn „das“ nicht auch getan hätte und dabei meine Finger entsprechend ineinander verschränkt... „Ja natürlich“, so der Kommentar des Mädchens, „das weiß ich jetzt auch, doch damals wusste ich das nicht, niemand hatte sich dafür zuständig gesehen, das mal so zu sagen...“

Was liegt also näher, dass ich mich zuständig sehe – und damit auch einen Weg aus der Sackgasse der Handlungsunfähigkeit wage? Im Übrigen haben wir Katholiken ja auch das Prinzip des Naturrechts: Wir verlangen nichts von den Menschen, was nicht auch „von Natur her“ vernünftig und praktikabel ist. Ich kann mich also durchaus an dem orientieren, was meine Kameraden gut oder nicht gut fanden und was auch dieses Mädchen lieber getan hätte.

Und ich meine, mit meinem Engagement bin ich inzwischen auch gar nicht so schlecht. Ich erkenne das auch daran, dass ich auf meine Website, die im Monat zwischen 6000 und 10 000 mal besucht wird und in der ich das alles vertrete, hin nie lächerlich gemacht werde, allerdings auch nur sehr selten Kritik erhalte. Immerhin habe ich auch ein paar Freunde gewonnen, die ähnlich denken wie ich.

Doch noch einmal zu Ihren Zeilen: Ob Jesus wirklich „anders“ vorgegangen ist? Ich bezweifle das doch sehr, denn dann hätte es gewiss keinen Grund für diesen Justizmord an ihm gegeben. Die Stelle, die Sie zitieren, klingt für mich jedenfalls eher nach einer dualistischen Verfremdung der Botschaft Jesu aus späterer Zeit.

Ja, was würde Jesus sagen, was wir machen sollen? Es kann doch wohl nicht sein, dass wir eine falsches (also eine geist- und leibfeindliches) Moralmodell lehren und dann erwarten, dass er ein Wunder tut, indem er das alles korrigiert, denn das käme einer Versuchung Jesu nach Mt. 4, 1-11 gleich. Allein eine solche Vorstellung ist doch schwer sündhaft. Also sind wir gefordert, wir müssen uns ändern (zumal es doch wohl eher wir sind, die etwas falsch machen!) und dazu selbst liebgewordene und oft altehrwürdige Einstellungen und Praktiken auf den Prüfstand stellen und eventuell verändern, damit das geschieht, was in Seinem Sinn ist! Er hat ja keine Arme – außer unseren!

Oder auch: Das Gebet, das uns Jesus selbst gelehrt hat, ist das Vaterunser. In diesem Gebet beten wir, dass der Wille Gottes geschehen möge. Ich interpretiere diese Bitte nun nicht fatalistisch, dass wir nämlich als Gottes Wille sehen und bereitwillig akzeptieren sollen, was so passiert, sondern dass wir suchen sollen, was wohl der wirkliche Wille Gottes ist. Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Gott so verklemmt und leibfeindlich ist, dass sein Wille Krücken in Form von Korsetten aus Badehosen und Bikinis (oder auch Ganzkörperschleier) sind. Nein, ER hat uns doch unseren Geist gegeben, damit wir eine geistige Lösung finden und praktizieren! Ja, wie soll ER denn anders zu uns reden und seinen Willen kundtun, als dass er diese leibfeindliche Spießermoral einfach nicht gelingen lässt? (Sehe ich hier Gott zu anthropomorph? Wie soll ich IHN denn sonst sehen?)

Ein evangelischer Pfarrer hat mich auf den Artikel im Stern (15/32) aufmerksam gemacht. Mein Kommentar dazu: Wir versinken in Paranoia und Hysterie, doch mit Moral hat das nichts mehr zu tun, weil es auch niemandem hilft und nur von wirklicher Moral ablenkt, ja wirkliche Moral sogar letztlich unmöglich macht. Für mich ist das ein typisches Zeichen von Dekadenz, denn auch dekadente Gesellschaften sind moralisch, doch zeigt sich deren Moral in Hysterie und Paranoia und nicht in wirklicher Sachlichkeit, wie junge Menschen sich zu ihrem Glück verhalten sollen und wie besser nicht. Mein Strategievorschlag hierzu: Es einfach anders machen!

Ja und jetzt suche ich natürlich „Kombattanten“ (oder„Mitkämpfer“)!

Dazu eine Frage an Sie: Kennen Sie vielleicht einen Priester, der noch aktiv in der Seelsorge tätig ist und mit dem ich mich in Verbindung setzen könnte – und der einmal das frühchristliche noch nicht vom Dualismus verfremdete Konzept in seinem Firmunterricht praktizieren würde? Ich kannte ja einmal einen Priester, der hätte das liebend gerne gemacht, doch der ist schon über dreißig Jahre verstorben und zu seinen Lebzeiten war ich noch nicht so weit... Aber vielleicht gibt es ja noch andere Priester, die sich „so eine Öffnung“ trauen würden? Vor allem auch: Mir reichen vielleicht auch nur ein Abend (oder Nachmittag) oder zwei. Ich würde den (jungen) Teilnehmern und deren Eltern vorher die Hefte zuschicken, so dass nur die kommen, die kommen wollen, und dass wir dann locker über das reden können, was die, die da sind, wollen. Mir schwebt immer das Ideal in der frühen Kirche vor, wo Menschen durchaus nach einem einzigen Gespräch Christen wurden – und die das so sehr waren, dass sie sich nicht davon abbringen ließen – selbst wenn das den Tod bedeutete (das wird m.E. aber bei uns nun hoffentlich wirklich nicht mehr passieren).

Beste Grüße

Und dann die Mail von der Mutter:

Sehr geehrter Herr P.!

Ich habe Ihre Broschüre und den Brief / die Korrespondenz zugesendet bekommen, sie gelesen und danke Ihnen dafür.
Sie haben interessante Gedanken - manchmal etwas ausschweifend.
Es ist aktuell nicht mein Thema - meine Eltern haben uns als Kinder aber ähnlich versucht zu erziehen.
Heute sind die Zeiten ziemlich anders - es hängt sehr davon ab, an welche Menschen man "gerät".
Es gibt keine "einheitliche Ethik" oder Moral mehr - aber sehr viel Unausgesprochenes.
Keine einfache Zeit!
Bei meinen eigenen Kindern (Mädchen 14, Junge 16) ist das Schamgefühl sehr stark ausgeprägt, auch bei meinem Mann.
Da komme ich nicht "gegenan".
Manches läuft im Leben nicht optimal. Die Kinder müssen ihren Weg selbst finden, aber brauchen natürlich auch Leitung.

Ich wünsche Ihnen alles Gute!

A. R.

Meine Antwort:

Hallo Frau R.,

danke für Ihr "Feedback"! Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn ich näher darauf eingehe. Zu der Erziehung Ihrer Eltern kann ich nichts sagen, weil ich dazu schon Näheres wissen möchte, etwa was für ein Moralmodell der zugrunde lag. Und natürlich wüsste ich gerne, was „ausschweifend“ ist und was ich also einfacher machen könnte. Doch bleibt da immer noch die Frage, was ein 14-jähriges Mädchen ausschweifend findet. Denn ich möchte ja nicht Sie, sondern „diese Spezies“ ansprechen. Ob die jungen Leute hier wirklich so unterschiedlich sind? Ich wage das zu bezweifeln. Ich war dreißig Jahre lang Lehrer, der diese Themen auch ansprach, und ich fand, im Prinzip waren sie „in diesen Dingen“ alle völlig gleich – zuerst immer total verklemmt-leibfeindlich und dann immer holterdiepolter gleich „alles“ … Also passt auch im Großen und Ganzen immer dieselbe Strategie, etwas zu tun! Im Übrigen: Wenn junge Leute zuhause nicht reden wollen und können, sagt das noch gar nichts, sie würden staunen, wie die woanders reden können und wollen!

Sie schreiben, „Es hängt sehr davon ab, an welche Menschen man „gerät“. Sie sehen hier also eine Art „blindes Schicksal“. Dazu kann ich (aus meiner Erfahrung) nur sagen, dass es dieses „blinde Schicksal“ nicht gibt, sondern „an wen man gerät“ hängt von der eigenen Einstellung ab. Der Verklemmte oder besser die Verklemmte (oder auch die Schamhafte) wird sich einen Befreier von dieser Leibfeindlichkeit suchen und daher an die entsprechenden „Typen“ „geraten“. Dagegen wird sich der „Offene“ mit einer echten Moral einen Gefährten für das Erlebnis des Paradieses suchen – und also daran interessiert sein und - soweit sich Möglichkeiten bieten -, auch etwas dazu tun, dass es andere „Typen“ gibt, damit ein Finden solcher „Typen“ auch Chancen hat.

Es geht natürlich auch nicht darum, „gegen die Scham“ anzukommen und dieser Weg ist auch nicht richtig, weil die Scham ja von den jungen Menschen als das Moralmodell schlechthin angesehen wird. Man würde ihnen etwas Existentielles wegnehmen, was sie unbedingt brauchen, um nicht als „Sexsäue“ (Kindersprache) oder als gar Huren zu gelten. Doch können wir davon ausgehen, dass gerade junge Mädchen geradezu darauf brennen, ihren Körper zu zeigen, weil der ja sozusagen ein natürliches Werbeargument ist, einen guten Mann zu finden. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, wenn auch ein „guter Geist“ hinzukommt, um den es mir eben geht. Was insbesondere die Mädchen brauchen, ist, die Zusammenhänge zu kennen! Wenn wir ihnen also in erster Linie ein vernünftiges und hochstehendes Moralmodell aus dem Geist heraus vorstellen und das Moralmodell der Scham als krank, unnatürlich, untauglich und spießig für eine vernünftige Moral entlarven, dann wird sich das Problem „Scham“ von ganz alleine lösen, so wie die Äpfel vom Baum fallen, wenn sie reif sind. Das kann ganz schnell gehen, dass dieser Verhüllungszwang als unwürdig und lächerlich für einen emanzipierten und wirklich moralischen Menschen empfunden wird. Vielleicht kann ich als Mann das gerade bei Mädchen besser beurteilen als Sie als Frau, denn im Grunde sind Mädchen doch neugierig und wollen doch auch Männer „sehen“? Dieses Sehenwollen darf nur nicht als unmoralisch hingestellt werden.

Allerdings kann ich mir vorstellen, dass die Pädagogik eines echten Moralmodells im Gruppenrahmen viel besser läuft als im Einzelgespräch. Denn wenn auch die meisten Menschen mehr oder weniger blind dem Mainstream hinterher laufen, wird es doch immer Menschen geben, die selbständig denken können und wollen und sich dann auch anders verhalten. Und diese Menschen, gerade auch junge, können dann eine Diskussion und schließlich auch andere mitreißen und schließlich eine Verhaltensänderung auslösen. Ja, wer weiß, wer solche Selbständig-Denken-Menschen sind? Das können durchaus welche sein, denen man das zunächst gar nicht zugetraut hätte. Sie brauchen allerdings die entsprechenden Informationen.

Inzwischen habe ich gelernt, hier nicht schüchtern zu sein und davon auszugehen, dass junge Menschen wirklich gute Informationen sogar wollen und für sie dankbar sind. Ich habe da meine Erfahrungen! Ich verweise hier auf die Frage der moslemischen Schülerin auf Seite 2. Darüber kam ich in diesem Frühjahr in Meknes/Marokko auf einer Parkbank mit zwei Studentinnen, die gut Englisch konnten, ins Gespräch. Ich fing also mit der Frage dieser Schülerin an, ob meine Ideen auch mit dem Islam gingen - das war dann der Aufhänger, meinen Ansatz zu erzählen. Und gerade die verschleierte von den beiden nahm mir die Worte bisweilen aus dem Mund, sie dachte also schneller als ich redete, und sagte mehrmals, dass ich ein guter Mann sei (womit sie natürlich meinte, dass meine Ideen gut seien). Oder auch im Bekanntenkreis: Mit dem einen Mädchen, die vor einigen Jahren zusammen mit ihrer Cousine mit mir zum Strand durften (die Eltern hatten ja die positive Entwicklung meiner Pflegetochter mitbekommen) und schließlich auch wollten (dabei hatten sie noch einen Tag zuvor anderen großspurig erzählt, dass sie Nacktheit ekelhaft fänden und so etwas nie machen würden - und jetzt sogar im nächsten Jahr wieder!), bin ich heute noch in losem Kontakt. Mich interessiert ja, ob ankommt, was ich schreibe. Als ich letztens bei der Familie vorbei ging, um dem Mädchen, inzwischen 18, das neueste „Werk“ zu geben, kam es mir zusammen mit einer Freundin schon zufällig auf der Straße entgegen - strahlend, als es mich sah, und nahm auch offensichtlich gern den Briefumschlag. Ich habe also den Eindruck, dass gerade Mädchen schon wissen wollen, an was ich tüftle und das gut finden. Sie merken, dass es mir um Pfiffigkeit und echte Emanzipation von Mädchen geht, gut und für sie vorteilhaft zu handeln. Ich versuche ja auch, so zu schreiben, dass sie es gerne und interessiert lesen, weil sie merken, dass es um "ihre Sache" geht.

Ja, ich sehe einiges doch anders als Sie, und mit dem geeigneten Ansatz auch gar nicht kompliziert. Auch finde ich, dass wir in einer tollen Zeit voller Chancen leben, endlich kann einmal offen auch mit jungen Menschen über etwas Positives geredet und sie können so vorbereitet werden, dass sie genau das Bauchgefühl bekommen, nicht an die Falschen zu geraten!


B. Glücklicherweise gibt es gerade heute auch die Chance eines zweiten Anlaufs

Natürlich, idealer ist schon, von Anfang an alles „richtig“ zu machen. Doch oft waren die Umstände einfach nicht entsprechend, vor allem hatte ja niemand von den Erwachsenen sich zuständig gesehen, mit jungen Menschen vernünftig zu reden. Daher trifft die jungen Menschen auch keine Schuld, doch ausbaden müssen sie schließlich selbst, was sie sich einmal eingebrockt hatten. Ein Trost mag ja auch sein, dass gerade die „zweiten Anläufe“ sehr oft sehr gut gelingen.
Wie zwei junge Menschen dieses Problem nun zu meistern versuchen, können wir in einem Beitrag aus der Zeitung „Die Welt“ vom 15.02.2013 lesen:

Wir haben uns noch nie nackt gesehen“
Eine Liebesbeziehung ohne Sex? Ein junges Pärchen hat sich entschieden, bis zur Hochzeit enthaltsam zu bleiben von MARCEL LEUBECHER

Stefan ist 24 Jahre alt und wohnt in einer Viererwohngemeinschaft in Leipzig. Hanna ist 22 und bei ihm zu Gast. Sie wird ihren Liebsten heute Abend aber verlassen, wieder einmal, und mit dem Zug in ihr Heimatstädtchen fahren. Mit Mutter und Schwester wohnt sie 25 Kilometer östlich der sächsischen Landeshauptstadt.
Die Versuchung ist zu groß, wenn wir nachts zusammen daliegen, deswegen schlafen wir nicht beieinander", sagt Stefan. Damit die Disziplin nicht der Lust unterliegt, achten die beiden darauf, dass es nicht zu „heiß" wird. Liebkosungen am ganzen Körper sind noch tabu. „Wir haben uns auch noch nie nackt gesehen", sagt Hanna. „Oh, dann wäre das Gehirn außer Gefecht!", stürzt es aus Stefan hervor. Beidseitiges Kichern.
Beide haben auch schon anders geliebt - mit Sex. Stefan hatte eine, Hanna zwei längere Beziehungen, bevor sie vor 16 Monaten zusammenkamen. Die Sozialassistentin bereut die Erfahrungen mit ihren Ex-Freunden: „Die kennen mich nackt, ich habe ihnen etwas geschenkt, das eigentlich meinem zukünftigen Mann gehört." Stefan, der weniger mit seinem und Hannas früherem Sex hadert, lächelt verständnisvoll: „Es zählt, was jetzt ist. Man muss aus Fehlern lernen", sagt er.
Im Jugendgottesdienst einer Leipziger Freikirche sahen sie sich zum ersten Mal. „Ich fand ihn halt gut und er mich auch", sagt Hanna und lächelt zu Stefan rüber. Danach folgten „Facebook-Gequatsche" und Spaziergänge, Einen dieser Spaziergänge werden die beiden nie vergessen. „Wir kamen von einer Bergwanderung zurück; er hat mich heimgebracht und vor der Haustür im Mondschein gefragt, ob er mich küssen darf, sagt Hanna.
Er durfte - allerdings nicht zu heftig. „Wir gehen nach und nach immer einen Schritt weiter", sagt Stefan, der nach seinem Lehramtsbachelor in Geschichte und Deutsch jetzt eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker macht: „Jeder einzelne Schritt fetzt dann total." Für Hanna ist dieses langsame Liebenlernen intensiver, als es in ihren vorherigen Beziehungen der Fall war: „Ich kenne Stefan dadurch viel besser als meine früheren Partner", sagt sie.
Die Einstellung in Liebesdingen hängt für das Paar stark mit ihrem Glauben zusammen - Gott fügt Mann und Frau in der Ehe zusammen, Sexualität hat nur dort ihren Platz. Vor der Hochzeit heißt das: warten. Eine Liebesbeziehung ohne Sex? Für viele Twentysomethings ist das eine Horrorvorstellung. Während Stefan von seinen Freunden Witzeleien abbekommt - viele glauben ihm einfach nicht, dass er freiwillig auf Sex verzichtet -, erntet Hanna von ihren Freundinnen Respekt, teilweise sogar Neid.
In der Mondnacht, nach dem Haustürkuss, schrieb Stefan ein Gedicht, das er Hanna bei einem gemeinsamen Frühstück am nächsten Morgen in Leipzig vortrug. Genau ein Jahr später, am 20. Oktober, verlobten sie sich. Für September ist die Hochzeit anvisiert. Danach werden sie sich zum ersten Mal nackt sehen. M

Mein Kommentar hier nur: Schade, dass wegen der „Vorerfahrungen“ die beiden doch offensichtlich sehr gutwilligen jungen Leute nicht mehr dieses Paradieserlebnisse erleben und genießen können, wie sie unter Punkt A empfohlen werden. Oder doch? Jedenfalls wünsche ich dem Paar alles Gute!

Jedenfalls würde ein Konzept mit Paradieserlebnissen sehr gut funktionieren. Hierzu wieder eine Zeitungsmeldung:

(Ich muss sie allerdings aus meinem Gedächtnis zitieren.)

Junges Ehepaar wundert sich, warum es keine Kinder bekommt
Zwei Chinesen wussten nicht, dass dazu Sex gehört

Ein junges chinesisches Paar, beide Chemiker, wunderten sich nach ein paar Jahren Ehe, warum sie kein Kind bekamen. Als sie deswegen einen Arzt konsultierten, stellte der fest, dass die beiden noch nie „Verkehr" hatten. Auf Nachfrage erfuhr der Arzt, dass die beiden davon einfach keine Ahnung hatten. Sie dachten, dass die Frau Kinder durch die Vermischung von „Molekülen“ auf der Haut bekommt.


Ich halte diese Meldung aus China durchaus für realistisch, war man doch damals, als diese Meldung in der Zeitung "Die Welt" stand, in China so prüde, dass „solche Themen" völlig tabuisiert waren.

Die Meldung besagt allerdings ganz deutlich: Es gibt keine magische Macht, die junge Menschen, die noch nie Sex hatten, zum Sex zwingt. Es ist das Wissen um den „Verkehr" dazu erforderlich. Das heißt aber auch, dass gerade junge Menschen „ohne Erfahrung" leicht ohne den „Verkehr" selbst nackt zusammen sein können, selbst wenn sie zwar das Wissen um den Verkehr haben, ihn jedoch ausdrücklich nicht wollen. Dass dieses „Phänomen“ nun viele Erwachsene nicht verstehen, mag vor allem auch daran liegen, dass sie sich einfach nicht mehr in junge Menschen „ohne Erfahrungen" hineinversetzen können. Und so können sie es auch nicht übersehen, dass etwas für die einen gut und gesund und natürlich und eher harmlos, für die anderen jedoch höchste Gefährdung sein mag. Machen wir es uns einmal bewusst: Vor dem ersten Verkehr sind die Geschlechtsteile „der anderen“ einfach nur eigentümliche, wenn vielleicht auch bisweilen interessante Hautfalten, mehr nicht, deretwegen man sich eigentlich nicht schämen muss. Danach ist alles anders.

(Ich habe einmal gehört, dass es bei Hunden dasselbe „Phänomen“ gibt: Hunde, die noch nie Sex hatten, sind in der läufigen Phase zwar durchaus äußerst „erregt", doch sie „wissen" einfach nicht, worauf das hinauslaufen soll - und verhalten sich „anders".)


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C. ANHÄNGE

1. Kritische Fragen und Antworten

Ganz klar, auf die Schnelle habe ich das alles nicht geschrieben und ich habe natürlich auch oft gezweifelt, ob das alles so richtig ist und ob ich das vor allem auch „verbreiten“ kann. Doch ich wurde immer sicherer, nicht zuletzt auch, weil es da eine „Grundlinie“ zu geben scheint, auf deren Spur ich offensichtlich bin. Ich finde eigentlich immer nur Bestätigungen – und wenn Andersdenkende angeblich Gründe dagegen finden, dann sind das eigentlich nie wirkliche Argumente, sondern immer nur „Tatbestände“ nach dem Motto: „Wenn die Wissenschaft herausbekommen hat, dass das alle oder zumindest die Mehrheit so machen beziehungsweise so macht, dann ist doch das normal und korrekt so.“ Das hieße dann ja auch, wenn die Mehrheit der Bevölkerung für das Verbrennen von Hexen oder Juden ist, dann ist das „normal und richtig“. Ich verstehe nicht, wie intelligente Menschen (oder Menschen, die sich für intelligent halten) solche Argumente bringen können, diesen Vergleich müssten doch auch sie im Kopf haben – haben sie aber offensichtlich nicht.

Ein Freund meinte zu dem ursprünglichen Manuskript für etwa 16-Jährige, dass es ja sehr schön und gut sei. Doch seine Tochter, die gerade zehn Jahre alt ist, hätte in der Schule Sexualkunde. Soweit er erkennen kann, sei dieses Fach sehr biologistisch ausgerichtet. Ob ich nicht auch einmal dazu etwas ergänzendes Menschlicheres schreiben könnte, das auch bei diesen jüngeren Menschen ankommt? Er hätte ein solches Gespräch mit seiner Tochter versucht, doch er sei damit gescheitert. Er sei vermutlich zu ungeschickt, sie wollte offensichtlich nicht mit ihm über „diese Themen“ reden.

Deshalb also die EINFÜHRUNG für die jüngeren der jungen Menschen.

Und jetzt die Punkte der Kritik und die Beantwortung:

Das vorliegende Konzept ist doch unrealistisch.“
Das sagte jemand, der seine Abscheu über den Handel mit Nacktfotos von klei-nen Jungen äußerte und dann auch noch phantasierte, zu was sonst ein Mann noch fähig sein würde,der sich solche Bilder heimlich besorgt.
Das Problem ist, dass wir das Moralproblem mit der Ausrottung von Pädophilen oder auch mit noch so scharfen Gesetzen nie lösen werden, denn es handelt sich hier um eine ethische Angelegenheit, und da helfen Gesetze letztlich nur wenig. Zudem wurde wohl kaum je ein Problem mit einer Ausrottung von angeblichen Bösen gelöst. Wir leben auch nicht in einem Zoo, wo „wilde böse Tiere“ weggesperrt werden können. Wir sollten lieber dieses Pädophilenphänomen einmal als Aufforderung Gottes ansehen, Kindern eine echte Moral beizubringen und sie somit immun zu machen etwa auch gegen solche „Bilderhändler“ und „-angucker“. In diesem Sinn siehe die Rigolettogeschichte ab Seite 60.

Das Konzept ist auch noch aus einem anderen Grund unrealistisch: Es wird ohnehin nie alle erreichen.“
Das ist mir auch völlig klar, dass man nie alle erreichen wird. Es ist nun einmal so, dass erfahrungsgemäß von dreißig Menschen neunundzwanzig einem allge meinen Trott hinterherlaufen, selbst wenn der Weg ein offensichtlich falscher ist. Doch einer geht einen andern Weg. Was ist, wenn der das Konzept gut findet und dann auch noch ein Trendmacher ist, dem die anderen schließlich hinterher laufen? Immerhin gibt es die Chance, dass diejenigen, die die schlimmen Erfahrungen machen wollen und müssen, sich später einmal besinnen und ihre Kinder dann anders erziehen.

Das Problem ist, die Kinder für solche Themen zu motivieren. Kinder haben andere Themen im Kopf.“
Bei Jungen mag das stimmen, Mädchen sind jedoch sehr offen. Wenn sie nun über solche Themen nicht reden wollen und gerade auch nicht mit ihren Eltern, so liegt das in der Natur der Sache. Mehr dazu auf Seite 58.

Man sollte in einem Kinderunterricht mit Positivem anfangen, die Rigolettogeschichte und auch die anderen Beispiele sind jedoch negativ.“
Das Positive haben junge Menschen hier sowieso im Kopf, davon träumen sie sogar. Damit braucht man also nicht anzufangen. Sinnvoll ist nun, dass Kinder erfahren, wie ihre positiven Vorstellungen scheitern können. Aufgabe einer sinnvollen Pädagogik ist, dass Kinder Anregungen bekommen, wie sie das Scheitern verhindern können, ja dass sie geradezu von sich aus kreativ werden, Strategien gegen das Scheitern zu entwickeln. Wenn sie dagegen nur Positives erfahren, werden sie eher naiv und das Scheitern ist programmiert.

Sie plädieren für eine für Kinder sehr schädliche Frühsexualisierung, es ist doch keinesfalls gut und sinnvoll, wenn Kinder das alles wissen.“
Die Frage stellt sich, was man Kindern denn sonst erzählt, wenn auch jede sachliche Information über „Biologisches“ als „Frühsexualisierung“ bezeichnet und pauschal verteufelt wird. Irgendetwas muss man ja wohl erzählen. Also erzählt man Kindern (nicht nur von der Religion her!) nach wie vor das von der Scham und dass sie sich also vor der Nacktheit hüten müssen: „Denn die ist ja auch gegen die Intimsphäre.“ Wenn wir nun davon ausgehen, dass gerade Kinder hochmoralische Wesen sind, dann führt das automatisch dazu, dass die Scham in ihren Köpfen zur Moral wird und dass sie Ängste bekommen, dass jemand Unbefugtes sie nackt sehen könnte. Insbesondere kleine Mädchen entwickeln geradezu paranoide Ängste, dass ein Mann ihnen ihr Hös´chen ausziehen könnte – und es reicht ja allein die Vorstellung, dass das jemand tun wollte und könnte. Die Folge ist ein Trauma – und auch oft ein lebenslanges. Doch das, worauf es bei wirklicher Moral eigentlich ankäme, nämlich keinen Sex mit einem falschen Partner zu haben, das ist bei passender Gelegenheit kein Problem für sie. Junge Menschen werden so leibfeindlich und auch noch fetischistich (weil Kleidung mit ins Spiel kommt, s. S. 27) aber nicht moralisch. Es ist wirklich so: Der Spaß an unschuldiger Nacktheit wird für junge Menschen mit dem Spaß an Pornografie gleichgesetzt – und damit wollen sie nichts zu tun haben. Daher kommt auch später FKK für sie nie infrage. Doch sexuelle Erfahrungen bis hin zu Abenteuern werden akzeptiert und als normal empfunden. Wer hat nun Schuld an dieser Verdrehung in den Köpfen junger Menschen, was gut und was nicht gut ist?

Sie treiben mit Ihrer Einstellung zur Nacktheit doch die Kinder in die Arme von Pädophilen!“

Schauen Sie sich doch bitte einmal die Berichte über die Vergehen von Pädophilen genauer an! Es war doch nirgends so, dass „es“ etwa bei einer Wanderung mit der Freude einer Gruppe junger Menschen an einem nackten Bad in einem Gebirgsbach anfing. Vielmehr begann doch der Missbrauch von Kindern doch immer ganz anders. Die Kinder hatten also mit ihrer grundsätzlichen Angst vor der Nacktheit in einer völlig falschen Richtung aufgepasst.

Und so ganz nebenbei erledigt sich ein weiteres Problem: Kleine Mädchen, die die paradiesische Bekleidung gewöhnt sind, können nicht mehr von Pädophilen verführt werden, die ihnen „etwas Tolles“ zeigen wollen.

Viele Menschen haben die Assoziation im Kopf: `Kinder + Nacktheit = Pädophilie´.“
Wenn alles immer so einfach wäre! Siehe hierzu den vorigen Punkt. Ja, wer immer alles in einen Topf wirft und keinen Unterschied macht und nicht sachlich sein kann und will, der ist irgendwann kein ernsthafter Gesprächspartner mehr und der sollte sich fragen, ob er es nicht selbst ist, der hier unaufgearbeitete Probleme hat. Denn dann sieht er die eigenen Probleme letztendlich nur immer bei den anderen und gibt sie schließlich auch noch an junge Menschen weiter.


Sich an Kindern zu vergreifen, ist doch das Schlimmste.“
Vorsicht vor Menschen, die bei solcher Verurteilung sehr emotional und unsachlich sind. Wir wissen, dass in Gefängnissen die Kinderschänder an unterster Stelle stehen, die werden von allen anderen Strafgefangenen verachtet. Diese anderen Gefangenen haben nun auch keine reine Weste und brauchen für ihr Selbstwertgefühl jemanden, gegenüber dem sie besser sind. In der Freiheit gibt es auch so ein Problem des Besser-sein-Wollens als andere. Wer also hier zu sehr sein eigenes Bessersein durchblicken lässt und vor allem in unsachlicher Weise, bei dem sollte man vielleicht einmal näher hinsehen, ob der nach dem Motto „Haltet den Dieb!“ (s. S. 18) nicht nur jemanden braucht, den er verurteilen kann. Ob das also alles wirklich Pädophilie ist, was von manchen als Pädophilie angesehen wird, oder nur dazu dient, dass man selbst gut da steht?


Wie sieht denn nun das Harmlose oder sogar das Paradiesische aus?“
Zum Beispiel: Eine Mutter erzählte mir, dass sich ihre fünfjähriges Töchterchen einmal ein nacktes Frühstück im Familienkreis gewünscht hätte. Oder wenn einem auf einem Campingplatz auf dem Weg von und zur Dusche das Töchterchen der Nachbarn begegnet – beide im Paradieskostüm – und einen anstrahlt. Wo ist das Problem? Das sind doch nun wirklich wunderbare Paradieserlebnisse, die absolut nichts mit irgendeiner Pädophilie zu tun haben! Honi soit, qui mal y pense! („Ein Schelm, wer dabei Böses denkt!“) Es gibt eben neben der Assoziation Nacktheit + Kind = Pädophilie auch die Assoziation „Vater + Kind + Nacktheit = heile Familie, heile Welt“. Der Unterschied ist, dass bei der Pädophilie-Beziehung sonst nichts mehr kommt beziehungsweise für eine hohe Moral Untaugliches, während bei einer heilen-Welt-Beziehung noch eine sinnvolle Sorge für eine echte Moral hinzu kommt. Gerade Väter wissen ja auch sehr oft (woher auch immer), dass die „Scham-Moral“ nun einmal nicht zu einer hohen Moral führt, dass sie also für junge Menschen nicht vorteilhaft ist. Leider sind viele Väter und überhaupt viele Eltern in der Praxis dann doch sehr oft eher hilflos, obwohl sie im Grunde sehr gutwillig und sehr integer sind. Dieses Heft soll nun Anregungen geben, wie realistisch-gutwillige Eltern (und auch andere Pädagogen) ihre Sorge sinnvoll in die Praxis umsetzen können.

Es gibt doch Wichtigeres im Leben junger Menschen als die Sexualität.“
Es ist die Frage nach einem Gesamtkonzept. Sinnvoll aufgeklärte junge Menschen haben auch ihre Köpfe freier für das, was sonst im Leben wichtig ist. Sie haben es leichter, reif zu werden und ihre individuellen Anlagen zu entfalten. Das dürfte sich dann auch auf die schulischen Leistungen positiv auswirken.

Doch warum immer nur dieses eine Thema? Es gibt doch wohl noch mehr, wo gerade junge Menschen leiden können.“
Natürlich, es gibt noch mehr, das ist mir auch klar. Doch wenn in einem sehr wichtigen Bereich schon einmal ein gutes Selbstbewusstsein verbunden mit dem passenden Wissen da ist, dann wird gerade der junge Mensch sich hoffentlich auch in anderen Bereichen zu helfen wissen. Zudem: Wenn wir den jungen Menschen in allem möglichen und unmöglichen Dingen
beraten wollen, ohne dass etwas Konkretes anliegt, dann wird eine solche Erziehung sehr schnell überängstlich und ungenießbar – und sie erreicht letztlich nur das Gegenteil.

Der Ansatz hier ist doch total unmodern, Mädchen und Frauen haben sich heute aus den alten Zwängen befreit und der Geschlechtsverkehr mit verschiedenen Partnern ist doch Zeichen ihrer Freiheit und Emanzipation.“
Meine Erfahrung mit den Kameraden bei der Bundeswehr, also mal mit „wirklich normalen Menschen“, die sagen, was sie denken (und wie ich immer wieder feststelle, schimmert deren Denken auch heute noch in der Männerwelt durch): Wenn Mädchen den Sex gewähren, besonders den ersten, aus welchen Gründen auch immer, wird eigentlich immer eher verachtend über sie gesprochen. Allerdings stammen meine Eindrücke eben eher von dem, was in „unteren Schichten“ geredet wird. Ob hier vielleicht doch eine Wahrheit zutage kommt nach dem Motto „Vox populi, vox dei“ – also „Stimme des Volkes, Stimme Gottes“? Jedenfalls meine ich, dass die Mädchen „für so etwas“ zu schade sind.

Na ja, die `unteren Schichten´, an denen sollte man sich vielleicht nicht so orientieren. Das mit dem Sex vor der Ehe entspricht doch einfach der Emanzipation einer modernen Frau. Das machen doch alle heute so.“
Wenn das, was alle machen, das Indiz für Emanzipation ist, na, dann „gute Nacht Emanzipation“! Ist es nicht viel mehr das Indiz für eine gelungene Emanzipation, wenn sich gerade auch frau von sinnlosen Zwängen und Ängsten befreit, die doch nur Zeichen von Verklemmtheit und untauglich und kontraproduktiv für eine hohe Moral und eine sinnvolle Menschenkenntnis sind (also der Scham, natürlich nur dort, wo das nicht missverstanden wird)? Und wenn sie eine gute Menschenkenntnis hat und also von vornherein das unterlässt, was nur zu oft Traumata bringt, also den Sex mit jemandem, der doch nicht der Richtige ist? Und wenn es ihr gelingt, andere zu motivieren, dabei mitzumachen, das eher Negative zu unterlassen und das Positive zu tun?

Es ist doch nur vernünftig, wenn schon junge Leute und gerade auch Mädchen alles über Verhütungsmittel und Geschlechtskrankheiten wissen. Denn dann können sie viel freier sein und brauchen keine Angst mehr vor Schwangerschaft und Geschlechtskrankheiten zu haben.“
Nichts gegen eine Information auch über solche Dinge, Wissen hat noch nie jemandem geschadet. Doch wenn es wie etwa bei der heutigen schulischen Sexualkunde nur bei einer solchen Information bleibt und keine über die
hohe Liebe und, wie man die einfädelt, hinzukommt, dann heißt das doch: Man hält insbesondere auch Mädchen von vornherein vor allem für triebgesteuert und zu dumm für die hohe Liebe (brutal ausgedrückt: „Mädchen haben ihr Gehirn, wenn´s so weit ist, sowieso zwischen den Beinen“). Daher lohnt es sich auch gar nicht, sich um ein Konzept der Moral der hohen Liebe zu kümmern. Wenn eine solche Einstellung nicht zutiefst mädchen- und damit auch frauenverachtend ist?

Ziel des hier vorgestellten Konzepts ist doch nur eine neue Manipulation.“
Der Philosoph und Theologe Rupert Lay unterscheidet die Beeinflussung in Erziehung und in Manipulation. Dabei ist Erziehung eigendienlich, das heißt sie nützt demjenigen, der beeinflusst wird, und Manipulation fremddienlich, sie nützt eben den anderen. Bitte beurteilen Sie jetzt selbst, ob das, was hier das Ziel ist, fremddienlich und daher Manipulation ist oder eigendienlich ist. Zudem: Der Trick bei der Manipulation
ist doch, dass den Menschen, die manipuliert werden sollen, nur eine einzige Lösung vorgesetzt wird und auch sonst so getan wird, als ob es nur diese eine Lösung gibt und keine andere. Jede akzeptable und attraktive Alternative wie – etwa bei der heutigen Sexualerziehung – eine intelligente und pfiffige Enthaltsamkeit bei gleichzeitiger Möglichkeit der paradiesischen Offenheit wird total verschwiegen oder lächerlich oder gar schlecht gemacht.

Sie sind doch frauenfeindlich. Statt sich gegen die sexuellen Beziehungen junger Mädchen einzusetzen, sollten Sie lieber auf die Jungen und Männer einwirken, dass sie nicht mehr schlecht über Menschen und gerade auch über Mädchen (und Frauen) reden, die andere Lebensentwürfe haben.“
Da kann man doch reden, was man will. Wenn man sich für etwas einsetzt, was nicht der Natur des Menschen entspricht, dann sagen die Angesprochenen „Ja – ja“ und halten künftig den Mund, so dass man nichts mehr erfährt und glaubt, es ist jetzt alles erledigt. In Wirklichkeit ändert man aber an den Einstellungen nichts. Allerdings: Genau in den ehrlichen Kreisen wird über Mädchen, die sich nach dem hier vorgestellten Konzept verhalten, im Grunde dann doch anerkennend geredet, etwa: „Die weiß, was sie will!“ Eine Studentin erzählte mir, wie sie einmal ein Mitstudent angesprochen hätte: „Stimmt das, was man sich von dir erzählt, dass du beim FKK mitmachst, aber kein Sex vor der Ehe haben willst?“ Und als sie das bejahte, schien das bei ihrem Mitstudenten hohe Anerkennung auszulösen nach dem Motto „coole Frau“! Wichtig ist allerdings, dass die Jungen auch um das Gesamtkonzept wissen!

Es gibt doch diese Forschungen, wie Kinder bei Naturvölkern aufwachsen. Die Kinder treiben schon von früher Kindheit an sexuelle Spielchen bis hin zum Geschlechtsverkehr. Und sie wachsen somit frei von Ängsten und Zwängen auf und sind also glücklich. Das setzt sich dann fort, wenn sie älter werden, daher gibt es in diesen Kulturen auch keinen Partnerstress, keinen Geschlechterkampf, keine Eifersucht, keine Aggression.“
Neuere Forschungen haben ergeben, dass diese damaligen Forscher (gerade auch die berühmte Margret Mead, 1901–1978, mit ihrem Buch „Coming of Age in Samoa. A Psychological Study of Primitive Youth for Western Civilisation“ 1928) mit ihren Forschungen in der Südsee sehr blauäugig waren, sie haben nur gesehen, was sie sehen wollten. Die Wirklichkeit ist nämlich völlig anders: Es gibt bei diesen Kulturen besonders viel Eifersucht, Aggression und Partnerstress. Die Selbstmordrate ist mit die höchste weltweit. Von echter Wissenschaftlichkeit kann bei diesen damals als epochal geltenden Forschungen keine Rede sein. Natürlich: Man kann immer Gründe finden, dass die Forschungen doch seriös waren, dass es zu den Fehlentwicklungen etwa erst durch die Berührung mit westlicher Zivilisation kam. Dazu: Es gab unter diesen Insulanern auch westlich gebildete Einwohner, die englisch konnten. Und die haben später dann besonders das genannte Buch gelesen und die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, was gerade Margret Mead für einen Unfug über ihre Kultur geschrieben hatte. Das, was sie beschrieb, war noch nie so!

Vermutlich ist dir nicht unbekannt, dass Kinder ganz von selbst herausfinden, dass es sich gut anfühlt, sich an den Geschlechtsteilen zu berühren. Kleine Jungs und kleine Mädchen tun das, große Jungs und große Mädchen auch. Das hat nicht das geringste damit zu tun, wie diese Kinder erzogen wurden, ob `verklemmt´ oder `unverklemmt´.“ Was Kinder von selbst herausfinden, steht in den Sternen. Wenn schon das Rad in vielen Kulturen nicht erfunden wurde, wie sollen dann Kinder auf manches, was über die Nacktheit hinausgeht, von alleine kommen? Sie werden wohl etwas gesehen oder anderweitig mitbekommen haben. Doch vermutlich hast Du noch nichts von dem „Nacktkindergarten“ in Duisburg gehört. Kinder waren dort von sich auf die Idee gekommen, splitternackt herum zu laufen und miteinander zu spielen. Was sollten die Kinderpädagogen anders tun, als die Kinder gewähren zu lassen und sie von den anderen Kindern abzusondern, die nicht mitmachten? Die Sache flog erst auf, als ein Junge ein Mädchen anfassen oder etwas in dieser Richtung mit ihm tun wollte. Erst das erzählte das Mädchen zuhause und so wurden Eltern aufmerksam und aktiv, bis es zur Auflösung des Kindergartens kam. Offensichtlich sehen Kinder also durchaus denselben Unterschied, den ich hier sehe. Für sie ist Nacktheit offensichtlich etwas Normales und hat keineswegs etwas mit Anfassen und dergleichen zu tun.
Es liegt alles nur an den Jungen, die sind doch die, die immer nur das Eine wollen. Die müssen also doch erst einmal moralischer werden.“
Ich hoffe, ich habe es hier deutlich gemacht, warum die Jungen so sind (s.etwa Punkt 2 ab S. 29). Und dann: Die Jungen haben doch den Eindruck, dass die Mädchen untereinander über sie herziehen, wenn sie keinen Sex wollen, dass sie dann impotent oder schwul seien. Wenn Mädchen etwas anderes als Geschlechtsverkehr wollen, dann müssen sie das schon irgendwie ausdrücklich die Jungen wissen lassen.

Sie reden zu viel von `Nacktheit´ .“
Psychologen würden mir allerdings nach der Lektüre der Seiten 5 und 6 vorwerfen, dass ich leibfeindlich bin und doch nur wieder die alten Ängste vor der Sexualität erzeuge. Daher muss ich etwas bringen, was diese Ängste gar nicht erst aufkommen lässt, und was eignet sich besser als die Freude an der Nacktheit oder eben an der paradiesischen Kleidung? Im Übrigen: Was ist wohl eher ein Indiz für Sexualängste junger Menschen, wenn sie zwanghaft Bikini oder Badehose brauchen – oder wenn sie mit Spaß darüberstehen und das alles auch weglassen können? Wessen Erziehungskonzept basiert also auf Ängsten, wer die Notwendigkeit von Badehose und Bikini unangetastet lässt oder wer das alles hinterfragt und ein Konzept befürwortet, dessen Basis der Geist und das Herz ist – wie in diesem Heft vorgestellt? Und zudem ist es eine Regel guter Werbepsychologie (und hier geht es ja auch um Werbung für etwas): „Nie negativ, immer nur positiv!“ Und wenn ich schon etwas Negatives bringen muss, einfach um einen Einstieg zu haben, dann muss ich doch zumindest etwas Positives anbieten!


Die Scham ist doch auch eine Sache unserer Kultur.“
In unserer jüdisch-christlichen Religion gilt die Scham als ein „Fluch der Sünde“ (s. Heft 2, S. 33), ansonsten ist sie ein Verfallsprodukt von nicht geglückter echter Moral. Wenn man etwas falsch gemacht hat, dann schämt man ich eben. Es hat nun noch nie funktioniert, aus einem Verfallsprodukt, also etwa aus Rost oder aus Asche, eine Brücke oder ein Automobil zu bauen. Wieso sollte es also gelingen, auf der Basis der Sexualscham eine hohe Sexualmoral zu konstruieren, die attraktiv für junge Menschen ist und die auch wirklich funktioniert?

Es gibt aber doch eine natürliche Scham.“
Ach ja, es gibt auch Bücher, in denen es darum geht, ob die Scham angeboren, also natürlich, oder anerzogen ist. Doch es gibt meines Wissens keine Bücher, ob sie für das Ideal der Sexualmoral im Sinn einer hohen Liebe gerade junger Menschen auch tatsächlich nützlich ist. Und wenn sie nicht für junge Menschen nützlich ist, wem nützt sie als irrationale Angst, die sie ja ist, dann? Allerdings: Der Mensch braucht nun einmal eine Sexualmoral, notfalls wählt er die untaugliche Ersatzmoral der Scham, die sich anbietet, und hält die für natürlich.

Aber Nacktheit ist doch pervers, unmoralisch und ekelhaft.“
Zunächst einmal: Nacktheit ist etwas völlig Natürliches, und Natürliches ist nie unmoralisch oder pervers. Es kommt doch darauf an, was man damit tut. Die Nacktheit wird nun leicht mit Unappetitlichem und mit Ekel assoziiert, weil ja auch ein Zusammenhang mit den Ausscheidungsorganen da ist. Wenn allerdings alles, was mit Ausscheidungsorganen zu tun hat, eklig wäre, dann wären ja auch die Hände eklig, mit denen man sie wäscht.

nn mm

Kuros Kore


Bei den alten Griechen waren die Frauenstatuen, also die Koren, doch immer bekleidet. Das heißt doch, dass die Scham zur Würde der Frau gehört.“
Der Anthropologe und Sexualforscher Ernest Borneman (1915-1995) sieht das anders. Er sieht den Grund dafür, dass die Nacktheit ein Zeichen für Souveränität und Freiheit war. Und nur Männer galten als frei und souverän, daher waren die Kouroi, also die Männerstatuen, nackt. Dagegen konnte man sich Frauen nie frei und souverän, sondern immer nur als Besitz (eines Mannes) vorstellen. So waren die Koren, also die Frauenstatuen, bekleidet oder eben „eingepackt“. Im Gegensatz dazu waren die Statuen der Göttinnen nackt, denn Göttinnen sind nun einmal auch frei und souverän.

Das Menschenbild im frühen Christentum war demgegenüber revolutionär. Hier wurden etwa sowohl Männer wie Frauen nackt getauft.

Nacktübungen als höchsten Sinn der Praxis zu sehen, ist für meine Frau und für mich einfach unakzeptabel.“
Man kann sich natürlich aus allen Ideen ein Detail herauspicken und das dann verspotten. Doch man kann auch umgekehrt von Unterwäsche- oder Verklemmtheitsfetzenfetischisten (s. S. 27) reden. Es fragt sich, was wohl eher natürlich ist und was nicht und wo eher ein Spott angebracht ist. (Anmerkung: Was sind Badehose und Bikini denn sonst als Unterwäsche und Fetische?)

Das Problem hat andere Ursachen. Es ist nicht die Kleidung, nicht die paradiesische Nacktheit. Es ist nur die falsche Information der Kinder und Jugendlichen und Erwachsenen über das Wesen von Frau und Mann und wie sie sich himmlisch ergänzen können.“
Das Problem ist ja: Die Kleidung verhindert eine „sinnvolle intuitive Orientierung“ der Moral, so wie eben ein Navi eine „sinnvolle intuitive Orientierung" im Gelände oder die Prügelstrafe eine vernünftige Pädagogik verhindert.
Denn die Basis dieser Moral ist eigentlich immer nur Ekel und Scham. Und was vor der Pubertät in einem jungen Menschen gegenüber weniger sympathischen Menschen mit Ekel und Scham befrachtet ist, wird in der Pubertät und vor allem in einer Verliebtheit (in einen natürlich sympathischen Menschen) gerade faszinierend-interessant. Eine Pädagogik zu Ekel und Scham ist also für eine hohe Moral ausgesprochen kontraproduktiv. Deshalb dann auch der spätere zumeist sehr plötzliche Meinungswechsel.

Solange „Navi" oder „Prügelstrafe“ oder eben auch „Kleidung“ als notwendig empfunden werden, wird der (junge) Mensch nie wirklich offen für Informationen im Hinblick auf ein funktionierendes anderes Denkmodell einer hohen Moral sein. Denn er weiß in seinem Hinterkopf ja immer alles besser und gerät in eine trügerische Selbstsicherheit, die ihn direkt hochnäsig gegenüber anderen Ideen macht. Er sieht sich ja auch bestätigt, weil er etwa Abscheu oder gar Ekel gegen alles, was mit Sexualität zu tun hat, empfindet. Also meint er auch, alles unter Kontrolle zu haben.

Aber trotzdem, wir denken anders!“
Das Problem ist, dass es nicht gleichgültig ist, ob gerade in den Dingen der Emotionen erst einmal etwas Falsches den jungen Menschen, die ja hochmoralische Wesen sind, beigebracht wird. Denn das Falsche verstopft letztendlich nachhaltig die Offenheit für das Richtige.

Papperlapapp! Die Scham ist einfach normal! Keine Diskussion!“
Offensichtlich gibt es in allen Kulturen spezielle heilige Kühe, die eigentlich völlig unsinnig sind, doch die nie auf ihre Sinnhaftigkeit hinterfragt werden dürfen. Ja was sind denn das für Argumente „Papperlapp“ und „keine Diskussion“? Wer so „argumentiert“, der sollte sich doch schämen.

Wenn es zu solcher Offenheit kommt, etwa wenn zwei nebeneinander trotz Paradieskleidung enthaltsam die Nacht verbringen, ohne dass es zur `sexuellen Tat´ kommt, dann bedeutet das doch schädlichen Stress?“
Schädlicher Stress? Im Gegenteil! Bei einem großen Stress produziert der menschliche Körper nämlich ein Antistresshormon, um diesen Stress auszuhalten. Dieses Antistresshormon ähnelt nun Drogen – sowohl vom chemischen Aufbau als auch von der Wirkung her. Der Mensch setzt sich „bei solchen Gelegenheiten“ sozusagen unter Drogen, diesmal allerdings sind es selbst erzeugte, also „echt-natürliche“. Und diese „echt-natürlichen Drogen“ sind in vieler Hinsicht viel vorteilhafter als die „künstlichen“, also als die, die man etwa einnimmt, sie entsprechen eben eher dem, worauf der Mensch angelegt ist.

Viele Menschen finden sich doch einfach nicht schön genug für die Nacktheit vor anderen.“
Warum aber haben dann selbst die schönsten Mädchen Probleme mit der Nacktheit? Und zudem: Wenn wir uns schon nicht schön genug vorkommen, warum verstecken wir dann ausgerechnet die Genitalien, sollten wir dann nicht lieber diejenigen Körperteile verstecken, die nicht so schön sind? Das mit dem Sichverstecken wegen der Nichtschönheit ist auch nur so ein Scheinargument.

Wenn junge Menschen und gerade auch Mädchen in die Pubertät kommen, fangen sie nun einmal an, sich zu schämen. Das ist völlig normal.“
Normal ist hier doch gar nichts. Wenn sich junge Menschen in der Pubertät anfangen zu schämen, dann kann das auch heißen, dass sie eine Moral der Liebe und der Partnerschaft suchen, weil sie sich nicht an einen Falschen verschwenden möchten. Es gibt hier eine Parallele zur Sprache: Der Mensch ist von Natur aus sprachbegabt und offen für alle möglichen Sprachen. Er übernimmt nun die Sprache seiner Umgebung. Genauso ist der Mensch „moralbegabt“. Wenn er nun keine bewusste und sinnvolle Moral mitbekommt, weil ihm die niemand plausibel nahe bringt, übernimmt er eben die, die ihm von seiner Umwelt vorgemacht wird. Das ist also die Scham – selbst wenn die sich in der Praxis des Lebens dann doch nicht bewährt. Doch das weiß er ja erst einmal nicht.

Doch was ist, wenn junge Menschen über das alles nicht reden wollen?“

Siehe hierzu auf Seite 59.

Als ob die Zurschaustellung des kleinen Unterschieds das Wichtige wäre.“
Tun Sie doch nicht so, als ob Sie nicht wüssten, dass das Verstecken des
kleinen Unterschieds viel aufreizender ist als die komplette Offenheit.

Aber Frauen und insbesondere Mädchen sind doch interessanter, wenn sie nicht völlig nackt sind.“
Das ist doch ein peinliches Argument gegen die Nacktheit, weil billig und entlarvend. Was wollen denn die Mädchen und Frauen, die auf diese Weise auf Männer wirken wollen? Eine schöne Partnerschaft ja wohl nicht.

Sicher weißt du auch, was in den vergangenen Jahrzehnten/Jahrhunderten mit der Tabuisierung der Selbstbefriedigung und dem Erzeugen diesbezüglicher Schuldgefühle den jungen Menschen angetan wurde. Das war schlimmer, VIEL schlimmer, als wenn Eltern ihren Kindern die Verhüllung bestimmter Körperteile beibringen. Deshalb kann ich es absolut nicht verstehen, warum du in dasselbe Horn stößt wie diese alten Schuldgefühleinreder. Du tust das zwar ganz „nebenbei“ in deinem Heft, und das Horn klingt weder schrill noch laut, aber es ist ganz eindeutig dasselbe Horn.“
Deutlicher kann man es ja wohl nicht sagen, dass die Scham, also das Verhüllen von Körperteilen, die Trumpfkarte der Machos schlechthin ist, mit der sie anderen und besonders den Frauen ihren schmutzigen Willen diktieren. Ja, sie sind es, die Angst vor der paradiesischen Nacktheit haben wie der Teufel vor dem Weihwasser und die immer neue Ausreden erfinden, warum Nacktheit nicht gut ist. Zudem: Was soll das: „Sicher weißt du auch...?“ Verzeih, wer so argumentiert, der will dem anderen etwas unterjubeln, was nicht unbedingt einsichtig ist, und der entlarvt sich damit als nicht seriöser Gesprächspartner. Ich weiß hier
anders als Du gar nichts sicher! Im Leben eines jungen Menschen geschieht ja üblicherweise als erstes die Tabuisierung der Nacktheit. Dies ist ein bewusster und gesteuerter Vorgang von Seiten der Erwachsenen in unseren Kulturen oder auch Zivilisationen. Dagegen ist Selbstbefriedigung etwas, was auf der einen Seite gewiss eher tabuisiert wird, und auf der anderen Seite erst später ein Gegenstand des Interesses wird. Gegen das Schlechtmachen von Selbstbefriedigung bin auch ich, doch es ist völlig offen, wie sich junge Menschen verhalten, wenn das Paradieskleid (in entsprechenden Situationen) üblich wäre. Ob dann das Sichzusammennehmenkönnen nicht sogar besonders attraktiv wäre und ein Indiz für gelungene Männlichkeit (oder auch Weiblichkeit)?

Die Enthaltsamkeit vor der Ehe ist doch eine typische katholische Besonderheit, die andere nichtkatholische Menschen nichts angeht.“
Oh nein, das Ideal der Enthaltsamkeit vor der Ehe gibt es im Prinzip in allen Kulturen und Religionen. Allerdings wird dieses Ideal eigentlich immer so dilettantisch (= stümperhaft) vertreten, das sich der Verdacht aufzwingt, dass sie gar nicht wirklich gewollt ist und dass es nur um die Schuldgefühle geht, die beim Übertreten des Enthaltsamkeitsgebots entstehen. Eine Ausnahme war offensichtlich der historische (oder wirkliche) Jesus.

Manches klingt ja sehr gut, doch läuft es im Endeffekt nur auf die Enthaltsamkeit vor der Ehe hinaus mit all ihren Ängsten und Zwängen, die die Kirche vertritt. Letztlich bist du doch noch ein Sklave der Kirche.“
Die Frage stellt sich, wer hier der Sklave der Kirche ist. Die Kirche mag ja nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch heute noch manchen Unfug erzählen beziehungsweise erzählt haben. Doch deswegen ist oder war ja nicht alles falsch. Ich finde zum Beispiel die Ehemoral der hohen Liebe und Partnerschaft (auch „
hohe Ehemoral“) sehr gut und auch zeitlos-aktuell. Und so wie sie hier propagiert wird, hat sie auch nichts mit Ängsten und Zwängen zu tun. Dagegen sollten sich diejenigen, die mir eine Sklavenmentalität gegenüber der Kirche vorwerfen, einmal selbst fragen, inwieweit sie selbst die Leibfeindlichkeit der unsinnigen Zwänge und Ängste übernommen haben, die die Kirche als Grundlage der Sexualmoral lehrt. Ich denke hier vor allem an die „Schammoral“ – wer ist also der wirkliche Sklave der Kirche, selbst wenn er das nicht wahrhaben will?

Und zudem: Was ist, wenn junge Menschen offensichtlich Freude an der hohen Ehemoral haben, weil sie „etwas nicht zu tun“ nicht als Zwang und Einengung, sondern als Zeichen von Vernunft und Emanzipation empfinden? Es sieht hier so aus, als ob „alte Leute“ etwas von einem eher sexistischen und unsinnig-leibfeindlichen Standpunkt aus in junge Menschen hineininterpretieren.

Das hier vertretene Konzept ist ein Rückschritt.“
Irgendwann werden wir die heutige „freie Moral“ satthaben, weil sie ja doch keine höhere Lebensqualität bedeutet. Ob es dann eine Bekehrungswelle zum Islam gibt mit Verschleierung und Zwangsverheiratung? Sollten wir uns nicht lieber rechtzeitig Gedanken über eine wirklich gute, sinnvolle (Sexual-)Moral machen?

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr“: Auch die Sexualität muss man erlernen und möglichst frühzeitig.
Das mag woanders gelten, doch in der Sexualität gewiss nicht. Es gibt beim Menschen zwei Geschehen, die er nicht zu erlernen braucht, das eine ist der Saugreflex nach der Geburt, das andere ist der Orgasmus. Wer beim Orgasmus etwas erlernen will, der zerstört möglicherweise eher etwas, als dass er etwas gewinnt. Wenn nämlich erst einmal Traumata entstanden sind infolge einer sexuellen Enttäuschung, so wird dadurch ein unbefangenes Erleben des Orgasmus – selbst mit einem nicht enttäuschenden liebevollen Partner gewiss nicht leichter. Machen wir uns nichts vor: Viele Menschen „kopulieren“ nur (haben also einen wenig menschlichen Sex), von einer Einheit von Leib und Seele kann nicht die Rede sein.

Dass gerade frau auch ohne Geschlechtsverkehr den Orgasmus testen kann, davon habe ich noch nie etwas gehört.“
Das ist auch nicht verwunderlich! Denn dass eine Frau auch ohne Geschlechtsverkehr den Orgasmus erleben kann, ist das wohl bestgehütetste Geheimnis des Patriarchats (also der „Alten-Herren-Herrschaft“). Es wäre ja noch schöner, wenn gerade die Mädchen nicht mehr beim Zum-Sex-gebraucht-Werden möglichst bereitwillig mitmachten, sondern stattdessen eine Erfüllung im Sex im Sinn hätten und diese Erfüllung von vornherein mit Wissen und Intelligenz anstrebten.

Die Idee, dass ein Mädchen auf die vorgeschlagene Weise vor der Ehe testen sollte, ob es mit dem Auserwählten einen Orgasmus erleben kann, ist sehr weit hergeholt. Wenn zwei sich mögen, geprüft haben, ob sie zusammenpassen, ob sie sich „riechen“ können, was sollte sie daran hindern, NACH dem Vollzug der Ehe Mittel und Wege zu finden, um zum Orgasmus zu kommen? Die Behauptung, dass es quasi der göttlichen Vorsehung unterliege, ob mit einem bestimmten Mann ein Orgasmus für die Frau möglich ist oder eben nicht, ist nicht mehr als das: eine pure Behauptung.“
Aha, „NACH dem Vollzug der Ehe!“ Da hast Du die Katze aus dem Sack gelassen! Also erst mal andere unwissend lassen, damit das mit der Überrumplung klappt, egal was dabei herauskommt. Wenn das nicht typisch negatives Macho-Denken ist! Und diese Einstellung hat etwas mit Habenwollen zu tun, aber nichts mit dem Ziel einer erfüllenden (Dauer-)Beziehung. Natürlich, solche Männer (wie Du) haben etwas dagegen, wenn gerade Mädchen VOR den „vollendeten Tatsachen“ sinnvoll testen (wollen), woran sie bei einem Mann sind und ob er ihnen nun wirklich die Erfüllung bringt. Dieses Heft wurde genau deswegen geschrieben, damit Mädchen und Frauen von Anfang an eine Beziehung durchschauen und sich dadurch enttäuschende Beziehungskisten ersparen können. Verständlich, dass typische Macho-Männer etwas gegen solches früh- und rechtzeitiges Durchschautwerden haben.

Kann man aber nicht auch mal machen, was alle machen?“
Wer zwingt Dich eigentlich, die Leibverachtung und Leibfeindlichkeit der anderen mitzumachen, egal was für Probleme sich aus diesem Mitmachen ergeben? Was ist es denn sonst als Leibverachtung und Leibfeindlichkeit, wenn du den nackten Körper nicht ertragen und schon gar nicht in aller Unschuld genießen kannst – vielleicht schließlich auch mit schönem Hautkontakt? Wie könntest du nicht nur Dich selbst, sondern auch andere positiv motivieren, wenn du hier eine andere Einstellung hättest? Und zudem: Die übliche Verklemmtheitsfetzenmoral und schließlich den Geschlechtsverkehr schafft auch die doofste Blondine, dazu braucht
frau nämlich nun wirklich absolut keinen Geist. Doch zum Spaß an der Nacktheit und dann auch zum erfüllenden Hautkontakt mit einem Mann, bei dem sich ein Mädchen oder eine Frau so richtig fallen lassen kann, dazu gehört allerdings schon eine Portion Menschenkenntnis und Intelligenz, also Geist.

Sie reden so viel von Orgasmus reden – ist der denn so wichtig?“
Durch den Organismus des Menschen werden körpereigene Drogen, also etwa Endorphine, Dopamin, Seratonin gebildet, das heißt, der Mensch setzt sich durch das Erlebnis des Orgasmus sozusagen selbst unter Drogen. Diese Drogen wirken positiv auf Intelligenz und Kreativität des Menschen (besonders auch der Frau), und haben auch eine hervorragende medizinische Wirkung. Der Mensch ist sozusagen sein eigener Medizinlieferant. Es gibt Untersuchungen, dass Frauen mit Orgasmuserlebnissen seltener Krebs haben als Frauen ohne solche Erlebnisse. Nachteile sind jedenfalls nicht bekannt. Wir müssen allerdings bedenken, dass viele Frauen zu ihren Orgasmuserlebnissen erst kommen nach mehr oder weniger vielen traumatischen Erfahrungen mit der Sexualität. Und diese traumatischen Erfahrungen bewirken ja auch Stress und damit Hormonausschüttungen, diesmal allerdings eher negative und also krankheitsfördernde.

Das Konzept ist gegen die sexuelle Selbstbestimmung junger Menschen.“
Wie man es sieht. Bedenken wir doch einmal, wie wir mit Kindern umgehen. Wenn die Spaß an der Nacktheit haben, und gerade kleine Mädchen haben den im Allgemeinen, dann versuchen wir doch auf alle mögliche Weise, ihnen diesen Spaß zu verderben. Dabei handelt es sich doch wirklich um Harmloses. Wo bleibt denn da die sexuelle Selbstbestimmung? Und wenn die Kinder dann älter sind, und sie sich von Handlungen, die ihnen nun wirklich Probleme bringen und gar nicht so harmlos sind, nicht abbringen lassen, dann zucken wir mit den Schultern. Denn angeblich ist das die Natur, gegen die man nichts machen kann – und jetzt reden wir von sexueller Selbstbestimmung. Die Frage ist, wer sie in dieses Problematische und Nichtharmlose denn hinein getrieben und der damit von sexueller Selbstbestimmung keine Ahnung hat.

Hier wird gerade jungen Menschen und insbesondere Mädchen eine Schuld eingeredet.“
Vordergründig gesehen sieht es tatsächlich so aus, als ob die Mädchen die Schuldigen sind, weil sie die falschen Partner „belohnen“. Doch wer bringt ihnen denn diese ganze verklemmte Scheinmoral bei, so dass sie nicht ihre natürliche Moral entfalten können: Wer hier eine Schuld trägt, das sind doch die Erwachsenen, die es besser wissen könnten und sollten und die die jungen Menschen falsch oder gar nicht informieren und prägen.

Warum sollte man sich denn als Erwachsener überhaupt einmischen, wie die jungen Menschen ihre Partner finden – zu was auch immer?“
Das Problem der Partnersuche ist auch viel zu oft das des Betruges, den es für den ehrlich und gutwillig Suchenden (und gerade für den jungen!) zu durchschauen gilt. Dabei geht es für den Betrüger eher darum, an den Sex, für die Betrügerin eher darum, an die „Geldbörse“ und/oder an die soziale Stellung des Mannes zu gelangen. Es ist nun nicht so, dass man einem nackten Menschen ansieht, ob er ehrlich oder nicht ehrlich ist. Doch wie geht einer mit der Nacktheit um? Wenn ein Mädchen einem Verehrer die anbietet (er müsste so ein Angebot doch eigentlich toll und als besondere Auszeichnung empfinden!), dieser die aber nicht will, aus welchen Gründen auch immer, und stattdessen den Sex will, dann müsste es doch stutzig werden. Auch der Mann kann erkennen, ob sich „in diesem Zustand“ ein Mädchen oder eine Frau bei ihm (pudel-)wohlfühlt. Allerdings: Dies ist nur ein Kennzeichen unter vielen, ob man als Mann und Frau zueinander passt. Es kann sich etwa auch um eine (Ersatz-) Vater-Tochter-Beziehung handeln. Ich kenne zu diesem Punkt zwei Beispiele, ein positives und ein negatives, also eines, wo sich das Mädchen an das hier vorgestellte Konzept gehalten hatte und eines eben nicht. Dieses letztere Mädchen hatte sich gegen das zunächst als sinnvoll erkannte Konzept „bequatschen“ lassen, auch von Mutter und Schwester und von ihrem (freikirchlichen) Pfarrer. Und es ist in beiden Fällen genau das eingetreten, was ich gesagt habe, einmal eine sichtlich glückliche partnerschaftliche Ehe und das andere Mal eine schlimme Enttäuschung. Dass die Gehirnwäsche (vonseiten der Mutter usw.) hier funktionieren konnte, lag gewiss auch daran, dass das „Konzept“ noch nicht ausgereift war. Es war einfach (noch) nicht gut genug. Ich sehe mich hier schuldig, zumindest subjektiv. Auch unter diesem Eindruck habe ich dieses Heft verfasst.

Ohne den Spaß am Geschlechtsverkehr mit der Möglichkeit neuer Partner kommt es doch nur wieder zu der alten Langeweile.“
Oh je, wenn das nicht erst recht langweilig ist, wenn es immer nur um das „Rein-Raus“ geht! Sex dauert allenfalls ein paar Minuten, so eine „stressige Nacht“ mit selbst erzeugten „natürlichen Drogen“ dagegen einige Stunden. Schon von der Dauer her geht es also bei den „natürlichen Drogen“ um ein Mehr – auch an Intensität – und vor allem, wenn dann noch der Orgasmus dazukommt (s. ab S. 17)! Und was lässt sich mit Nacktheit und Hautkontakt nicht alles noch machen, man könnte sich etwa gegenseitig massieren und/oder rasieren. Dabei kann gerade auch sie etwa feststellen, ob (und wie) er behutsam und vertrauenswürdig ist. Auch muss einmal ganz deutlich gesagt werden: Geschlechtsverkehrbeziehungen ohne Ehe sind nun einmal (immer noch) für viele Menschen unter ihrem Niveau, Frauen und Mädchen etwa wollen einfach keine Samenmelkmaschinen für Männer und Jungen sein, von denen sie dann doch verachtet werden, und Männer keine Zuchthengste für Frauen, die nur ein Kind wollen, mit ungewissem Ausgang. Mit dem Verfahren „Antistresshormon durch Enthaltsamkeit“ tun sich hier jedoch attraktive Möglichkeiten für niveauvolle „nähere Beziehungen ohne Geschlechtsverkehr“ auf! Selbst spontane Verführungen bleiben jetzt ohne jeden negativen Beigeschmack, sie müssen eben nur intelligent sein. Natürlich ist die Bedingung, dass das Konzept mit absoluter Sicherheit durchgehalten wird.

Sie kümmern sich verdächtig viel um junge Mädchen.“
Abgesehen davon, dass gerade die immer nur wie Objekte behandelt werden und man also hier etwas machen muss, halte ich die These des spanischen Philosophen Ortega y Gasset (s. Rückendeckel) absolut stimmig. Das heißt also: Wonach sich die Mädchen ihre Partner aussuchen, prägen sie entscheidend die Männer und damit beeinflussen sie indirekt das, was und wie die Männer sind und tun. Also sind doch die Mädchen genau die richtigen Ansprechpartner, wenn man etwas in unserer Welt verändern will! Es ist doch interessant, wie wenig Religionen und sonstige Weltanschauungen hier eine Aufgabe sehen! Ja, wie weltfremd sind die eigentlich alle?

Wir haben doch hier so ein Problem wie mit einer `selbst erfüllenden Prophezeiung´ vor uns. Etwas wird nur deswegen als schlecht empfunden, weil man es schlechtredet. Würde man den Geschlechtsverkehr zur Probe nicht schlechtreden, würde er auch nicht als schlecht empfunden werden.“
Ich kenne genügend Menschen, denen wurde mit Sicherheit gar nichts schlechtgeredet – und sie litten und leiden dennoch darunter.

Alle sagen es doch, dass auch enttäuschender erster Sex kein Problem ist.
Wer gibt schon gerne zu, dass er sich – zumal auch oft entgegen Warnungen – in etwas hinein geritten hatte, was dann doch nicht so toll war und was er sich lieber erspart hätte? Auch hier passt das Märchen von „Des Kaisers neue Kleider“: Nur nicht ehrlich sagen, dass man selbst etwas ganz anders erfahren hat!

Irgendwo ist das doch dasselbe, ob „intim“ oder „außen vor“.
Ich sehe sehr wohl einen gewaltigen Unterschied. Jedenfalls gibt es beim „Intimsein ohne Ehe“ eher Parallelen zur Prostitution. Dagegen kann ein Mann doch eher ein Bemühen um hohe Moral und Ernsthaftigkeit unterstellen, eine sehr wichtige Bedingung für eine Ehe, wenn ein Mädchen ganz grundsätzlich auf „außen-vor“ besteht (also nicht mal so und mal so, wie es jeweils passt).

Meine Frau und ich hatten auch Sex vor der Ehe – und uns hat das doch nicht geschadet!“
Ich beziehe mich auf die Fälle auf den Seiten 5 und 6. Dort ist von einigen die Rede, denen es jedoch offensichtlich sehr geschadet hat. Es ist wohl so ähnlich wie mit den Sicherheitsgurten beim Autofahren. Klar, wer noch nie einen Unfall gebaut hat, dem hat es auch nicht geschadet, wenn er noch nie einen Sicherheitsgurt umgelegt hat. Doch anderen hatte es schon geschadet – und allen hätte es nichts geschadet, wenn sie immer einen Gurt umgelegt hätten. Und so ist das mit dem Kein-Intimverkehr-vor-der-Ehe auch eine schöne Sicherheitssache. Außerdem ist harmonischer Hautkontakt etwas Wunderbares – und ohne Inanspruchnahme von Produkten der Pharma- oder Gummiindustrie, also ohne Pille und Kondome. Und gerade Mütter (aber auch Väter) könnten ihren Kindern später einmal weitergeben, wie es vor der Ehe auch geht, ohne dass es zu solchen Geschichten wie auf den Seiten 5 und 6 kommt oder kommen könnte. Denn sie müssen ja auch immer damit rechnen, dass das bei ihren Kindern nicht so harmonisch ausgeht wie bei ihnen selbst. Auch können sie „davon“, wie sie es gemacht haben, begeistert erzählen – dagegen habe ich von den Intimverfahren jedenfalls noch nie begeisterte Berichte gehört. Die verschweigt vor allem frau lieber, auch und gerade gegenüber ihren Kindern. So ganz wunderbar scheinen die wohl nicht gewesen zu sein. Wie schön ist es doch, sich so zu verhalten, dass man immer die Wahrheit sagen kann!

Aber kann ein Mädchen (oder eine Frau) bei diesem umfassenden Hautkontakt nicht leicht vergewaltigt werden?“
Zunächst einmal: Untersuchungen haben ergeben, dass kesse und muntere Mädchen eher nicht vergewaltigt werden im Gegensatz zu zurückhaltenden und braven Mädchen. Kesse und muntere Mädchen haben offenbar eine besondere Aura um sich, so dass sich die „entsprechenden Typen“ gar nicht an die herantrauen. Und ganz allgemein zum Geschlechtsverkehr: Dazu kann ich nur sagen, dass alle Mädchen und Frauen, die mir „davon“ berichtet hatten, es auch ausdrücklich gewollt oder zumindest zugelassen hatten, wenn auch in wenigen Fällen mit vorheriger Überredung. Jedenfalls war nie vorher ausdrücklich ein bloßer Hautkontakt vereinbart worden, aus dem dann „unversehens“ „mehr“ wurde. Im Übrigen: Die Natur hat wohl nicht umsonst die Scheide zwischen den Beinen der Frau platziert, also zwischen ihren stärksten Muskeln, damit hier nichts gegen ihren ausdrücklichen Willen passieren kann. Außerdem ist beim Paradieskostüm ja auch von Vorteil, dass der weibliche Partner „das Männliche des Mannes“ sehr gut vor sich hat, wenn „er“ also zudringlich wird, dann kann „sie“ „ihm“ immer noch drauf hauen, „es“ anfassen und ihn zur Entspannung bringen oder „es“ umknicken. In jedem Fall hat „sie“ dann erst einmal Ruhe und kann sich aus dem Staube machen – und weiß, was sie von ihm zu halten hat.

Sie kümmern mich viel zu sehr um dieses „Erster-Sex-Thema“, wäre nicht viel wichtiger, wie man zusammenlebt, damit eine Partnerschaft gelingt?“
Erstens bin ich Junggeselle und als solcher wohl kaum kompetent für Fragen des Zusammenlebens. Und zweitens: Wenn sich gerade ein Mädchen einen Liebespartner ausgesucht hat, dann sieht es bei dem sowieso alles mit einer rosaroten Brille, also wie es es sehen will, es wird also alle seine bisherigen Vorstellungen über den Haufen werfen. Deshalb schenke ich mir irgendwelche „Ratschläge“ über das Zusammenleben und gehe nur auf das Problem „Liebespartner“ ein.

Es ist so: auf der einen Seite kritisierst du die Verklemmtheit, die Kindern eingeimpft wird, indem ihnen implizit oder explizit mitgeteilt wird, Nacktheit sei etwas Ekelhaftes und Unmoralisches. Auf der anderen Seite errichtest du ein neues "No-Go-Area" mit der Forderung, dass Geschlechtsteile nicht angefasst werden dürfen, weder die von anderen Menschen, noch die eigenen. "Unästhetisch und primitiv" sei die Selbstbefriedigung, schreibst du auf Seite 16. Das klingt zwar nicht so schlimm wie "ekelhaft", aber es kommt aufs selbe hinaus.
Es ist doch nun wirklich etwas völlig anderes, ob man in eine Sauna geht und dort andere Menschen nackt sieht und man auch von ihnen nackt gesehen wird, oder ob man diese Menschen gerade auch noch an den Geschlechtsteilen anfasst oder von ihnen dort angefasst wird. Du hast merkwürdige Moralvorstellungen, dass Du hier alles in einen Topf wirfst und keinen Unterschied siehst.

Nacktheit (also auch das Paradieskleid!) ist dekadent (lat. `Verfall´ ).“
Nacktheit hat doch etwas mit Natürlichkeit zu tun – und die ist ja wohl wirklich nicht dekadent! Ist es nicht viel mehr dekadent, wenn den jungen Menschen gegenüber etwas als zerstörerisch und gefährlich eingestuft wird und die dann davor eine Angst haben, während das wirklich Problematische entweder als belanglos hingestellt oder überhaupt verschwiegen wird? Merke: Auch dekadente Gesellschaften haben eine Sexualmoral, nur bezieht sich deren Moral bisweilen eher auf Belangloses und/oder Unproblematisches und manchmal sogar auf im Grunde Lächerliches. Dagegen vernachlässigen sie das Wesentliche.

Der Sittenverfall kommt doch bloß davon, dass die Mädchen und Frauen sich nicht züchtig genug kleiden. Wie sollen die Männer da brav sein?“
Mit einer nicht genug züchtigen Kleidung hat das doch wohl nichts zu tun, wenn das doch die Mädchen sind, die ihre Jungfernschaft satt haben und sich Männer suchen, die sie davon „befreien“?

Ich bin Bewährungshelfer bei Sexualstraftätern. Ich finde in diesem Konzept einige Parallelen zu den Ansichten dieser Sexualstraftäter.“
Sie müssen gewiss nicht
lange suchen, da werden sie auch genügend Parallelen zwischen Adolf Hitler und Albert Schweitzer finden – es kommt eben wohl viel eher auf die Unterschiede an! Und zudem: Vielleicht haben Ihre Sexualstraftäter manchmal gar nicht so unrecht, vielleicht sind sie lediglich Opfer der Dekadenz bei uns, vielleicht sind sie also eigentlich durchaus gesund, kommen jedoch mit der Scheinmoral bei uns nicht klar?

Durch die hier propagierte Offenheit gerade auch zwischen Vater und Tochter besteht die Gefahr inzestuöser Beziehungen.“
Diese Sorge ist unbegründet, wenn die „Beziehung“ nur natürlich-normal abläuft. Denn durch eine vertrauensvolle Offenheit und Nähe, wie sie für Vater und Tochter von frühester Kindheit an typisch ist oder sein sollte, entsteht ein sogenanntes Inzesttabu, und zwar lebenslang. Wenn es diese Offenheit von Kindern gegenüber anderen, etwa Freunden und Verwandten der Familie gibt, dann wirkt das Inzesttabu auch bei denen.

Hier wird ein überholter Reinheitswahn vertreten.“
Wer hat ein Interesse daran, dass es nicht zu der hier propagierten Ethik insbesondere auch junger Menschen kommt? Wem nützt diese Miesmacherei? Sind das wirklich Gutwillige – oder?

Es ist doch eigentlich inhuman, eine solche Werbung für die Jungfräulichkeit zu machen, die viele nicht mehr haben. Verstößt das nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz?“
Auch auf der Autobahn wird das Paradies erreicht sein, wenn keiner mehr liegen bleibt, weil alle bereits stehen. Also: Wenn wir immer nur den Gleichheitsgrundsatz im Kopf haben, uns also nach denen richten, die etwas nicht können oder die eine bestimmte Eigenschaft nicht (mehr) haben, aus welchen Gründen auch immer, wird es nie einen Fortschritt geben.

Aber wenn das doch alle machen, etwa mit dem vorehelichen Sex, das kann doch dann wohl nicht falsch sein?“
Das ist ein typischer „naturalistischer Fehlschluss“ und schon gar kein Beweis! Waren nicht einmal
alle für den Hexenwahn oder für die „Entjudung“ der Gesellschaft? Und selbst wenn alle dafür waren, es war trotzdem falsch. Überhaupt: Wenn eine kaputte Moral erst einmal in Mode ist, selbst wenn sie der größte Unfug ist, wie soll sich die denn ändern? Wer würde sich trauen, sich für eine Änderung einzusetzen? Und noch einmal das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“: Wenn sich erst einmal alle etwas vormachen, dann wagt doch keiner mehr, das zu sagen, was wirklich ist. Bis auf ein Kind eben – fragen wir also einmal die Kinder! (Oder einen „ver-rückten“ alten Religionslehrer!)

Na und selbst wenn es für ein Fehler war, wenn ein Mädchen den ersten Sex mit dem Falschen hatte – was soll´s? Was bedeutet schon ein einziger Fehler, wenn der Mensch sonst in Ordnung ist?“
Einerseits stimme ich dem zu, doch andererseits begeht ja niemand diesen
einen Fehler einfach so. Man muss nur genauer hinsehen: Dieser Fehler ist doch ein Indiz, dass da etwas nicht stimmte, da waren mit Sicherheit Leibfeindlichkeit, Blindheit gegenüber wirklichen Gefahren, fehlender Spaß an echter Moral. Was wäre also, wenn das Ziel einer Erziehung wäre, ohne Krampf nur genau diesen einen Fehler zu vermeiden? (Das ist ja das Anliegen dieses Konzepts!)

Neuere Forschungen haben ergeben, dass auch Frauen die Abwechslung im Bett lieben (s. das Buch von Daniel Berger „What Do Women Want“).“
Das Problem ist nicht die Abwechslung im Bett, sondern der Orgasmus. Wenn Frauen den bei einem Partner nicht haben, dann träumen sie eben von einem anderen, was sie heute oft auch in die Tat umsetzen. Hätten sie einen Partner, bei dem sie ihren Orgasmus erleben und der auch sonst ein guter Partner ist, hätten sie kein Interesse an weiteren Männern.

Wenn ich mir etwa entsprechende Filme ansehe, dann nehmen die jungen Leute das mit ihren sexuellen Abenteuern doch alles sehr locker.“
Na, wer macht denn diese Filme? Da steckt doch eine bestimmte Absicht dahinter – Probleme dürfen da natürlich nicht gezeigt werden, wenigstens nicht so, dass die jungen Menschen von ihren Abenteuern abgehalten werden. Wie nennt man doch eine solche einseitige Darstellung? Manipulation!

Wo bleibt denn hier die Freiheit gerade auch junger Menschen?“
Bedenken wir einmal, dass das Rechtsfahrgebot auf unseren Straßen ja auch eigentlich ein Zwang und damit gegen die Freiheit des Menschen ist. Doch die damit verbundene „Unfreiheit“ hat den großartigen Vorteil, dass man sich darauf verlassen kann, dass andere auch so fahren und daher ein flotter Straßenverkehr und sogar sehr schnelles Fahren möglich ist. Und genauso ist es doch mit einer hohen und prinzipientreuen Sexualmoral. Allerdings muss diese Moral auch wirklich verinnerlicht sein. Stellen wir uns einmal vor, wie toll das wäre, wenn wir uns hier wirklich auf unsere Mitmenschen verlassen könnten! Wenn ich allein an Klassenfahrten denke, wie die oft ein ziemlicher Krampf sind, um Jungen und Mädchen in der Nacht auseinander zu halten. Oder auch an Internate. Da wäre doch alles mit der Pädagogik einer hohen Moral viel einfacher, weil die jungen Menschen von alleine wissen, wie sich sich zu verhalten haben. Nicht zuletzt wäre eine Information junger Menschen mit dem Ziel einer hohen Moral auch der beste Schutz für Pädagogen wie Priester und Lehrer. Die jungen Menschen würden denen dann schon auf die Finger hauen, wenn die von ihnen etwas wollten.

Alles schön und gut, was Sie sagen. Doch ich halte es für vernünftig, auch wie andere erst einmal mit einem Mann zur Probe zusammenzuleben.“
Dagegen ist gewiss nichts einzuwenden. Doch sollte der Grundsatz gelten: Keine Intimitäten, Intimitäten gehören in die Ehe! Es gibt Gesellschaften, in denen be-deutet Geschlechtsverkehr ohne Ehe Prostitution, und auch wir in unserer Gesellschaft sind längst nicht frei von solchen Einstellungen. Du musst nur einmal genauer hinhören, was so geredet wird. Es ist eben doch ein Unterschied zwischen dem Eindringen und dem Reinlassen, das Eindringen spielt sich außerhalb des Körpers ab, das Reinlassen aber im Körper. Und wenn frau kein Geld dafür nimmt, dann kann das ja auch ein Zeichen von noch größerer Dummheit sein, dass sie es gratis „macht“. Du solltest auch bedenken: Was für einen Mann willst du einmal für die Ehe? Könnte es einer mit einem Niveau sein, von dem her es ihm nicht gleichgültig ist, was Du für eine Vergangenheit hattest?

Wenn Mädchen über ein gewisses Alter hinaus, etwa Anfang zwanzig, immer noch Jungfrauen sind, dann werden sie doch zickig und ungenießbar-eingebildet und oft auch regelrecht bekloppt.“
Da scheint bisweilen etwas dran zu sein. Doch liegt diese
Beklopptheit gewiss weniger daran, dass sie noch Jungfrauen sind, sondern wie sie es sind. Es gilt ja: „Wir sind nicht moralisch, weil wir so stark sind, sondern weil bisher die Versuchungen einfach nur zu schwach waren.“ So meinen diese Jungfrauen, dass ihre Moral eine wirkliche Moral ist, dabei ist es ja nur eine Scham- oder Scheinmoral. Denn Sache ist doch, dass bei ihnen der „Richtige“, der diese ihre Moral überwinden (oder auch brechen) konnte, einfach noch nicht gekommen ist. Ihre Moral ist also keine grundsätzliche Einstellung, sondern eher nur eine Badehosen- oder Bikinimoral und daher ziemlich vordergründig und irgendwie auch lächerlich. Dagegen sieht alles ganz anders aus, wenn Jungfrauen die Moral des Paradieses vertreten und praktizieren und andere, insbesondere natürlich Jungen und Männer, davon zu begeistern versuchen. Solche Mädchen/Frauen wirken keinesfalls eingebildet und bekloppt, sondern seriös und mutig.

Doch auch manche Kirchen sind von der sturen Einstellung abgerückt, dass es Sex nur in der Ehe geben dürfte. Denn gerade bei dieser sturen Einstellung gab und gibt es ja viel Heuchelei und auch ausgesprochenes Leid. Wichtig ist doch, schon den jungen Menschen beizubringen, dass es unterschiedliche Lebensentwürfe gibt und die Menschen mit anderen Lebensentwürfen ernst zu nehmen und zu achten.“
Ich wurde auf eine Arbeit von Kurt Hutten „Die sexuelle Revolution oder bloße Sittenverderbnis“ von 1966 (Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen) hingewiesen.

Die Einstellung, die hinter dem Verzicht auf die Moral der hohen Liebe steckt, klingt sehr nach der Quintessenz aus der Äsopschen Fabel vom Fuchs und den Trauben. Zur Erinnerung: In dieser Fabel zeigt sich ein Fuchs verächtlich über die Trauben, die für ihn zu hoch hängen und die er daher nicht erreichen kann: „Sie sind mir zu unreif und zu sauer und ich mag keine sauren Trauben.“ Die Fabel karikiert den unehrlichen Umgang mit einer Niederlage: Um sich nicht eingestehen zu müssen, dass er die Trauben nicht erreichen kann, behauptet der Fuchs, sie gar nicht erreichen zu wollen. Genauso ist die Einstellung des Autors Kurt H. zur Moral der hohen Liebe, statt sich um die zu sorgen, sagt er, dass sie sowieso nicht gewollt ist, weil sie eh nur Heuchelei ist.

Ich habe eigentlich nur etwas gegen diesen Machismo, wenn sich irgendwelche Männer an anderen nackten Menschen und insbesondere an Kindern satt glotzen.“
Tu doch nicht so, als ob Frauen und Mädchen und auch Kinder nicht auch gerne glotzen! Und sei doch mal milde! Ist es nicht völlig natürlich, wenn Menschen erst einmal sehen und hören? Empfinde dieses „Glotzen“ doch einmal als völlig normal und als notwendig für den „Sich-satt-sehen-Stau-Abbau“ und als natürliches Durchgangsstadium für das Normalwerden in einer verklemmten und dennoch keinesfalls sonderlich moralischen Gesellschaft! Was du da für Machismo hältst, ist doch lächerlich – der wahre Machismo ist vielmehr, wenn junge Menschen und insbesondere Mädchen unwissend bleiben, was wirkliche Moral ist. Wir haben uns hier an einen wirklich unheilvollen Machismo leider total gewöhnt.

Es entspricht doch der Natürlichkeit und der Lebendigkeit junger Menschen, dass sie irgendwann auch den Sex wollen.“
Wenn der Sex der Natürlichkeit und der Lebendigkeit junger Menschen wirklich entspräche, dann hätten sich nicht nur keine Probleme, sondern sogar ausdrücklichen Spaß mit dem Paradieskostüm. Doch genau diesen Spaß haben sie eben nicht. Das ist wohl ein sicheres Indiz, dass die heutige Sexualpädagogik, die ja den Sex und nicht die Nacktheit als natürlich und normal ansieht, ein einziger pseudowissenschaftlicher Krampf ist.

Sie meinen also, als katholischer Religionslehrer alles besser zu wissen als etwa die Sexualpädagogen.“
Die übliche heutige Sexualpädagogik basiert doch auf einem „naturalistischen Fehlschluss“ (s. S. 48 m) und steht also im Widerspruch zu einer wirklich akzeptablen Wissenschaft. Bei der Sexualpädagogik geht es ja vor allem darum, dass vorehelicher Sex normal und gesund ist und wie die jungen Menschen ihre Ängste davor verlieren. Sie werden hier auch von vornherein als unberechenbar-triebhaft und unfähig für eine sinnvolle Menschenkenntnis eingeschätzt, sich von Anfang an einen für sie passenden Partner aussuchen zu können.
Enthaltsamkeit und Freude an paradiesischer Bekleidung interessieren überhaupt nicht. Natürlich nehme ich Anregungen von dieser „Wissenschaft“ auf, doch ist sie für mich nun einmal von den Grundbedingungen her keine seriöse Wissenschaft.

Sie reden davon, dass das Sichvertun bei der Wahl besonders des ersten Liebespartners Traumata nach sich zieht. Doch davon merkt man im normalen Alltag nichts oder fast nichts.“
Hierzu Erfahrungen aus anderen Bereichen: Wenn alle Frauen in Kriegen Söhne und Männer verlieren oder wenn in einem Krieg alle Frauen und Mädchen vergewaltigt werden oder wenn alle Einwohner Angst vor Bombenterror haben, dann gibt es eine Art Kollektivtrosteffekt, man kommt also leichter darüber hinweg, als wenn man alleine trauert und leidet. Und so ist das auch bei den Liebestraumata. Doch gut ist das alles deswegen längst nicht. Besonders schlimm dabei ist, dass in den Wissenschaften Pädagogik, Soziologie, Psychologie und auch Theologie dieses Sichvertun zum Normalfall erklärt und dann auch noch gefördert wird, um diesen Kollektivtrosteffekt zur besonderen Kulturwirklichkeit zu machen.

So sehr sich auch heterosexuelle Traditionalisten danach sehnen: Die nie wirklich existente heile Hetero-Welt ist verloren. Sie kommt nie mehr zurück.“
So in dem Beitrag „Freiheit in der Erscheinung – Von wegen Subkultur: Ohne Homosexualität wäre unser Leben hässlich und karg“ in der Zeitung „Die Welt“ vom 15. 02. 2014. Der Autor, Ulf Poschardt, bezeichnet das Heterosexuelle als das Unemanzipierte, Langweilige, Unkulturelle: „Nur weil es eine schwule Hochkultur gibt, ist das Leben als Hetero überhaupt aushaltbar. Da gibt es nichts zu trennen. Die Kultur lebt von ihrer unzüchtigen Promiskuität. Inspiration folgt keinem Katechismus. Glücklicherweise.“
Lieber Herr Poschardt, kann ich da nur sagen, Sie reden von der Fäulnis oder auch von der Unreife von „Äpfeln“ und stellen das alles einem (vermutlich nie erreichbaren) Ideal von von der Gesundheit von „Birnen“ gegenüber. So geht’s aber nun wirklich nicht! Bitteschön: Wo gibt es denn eine vernünftige allgemeine heterosexuelle Erziehung? Wo gibt es eine Erziehung der jungen Menschen, und ich denke hier besonders an Mädchen, im Hinblick auf das spätere Erleben einer einzigen lebenslangen großen Liebe und auf das Erlebens des Orgasmus? Wo gibt es eine Erziehung zu einer bewussten hohen Sexualethik? Wo gibt es eine realistische und tragfähige Information, wie sie für sie sinnvolle Männer von nicht für sie sinnvollen unterscheiden können? Wo gibt es Anregungen, wie sie ihre männlichen Kameraden in ihrer Entwicklung positiv beeinflussen können? Wo gibt es eine Erziehung zum Stolz auf ihren Körper, also auch zu bewusster Nacktheit? Stattdessen geht es heute vor allem um eine Information über Verhütungspillen und Kondome und um eine Ermunterung, nicht leibfeindlich zu sein (und darunter wird dann eigentlich immer nur der Geschlechtsverkehr verstanden), und diese „Mittel“ auch zu verwenden. Wo ist dabei bitteschön irgendetwas Kulturvolles?

Fangen wir doch erst einmal damit an, hier etwas richtig oder zumindest richtiger zu machen – und dann sehen wir weiter, ob nicht doch eine schöne und kulturvolle Heterosexualität möglich ist und was dann von der Homosexualität noch übrig bleibt!

Du sagst, etwas versteckt zwar und implizit, aber doch unmissverständlich, dass Homosexualität eine "Perversion" sei, die bei einem angemessenen Umgang mit Nacktheit und Sexualität verschwinden würde (s. vorigen Kritikpunkt). Damit positionierst du dich gegen das, was heute als gesichertes Wissen gilt. Es wäre also dringend nötig, für diese Behauptung Belege zu liefern: nämlich Untersuchungen anerkannter Ethnologen darüber, dass Homosexualität bei Naturvölkern nicht auftritt, und eine Begründung dafür, warum Homosexualität bei höheren Säugetieren vorkommt (und dort also „natürlich“ ist), beim Menschen jedoch nur durch Entfremdung von der Natur entsteht (also „unnatürlich“, „pervers“ ist).“
Was heißt denn hier „gesichertes Wissen“? Wer ist „anerkannter Ethnologe“, der sich überhaupt auf eine solche Diskussion einlässt? Jedenfalls klingt Deine Kritik danach, als ob Du mir etwas unterjubeln willst. In allen Gesellschaften gibt es doch auch immer Herrschaftsstrukturen, so dass es gerade hier keine wirklich freien Entscheidungen einzelner gibt.Im antiken Griechenland waren 99 % der Männer homosexuell und die Gene der damaligen Männer waren gewiss nicht anders als die der heutigen Männer. Das heißt also, dass die damalige Homosexualität nicht genetisch, sondern weitestgehend kulturell bedingt war. Ich bezweifle auch, ob die Homosexualität bei Tieren, auch bei solchen in der freien Wildbahn, als etwas Natürliches angesehen werden kann. Die „reine Natur“ gibt es gewiss nirgendwo, auch in der Tierwelt gibt es Herrschaftsstrukturen. Ich bezweifle sogar, ob es die „reine Natur“ bei Tieren gibt, die Einzelgänger sind. Da steht also wohl immer Theorie gegen Theorie oder Glaube gegen Glaube.
Du stützt dich, wo es um die entscheidenden Ideen deines Konzepts geht, im wesentlichen auf eigene Erfahrungen und auf das, was andere dir berichtet haben, sowie gelegentlich auf die Artikel einer einzigen Tageszeitung. Das erscheint mir als eine allzu schmale Quellenbasis.“
Das ist es ja, ganz offensichtlich schreiben die Verfasser der üblichen Quellen immer nur voneinander ab, jedenfalls widerspricht das, was ich etwa im Laufe meiner über dreißigjährigen Tätigkeit als Berufsschulreligionslehrer so mitbekommen habe, der üblichen Quellenbasis. Wo bitte finde ich in den
üblichen Quellen einen Hinweis, dass die Adam-und-Eva-Erzählung eine Geschichte gegen die Fruchtbarkeitskulte ist, wo finde ich eine Untersuchung, ob die Angst vor der Nacktheit für eine hohe Moral tatsächlich förderlich ist, wo finde ich etwas über den zentralnervös ausgelösten Orgasmus ohne Geschlechtsverkehr? Ich habe nichts gefunden oder erst nach langem Suchen und dann nur zufällig. Daher habe ich die übliche Quellenbasis zwar zur Kenntnis genommen, bin jedoch eigene Wege gegangen, wo sie mir sinnvoll erschienen. Und zur „einzigen Tageszeitung“: Was ich aus der entnommen habe, ist im Grunde Allgemeinwissen und übers Internet auch in anderen Veröffentlichungen überprüfbar.


Wenn Du in unserer Gesellschaft etwas ändern willst, dann gibt es doch nun wirklich wichtigere Gebiete als die Probleme kleiner Mädchen. Ich denke an die Arbeitslosigkeit gerade auch junger Menschen, an die Gewaltdarstellungen im Fernsehen, an die allgegenwärtige Pornografie.

Ich stimme Dir gewiss zu. Doch geht es, wenn man etwas verändern will, vor allem auch darum, was für einen selbst überhaupt machbar ist. Was helfen einem die tollsten Ideen, wenn man sie nicht in die Praxis umsetzen kann? Doch wir können uns das Böse auch als ein „Rad des Bösen“ vorstellen. Und um etwas zu ändern, muss man Sand ins Getriebe oder in die Speichen werfen. Vieles kann man hier einfach nicht, doch manches kann man. Ich verweise auf die Gespräche auf Seite 6: Da hätte man doch etwas machen können! - und das hätte durchaus die Chance, einen Erdrutscheffekt auszulösen., nicht zuletzt weil es ja auch eine Befreiung bedeutet und den Beteiligten Spaß macht...

Bitteschön, wo ist denn Ihre Systematik, wo ist Ihre Methodik?“
Dazu erst einmal ein Vergleich mit Mikrostrukturen in der Physik: Um etwa im atomaren Bereich etwas zu erkennen, sind nicht nur die Lichtstrahlen, sondern auch die Elektronenstrahlen viel zu grob und viel zu mächtig: Mit denen würde man das, was man erkennen will, entweder gar nicht erkennen oder gar zerstören. Man hätte als nach der Untersuchung etwas anderes vor sich als ohne diese Untersuchung. Hier braucht es andere Methoden, eher indirekte. Und so ist es auch bei unserem Thema, wo es um Seelisches geht! Typische Fragebögen etwa sind viel zu grob und zerstören gar das, was man erkennen will. Also eher indirekte „Untersuchungen“ – so wie hier!s

Zwar wäre eine Darstellung in der Form dieses Heftes völlig ausreichend, wenn es nur darum ginge, Anregungen zum Nachdenken und zum Vergleich mit eigenen Erfahrungen zu geben … Aber es steckt ja nun durchaus noch mehr in deinem Heft, nämlich Aussagen, die Anspruch auf allgemeine Gültigkeit erheben.“
Eigentlich ging es mir zunächst auch nicht um mehr, als Anregungen zum Nachdenken usw. zu geben. Doch leider wurden mir dann als Kritik einige
populäre Irrtümer vorgehalten, die ich einfach richtig stellen musste. Auch erlebte ich sehr oft ausgesprochene Unsachlichkeit. Also sah ich mich gezwungen, die Thematik ganz grundsätzlich aufzurollen. Ob hier nun alles richtig ist, weiß ich nicht, doch eines ist klar: Etwas Richtiges und Stimmiges lässt sich immer kürzer und knapper darstellen als etwas Nichtstimmiges und Nichtrichtiges.
Das Konzept ist zu vernunftlastig, Entscheidungen werden oft sinnvoller und besser aus dem Bauchgefühl heraus getroffen.“
In persönlichen Fragen liegen Menschen mit diesem Bauchgefühl allerdings erfahrungsgemäß oft sehr daneben. Das ist es ja, durch die Nacktheit wird das Bauchgefühl ganz wesentlich sinnvoller und zuverlässiger, weil eine Verkleidung wegfällt. Offenheit und Ehrlichkeit machen klarer, wer einer wirklich ist.

Die Kleidung hat doch auch eine gewisse Moralfunktion!“
Viel eher hat sie wohl eine Fetischfunktion. Ohne den Fetisch verging jedenfalls den Ratten in dem Versuch (s. S. 27) die Lust auf Sex. Das könnte also die These bestätigen, dass ohne „Kleidungsfetische“ menschliches Bauchgefühl und menschliche Sexualität stimmiger harmonisieren und es gar nicht dazu kommt, dass „die Liebe ein unordentliches Gefühl“ wird.

2. Das Problem der perfekten Theorie, warum etwas passiert oder auch nicht passiert.

Es ist doch ganz klar, warum gerade die Mädchen mit dem Sex anfangen. Sie wollen doch von den anderen anerkannt werden.“
Dazu zunächst einmal, „ganz klar“ ist so schnell nie etwas. Das mit dem Grund des Wunsches nach Anerkennung ist nur eine Theorie von vielen.
Zum Vergleich: Es gibt um die 200 Theorien, warum das alte Rom untergegangen ist. Eine ist etwa die Dekadenz der Sitten im alten Rom, eine andere ist, weil Ägypten verloren gegangen war. Denn aus Ägypten kam das Papier, das sozusagen der Lebensnerv des römischen Beamtenstaats war. Und weil es kein Papier mehr gab, gab es auch keinen Lebensnerv mehr. Über die Schlüssigkeit einer Theorie kann man nun streiten. Jedenfalls gibt es selbst für die plausibelste Theorie auch immer genügend Für und Wider ... So auch bei der Theorie von den Mädchen, die mit dem Sex anfangen, weil sie Anerkennung suchen. Während die Theorien über der Untergang des alten Roms sich auf etwas beziehen, was in der Vergangenheit liegt und was uns also relativ gleichgültig sein kann, geht es bei den Theorien über die Mädchen um etwas, was immer wieder passiert und was uns also auch heute etwas angeht. Eine Auseinandersetzung hier ist also wichtig und lohnend. Es mag ja nun Mädchen geben, die wegen der Anerkennung „anfangen“. Doch ich kenne jedenfalls einige Mädchen, die sahen „damals“ nicht nur extrem gut aus, die waren auch hochintelligent und angesehen bei ihren Kameraden. Die hatten wirklich keine Anerkennung nötig – und sie haben dennoch mit dem Sex angefangen! Also ist das mit dem Grund der „Anerkennung“ wohl nichts. Gehen wir doch einmal andere „Theorien“ durch!
Fangen wir bei einer Theorie aus dem Buddhismus an!

Eine alte Theorie, warum frau mit anderen Männern als nur mit ihrem eigenen Mann Sex hat (wenn die Gelegenheit da ist), ist eine aus dem ursprünglichen Buddhismus. In der Lehrgeschichte „Jataka 62“ vertritt ein Hofpriester die Theorie, dass eine Frau, die in ihrem Leben auch nur einen einzigen Mann außer ihrem Ehemann gesehen hat, nicht einem Mann allein treu sein kann. Dazu gibt es eine Wette zwischen dem Hofpriester und einem König über die Veranlagung der Frau zur Treue, die der Hofpriester auch noch bravourös verliert. Dass der Grund der Unfähigkeit der Frauen zur Treue möglicherweise eine falsche Theorie und dann auch noch die sich daraus ergebende abstruse Erziehung der Mädchen sein kann, auf die Idee kommt der Hofpriester gar nicht. Doch wir heute sollten nicht überheblich sein: Was wird bei uns heute nicht alles über die Veranlagung der Frauen in dieser Richtung kritiklos als wahr und richtig anerkannt und nicht hinterfragt? Und es ist am Ende auch hier doch nur das Resultat einer verquerten Theorie mit der entsprechenden verquerten Erziehung.
Daher jetzt wieder zu uns und zu unserer Zeit! Auch hier gibt es entweder ganz allgemein oder auch individuell Theorien zu dieser Thematik, die entweder gar nicht oder nur ganz oberflächlich hinterfragt werden. Denn wer hier eine bestimmte Theorie hat, der meint ja, sowieso alles besser zu wissen.
Das Problem ist das des guten Beispiels. Wer also als Kind keine gute Familie erlebt hat, dem kann auch später selbst kaum oder nicht eine eigene gute Familie gelingen.“
Diese Begründung ist nicht unbedingt logisch und wissenschaftlich ist sie schon gar nicht. Der Zusammenhang kann auch ein ganz anderer sein, nämlich dass gerade derjenige für eine besonders gute Familie offen ist, der sie selbst als Kind nie erlebt hatte und der also auf keinen Fall etwas falsch machen will. Nehmen wir also einmal an, dass sich jeder Mensch von Natur aus nach einer schönen leibseelischen Gemeinschaft mit einem Menschen des anderen Geschlechts sehnt und dass er auch das Zeug dazu hätte, dass diese Gemeinschaft gelingt. Auch wären in dieser Gemeinschaft eigene Kinder durchaus erwünscht. Doch jetzt passiert Folgendes: Statt einer sinnvollen Moral für den Umgang mit dem anderen Geschlecht (oder auch sinnvollen Spielregeln) wird dem jungen Menschen gar keine (Sexual-)Moral oder nur die Scheinmoral der Scham beigebracht, die er natürlich auch nicht kritisch hinterfragt. Und so vertut er sich und es kommt es zu den typischen
Beziehungskisten, die dann irgendwann auf eine nicht so ideale Partnerschaft hinauslaufen, die eigentlich möglich wäre. Wer nun diese Zusammenhänge nicht sieht, der sieht sich in der Auffassung bestätigt, dass denjenigen, die selbst keine gute Familie hatten, auch selbst keine gute Familie gelingen können – doch in Wirklichkeit ist alles ganz anders.

Aber ist das gute Elternhaus denn nicht die Grundvoraussetzung für gelingende Beziehungen der Kinder später?“
Es gibt hier keinen Automatismus. Vor allem in einer freien Gesellschaft wie der unsrigen fängt jeder Mensch sein Leben letztlich frisch an. Dazu braucht er allerdings die entsprechenden Informationen oder auch Spielregeln (siehe etwa auf den Seiten 5 - 31). Es ist nun einmal wahrscheinlich so, dass in guten Elternhäusern über diese Spielregeln eher und in den weniger guten Elternhäusern eben weniger geredet wird. Also passiert alles nach dem Verfahren „selbsterfüllende Prophezeiung“: Etwas passiert genauso, wie man es vorhergesagt hatte, aber nicht, weil das von Natur aus so sein müsste, sondern weil es herbeigeredet bzw. nichts getan wird. Tragisch ist das dann bei nicht gelingenden Beziehungen: Zu den kam es also wohl nur deswegen, weil sich nie jemand die Mühe gemacht hatte, ein Konzept zu entwickeln, dass es auch für diejenigen ohne gutes Elternhaus anders laufen könnte. Zudem stellt sich die Frage: Was ist überhaupt ein gutes Elternhaus? Geben sich nicht alle Eltern irgendwie die größte Mühe, dass aus ihren Kindern etwas wird – und dass sie nicht an den Falschen geraten?

Und was sollen wirklich fürsorgliche Eltern denn nun besser machen?“
Schon die Kinder sollen von ihren Eltern sagen können: „Mein Papa (oder auch meine Mama) kennt sich aus und belügt mich nicht, mein Papa erzählt mir nur etwas, was wahr und richtig ist, womit ich mich nicht vor anderen blamiere. Mein Papa erzählt mir auch nichts von einer Moral, die mich nur ängstlich und verklemmt macht und mit der ich am Ende doch auf jemanden reinfalle, weil sie nur eine Scheinmoral ist. Er schickt mich also auch keine falschen Wege, dass ich etwa die Scham mit Moral verwechsle wie viele andere meiner Freundinnen und Freunde. Daher weiß ich auch, wie ich von daher andere Menschen unterscheiden kann. Und so kann ich auch das, was wirkliche Moral ist, meinen Freunden und Kameraden erklären. Kurzum: Auf das, was mir mein Papa mir erzählt, ist Verlass!“ Ja, es gibt einfach Dinge, die muss ein junger Mensch nun einmal wissen, die müssen ihm also gesagt werden, und er muss sie auch verarbeiten. Ohne solche intellektuelle Leistung sind doch auch
in guter Familie erzogene junge Menschen nicht vor dem Scheitern von Beziehungen gefeit. Nur eben, sie werden durch die Familie eher aufgefangen, wenn sie einmal eine Enttäuschung erleben sollten. Allerdings sind die jungen Menschen dann wohl nicht mehr das gute Beispiel für andere, das sie eigentlich sein könnten.

Gerade die jungen Mädchen haben doch zu wenig Scham!“
Im Gegenteil! Wir haben
hier das Problem Therapie und Prävention wie bei einer Krankheit vor uns. Was zur Vorbeugung einer Krankheit genau das Richtige sein kann, das kann als Heilmethode derselben Krankheit durchaus schädlich sein. Denken wir an die Abhärtung durch die Kaltwassergüsse des Pfarrers Kneipp. Das bedeutet also, dass das Paradieskleid für sexuell Unerfahrene durchaus Ansporn für eine hohe Moral ohne jede Versuchung, für „Erfahrene“ jedoch die Versuchung schlechthin sein kann. Zudem: Kennen Sie, lieber Leser, jemanden, bei dem der Einstieg in „sexuelle Fehlentscheidungen“ mit der Freude an einem „Naturstrand“ angefangen hatte? Es bleibt also dabei: Der Mensch ist von Natur aus ein hochmoralisches Wesen oder auch „ein Wesen mit hohem moralischem Potential“ – auch und gerade im Zusammenhang mit der Sexualität. Doch leider lernt er, dieses Potenzial „ins falsche Objekt“ zu stecken, so dass ihm das für das richtige Objekt dann fehlt. Er lernt also in unseren Kulturen von Kind an, sein moralisches Potential in die Scham zu stecken statt in eine echte (Sexual-)Moral.

Die jungen Menschen in unserer Gemeinde haben ganz andere Probleme!“
Zunächst einmal: Glaube nie dem Anschein oder den Beteuerungen einer Zwölfjährigen, dass sie schon wisse, was (Sexual-)Moral sei und sich danach richte!Denn die Basis dieser Moral ist eigentlich immer nur Ekel und Scham. S. S. 40.

Aber was ist mit der Triebhaftigkeit und der Schwäche des Menschen?“

Wer so redet, dass das mit dem Paradieskleid in der Praxis nicht geht, der sagt doch nur, dass das bei ihm selbst nicht geht – weil er entsprechende „andere Erfahrungen“ hat (die Kinder noch nicht haben!). Vielleicht ginge es allerdings bei ihm doch, aber vor lauter Sexualängsten hat er das einfach noch nie ausprobiert? Und zudem: Es gibt gerade heute genügend Beispiele, dass es eben doch geht – und zwar sehr gut! Eine schöne Paradieskleidung kann doch auch sehr entwaffnend sein, es kommt auf die Einstellung an, die dahintersteckt.

Verliebtheit ist ein biochemischer Vorgang, da ist man eben machtlos.“
Das ist ja das Anliegen des Konzepts: Die Freude an paradiesischer Bekleidung
ist nämlich auch ein biochemischer Vorgang, nicht zuletzt hat sie etwas mit dem ursprünglichen natürlichen Menschsein zu tun. Und wenn dieser Vorgang wirklich funktioniert, das heißt, wenn die paradiesische Kleidung wirklich Freude macht, hat eine Verliebtheit in einen nichtpassenden Partner keine Chance mehr!

Sieh dir doch einmal die Website der Durex-Kondomfabrik an über die Anzahl der Sexualpartner, die ein Mensch im Leben hat. Und du willst das ändern? So haben die Inder etwa 3, die Deutschen 5,9, die Türken 14,5.“
Da hat eben nur noch ein außergewöhnliches Konzept eine Chance.

Die schönsten Theorien werden zunichte gemacht, weil es nun einmal von der Natur her so ist, dass jeder Mann im Prinzip ein Vergewaltiger ist. Und es geht nicht nur um die praktische Vergewaltigung, sondern Männer können auch durch Worte oder durch Blicke vergewaltigen. Die Folgen von allem sind im Grunde genauso schlimm, nämlich traumatisierte Mädchen und Frauen.“
Sie können sich offensichtlich gar nicht vorstellen, dass auch Männer ein geistig-seelisch-körperliches Gesamt sind. Denn bei einem solches Gesamt ist es nun einmal so, dass auch Männer ein Ideal einer hohen Liebe haben können, das so stark ist, dass sie eine Sexualität, die nicht in der
Ordnung der Natur ist, gar nicht praktizieren können – also erst recht nicht eine Vergewaltigung. Allerdings muss es dazu auch die passenden Mädchen und Frauen geben, also solche, die selbst Ideale haben, die sie dann nach dem Verfahren „Prägung durch Belohnung“ (s. S. 25) an die Männer weitergeben möchten. Und zu Ihrer Einstellung zu Männern überhaupt: Sie lassen Männern ja gar keine Chance! Wenn denen eine konkrete Vergewaltigung nicht vorgeworfen werden kann, dann wenigstens eine durch Worte oder gar eine durch Blicke nach dem Motto: Irgendetwas Schlechtes findet sich an einem Mann immer. Wenn eine solche Einstellung nicht zutiefst männerfeindlich ist! (Anmerkung hierzu: Es mag tatsächlich eine Art Vergewaltigung durch Worte und Blicke geben. Doch die funktioniert nur, wenn ein junger Mensch auch darauf anspricht. Wäre es also nicht eine Aufgabe, junge Menschen durch eine geeignete Erziehung <wie sie etwa hier vorgestellt wird> immun zu machen? Erfahrungsgemäß haben solche immun gemachten jungen Menschen dann auch ein Selbstbewusstsein und eine Ausstrahlung, dass es auch zu gar keiner „praktischen Vergewaltigung“ mehr kommt – solange sie sich nur einigermaßen sinnvoll verhalten. Siehe auch unter „Vergewaltigung“ im Online-Lexikon www.basisreligion.de. Jedenfalls ist eine solche Immunisierung das Anliegen dieses Konzepts.)

Ordnung der Natur? Was heißt das? Weist das nicht auf einen faschistischen Hintergrund von `Erlebt doch zuerst einmal das Paradies!´ hin?“
Wir müssen unterscheiden zwischen künstlichen Ordnungen, also denen, die Menschen gemacht haben, und natürlichen Ordnungen, also Ordnungen, die von Natur aus einfach „da“ sind. Künstliche Ordnungen können gewiss etwas Faschistisches an sich haben, doch nicht natürliche Ordnungen. Eine natürliche Ordnung sind etwa auch die vier Jahreszeiten. Dass ein Bauer sich bei Aussaat und Ernte danach richtet, ist eine Frage der Vernunft. Natürlich kann man diese natürliche Ordnung etwa mit Gewächshäusern auch umgehen, doch ist das sehr kostspielig und arbeitsintensiv – und eine solche „Ordnung“ funktioniert auch nicht von allein. Die Frage stellt sich, was beim Thema dieses Hefts wohl eher faschistisch ist, eine Ordnung mit Pille und Kondom und Badehose oder eine Ordnung, die die natürlichen Gegebenheiten akzeptiert und anerkennt?

In unseren anonymen Massengesellschaften kümmert sich keiner mehr wirklich um den andern und daher gibt es auch keine Verantwortung füreinander in der Liebe. Jeder will nur seinen eigenen Lustgewinn.“
Hier also noch einmal ein Hinweis auf eine Statistik über die Anzahl der Sexualpartner in verschiedenen Ländern im Internet, die Sie unter den Worten
Durex Global Sex Survey finden (s. S. 53). Natürlich, Statistiken geben immer nur einen Durchschnitt wieder und sagen nichts darüber aus, wie sich Einzelne verhalten. Das ist auch der Kondomfirma Durex bewusst. Und so schlüsselt sie zumindest einige Länder auf: Die Hongkong-Bewohner sind zu Zweidritteln streng monogam, sie haben also lebenslang nur einen einzigen Sexualpartner – und enger und vermutlich auch anonymer als in Hongkong kann eine riesige Menge von Menschen wohl kaum zusammen leben. Dagegen sind es bei den Dänen, Norwegern, Schweden und Griechen, die doch so eng gar nicht zusammen leben und wo es in weiten Teilen gewiss keine anonyme Massengesellschaft gibt, nur 12 %, die lebenslang nur einen einzigen Sexualpartner haben.

Man kann heute sowieso nichts machen – die Medien sind zu mächtig!“

Der Medienwissenschaftler Prof. Dr. Lothar Mikos etwa sieht die Macht der Medien als so monströs und unüberwindbar nicht an, steigern sie allenfalls doch nur das, was von woanders her im Denken der Menschen ist. Und zudem: In Afrika und in vielen Gegenden der Welt gibt oder zumindest gab es bis vor nicht allzu langer Zeit überhaupt keine Medien – und dennoch werden Mädchen beschnitten, und zwar aus moralischen Gründen. Denn nach Meinung der Menschen, die diese Beschneidung praktizieren, können Mädchen (und Frauen) sonst nicht treu sein. Diese angebliche Unfähigkeit zur Treue, und damit das Fehlen einer hohen Moral, hat also gar nichts mit den Medien zu tun, die gibt es auch ohne diese Medien! Wenn es nun woanders keinen Zusammenhang gibt, wieso dann bei uns? Das mit der Schuld der Medien ist für mich jedenfalls nicht plausibel. Es bleibt dabei: Für den, der eine Änderung nicht will, der sieht nie, wo er selbst etwas machen kann. Der sucht und findet auch immer andere, die schuld sind. Doch derjenige, der wirklich etwas ändern will, der sieht tausend Möglichkeiten und Wege, wo und wie er etwas machen kann!

Schuld an dem heutigen Sittenverfall sind doch die Religionslehrer. Die sind es ja, die schon den jungen Menschen den Glauben und damit auch die Moral kaputt machen. Aufgabe gerade der Religionslehrer wäre doch, den jungen Menschen den traditionellen Glauben zu vermitteln.“
Ob die Menschen früher ohne den „schädlichen Einfluss“ heutiger Religionslehrer wirklich besser waren? Ein Bekannter, der in alten Kirchenbüchern des Ermlands, einer nun wirklich tiefkatholischen Gegend, Ahnenforschung betrieb, fand, dass sehr oft hinter dem Namen einer Mutter „sc“ stand, also die Abkürzung für das lateinische Wort scortum = Hure, ein sehr brutaler Ausdruck für „ledige Mutter“. Hier lief das alles „so“ ohne die
modernen ungläubigen Religionslehrer! Und auch woanders war und ist es doch ähnlich. Die Schuld auf die „modernen Religionslehrer“ zu schieben, ist doch auch nur so eine Ausrede, die heißen Themen nicht wirklich anzupacken.

Es ist doch bekannt, dass die Aktionen `Kein Sex vor der Ehe´ noch nie etwas geholfen haben.“
Natürlich nicht. Denn wie liefen die denn immer ab? Für alle diese Aktionen waren doch die moralische Basis
immer nur die übliche Scheinmoral (also Badehose usw.) statt der Geist und schließlich ein Glaubenssammelsurium, das für viele Menschen eher etwas mit Folklore, Nostalgie und Glaubensmagie zu tun hat als mit dem wirklichen Jesus (siehe Heft 2). Diese Aktionen konnten also gar nicht funktionieren, zumindest nicht in unserer freien Gesellschaft!

(Hierzu eine Notiz aus der Zeitung „Die Welt“ vom 21. 10. 2007: „Kampagnen, mit denen Jugendliche zur Keuschheit motiviert werden sollen, sind immer erfolglos und bewirken manchmal sogar das Gegenteil. Das ergab eine Auswertung von 13 Enthaltsamkeitsstudien, an denen 15 940 Jugendliche teilgenommen haben. Kristen Underhill und ihre Kollegen von der Universität Oxford stellten fest: Keine Kampagne hatte Einfluss auf die Häufigkeit von ungeschütztem Geschlechtsverkehr, auf die Zahl der wechselnden Partner, auf die Verwendung von Kondomen oder auf das Alter beim ersten Sexualkontakt. Eine der Kampagnen bewirkte überdies einen gegenteiligen Effekt: Die daran teilnehmenden Jugendlichen hatten sogar häufiger Sexualkontakte, und auch die Zahl sexuell übertragener Krankheiten war unter ihnen erhöht (Is).“)

Du bist mit deiner Idee `Kein Sex vor der Ehe´ doch hoffnungslos veraltet, das mit dem Sex vor der Ehe ist doch inzwischen völlig normal!“
Du hast überhaupt nichts verstanden. Es geht doch gar nicht um „Kein Sex vor der Ehe“, das ist doch nur ein Nebenprodukt. Es geht vielmehr um ein Engagement gegen die Leibfeindlichkeit oder auch (nachdem ich den GEO-Beitrag gelesen habe – s. S. 27) gegen den Kleidungs- und Ausziehfetischismus, was alles in unseren Zivilisationen als normal gilt und wozu also auch unsere jungen Menschen direkt erzogen werden. Wenn diese Leibfeindlichkeit und dieser Fetischismus erst einmal überwunden und durch ein entsprechendes geistiges Moralmodell ersetzt sind, dann sehen wir weiter! Ja, ist nicht ein geistiges Moralmodell das eigentlich Gesunde und Menschliche, um das es gerade auch in Fragen der Moral geht, und sind nicht die Leibfeindlichkeit und der Fetischismus der billige Ersatz, billig, weil geistlos und oberflächlich? Ich schätze, dass wir bei einer Rückbesinnung auf das Eigentliche wieder in der Ordnung der Natur (s. S. 12 u. 57) leben können und sich also das Problem „Kein Sex vor der Ehe“ von allein erledigt. Denn höchstwahrscheinlich will „den“ dann niemand mehr.

Daher muss hier auch nicht mehr auf alle die genannten Theorien eingegangen werden, warum junge Menschen mit dem Sex anfangen, auch diese Theorien haben sich dann alle erledigt.

EINE „PERFEKTERE THEORIE“ MIT EINER EMPFEHLUNG:

Der Mensch ist von Natur nicht nur ein hochintellektuelles und hochmoralisches, sondern auch ein hochsoziales Wesen. In Fragen der Sexualmoral ist nun gerade das Mädchen weitestgehend von der Vorstellung bestimmt, dass es sich so verhalten muss wie andere normale Mädchen, damit es nicht ein Außenseiter ist, der als verklemmt, unemanzipiert und frigide gilt. Denn nur, wenn es normal ist, kann es, seiner Meinung nach, irgendwann einen passenden Partner finden.

Die Notwendigkeit, normal zu sein, ist wie bei einer Sprache: Wenn einzelne Eltern ein Kind in einer hochintellektuellen und wunderschönen Sprache erziehen, doch die übrigen Menschen sprechen nicht diese Sprache, wird das Kind seine Eltern irgendwann für inkompetent und „ver-rückt“ halten. Wir müssen uns also klar machen, dass es eher sinnlos ist, wenn einzelne Eltern ihre Kinder zu einer hohen Moral erziehen wollen, denn beispielsweise würden die Töchter dann einsame Jungfrauen werden – und das machen die Mädchen nur selten mit. Also wäre eine Erziehung zu einer hohen Moral immer Gemeinschaftssache. In einer Gruppe (hier bietet sich gerade auch der Religionsunterricht an) wird Ihr Kind auch reden (wollen) – und wie! Und der Spaß an der Nacktheit wäre dann ein Indiz für besondere Unverklemmtheit, also für eine gelungene Überwindung der Leibfeindlichkeit, und für wirkliche Emanzipation und Intelligenz.

Bisher war das ja so, dass Mädchen eher nur Negatives darüber gehört hatten, wenn ein Mädchen noch keinen Sex hatte. Sie sieht sich ein Mädchen also in einer Zwangslage und will „es“ möglichst schnell „hinter sich haben“. Daher sucht es förmlich eine Gelegenheit – bisweilen sogar mit einem Fremden, dem es wohl nie wieder begegnen wird. So kommt es oft zu solchen Erfahrungen auf Klassenfahrten oder in den Ferien mit einem Jungen oder Mann, mit dem auch nie die Absicht für eine Partnerschaft besteht und wo es auch gar nicht um Liebe geht.

Wie anders liefe das ohne diese Leibfeindlichkeit und ohne diesen Fetischismus, wie könnten dann Mädchen ganz anders ihre Unschuld schätzen und erleben!

Wenn wir also etwas an unserer heutigen (Sexual-)Moral zum Positiven verändern wollen, müssen wir hier anfangen!

Anm.: Wenn gerade auch die jugendlichen Körperformen besonders attraktiv sind, so heißt das noch lange nicht, dass Männer gleich immer Sex wollen. Denn es gibt etwa auch so etwas wie einen Bruder-Schwester- oder Vater-Tochter-Effekt zwischen eigentlich Fremden, der dem durchaus entgegenwirkt. Wenn dieser Effekt durch Natürlichkeit , Offenheit und entsprechende geistige Ausstrahlung junger Menschen erst einmal aktiviert ist, bewirkt er eine außerordentliche Fürsorge der „Brüder“ oder „Väter“. Und – beim Fall „Vater“ - bleibt dieser Effekt auch, wenn etwa das als Tochter empfundene Mädchen älter wird nach dem Motto: „Einmal Tochter – immer Tochter!“



D. PÄDAGOGISCHE EINFÜHRUNG in das Konzept „Erlebt doch zuerst einmal das Paradies!“ – hier für junge Leute ab ca. 8 Jahren.


Vorbemerkung zur Frage der Kindgemäßheit

Auf die Idee mit der „Kleidung des Paradieses“, also der Nacktheit, die zum Ansatz des Konzepts gehört, haben mich Kinder gebracht. In einer Kinderferienfreizeit in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts waren sie es, die mit dem Paradieskostüm anfingen. Leider hatte ich damals auch zu denen gehört, die „so etwas“ mit abgewürgt hatten – als ob für Kinder das sexuelle Selbstbestimmungsrecht nicht gilt (zumal bei durchaus Unschuldigparadiesischem!). Doch damals ging das einfach nicht anders, die Zeit war einfach nicht reif. Inzwischen sehe ich hier eine Chance, Kindern gegenüber nicht etwas grundsätzlich zu verteufeln und sie damit schon irgendwie leibfeindlich zu machen, sondern ihnen das Problem der Ambivalenz nahezubringen, dass also etwas gut oder schlecht sein kann, je nachdem, wie man es gebraucht. Dabei muss dann natürlich weiter ausgeholt werden, vor allem Mädchen wollen Zusammenhänge wissen. Leider lehnen sehr viele Erwachsenen hier alles unterschiedslos ab mit einem Hinweis auf die Vermeidung von Frühsexualisierung. Diese Erwachsenen müssen sich allerdings den Vorwurf gefallen lassen, unter einem Deckmantel die Kinder dumm und naiv belassen zu wollen. Denn auf diese Weise können Kinder wohl kaum ein eigenes ethisches Handlungskonzept entwickeln und so werden sie später umso anfälliger für Manipulationen, von welcher Seite auch immer.

Der Eindruck vom Wissenwollen von Zusammenhängen hat sich für mich in einem Religionsunterricht mit Kindern ein paar Jahre nach dieser Kinderfreizeit mit anderen Kindern voll bestätigt, als ich mit einer ähnlichen Geschichte wie der der Oper Rigoletto auf das Thema kam. Es war, als ob ich ein Fass aufgemacht hätte – was die jungen Menschen, sowohl die Mädchen wie die Jungen, nicht alles wissen wollten! Und es blieb nicht bei der einen Stunde, in der nächsten und übernächsten ging es weiter. Es gab ja so viel zu bereden! Mein Eindruck war, dass sich gerade die Mädchen freuten, einmal einen Erwachsenen gefunden zu haben, der eine Einstellung im Sinn ihres unschuldigen moralischen Empfindens hatte und mit dem sie reden konnten. Als ich Müttern erklären wollte, was ich machte, bekam ich nur zu hören: „Lassen Sie mal, ist schon gut, wie Sie das machen!“ Offensichtlich hatten die Kinder also zu Hause von meinem Unterricht erzählt. Hier in der Gruppe ging das alles viel einfacher und selbstverständlicher, was im Einzelgespräch Eltern/Kind eher nach Krampf aussehen und die Kinder abschrecken würde. Deshalb dann auch die positive Reaktion der Mütter.

Warum also nicht gleich richtig!

Da Geschichten bei jungen Leuten immer gut ankommen, schlage ich also vor, mit einer unserer berühmtesten Opern anzufangen: „Rigoletto“. So bekommen unsere jungen Leute gleichzeitig etwas von unserer Kultur mit.

In dieser Oper geht es um die Sorge eines Vaters um seine von ihm innigst geliebte Tochter. Ich finde, dass man an dieser Geschichte das Thema sehr gut „aufrollen“ kann, sowohl für Mädchen wie für Jungen. Die Mädchen sind die eher Betroffenen, daher spreche ich sie an. Doch es geht auch um die Jungen, sie sind dabei in ihrem Beschützerinstinkt angesprochen, den sie erfahrungsgemäß auch gerne wahrnehmen, wenn sie nur frühzeitig gefordert werden.

Der Vorteil heute: Schon sehr junge Menschen wissen über das Biologische der „Vermehrung“ Bescheid, also auch über den Geschlechtsverkehr. Es fehlt nur noch zur Ergänzung ein geeignetes Moralkonzept. Und wie gesagt, nach meinen Erfahrungen wünschen sich die Kinder das ja auch!

Konkret zur Geschichte der Oper: Der Vater heißt Rigoletto. Ein Hofnarr, verkrüppelt. Die Tochter heißt Gilda und ist wunderschön. Rigolettos Frau, Gildas Mutter, ist verstorben. Die Handlung spielt am Fürstenhof des Herzogs von Mantua in Norditalien, etwa vor dreihundert Jahren. Dieser Herzog ist ein Weiberheld, wie man so sagt, der seinen Charme und gewiss auch seine Macht ausnutzt, um mit den Frauen seiner Schlossbeamten und mit noch vielen anderen Frauen Sex (Geschlechtsverkehr) zu haben. Er benutzt die Frauen, verachtet sie und spielt ihnen zuerst Liebe oder auch nur Ehrerbietung vor. Die Frauen machen mit, vielleicht auch, weil das Leben sonst für sie zu langweilig ist. Doch der Herzog amüsiert sich, wie dumm und naiv die Frauen sind, ihm seine Liebeslügen zu glauben und bei seinen Sexabenteuern mitzumachen. Die Männer dieser Frauen fühlen sich natürlich betrogen und sehen sich als die Ausgetricksten, zumal der Herzog auch über sie und ihre Wut, weil er ihre Frauen verführt, nur lacht und spottet. Doch was sollen sie sonst machen als gute Miene zum bösen Spiel. Sie sind ja auch von ihm abhängig.

Auch der Hofnarr verspottet nun die anderen Schlossbeamten, weil sie sich von dem Herzog das alles gefallen lassen. Doch gleichzeitig hat er eine wahnsinnig große Sorge um seine Tochter Gilda, dass die sich auch einmal in den Herzog verliebt und sie in ihrer Liebe von ihm ausgenutzt wird. Und so verheimlicht er allen anderen seine Tochter Gilda und versteckt sie vor ihnen. Nur sonntags darf sie – natürlich unerkannt – in die Kirche gehen, man ist ja fromm.

Und da begegnet sie einem netten Studenten, in den sie sich verliebt. Dieser Student ist nun dieser Herzog – verkleidet, so erkennt also auch Gilda ihn nicht.

Die Oper endet sehr traurig, denn Gilda schenkt dem Herzog ihre Unschuld, sie ist bei der näheren Begegnung so überwältigt, dass sie mit ihm ihren ersten Sex hat. Doch er verachtet sie nur, nachdem er erreicht hat, was er wollte, und vergnügt sich bald darauf wieder mit anderen Frauen (hat also Sex mit ihnen) – und singt dann noch seine berühmte Arie „Oh wie so trügerisch sind Weiberherzen ...!“ Dabei verdreht er die Wirklichkeit, denn eigentlich sind ja nicht die Frauen so trügerisch, sondern er ist es – wenigstens erst einmal.

Als am Schluss der Oper Rigoletto den Herzog ermorden lassen will, stirbt Gilda statt seiner. Es ist nicht ganz klar, ob sie sich aus Liebe für ihn opfert oder ob sie nur noch den Tod will, weil ihre Unschuld und damit – wie sie meint – die Möglichkeit einer großen Liebe für sie sowieso für immer verloren ist und das Leben also keinen Sinn mehr hat. Alles sehr traurig.

(Anmerkung: Bei den Jungfrauen gibt es im Scheideneingang ein Jungfernhäutchen, das beim ersten Sex zerstört wird – „man“ kann also später erkennen, ob ein Mädchen schon Sex hatte. Allerdings stimmt dieser „Beweis“ nicht immer. Der mögliche Schock nach einem solchen Erlebnis wird heute vielfach als Folge einer leibfeindlichen Erziehung angesehen. Dagegen wird der mögliche Schock, den junge Menschen erfahren, wenn sie mit der Nacktheit konfrontiert werden, als etwas angesehen, wovor junge Menschen geschützt werden müssen. In dem Konzept dieser Heftes ist die Sicht nun umgekehrt.)

Ich finde es jedenfalls toll, wie der Komponist der Oper (Guiseppe Verdi) eine hinreißende Musik über das Schicksal eines Mädchens geschrieben hat, er hält dieses Schicksal für sehr wichtig. Wir sollten mehr darüber nachdenken.

Jetzt wieder zu uns heute!

Es ist also ein uraltes Problem, dass Väter (und Eltern überhaupt) um ihre Töchter Sorgen haben, dass ihnen auch „so etwas“ passieren könnte. Sie möchten nicht, dass die Töchter sich in so einen Hallodri verlieben, der sie doch nur belügt und betrügt und ausnutzt und für den der Sex nichts mit Liebe und Partnerschaft zu tun hat, sondern nur ein lustiges Spiel ist. Leider sind sehr viele Eltern bei ihrer Sorge irgendwie so hilflos wie dieser Rigoletto und machen vieles falsch, so dass sehr oft gerade das passiert, was eigentlich vermieden werden sollte.

Natürlich sagen Eltern (und andere Erzieher) das nicht so, dass sie hilflos sind, sondern sie sagen, dass das normal und natürlich ist, wenn sich junge Leute erst einmal in den Falschen verlieben und mit ihm Sex haben. Da kann man ihrer Meinung nach einfach nichts dagegen tun, weil die jungen Menschen nun einmal keine Menschenkenntnis haben zu unterscheiden, welchem Mann es um wirkliche Liebe und Partnerschaft geht und welchem es nur um die Sex geht. Deshalb erklärt man den jungen Leuten heute nur noch, wie sie Kondome und Verhütungsmittel gebrauchen sollen, damit sie nicht auch noch schwanger werden und/oder sich mit einer Geschlechtskrankheit anstecken. Offensichtlich halten die Erwachsenen hier nicht viel von der Intelligenz junger Menschen.

Ich sehe das allerdings völlig anders! Wo jemand etwas nicht vernünftig weiß, kann er sich auch nicht vernünftig verhalten.

So dumm und sexgierig sind die jungen Menschen doch gar nicht, dass sie grundsätzlich nicht die Sexabenteurer von den wirklich Liebenden unterscheiden können und wollen, wenigstens zunächst nicht.

Und jetzt wieder konkret zu den Mädchen!

Das Problem ist also: Was müssen Eltern ihren Töchtern beibringen, damit sie einen solchen Hallodri rechtzeitig durchschauen, dass am besten gar nicht erst eine Liebe zu einem solchen Mann aufkommt und dass sie also auch keinen Sex mit ihm haben, sondern nur mit dem Mann, bei dem eine schöne und ehrliche Liebe auf Gegenseitigkeit beruht und der auch ein guter Partner für sie ist, mit dem sie auch eine schöne Familie haben können.

Ich sehe hier eine geradezu kriminalistische Aufgabe für ein Mädchen! Wie kann es rechtzeitig die Wahrheit herausbekommen?

Wir müssen dazu auf alle Fälle zunächst einmal ganz genau hinsehen, was hier passiert, wie das passiert und warum das passiert.

Die Erfahrung ist jedenfalls, dass irgendwelche Moralpredigten und freundliche Ermahnungen an ein junges Mädchen überhaupt nichts helfen, schon gar nicht, wenn es erst einmal verliebt ist. Mädchen (und nicht nur die) haben dann sozusagen eine rosarote Brille auf und sind in ihrer Willensfreiheit eingeschränkt und wissen sowieso alles besser – das ist nun einmal so bei sehr intensiven Gefühlen. Doch auch schon vorher wollen junge Leute solch ein moralinsaures oder gar frommes Gerede einfach nicht hören und schalten ab und tun uninteressiert, wenn ihre Eltern oder andere mit diesem Thema anfangen.

Also mussten die mir befreundeten Eltern, von denen ich jetzt rede und die meine Ideen gut und sinnvoll fanden, bei ihrer Tochter eine andere Methode suchen. Nicht zuletzt würde sie, das war allen klar, nach ihrer Schulzeit einmal irgendwo allein studieren. Da würde sie alle möglichen Leute und auch Mitstudenten und andere Männer kennenlernen, und sie würde dann auch wohl kaum die Eltern fragen, wem sie trauen kann und wem nicht, und schon gar nicht, wenn sie einmal verliebt sein würde. Außerdem: Ob Eltern wirklich erkennen können, wer in Ordnung ist und wer nicht? Das Mädchen muss das schon alleine herausfinden. Aber wie???

Ich habe mir einmal die Männer angesehen und mich auch mit ihnen unterhalten, wie sie es schaffen, dass sich Mädchen in sie verlieben und dass die so blind sind und dann auch Sex mit ihnen haben – obwohl es den Männern gar nicht um wirkliche Liebe geht und sie die Mädchen im Grunde genauso verachten wie dieser norditalienische Herzog die Frauen damals. Und ich habe natürlich auch Mädchen und Frauen gefragt, denen „so etwas“ passiert ist.

Bei meinen Beobachtungen habe ich nun festgestellt, dass genau diese „blöden Männer“ überhaupt kein Interesse an der Nacktheit einer schönen Unschuld haben, die auch etwas mit dem Paradies zu tun hat, weder an der der Mädchen noch an der eigenen. Eine unschuldige paradiesische Bekleidung, etwa an einem schönen Strand, wäre für die der absolute Horror. So etwas können die einfach nicht. Sie haben auch tausend Ausreden, warum sie da nicht mitmachen wollen. Sie sagen etwa, dass das angeblich blöde oder sogar unmoralisch ist usw. Oder sie reden dumm herum, dass sie das schon könnten mit der paradiesischen Nacktheit, dass sie das aber nicht wollten. Hier sollte man doch hellhörig werden und merken, was hinter deren „Gründen“ steckt: Nichts als leere Ausreden, sie können es eben letztlich doch nicht. Denn wenn man an etwas wirklich Freude hat, dann macht man das doch auch nur zu gerne. Das gilt doch erst recht für die Paradieskleidung zusammen mit netten Menschen und erst recht mit jemandem, in den man verliebt ist – natürlich wenn und wo es passt.

Aha, wenn hier nicht eine Chance ist und gar die beste Gelegenheit ist, den Ansatz des Papstes Johannes Paul II (s. Heft 2, S. 36) in die Wirklichkeit umzusetzen! Was ist der tollste Gedanke wert, wenn es nicht zu einer Praxis des Lebens kommt? Auch geht es hier nun wirklich um den „Wert einer Person“, den auch der Papst im Auge hat. Zudem: Wo ist der Sinn, jungen Menschen, und gerade auch Kindern, erst einmal einen falschen Weg zu zeigen, um später dann genau die entgegengesetzte Richtung als die richtige hinzustellen? Was wäre also, wenn gerade ein Mädchen gleich von Anfang an so erzogen wird, dass die Angst vor der Paradieskleidung gar nicht erst aufkommt, dass es selbst Spaß an dieser Natürlichkeit hat – und dass es seine neue Einstellung zur Nacktheit dann als Testmethode der hohen Liebe gegenüber Männern einsetzt? Nicht zuletzt ist eine solche Erziehung ja genau das Natürliche – ist es nicht so, dass die Naturvölker in den heißen Ländern mit der Nacktheit zumindest früher einmal überhaupt keine Probleme hatten? Probleme bei denen kamen doch erst durch den Kontakt mit der westlichen Zivilisation, in der es eben solche falsche Liebe mit der entsprechenden Heuchelei gibt. Daraufhin brauchten auch die Menschen der Naturvölker Kleidung, selbst wenn sie wegen der Wärme überhaupt nicht nötig wäre.

Jedenfalls ist das Paradieskleid an sich nichts Böses, böse ist nur, wenn man mit anderen ausnutzerisch und verachtend umgeht. Und das passiert eben gerade vor allem auch mit textilener Bekleidung!

Die Erziehung ihrer Tochter bei meinen Freunden war bisweilen sogar sehr schön und lustig, vor allem gab sie dieser Familie auch die Freiheit, viel miteinander zu unternehmen. Denn wenn die Paradieskleidung kein Problem mehr ist, dann kann man auch miteinander zelten und dasselbe Zimmer benutzen – man kann also ein richtig schönes und lockeres Team sein. Ganz offensichtlich hatte die Tochter das auch begriffen, warum ihre Eltern das so mit ihr machten, schließlich hatten sie auch alle miteinander darüber geredet.

Ich habe allerdings die Erfahrung, dass diese Eltern eher die Ausnahme waren und immer noch sind. Denn leider sind die meisten Eltern doch diejenigen, die ihren Töchtern die Ängste mit den Brustwarzen von Kind an beibringen und auf alle Fälle nichts Sinnvolles gegen diese Ängste tun. Doch wenn die Töchter dann Sex selbst mit einem untauglichen Partner haben (was ja das eigentliche Problem ist, was vermieden werden sollte), dann zucken sie nur mit den Schultern und akzeptieren das. Ist es wirklich so schwer, eine Erziehung von vornherein darauf auszurichten, was letztlich das Sinnvollere und Unproblematischere ist?

Die Idee des vorgestellten Konzepts ist ja schließlich auch, dass eine Tochter das, was sie an Schönem und Unschuldigem gerade mit ihrem Vater und auch mit anderen erlebt hat, erst einmal mit einem Jungen oder Mann erleben möchte, wenn sie sich irgendwann einmal verliebt. Und dabei wird sie feststellen, dass manche Jungen und Männer nicht reden können oder wollen und auch nicht nur nicht mitmachen wollen, sondern sich auch noch darüber lustig machen. Doch andere werden das ganz toll finden. Ich halte ein Mädchen für so klug, dass es dabei die Jungen und Männer schon richtig einschätzen wird, je nachdem, ob und wie die darüber vernünftig reden können, und dass es eine ungeeignete Beziehung rechtzeitig abbrechen kann. Nicht zuletzt haben ja auch die Jungen, die in Ordnung sind, den Wunsch, eine gute Partnerin zu finden, und sind für Ideen, wie das funktionieren könnte, offen.

Natürlich muss ein Mädchen oder eine junge Frau, die mit dem unschuldigen Paradieskleid keine Probleme hat, bedenken, dass nicht alle, die in diesem „Paradieskleid“ sein können, auch automatisch gut sind, und dass durchaus nicht alle Jungen und Männer, die hier Probleme haben, böswillig und heuchlerisch sind. Denn es kann ja auch sein, dass sie einfach alles nur falsch verstehen, weil vorher nie jemand mit ihnen über dieses Thema vernünftig geredet hatte. Und dass sie deshalb auch nicht so frei und offen sein können. Hier gibt es nun immerhin Gesprächsthemen!

Und genauso, wie ich es gesagt habe, ist es schließlich mit dem Mädchen passiert! Nein, nicht genauso, sondern noch viel besser. Irgendwie muss die Tochter meiner Freunde irgendetwas ausgestrahlt haben, dass die blöden Jungs sie gar nicht erst angebaggert haben. Denn es ist ja auch gar nicht so, dass alle Jungen und Männer nur schlecht sind und immer nur „das Eine“ (also den Sex) wollen. Nein, wenn sie ein offenes und nettes Mädchen mit einer vernünftigen Einstellung treffen, dann verachten sie das auch nicht und wollen auch gar keinen Sex von ihm – oder schreiben schöne Liebesbriefe und wollen es heiraten. Irgendwann nun fand sich ein junger Mann, mit dem die Tochter meiner Freunde über die Ideen sprechen konnte und wollte, und der fand die auch ganz toll. Er hat sie darin auch noch in ihrer Einstellung unterstützt – und beide hatten wohl eine schöne paradiesische Zeit – vor ihrer Ehe. Inzwischen sind sie seit acht Jahren verheiratet und haben eine liebe Tochter – und alles ist in bester Ordnung, natürlich soweit ich es erkennen kann.

Ob junge Leute jetzt das Anliegen im Hinblick auf die Nacktheit besser verstehen? Die jungen Leute sollen erst einmal so etwas unschuldiges Paradiesisches erleben und sich natürlich auch bewusst sein, welchen tieferen Sinn das Ganze hat. Der Rest wird sich dann schon von alleine ergeben.

Doch das steht dann alles auf den weiteren Seiten dieses Hefts.

Dazu mein Vorschlag: Ob die Kinder vielleicht auch mal einen Selbstversuch machen, um zu sehen, was passiert und wie sie sich dabei fühlen? Man könnte sie etwa in einem schulischen oder kirchlichen Unterricht ermuntern, mal ihren Papa und ihre Mama zu fragen, ob die mit ihnen im Sommer an einen entsprechenden Strand oder See fahren können, damit sie eine Erfahrung mit der Paradieskleidung in der Natur sammeln können? Natürlich müssen sie sich mit ihren Geschwistern absprechen und ihnen erzählen, warum sie das wollen. Ich wette, sie finden das alles dann nur lustig und schön. Sie werden sich auch weiter fragen: Woher kommt es, dass gerade Kinder normalerweise mit der Körperlichkeit derartige Probleme haben? Wer hat ein Interesse, dass diese Probleme bestehen? Warum versucht kaum jemand, das sinnvoll richtigzustellen? Wie kommt es, dass Kinder über das alles, was doch eigentlich sehr natürlich ist, schließlich oft noch nicht einmal reden können und wollen? Auch hier ist also kriminalistisches Gespür gefragt. Und ich meine auch, das alles hängt mit einem ganz großen Kriminalfall zusammen, dem wir hier auf der Spur sind!

Kinder sind doch im Allgemeinen an Kriminalgeschichten sehr interessiert, ob sich hier nicht gute Gespräche ergeben könnten?


Dieser Punkt wird noch bearbeitet!


Für unser Anliegen, von vornherein alles richtig zu machen, gibt es auch wieder eine passende Zeitungsmeldung (DIE WELT) – hier aus den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Ich muss sie allerdings aus meinem Gedächtnis zitieren:



Und wenn sie Kinder bekommen, erziehen sie diese in derselben Leibfeindlichkeit, die sie einmal erlebt hatten und die die Ursache ihres Fehlverhaltens war – und der Teufelskreislauf geht weiter!

Warum ist es nur so schwierig, diesen Teufelskreislauf wahrhaben zu wollen – und ihn zu durchbrechen!

Doch es geht! Ich habe dazu meine Tochter rechtzeitig in einer etwas anderen Weise als der üblichen „getauft“, denn das Ganze hat auch ohne Gott einen Sinn. Ich habe ihr erst einmal beigebracht, wie schön das Paradies ist. Daher habe ich sie im Meer – wie wir waren auch alle Kinder um uns herum komplett „netto“ – auf meine Arme genommen, untergetaucht und dann in mehr oder weniger hohem Bogen ins Wasser geworfen – zu unser aller Vergnügen. Und ihr gesagt: „Du siehst keinem Mann an, wie er wirklich ist. Wenn du also mal einen Freund hast, dann erlebe auch mit ihm erst einmal das Paradies, rede mit ihm darüber und sieh´ zu, dass er zuerst einmal mit dir auch so paradiesisch umgeht! Und wenn das nicht klappt oder wenn du keinen Spaß dabei hast, das sollte dir zu denken geben und dann lass besser die Finger von ihm. Denn wer in Ordnung ist, der will genau so ein Paradies auch erst einmal!“

Also der Tipp: „Nicht gleich immer alles, sondern erlebt erst einmal das Paradies und seine Spielregeln, also eine schöne Nacktheit ohne Sex. Ansonsten verpasst Ihr etwas für Euer ganzes weitere Leben!“ Und ob das alles etwas mit Religion zu tun hat, ist Nebensache, es ist vor allem eine Lebenseinstellung!

Eigentlich doch ganz einfach und lebenspraktisch! Oder nicht???

Erläuterungen: Zur Zeit Jesu konnten Mädchen nie ihren Mann frei wählen. Sie wurden verschachert, entweder an einen, der einmal gut bezahlte, oder in die Prostitution, wo eben viele Männer nacheinander bezahlten. Wenn eine Frau nun nicht parierte, wurde ihr etwas angehängt und sie wurde - auch zur Warnung für andere Frauen - gesteinigt. Von schöner Liebe keine Spur. Jesus predigte hier die Liebe mit revolutionären Ideen: Zuerst einmal das Paradieserlebnis! Und wo steht denn, dass die Taufe dazu nur für Babys ist und fast so traurig wie eine Beerdigung und vor allem ein Festschmaus für Verwandte und Freunde sein muss und dem Täufling selbst kein schönes Vergnügen bereiten darf? Dabei: Sitzt denn nicht nur das, was Vergnügen bereitet, wirklich fest? Wird nicht das, was kein Vergnügen bereitet, bei erstbester Gelegenheit angezweifelt und über Bord geworfen? Überhaupt: Ob hier der Sinn der Taufe, nämlich die jungen Menschen fit zu machen gegen das Böse (wie etwa Enttäuschungen von der Liebe), „auf diese Weise“ nicht viel besser erfüllt wird als durch den sinnleeren und toten Symbolriten der Religionen? Immerhin kann man eine sinnleere und tote, also „ungültige“ Taufe doch gültig, also vernünftig, wiederholen!



E. Sexualmoral und Wissenschaft

Wie soll denn Sexualmoral und Wissenschaft zusammen gehören, wird sich mancher Leser fragen. Allerdings: Wenn nicht etwas wissenschaftlich begründbar ist, wieso kümmern wir uns überhaupt darum? Wäre dann nicht jeder Einsatz dafür von vornherein vergebliche Liebesmüh und sinnlose Zeitverschwendung?

Der Mathematiker Gunter Dueck hat in seiner Trilogie „Omnisophie“ nun zu dem, was Wissenschaft ist, eine interessante Theorie aufgestellt. Ein wirklich guter Geologe erkennt etwa in einer Landschaft an der Form eines Berges, an den Pflanzen, die dort wachsen, an der Art und Farbe der Steine, die herumliegen, dass in diesem Berg eine Goldader sein muss. (Zum Thema Pflanzenbewuchs: Es gibt tatsächlich Bäume, die nur in einer Gegend wachsen, wo im Boden Diamanten sind. Gewiss dürfte das mit bestimmten Pflanzen auch für Gold gelten.) Dieses Kombinieren von Indizien ist für Gunter Dueck Wissenschaft. Das Finden der Goldader und das Herausholen des Goldes ist für ihn dagegen lediglich Kunsthandwerk.

Bei meinem Recherchen, warum junge Menschen mit dem Sex anfangen, wo sie also von einer hohen Sexualmoral abweichen, stieß ich auf ein interessantes Phänomen: Frauen beklagen sich oft, dass Männer immer nur „das Eine“ wollen und sie also die oberflächlichen Bösewichter sind, die jede sinnvolle Sexualmoral unmöglich machen. Doch wie fängt eigentlich alles immer an? Wenn ich die Fälle, wie es für Mädchen zum ersten Sex kam oder auch nicht kam, die mir berichtet wurden, näher bedenke, dann waren es doch in den allerallermeisten Fällen (nach dem, was ich mitbekam, waren es 9 von 10) die Mädchen selbst, deren einziger Grund weitgehend der war, dass sie ihre Jungfernschaft satt hatten und sich förmlich irgendeinen Mann suchten, der sie davon befreite (s. auch S. 6). Damit sind es die Frauen, die dann die Steine ins Rollen bringen, dass sie irgendwann von Männern als Schlampen eingestuft werden, die gar keine besondere Achtung verdienen und die man ohne schlechtes Gewissen für unverbindliche Sexabenteuer benutzen kann. Jetzt sind natürlich die Männer die Bösen. Doch wie alles einmal angefangen hatte, daran mögen sich die Frauen ganz offensichtlich lieber nicht mehr genauer erinnern. Natürlich: Vom Einen zum Anderen ist meistens ein langer Prozess.

Schuld an der Misere sind also nicht die Jungen oder die Männer, die die Mädchen zum (ersten) Sex drängen. Im Gegenteil, viele Männer lehnen es sogar ab, mit einer Jungfrau Sex zu haben.

Wenn wir also die Sexualmoral ändern wollen, dann müssen wir schon anders vorgehen, als immer nur die Männer als die Bösen in die Ecke oder an den Pranger zu stellen!

Bei meinen Überlegungen, wo man bei einer „wissenschaftlichen Moralerziehung“ ansetzen kann, war ich von Phänomenen aus der medizinischen Forschung motiviert. So hatte der englische Landarzt Edward Jenner (1749-1823) beobachtet, dass Menschen wie Melker, die in einer Pockenepidemie, in der 20-30 % der Bevölkerung starb, intensiv mit Kühen zu tun hatten, vor der Erkrankung bewahrt blieben. Er stellte daraufhin eine Theorie einer aktiven Immunisierung mit durch die Kühe geschwächten Pockenerregern auf und entwickelte eine Pockenschutzimpfung, die inzwischen zur Überwindung der Pockenkrankheit überhaupt geführt hat.

Etwas anders verlief es mit der Entdeckung des Penicillins. Der schottische Bakteriologe Alexander Fleming (1881–1955) hatte 1929 entdeckt, wie in Bakterienkulturen sich an manchen Stellen einfach keine Bakterien entwickelten – und zwar in sich immer größer werdenden Kreisflächen. Er stellte die Theorie auf, dass die Ursache Mikroorganismen waren, die die anderen Bakterien zerstörten, und entdeckte somit das Penicillin.

Jenner und Fleming sind also im Sinne Gunter Duecks echte Wissenschaftler gewesen, sie haben etwas ungewöhnliche oder auch unbeachtete Erscheinungen als Indizien für die Lösung eines Problems wahrgenommen und richtig kombiniert. Dass sie dann auch noch die kunsthandwerkliche Arbeit machen mussten, etwa um den Impfstoff zu entwickeln, ist erst einmal normal. Denn gerade die Schulwissenschaft würde ohne einen Praxisbeweis eine unübliche bloße wissenschaftliche Theorie ja nicht anerkennen.

In vergleichbarer Weise bin ich nun vorgegangen:

Üblicherweise gilt es etwa als unbezweifelbares und daher auch undiskutierbares Faktum, dass Nacktheit unmoralisch ist und dass die Scham hier eine Schutzfunktion hat und Voraussetzung für jede Sexualmoral ist.

Doch warum fangen gerade die Mädchen mit dem Sex an, der sich schließlich als enttäuschend und leidvoll herausstellt, die bis dahin vor der Nacktheit regelrechten Horror hatten und also auch nie irgendwo „nackt am Strand“ oder sonst wo in der Natur waren? Von einem Vergnügen an der Nacktheit konnte schon gar keine Rede sein. Und warum gibt oder gab es dann nicht nur bei Völkern in heißen Ländern, bei denen Nacktheit üblich ist bzw. war, kein wüstes „sexuelles Durcheinander“, sondern auch nicht bei FKK-Anhängern? Auch fallen etwa Frauenärzte, die doch mit den intimen Körperteilen der Frauen zu tun haben, nicht über ihre Patientinnen her – selbst wenn diese noch so attraktiv sind? Ein schönes Beispiel ist auch der kurze Roman des südamerikanischen Nobelpreisträgers Gabriel García-Márquez (1927-2014) „Erinnerung an meine traurigen Huren“: Ein alter Junggeselle wünscht sich zu seinem 90sten Geburtstag von einer Bordellmutter eine Jungfrau. Die bekommt er auch und das Mädchen erwartet ihn auch nackt, doch schlafend – doch in ihm versagt alles. Ja, was passiert in allen diesen Fällen, warum kommt es trotz der Nacktheit und bisweilen sogar der Bereitschaft nicht zu „sexuellen Taten“? (Anmerkung: García Márquez hat für seine Romane immer auf Vorlagen aus der Realität zurück gegriffen, daher kann ich diesen Roman hier durchaus als Beispiel zitieren.)

Des Rätsels Lösung ist unter anderem: Die Scham ist kein Schutz, nein sie ist eher eine Scheinmoral, die für eine echte Moral absolut nichts hilft. Es soll so aussehen, als sei man moralisch. In Wirklichkeit hat die Kleidung die Wirkung von Fetischen, die die Sexualität nur noch interessanter und jede lockere und daher leicht zu lebende Enthaltsamkeit aus sich heraus gar nicht oder nur sehr schwer möglich machen.

Wenn wir also immer nur auf das Problem „Scham“ starren und in einer fehlenden Scham die Ursache des Verfalls der Sexualmoral sehen, werden wir nie zu einer echten Sexualmoral kommen, denn Sexualmoral funktioniert nun einmal anders. Natürlich gehört zu einer Sexualmoral noch mehr als die Überwindung der Sexualscham!

In gleicher Richtung läuft auch, warum sich Jesus angeblich nie für eine Sexualmoral eingesetzt hatte. Wir, das heißt die typischen Moralisten, erwarten von einem, der sich für die Sexualmoral einsetzt, einen Einsatz für die Scham, also dass er gegen freizügige Kleidung und insbesondere auch gegen die Nacktheit wettert. Doch Jesus dachte hier vermutlich eher wissenschaftlich im Sinn von Gunter Dueck und so hatte er wahrgenommen, dass die Scham nichts mit einer echten Sexualmoral zu tun hat. Daher war ihm das Problem Kleidung und gar Nacktheit gleichgültig – ja, er hatte sogar etwas gegen die ängstliche Sorge um die Kleidung und stellte (nach Mt. 6, 29 die Lilien des Feldes als Vorbild dar: „Selbst Salomo in all seiner Pracht war nicht gekleidet wie eine von ihnen“. Jesus war eben mal ein sachlicher Moralprediger, dem es um eine echte Moral ging, und kein typischer Moralapostel mit dem üblichen uneffektiven Ansatz bei der Scheinmoral der Notwendigkeit von Textilien.

Doch ist so ein Bekenntnis zur Nacktheit nicht skandalös? Oh je, ist das eigentlich Skandalöse nicht, wenn sich junge Menschen in dem Schönsten, was es für uns Menschen gibt, nämlich in der Liebe, vertun?

Der Zufall wollte es, dass ich die Gelegenheit hatte, das Konzept an einer Pflege- oder auch Gasttochter, die ich im fernen Vietnam kennenlernte, als sie 14 war und die ab ihrem 16. Lebensjahr bei mir war, zu testen. Ich hatte ihr meine wissenschaftlichen Überlegungen a la Gunter Dueck vorher geschrieben (selbst wenn ich von Gunter Dueck erst durch einen ihrer Kommilitonen erfuhr, also als sie schon einige Jahre in Deutschland war) und sie sollte das alles mit ihren Eltern besprechen. Die fanden meine Ideen offensichtlich plausibel und stimmten zu und ermunterten das Mädchen auch noch, zu mir zu kommen. Und es lief besser als erwartet! Erstaunlich war für mich, dass ihr späterer Mann, als sie ihm unser Konzept erzählte, sie noch voll unterstützte: Ja so ein bewusst moralisches Mädchen, das ist doch eine Frau fürs Leben!

Anmerkung zum Thema „Sexualmoral und Nacktheit“, wie sie in der FKK-Bewegung praktiziert wird: Wir müssen immer bedenken, dass bei der FKK-Bewegung nicht eine Sexualmoral das Ziel ist, auch nicht die der Jugend, sondern es geht dabei nur um ein intensiveres Erlebnis der Natur und des Menschseins. FKK-Anhänger haben nun auch so eine Glaubensmagie im Kopf, dass also eine solche „Natürlichkeit“ ausreicht und dass sich von daher dann alles Weitere von alleine ergibt. Mit einer grundsätzlichen Ehemoral, zu der nun einmal auch Enthaltsamkeit vor der Ehe gehört, haben die jedenfalls nichts zu tun, es sei denn, dass sie sich zufällig ergibt. Was aber, wenn wir damit ausdrücklich anfangen? Ich habe es jedenfalls probiert – und es hat doch funktioniert!

Meine Erfahrung ist nun leider, dass die meisten Theologen und Pädagogen auch so eine Glaubensmagie im Kopf haben, jetzt eben eine christliche. Auch sie haben ihre Grundannahmen und meinen, dass sich alles Weitere von alleine ergibt, wenn diese erfüllt sind. Auf die Idee, dass die jungen Menschen jetzt noch ein attraktives Konzept brauchen, etwa eine konkrete Strategie, kommen auch sie nicht oder wollen sie nicht kommen. (Ob der Verdacht nicht berechtigt ist, dass eine echte Monogamie gar nicht gewünscht ist, weder von denen, die bei den „Naturgläubigen“ noch bei den „Religionsgläubigen“ das Sagen haben?) Dazu ein „Gleichnis“ zur Verdeutlichung: Auch ein bestens vorbereiteter, also gepflügter, gedüngter und bewässerter Acker braucht doch noch das entsprechende Saatgut, damit auch das wächst, was der Bauer will oder vorgibt zu wollen - denn wenn er nichts Konkretes sät, dann wächst dann doch nur wieder das, was die anderen wollen, in unserem Fall eben die Kameraden und/oder die Medien. (Und das scheint also gewollt zu sein ..)

Zu unserer Schwierigkeit mit der Scham dabei sehe ich eine Parallele zu den heiligen Kühen in Indien: Auch wir haben unsere heiligen Kühe, die eigentlich zu nichts nutze sind, von denen wir jedoch nicht ablassen wollen. Allerdings sind diese indischen leibhaftigen Kühe gewiss erheblich weniger folgenschwer als unsere, die ja gerade in Pädagogik und Theologie einen wirklichen Aufbruch verhindern. Ich kannte jedoch einmal einen Pfarrer (auch noch in einem Familiennordseebad), der war sehr an meinem Ansatz interessiert. Wie hätten wir da einiges in einer Ferienkinderbetreuung aufrollen können (natürlich unter Beteiligung zumindest einiger Eltern)! Doch leider ist er längst gestorben – und ich war damals noch nicht so weit, das Konzept war einfach noch nicht ausgereift.

Vielleicht findet sich aber wieder mal ein Pädagoge oder/und Theologe, der Interesse hat und mitmacht? Ich hoffe hier auf den Zufall!

F. Resümee: Was wollen wir eigentlich wirklich?

        Wir leben heute in einer Zeit, in der alles und jedes wissenschaftlich untersucht und nach Lösungen geforscht wird. Wichtig dabei ist jedoch, dass wir genau das Problem umschreiben und zumindest grob umschreiben, was für eine Lösung wir haben wollen. Es ist wie beim Auftrag an eine Fremdfirma, die Spezialisten dort müssen schon genau wissen, was wir wollen – und dann können sie uns auch sagen (wenn sie ehrlich sind), ob unsere Vorstellung von einem Produkt in die Praxis umsetzbar ist oder nicht. Ja, vielleicht ist es sogar so, dass etwas gar nicht geht, weil das eine Ziel das andere ausschließt. Kochendes Wasser kann man nun einmal nicht einfrieren. Wo die Natur aufhört, fängt der Unsinn an. Doch manches andere geht eben – und zwar sehr gut!

So und genauso ist das auch in der Religionspädagogik und in der Moralpädagogik! Wir müssen uns schon fragen: Was wollen wir als Pädagogen (und auch Theologen) eigentlich genau? Oder auch: Was wollen wir nicht? Und lässt sich das eine mit dem anderen überhaupt kombinieren? Umschreiben wir also zumindest unser erstes Ziel genau, legen wir uns doch einmal fest!

  • Wollen wir brav-gläubige junge Menschen, die an Gott und dann auch noch an alle Unwahrscheinlichkeiten wie die Schöpfung eines Gottes, eine Jungfrauengeburt, eine Auferstehung eines Gottessohns glauben?

  • Um was geht es uns, sollen die jungen Menschen an ein Paradies nach dem Tod glauben, oder sollen sie sich darum kümmern, dass sie es in ihrem Leben hier und jetzt verwirklichen?

  • Wollen wir junge Menschen, die ihren Eltern oder auch der Kirche brav und kritiklos gehorsam sind, was immer die Erwachsenen ihnen erzählen und auch von ihnen fordern?

  • Wollen wir junge Menschen, die ein gesundes Selbstbewusstsein und eine gute Menschenkenntnis haben?

  • Wollen wir junge Menschen, die gerade in den persönlichen Dingen jeden Unfug glauben und sich manipulieren lassen, weil sie ein verzerrtes und naives Bild von der Wirklichkeit haben?

  • Wollen wir, dass die jungen Menschen lediglich leibfeindlich sind oder dass sie eine wirkliche (Sexual-)Moral haben?

  • Wollen wir, dass junge Menschen sich vor sich selbst und vor anderen verstecken und dadurch schließlich doch nur zu Kleidungs- und Ausziehfetischisten werden (s. S. 27, 34, 40, 53 u. 59)?

  • Wollen wir junge Menschen, die souverän sind und Spaß an einer hohen Moral der Liebe und der Partnerschaft haben und auch noch aus sich heraus kreativ werden, wenn es darum geht, moralische Normen in die Praxis umzusetzen?

  • Wollen wir überhaupt eine wirkliche Monogamie, dass also Menschen nur einen Sexualpartner im Leben haben? Dazu gehört dann nun einmal auch die voreheliche Enthaltsamkeit. Wollen wir die wirklich?

  • Wollen wir junge Menschen, die damit klar kommen und die dabei auch erfolgreich sind?

  • Wollen wir junge Menschen, die auch noch andere für diese hohe Moral von Liebe und Partnerschaft begeistern?

Wenn Sie nur ein wenig in dem vorliegenden Heft gestöbert haben, werden Sie wissen, wie ich mich entschieden habe. Brav-gläubig und gleichzeitig aus-sich-heraus-kreativ zu sein, moralische Normen in die Praxis umzusetzen, das funktioniert einfach nicht. Auch passen „Freude an der hohen Moral“ und Scham nicht zusammen, weil die Scham eine Verdrängung oder auch eine (irrationale) Angst ist – und eine Angst kann man vielleicht kultivieren und erträglich machen, doch richtige Freude kann man nun einmal mit der nicht haben. Auch sind richtig freie Menschen mit ihr nicht möglich, denn eine irrationale Angst auf der einen Seite bedeutet auch immer Herrschaft auf einer anderen Seite, also Unfreiheit. Ängste sind eben wie Ketten. Auch helfen sie dem Ängstlichen nicht wirklich, weil sie vor keinen Gefahren wirklich bewahren. Sie sind eben ein Herrschaftsinstrument anderer. Dagegen hat der wirklich freie Mensch dort, wo es angebracht ist, „Furcht“. Der Unterschied ist, dass sich eine Furcht aus einem Durchblick heraus bildet und dass sie sich auf wirklich Gefährliches bezieht. Auch weiß der freie Mensch, wie man mit wirklich Gefährlichem sachgerecht umgeht. Manche Kombinationen von Zielen sind nun einmal möglich und andere nicht (oder nur mit viel Aufwand oder mit Gewalt). Kombinieren wir also das, was „von Natur aus“ zusammen passt und auch „einfach“ möglich ist!

Und bedenken wir: Gerade hier gilt das alte Sprichwort: „Gut gemeint ist sehr oft das Gegenteil von gut getan“. Sorgen wir uns also darum, dass das, was wir machen, auch wirklich gut ist und nicht nur, dass wir es gut meinen!

Zur Information: Ich muss erfahrungsmäßig immer wieder darauf hinweisen, dass ich über dreißig Jahre Berufsschulreligionslehrer war. Als solcher habe ich oft mit Schülern und auch außerhalb der Schule mit anderen jungen Menschen und natürlich auch mit Eltern über die Thematik dieses Hefts gesprochen. Dabei muss ich wohl zu Erkenntnissen gekommen sein, die viele andere, die keine solchen Kontakte zu jungen Leuten hatten, bisweilen kaum verstehen können.


Ich bedanke ich mich!

Am Werden dieses Heftes waren sehr viele beteiligt, sowohl solche, die mir zustimmten und Tipps gaben, was noch in so ein Heft gehört, und auch Kritiker, die mich indirekt auf Lücken in der Argumentation aufmerksam machten. Ihnen allen möchte ich von Herzen danken. Erwähnen möchte ich vor allem ein Wiener Mädchen (16 J.) und eine Großmutter aus Ostpreußen (77 J.), die 1945 den Einmarsch der Russen mit den Vergewaltigungen erlebt hatte, selbst allerdings wegen ihrer damaligen Kindheit nicht betroffen war. Das Mädchen gab mir hervorragende Tipps zur Gliederung und fand das Ergebnis „super“, und die Großmutter meinte, dass ihr das Heft gerade auch in ihrer Ehe viel geholfen hätte, hätte sie es nur früher gekannt. Auch sie half mir noch mit konstruktiver Kritik.

Verwiesen sei auch auf die Website der Ägypterin Alia Magda Elmahdy, die sich mit Wort (auch auf Deutsch) und Bild gegen die Unterdrückung der Frau in ihrer Heimat engagiert – Unterdrückung auch durch Kleidung: http://arebelsdiary.blogspot.de/. Es ist eine Tragik dieser mutigen Frau, dass sie wegen der üblichen Leibfeindlichkeit das Kind mit dem Bade ausschüttet und dass sie so in ihrer Gesellschaft schon gar nicht ankommt.

Und noch eine Frage der Kritik: Ich finde, Frauen und Mädchen sehen mit schöner Kleidung doch schöner aus!

Schauen wir uns dazu doch einmal dieses Bild an:

Ausschnitt aus dem Götterhimmel im Rathaus von Toulouse (Frankreich)

Wenn man den Göttinnen und Engeln in diesem Bild Bikinis übermalen würde, wäre das nicht eine Kulturschande? Und ist es nicht auch eine Kulturschande, wenn weiblichen Wesen gerade „in der Werbephase ihres Lebens“, also in einer Phase, in der sie wohl am schönsten aussehen, eine „grundsätzliche Verhüllung“ verordnet wird und diese sich „diese Verordnung“ auch noch gefallen lassen?

Sie sind also gegen eine solche „grundsätzliche Verhüllung“? Na klar. Und nicht nur aus ästhetischen, sondern auch aus moralischen Gründen. Denn die grundsätzliche Scham, also der grundsätzliche irrationale Zwang, sich zu verhüllen, ist nur eine Scheinmoral, die gerade jungen Mädchen eine falsche Sicherheit in moralischen Dingen vorgaukelt. Die richtigen Hallodris, also die Männer und Jungen, denen die Moral der Mädchen (und Frauen) letztlich gleichgültig ist, haben auch eine ausgebuffte Psychologie und wissen das mit der Scheinmoral. Sie wissen daher auch, dass sie nur lange und geschickt genug baggern müssen, bis sie bekommen, was sie wollen. Ja, wenn die Mädchen nicht diese Scheinmoral schon von sich aus satt haben und deswegen mit der hohen Sexualmoral überhaupt Schluss machen wollen und den Hallodris sogar noch regelrecht hinterherlaufen (um endlich von der als lästig empfundenen Jungfernschaft befreit zu werden). Natürlich reicht es nicht, die Scham abzuschaffen, es muss jetzt eine Moral des Herzens und des Geistes hinzukommen.

Sie meinen also, dass das eine Schein- oder auch Verklemmtheitsmoral ist, wenn ein Mädchen zur Sexualscham erzogen wird? Absolut! Denn ich jedenfalls möchte nicht, dass junge Mädchen einmal auch so eine Scheinbefreiung nötig haben, sondern von Anfang an eine schöne Liebe und Partnerschaft anstreben und erreichen. Und ich möchte nicht das Risiko eingehen, dass Mädchen erst einen Umweg über enttäuschende Erfahrungen mit Männern machen müssen, die zwar mit ihnen Sex machen, jedoch mit hoher Liebe und Partnerschaft mit ihnen nichts im Sinn haben.

Und zum Abschluss noch der Kritikpunkt eines anderen (männlichen!) Lesers, der etwas gegen dieses Heft hat, und die Antwort des Autors:

Wenn das Heft lediglich das enthalten würde, was auf den Seiten 33 und 34 zusammengefasst wird, könnte ich alles unterschreiben. Aber der Teufel steckt im Detail, und ich möchte hier noch einmal …“ Ja, der Teufel steckt im Detail. So sehe ich das auch. Wir sind alle in der steten Gefahr, Dünnbrettbohrer zu sein, also immer das gerade auch aus einem individualkritischen Text herauszulesen, was uns bestätigt und was uns auf alle Fälle nicht weh tut. Deswegen gehe ich auch so auf die Details ein. Dann nämlich werden erst die Positionen klar. Auch kommt es immer auf Details an, wenn etwas wirklich verändert werden soll.

Der Autor über seinen Ansatz für dieses Konzept

Mein Engagement hängt gewiss auch mit dem bildungsbürgerlichen Elternhaus zusammen, in dem ich aufgewachsen bin. Man ging einfach in Gemäldegalerien wie Louvre, Reichsmuseum und Uffizien und in Theater und Oper. Irgendwann fiel mir auf, wie hier die eher bürgerlichen Zuschauer irgendwie Voyeure (auch Spanner) sind: Vor allem in der Oper ist ja das Leid mit Liebe und Geschlechtsverkehr weitgehend das Hauptthema, doch genau das ist zum reinen Ohrenkitzel geworden – man hört und sieht sich das genüsslich an, genau wie man bei Verkehrsunfällen „hinglotzt“. Ich denke etwa an die Opern „La Traviata“ und „Rigoletto“ (Verdi), „Don Giovanni“ (Mozart), „Madame Butterfly (Puccini), „Katja Kabanova“ (Janacek), „Wozzeck“ (Alban Berg). Mal ist das Thema, dass ein Vater seine Tochter nicht bürgerlich-anständig verheiraten kann, wenn der Sohn mit einer Edeldirne rummacht, mal die Sorge eines Vaters um die Tochter, damit sie nicht in die Hände des „Oberhallodris“ fällt, dann der Playboy, der alle Frauen und Mädchen vernascht, oder die Sache mit dem amerikanischen Seeoffizier, für den die große Liebe einer Geisha nur ein Zeitvertreib ist, schließlich die von ihrem Mann vernachlässigte Frau, die sich einen Lover anschafft, oder der einfache Soldat, dem die Frau von einem Tambourmajor ausgespannt wird. Sehr oft zerbrechen die Hauptpersonen an ihrem Schicksal und begehen Mord und Selbstmord. Niemand scheint auf die Idee zu kommen, dass diese „Geschichten“ immer auch ihre Ursache in Kultur und Religion haben und dass man sich doch einmal darum kümmern sollte, eine Pädagogik für junge Menschen und insbesondere schon für Kinder zu entwickeln, damit solche „Geschichten“ gar nicht erst passieren. Nicht zuletzt ist das, was wir auf der Bühne erleben, ja nur zu oft auch menschlicher Alltag, wenn auch selten in dieser Dramatik. In der Oper usw. wird eben so manches bis zu Ende gedacht, was sich unsere Alltagsmenschen dann doch nicht trauen.

Ich sehe hier jedenfalls Handlungsbedarf und Handlungsmöglichkeiten!

Gedanken – etwa beim Zeitunglesen

In der Zeitung „Die Welt“ vom 26.10.2013 war ein Beitrag „Warum haben junge Japaner keine Lust mehr auf Sex?“
In dem Beitrag findet es die Autorin merkwürdig, dass zur Zeit die Hälfte der Studentinnen noch Jungfrauen sind und dass es bei den männlichen Kommilitonen ähnlich ist. Sie (und andere) führen das auf eine Sexfeindlichkeit und auf ein Karrieredenken zurück. (Anmerkung: Sie finden diesen Beitrag und auch den folgenden im Internet, wenn Sie den jeweiligen Titel bei Google eingeben.)
Doch auf die Idee, dass gerade der junge Mensch ein hochmoralisches Wesen ist und dass die jungen Japaner hochmoralische Beziehungen der großen Liebe suchen, zieht die Autorin (Elke Bodderas) noch nicht einmal in Erwägung. Und nicht nur die Autorin, auch sonst scheint den nach außen hin so moralischen Erwachsenen jegliche Vorstellung zu fehlen, was junge Menschen wirklich wollen und wie moralisch sie eigentlich sind. Woher kommt´s? Schließen die Autorin des Welt-Beitrags und andere (unzulässigerweise) von sich auf andere? Kann es nicht sein, dass die bekannte offensichtliche Oberflächlichkeit in Bezug auf die Sexualität in ihrem Land auf die jungen Japaner ausgesprochen abstoßend und schließlich sogar eher moralverstärkend wirkt? Üblicherweise wird ja davon ausgegangen, dass junge Menschen vor Obszönitäten und vor allem vor Pornografie geschützt werden müssen, damit sie nicht „davon“ angesteckt werden. Erfahrungsgemäß bewirkt diese ganze Beschützerei jedoch nur eine heile-Welt-Naivität bei den jungen Leuten und hilft im Endeffekt gar nichts: Die jungen Menschen wollen eben wohl gerade deswegen ihre oft leidvollen Erfahrungen machen, weil sie eben keine rechten Vorstellungen haben, worauf sie sich einlassen. Es sieht also so aus, dass gerade die spießige (anders kann ich es nicht nennen) Beschützerei für eine hohe Moral ausgesprochen kontraproduktiv wirkt. Viel effektiver wäre doch eine sinnvolle Information der jungen Menschen, bei der auch die Kehrseite nicht ausgelassen wird. Na ja, die Kehrseite erfahren die jungen Japaner heutzutage wohl zur Genüge. Und so erfahren sie auch, dass sexuelle Abenteuer keinesfalls einen Lebensgewinn bringen, sondern zumeist sehr leidvoll sind und schon gar nichts mit Ehre und Würde zu tun haben. Natürlich: Das mit dem positiven Effekt der Kehrseite funktioniert nur, wenn die jungen Menschen auch ein alternatives Konzept dazu erfahren, wie es richtig geht. Wenn wir irgendwo auf der Welt nun mit dieser Alternative anfangen, könnte den Rest dann nicht die Globalisierung bringen? Vielleicht findet sich ja eine Religion, die sich darum kümmert, die Leibfeindlichkeit zu überwinden? Ob das unsere christliche ist? Doch die müsste erst einmal von den vielen „Zutaten“ aus anderen Religionen, die alle nichts mit dem ursprünglichen Anliegen von vor 2000 Jahren zu tun haben, entrümpelt werden.
Übrigens: Es wird auch beklagt, dass es durch die „fehlende Lust“ der jungen Menschen nicht mehr zu genügend „japanischem Nachwuchs“ kommt. Es muss dazu ganz deutlich gesagt werden: Gesunder Nachwuchs hat nichts oder nur sehr bedingt etwas mit oberflächlichen Abenteuern zu tun (denn dabei ist Nachwuchs ja gerade nicht erwünscht und wird mit allen möglichen Mitteln verhindert), sondern vielmehr mit schöner Liebe und Partnerschaft und also auch mit funktionierenden Familien.
Die Frage stellt sich, warum nicht auch bei uns die jungen Menschen auf eine solche Keuschheit kommen. Wir meinen doch, auch bei uns ist alles so offensichtlich wie auch in Japan. Aber vielleicht doch nicht? Möglicherweise ist bei uns die Schmerzgrenze einfach noch nicht erreicht – zudem werden schlechte Erfahrungen mit dem Sex immer noch zu sehr heruntergespielt und als Zeichen von Unreife hingestellt. Ein reifer Mensch muss eben angeblich „so etwas“ alles erlebt haben, selbst wenn es schmerzhaft war. Noch funktioniert eben der bereits mehrfach erwähnte Des-Kaisers-neue-Kleider-Effekt. Die Frage stellt sich, wie lange noch.
Nachtrag (in der Form der Frage, die öfter gestellt wird): „Aber ist diese Offenheit, für die hier plädiert wird, nicht eine große Versuchung?“ aaaaa Es ist alles eine Einstellungs- und allerdings auch eine Gewöhnungssache. Wir müssen immer bedenken, dass Nacktheit eigentlich etwas Natürliches ist und etwas Natürliches macht nie scharf oder sollte wenigstens nie scharf machen. Ja, sollten wir uns nicht sogar (vor uns selbst) schämen, wenn wir allein durch den Anblick von Körperteilen erregt werden? Irgendetwas stimmt doch da nicht mit uns, irgendwie sind wir im Sinn der Natur doch nicht normal. Es kann nun gut möglich sein und es ist auch ein Anliegen des hier vertretenen Konzepts, dass allein durch die Beschäftigung mit dem, was natürlich oder normal ist oder zumindest sein sollte, wir tatsächlich wieder natürlich oder normal werden.
Ein schönes Beispiel für dieses „Normalwerden“ ist der kurze Roman des südamerikanischen Nobelpreisträgers Gabriel Garcia-Marquez „Erinnerung an meine traurigen Huren“. Der Titel ist leider irreführend, denn es geht eigentlich gar nicht um „Huren“. Es geht vielmehr darum, wie ein alter Casanova, der Frauen bisher immer nur als Sachen behandelt hat, sich nach langer Abstinenz zu seinem 90. Geburtstag von seiner Puffmutter eine Jungfrau wünscht. Und die bekommt er auch. Nur, als das 14jährige wunderschöne Mädchen, das „dafür“ von der Puffmutter gewonnen wurde, so splitternackt vor ihm liegt und von der Tagesarbeit in einer Knopffabrik und von weiterer Arbeit erschöpft schläft (oder auch nur so tut), da kann er einfach nicht. Und in dieser Nacht und in zahlreichen weiteren Nächten mit dem Mädchen entdeckt er die wirkliche Liebe und den verzaubernden Wert der Unschuld „ohne vom Begehren gedrängt oder von der Scham behindert zu werden“, wie Garcia-Marquez schreibt ...
Um mehr zu erfahren, lesen Sie doch einmal diesen wunderschönen Roman einer späten Bekehrung!


Nacktheit ist in der Kunst durchaus „normal“, selbst bei biblischen Themen. Doch in der Lebenspraxis wollen „bürgerlich-anständige“ Leute nichts davon wissen – ist das nicht merkwürdig oder auch lachhaft? Der Autor gibt sich hier nicht zufrieden und baut also die Nacktheit in sein ethisches Konzept ein – er ist eben auch noch von der bildenden Kunst inspiriert!

Bathseba im Bade (Artemisia Gentileschi, die bedeutendste Malerin des Barock, 1597–1652/53), Neues Palais, Potsdam

Inhaltsübersicht
A. Gespräch über eine vernünftige und christliche Methode der Partnerwahl, über den Sex mit menschlichem Antlitz und über einen intelligenen Anfang damit. 01
B. Glücklicherweise gibt es gerade heute auch die Chance eines zweiten Anlaufs 13
C. Anhänge
1. Kritische Fragen und Antworten 17
2. Das Problem der perfekten Theorie, warum etwas passiert oder auch nicht passiert. 38
D. Pädagogischer Ansatz für junge Menschen ab etwa 8 Jahren 44
E. Sexualmoral und Wissenschaft 50
F. Resümee. Was wollen wir eigentlich wirklich? Über den Autor, Dank und Gedanken des Autors. 54


HINWEIS: Das Heft wird gerade (September 2015) wieder einmal überarbeitet, daher stimmen die Verweise auf die Seitennummern oft nicht.